Landesarbeitsgericht Hessen

Urteil vom - Az: 9 Sa 561/12

Fluglotsen-Streik - Keine Schadensersatzansprüche der Fluggesellschaften gegen Gewerkschaft

(1.) Ein Unterstützungsstreik von Fluglotsen stellt keinen Eingriff in das Eigentum der Fluggesellschaften an den Flugzeugen dar, wenn lediglich eine vorübergehende Einengung der wirtschaftlichen Nutzbarkeit der Flugzeuge verursacht wird. Dies wiederum ist der Fall, wenn der Streik lediglich 6 Stunden dauert, ein Notdienst eingerichtet ist, der 25 % des planmäßigen Verkehrs ermöglicht und der Streik 24 Stunden zuvor angekündigt wurde.

(2.) Ein Fluglotsenstreik stellt auch keinen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Fluggesellschaften dar, wenn er nicht unmittelbar gegen diese gerichtet ist.
Die Benutzbarkeit des Luftraums und der Start- und Landebahnen gehört jedoch nicht zum Gewerbebetrieb einer Fluggesellschaft.
Die Tatsache, dass die Flughafenbetreiber gesetzlich dazu verpflichtet sind, Gebührenausfälle (aufgrund des Streiks) über entsprechend höhere Gebühren auf die Fluggesellschaften umzulegen (Vollkostendeckungsprinzip), führt ebenfalls nicht zu einer unmittelbaren Beeinträchtigung der Fluggesellschaften. Insoweit kann jedes Privatunternehmen bei Streikschäden entweder eine Gewinnschmälerung oder Verluste in Kauf nehmen oder an seine Kunden weitergeben.
Auch liegt keine Betriebsblockade vor, wenn lediglich die Arbeit niedergelegt wurde.

(3.) Die von dem Streik der Fluglotsen betroffenen Fluggesellschaften haben vorliegend keine Schadensersatzansprüche gegen die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF), da sie lediglich Drittbetroffene sind.

Tenor

Die Berufungen der Klägerinnen gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 27. März 2012 - 10 Ca 3468/11 - werden auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einem Unterstützungsstreik.

Die Klägerinnen sind Luftfahrtunternehmen. Der Beklagte ist eine am 9. Juli 2003 gegründete Gewerkschaft, die nach eigenen Angaben am 24. April 2009 etwa 3.200 Beschäftigte, u.a. in den Towern der Flughäfen vertrat. In § 4 ihrer mehrfach geänderten Satzung ist ihr Organisationsbereich geregelt:

 „(1) Der Organisationsbereich der GdF umfasst alle Betriebe und Unternehmen, in welchen die Überwachung und Lenkung von Luftfahrzeugen in der Luft oder auf dem Boden zur sicheren, geordneten und flüssigen Abwicklung des Verkehrs erfolgt oder mit dieser Aufgabe in unmittelbarem Zusammenhang stehende planerische, informatorische, technische und qualifizierende Unterstützungsleistungen erbracht werden. Hierunter fallen insbesondere:

a) die Überwachung und Lenkung der Bewegungen im Luftraum und auf den Abstell- und Bewegungsflächen von Flugplätzen (einschließlich der Vorfeldkontrolle);

b) die Bereitstellung und der Austausch von Informationen zur Planung, Vorbereitung und Durchführung von Flügen durch Publikationen und Beratung vor dem Flug und der Fluginformationsdienst während des Fluges;

c) die Verkehrsflussregelung im Luftraum und auf den Abstell- und Bewegungsflächen von Flugplätzen und die Steuerung der Luftraumnutzung

...

Wegen der weiteren Einzelheiten der Satzung wird auf Bl. 87 ff. d. A. verwiesen.

Der Beklagte hatte entsprechend § 6 der im Zuge der Privatisierung der Flugsicherung abgeschlossenen Rahmenvereinbarung (Auszug Bl. 141 - 144 d. A.) mit der A GmbH am 26. Juli 2006 eine Notdienstvereinbarung abgeschlossen (Bl. 145 ff. d. A.). Gemäß deren § 3 Abs. 1 ist eine Arbeitskampfmaßnahme 24 Stunden vorher anzukündigen. Als Notdienstarbeiten galten zusätzlich zu bestimmten Flügen für Not- und Katastropheneinsätzen usw. die Durchführung von 25 % des planmäßigen Luftverkehrs, der in dem vom Arbeitskampf betroffenen Sektor üblicherweise pro Stunde durchgeführt wird.

Bei der A GmbH herrschte bis zum 31. Dez. 2011 das sog. Vollkostendeckungsprinzip, das sich aus der VO über die Erhebung von Kosten für die Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen der Flugsicherung bei An- und Abflug (FSAAKV) ergab („Die Gebühren sind so zu bemessen, dass der gesamte Aufwand für die Flugsicherung ...gedeckt wird“). Bei der jährlichen Vorausfestlegung wurden auch evtl. Über- oder Unterdeckungen aus dem Vor-Vorjahr berücksichtigt.

Die B GmbH betreibt den C. Verkehrsflughafen. Sie beschäftigt über 1000 Arbeitnehmer. Davon waren in der Abteilung Verkehrszentrale / Vorfeldkontrolle (VL 2) 23 Mitarbeiter beschäftigt. Wegen ihres Aufgabenbereichs wird auf die Dienstanweisung VL Nr. 1/08 der B GmbH vom 24. April 2008 und die Arbeitsanweisung VL 2 Nr. 03/08 verwiesen (Bl. 112 ff., 117 ff. d. A.). Mit einer Ausnahme waren die Mitarbeiter dieser Abteilung in der Lage, sowohl in der Verkehrszentrale wie auch in der Vorfeldkontrolle zu arbeiten. Der Beklagte forderte die B GmbH im Frühjahr 2008 zu Tarifverhandlungen für die in der Vorfeldkontrolle tätigen Arbeitnehmer auf. Am 10. Nov. 2008 schlossen die Tarifvertragsparteien eine sog. Prozessvereinbarung, die die Rahmenbedingungen für die Tarifverhandlungen in der Vorfeldkontrolle festlegte (Bl. 131 ff. d. A.). Am 12. Febr. 2009 legte der Beklagte einen Tarifvertragsentwurf „Sonderregelung Apron Control TVöD“ vor, der für die „Mitarbeiter der Verkehrszentrale / Vorfeldkontrolle (z. Zt. VL 2)“ gelten sollte (Bl. 133 ff. d. A.). Mit Schreiben vom 25. Febr. 2009 (Bl. 136 d. A.) teilte der Beklagte der B GmbH mit, seine Tarifkommission habe das Scheitern der Verhandlungen beschlossen und beim Bundesvorstand die Einleitung von Arbeitskampfmaßnahmen nach Ablauf der Friedenspflicht beantragt. Er kündigte an, dass ab 1. März 2009 mit Arbeitskampfmaßnahmen zu rechnen sei. In der Zeit vom 3. bis zum 6. März 2009 fand ein Streik der Vorfeldlotsen statt, der durch Beschluss des Beklagten vom 6. März 2009 unbefristet verlängert worden ist. In der Zeit vom 18. April bis zum 23. Mai 2009 war der Streik infolge einer Verbotsverfügung des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 6. April 2009 (- 12 Ga 64/09 -) unterbrochen.

Die B GmbH hat den Teilbereich Vorfeldkontrolle der Abteilung VL 2 durch einen Dienstleistungsvertrag per 1. April 2009 auf die A GmbH übertragen.

Für den 6. April 2009 rief der Beklagte die bei ihm organisierten Fluglotsen zu einem Unterstützungsstreik gegen die A GmbH für Montag, den 6. April 2009 zwischen 16.00 und 22.00 Uhr auf. Der Streik wurde mit Schreiben vom 5. April 2009 (Bl. 522, 523 d. A.) angekündigt. Im Tower C sind 22 Fluglotsen tätig. Für den Flughafen C arbeiten zusätzlich 26 Fluglotsen am Sitz der A GmbH in D, die sog. Approach-Fluglotsen. Auf die Internetseiten des Beklagten vom 26. Febr., 5. und 6. März sowie vom 2. und 6. April 2009 wird Bezug genommen (Bl. 138,139, 155, 140, 157 d. A.). Einen Antrag der A GmbH auf Untersagung des Unterstützungsstreiks blieb sowohl vor dem Arbeitsgericht Stuttgart (Beschluss vom 2. März 2009 - 12 Ga 4/09 - Bl. 359 ff. d. A.) wie auch vor dem Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 31. März 2009 - 2 SaGa 1/09 - LAGE Nr. 84 zu Art. 9 Arbeitskampf = Juris, Bl. 372 ff. d. A.) mangels Verfügungsanspruches erfolglos. Während des Unterstützungsstreiks arbeiteten zwei Lotsen zur Erbringung des Notdienstes, die im Stundenrhythmus abgelöst wurden. Diese haben 10 Flugbewegungen pro Stunde abgewickelt. Es fielen 36 Flüge aus, weitere Flüge hatten Verspätungen. Aufgrund der auf Antrag der Klägerinnen (bzw. der Rechtsvorgängerin der Klägerin zu 3)) erlassenen Verbotsverfügung des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 6. April 2009 (-12 Ga 64/09- Bl. 396 ff. d. A.) brach der Beklagte den Unterstützungsstreik um 21.09 Uhr ab. Auf den Widerspruch des Beklagten hob das Arbeitsgericht Frankfurt am Main den Beschluss durch Urteil vom 5. Mai 2009 (- 12 Ga 64/09 - Bl. 399 ff. d. A.) auf. Das Arbeitsgericht ließ die Aktivlegitimation der Klägerinnen dahinstehen, da Hauptarbeitskampf und Unterstützungsstreik nicht rechtswidrig seien. Nach der Unterbrechung des Hauptarbeitskampfes vom 18. April bis zum 23. Mai 2009 einigten sich die Tarifvertragsparteien am 29. Mai 2009 auf eine Beendigung der Tarifvertragsverhandlungen und der Arbeitskampfmaßnahmen. Im Berufungsverfahren gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 5. Mai 2009 haben die Parteien den Rechtsstreit am 7. Dez. 2009 übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat durch Beschluss vom 7. Dez. 2009 (- 9 SaGa 1003/09 - Bl. 433 ff. d. A.) nach § 91 a ZPO über die Kosten entschieden und 75 % der Kosten des Rechtsstreits den Klägerinnen auferlegt, 25 % dem Beklagten.

Die Klägerinnen sind der Auffassung gewesen, die Arbeitskampfmaßnahme des Beklagten sei ein gegen sie gerichteter rechtswidriger und schuldhafter Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gewesen. Der Streik sei betriebsbezogen gewesen, da er nicht auf die A GmbH, sondern die Fluglinien abgezielt habe. Eine wirtschaftliche Schädigung der A GmbH sei infolge des Vollkostendeckungssystems gemäß § 32 Abs. 4 LuftVG kraft Gesetzes ausgeschlossen gewesen. Gebührenausfälle müsse die A GmbH durch Gebührenerhöhungen auf die Fluglinien umlegen. Der Sache nach sei der Unterstützungsstreik eine teilweise Blockade gewesen. Der Arbeitskampf stelle zugleich auch einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit dar, da er unmittelbar gegen die Erwerbstätigkeit der Klägerinnen gerichtet gewesen sei. Die Klägerinnen seien materiell Adressaten der Arbeitskampfmaßnahme gewesen. Die Lahmlegung des Geschäftsbetriebs unbeteiligter Dritter überschreite die Grenzen des arbeitskampfrechtlich Zulässigen. Es handele sich letztendlich um eine Unterstützungsblockade ohne Möglichkeit von Gegenmaßnahmen. Ein Unterstützungsstreik sei der Streik gegen die A GmbH nur vordergründig gewesen. Der Hauptarbeitskampf gegen die B GmbH sei zumindest seit dem 1. April 2009 rechtswidrig gewesen. Von da an habe der Beklagte seine Tarifzuständigkeit bei der B GmbH verloren. Mangels fester Zuordnung habe vor dem Outsourcing keine Mitarbeitergruppe allein der Vorfeldkontrolle oder der Verkehrszentrale zugeordnet werden können. Je nach Dienstplan und Einteilung seien die Mitarbeiter mal in der Vorfeldkontrolle und mal in der Verkehrszentrale tätig gewesen. Seit dem 1. April 2009 seien bei der B GmbH keine Tätigkeiten der Vorfeldkontrolle mehr ausgeübt worden. Die bei der B GmbH beschäftigten Mitarbeiter erbrächten seither ausschließlich Tätigkeiten in der Verkehrszentrale. Dies sei die Bearbeitung der operativen Flugplandaten, die Rotationsbearbeitung bei Flügen des planmäßigen Verkehrs, die Stammdatenpflege und die Benachrichtigung und Information der Kunden bei Beschränkungen im Flugbetrieb. Die Tarifverhandlungen seien jedoch von Anfang an auf die Vorfeldkontrolle (sog. Apron-Control) beschränkt gewesen. Die Vertretung der Mitarbeiter der Verkehrszentrale beanspruche der Beklagte in seinen Verlautbarungen auch gar nicht. Auch aus der Satzung des Beklagten ergäben sich hierfür keine Anhaltspunkte. Die statischen Tätigkeiten des Flughafenbetreibers hätten nichts mit der Lenkung und Überwachung dynamischer Flugbewegungen zu tun. Anders als die Apron-Controller der Vorfeldkontrolle würden die Arbeitsplätze in der Verkehrszentrale mit „Flight Data“ und „Disponent“ bezeichnet. Die Tarifforderung des Beklagten habe sich ausschließlich auf Tätigkeiten bezogen, die die B GmbH seit 1. April 2009 nicht mehr ausgeübt habe. Mit „VL 2“ sei der gesamte Bereich der Verkehrszentrale / Vorfeldkontrolle bezeichnet worden. Abgesehen davon habe der Beklagte durch die Tarifverhandlungen in Wirklichkeit die Übertragung der Vorfeldkontrolle auf die A GmbH verhindern wollen. Auch der Unterstützungsarbeitskampf als solcher sei rechtswidrig gewesen. Dessen Zweck sei die arbeitskampfmäßige Reaktion auf das seit langem geplante Outsourcing der Vorfeldkontrolle gewesen. Dieses sei jedoch keine Neutralitätsverletzung der A GmbH gewesen. Mit dem Unterstützungsstreik sei der Schwerpunkt des Arbeitskampfes im Übrigen unzulässig auf diesen verlagert worden. Der Hauptarbeitskampf sei vollkommen wirkungslos gewesen. Zu einer Behinderung des Flugverkehrs hätten allein die Unterstützungsstreiks geführt. Der Unterstützungsstreik sei infolge fehlender Kampfparität unverhältnismäßig. Der Unterstützungsstreik sei zur gezielten Schädigung unbeteiligter Dritter eingesetzt worden. Schließlich hätte der Beklagte gegen die Notdienstvereinbarung verstoßen.

Der Hauptarbeitskampf sei auch deswegen rechtswidrig gewesen, weil er gegen die sich aus der Prozessvereinbarung ergebende Friedenspflicht verstoßen habe. Diese könne durch Vereinbarungen konkretisiert werden. Nach der Veröffentlichung hätten mit dem Unterstützungsstreik die Forderungen des Hauptarbeitskampfes durchgesetzt werden sollen, die Verbesserungen bei der Vergütung als auch bei den Arbeitsbedingungen brächten. Der rechtswidrige Streik erfülle den Klägerinnen gegenüber auch den Tatbestand der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung.

Die Klägerinnen haben behauptet, die A GmbH habe die Information des Beklagten vom 5. April 2009 über den bevorstehenden Streik unverzüglich weitergegeben. Ein kurzfristiger Abzug der Flugzeuge vom Flughafen C wäre technisch und wirtschaftlich nicht möglich gewesen. Von anderen Standorten aus wären die Flugzeuge für die Klägerin zu 1) auch nicht sinnvoll einzusetzen gewesen.

Wegen des Vorbringens der Klägerinnen zu ihren wirtschaftlichen Schäden wird auf Seite 28 ff. der Klageschrift (zu IV.) nebst Anlagen K 18 ff. (Bl. 160 ff. d. A.) sowie auf Seite 4 ff. des Schriftsatzes vom 31. Jan. 2012 (Bl. 572 ff. d. A.) verwiesen.

Die Klägerinnen haben beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

1. an die Klägerin zu 1) EUR 12.050,13 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 14. Juni 2011 zu zahlen;

2. an die Klägerin zu 2) EUR 88,- nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 14. Juni 2011 zu zahlen;

3. an die Klägerin zu 3) EUR 11.993,- nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 14. Juni 2011 zu zahlen;

4. an die Klägerin zu 4) EUR 8.446,54 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 14. Juni 2011 zu zahlen;

5. festzustellen, dass der Beklagte gegenüber den Klägerinnen verpflichtet war, die gegen die A GmbH am 6. April 2009 durchgeführten Arbeitskampfmaßnahmen mit dem Ziel einer Durchsetzung von Vergütungsforderungen, die der Beklagte für die Arbeitnehmer der Abteilung Vorfeldkontrolle / Verkehrszentrale gegen die B GmbH erhoben hat, zu unterlassen, soweit sie zu Störungen des Flugbetriebs der Klägerinnen führten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung gewesen, die Klägerinnen als Drittbetroffene könnten keine Ansprüche gemäß § 823 Absatz 1 BGB i.V.m. dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb geltend machen. Der Unterstützungsarbeitskampf vom 6. April 2009 sei keine Eigentumsverletzung und kein unmittelbarer Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerinnen gewesen. Die Unmittelbarkeit sei aus der objektiven Stoßrichtung des Streiks abzuleiten, der lediglich gegen die A GmbH gerichtet gewesen sei. Die Nutzbarkeit des Flughafens betreffe nicht unmittelbar die Betriebe der Klägerinnen, sondern die Frage des Gemeingebrauchs. Allein aus dem Vollkostenprinzip ergebe sich der Angriff auf die Flugunternehmen ebenfalls nicht; die Situation sei derjenigen vergleichbar, wenn Betroffene anderer Arbeitskämpfe versuchten, ihre Kosten von Dritten erstattet zu erhalten. Auch ein Privatunternehmen, das marktbeherrschend sei, könne Streikschäden an seine Kunden weitergeben. Bei Streiks im öffentlichen Dienst trügen die Streikkosten letztendlich die Steuerzahler oder über die Abgaben die Bürger, also immer unbeteiligte Dritte. Die Rechtsprechung aus der Zeit, als Fluglotsen noch Beamte gewesen seien, greife nach der Umorganisation nicht mehr. Die Drittinteressen und die Eingriffsempfindlichkeit des Flugbetriebs würden durch die Notdienstregelungen aufgefangen. Die Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit eines Unterstützungsstreiks gemäß der Rechtsprechung seien erfüllt gewesen. Die Maßnahme am 6. April 2009 sei geeignet und erforderlich gewesen. Der Beklagte hat auf die wirtschaftliche und tatsächliche Verknüpfung des Flughafens C mit der A GmbH verwiesen, die in zeitlicher Nähe zum Arbeitskampf eingegangenen Verträge mit der B GmbH und die dadurch bedingte Verletzung der Neutralität, die Identität der Gewerkschaft und die begrenzte Dauer der Maßnahme. Für die Beurteilung einer Schwerpunktverlagerung könne nicht auf die mittelbaren Wirkungen abgestellt werden. Der Aufruf zum Unterstützungsstreik habe auch nicht die Friedenspflicht verletzt. Auch der Hauptarbeitskampf sei rechtmäßig gewesen. Der Beklagte sei weiterhin tarifzuständig gewesen. Der Streikaufruf habe sich lediglich auf den vorgelegten Tarifvertrag bezogen. Auf andere Verlautbarungen als den Streikbeschluss und die dazu übermittelten Tarifforderungen komme es nicht an. Die Erläuterungen im Internet seien keine Wiedergabe eines Streikbeschlusses. Auf jeden Fall fehle es am Verschulden des Beklagten. Im Hinblick darauf, dass die rechtliche Zulässigkeit der Arbeitskampfmaßnahme noch nicht höchstrichterlich geklärt worden sei, aber vor allem durch die einstweiligen Verfügungen, insbesondere die Entscheidung des LAG Baden Württemberg, sei Klarheit eingetreten gewesen. Der Beklagte hat schließlich die geltend gemachten Kosten bestritten und dass diese im eingetretenen Ausmaß auf den Arbeitskampf zurückzuführen gewesen seien. Sie seien zumindest ebenso so sehr darauf zurückzuführen, dass die A GmbH auf die Ankündigung nicht unmittelbar reagiert habe. Die Klägerinnen hätten besser und länger umplanen und disponieren können, wenn die A GmbH unmittelbar reagiert hätte. Einzelne Flüge hätten z.B. auf die Zeit kurz vor Streikbeginn vorverlegt werden können. Der Beklagte hat auch das Vorbringen zur Schadenshöhe und deren Kausalität bestritten.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch Urteil vom 27. März 2012 - 10 Ca 3468/11 - abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Zwischenfeststellungsklage gerichtet auf das Begehren der Feststellung einer Rechtspflicht auf Unterlassung des Arbeitskampfes am 6. April 2009 sei unzulässig. Zwar berühmten sich die Klägerinnen Schadensersatzansprüche aus dem Arbeitskampf am 6. April 2009 und schlössen nicht aus, dass ihnen noch weitergehende Schäden als die mit dieser Klage geltend gemachten entstanden seien. Für diese Ansprüche sei jedoch nicht die durch den Antrag zu 2) skizzierte Rechtspflicht, nämlich die Frage der Pflicht zum Unterlassen, vorgreiflich, sondern die Frage, ob eine Rechtspflicht zum Ersatz der aus dem im Antrag skizzierten Ereignis entstandenen Schäden bestehe. Darüber hinaus werde das Rechtsverhältnis bezüglich der Schadensentstehung durch die arbeitsgerichtliche Entscheidung abschließend geklärt.

Die Klägerinnen hätten keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 823 Absatz 1 BGB. Allenfalls im Hinblick auf die Nutzungsbeeinträchtigung der Flugzeuge der Klägerin zu 1) käme eine Eigentumsverletzung dann in Betracht, wenn man sie für erheblich hielte. Ob angesichts der Notdienstvereinbarung und hinsichtlich der zeitlich auf weniger als sechs Stunden begrenzt eingesperrten Flugzeuge der Klägerin überhaupt eine Eigentumsverletzung vorliege, könne dahinstehen. Der Beklagte hätte das Eigentum der Klägerinnen jedenfalls nicht rechtswidrig und schuldhaft verletzt. Auch ein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb liege nicht vor. Das Merkmal „betriebsbezogener Eingriff“ verlange eine unmittelbare Beeinträchtigung des Betriebs als solcher bzw. die Bedrohung seiner Grundlagen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass Drittbetroffene eines Arbeitskampfes, deren Betrieb allein durch Fort-/Fernwirkung des Arbeitskampfes, z.B. wegen fehlender Lieferungen von Materialien oder sonstigen Versorgungen, Dienstleistungen oder Logistik, Einschränkungen erleide oder nicht produzieren könne, in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt würden. Ein Streik beeinträchtige zwangsläufig die Rechte Anderer und nahezu unvermeidlich, auf jeden Fall häufig, die Rechte Dritter, so auch der gegen die A gerichtete Unterstützungsarbeitskampf des Beklagten. Selbst wenn man nicht von einem Eingriff in den ausgeübten und eingerichteten Gewerbebetrieb ausginge, hätten die Klägerinnen keinen Ersatzanspruch, da der Beklagte zumindest nicht rechtswidrig und schuldhaft in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder in das Eigentum der Klägerin zu 1) bezogen auf die in C stationierten und zur Nutzung vorgesehenen Flugzeuge eingegriffen hätte. Der Beklagte sei auch noch nach dem 1. April 2009 bezüglich der Mitarbeiter des Flughafen C, Verkehrszentrale, tarifzuständig gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Die Klägerinnen haben gegen das ihnen am 10. April 2012 zugestellte Urteil am 10. Mai 2012 per Telefax Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 31. Aug. 2012 an diesem Tag ebenfalls per Telefax begründet.

Die Klägerinnen halten ihre Zwischenfeststellungsanträge für zulässig, da es unschädlich sei, wenn der Hauptantrag noch weitere Voraussetzungen wie Verschulden und Eintritt eines Schadens habe. Es sei zudem nicht ausgeschlossen, dass den Klägerinnen während des Streiks noch weitergehende Schäden entstanden seien. Hinsichtlich des Eingriffs in geschützte Rechtsgüter der Klägerinnen sei die Entscheidung ebenfalls rechtsfehlerhaft. Der Annahme einer Rechtsgutverletzung stünde weder die relativ kurze Dauer des Eingesperrtseins durch den Streik noch das Vorhandensein einer Notdienstvereinbarung entgegen. Was den Eingriff in das Recht der Klägerinnen am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb angehe, habe das Arbeitsgericht die Entscheidungen des BGH zum Fluglotsenstreik aus den Jahren 1977 und 1980 nicht genügend gewürdigt. Entscheidend für die Betriebsbezogenheit des Eingriffs sei die Willensrichtung des Verletzers. Das Besondere am Streik sei, dass er eine bewusste und beabsichtigte Schädigung anderer zur Folge habe. Gerade wenn die Folgewirkungen eines Streiks unausweichlich seien, seien sie vorhersehbar und damit in gewissen Grenzen auch kalkulierbar. Die Willensrichtung des Beklagten sei auf die Störung des Flugbetriebs und damit auf den Gewerbebetrieb der Klägerinnen ausgerichtet gewesen. Der Unterstützungsstreik sei hauptsächlich gegen die wirtschaftliche Organisation der Klägerinnen gerichtet gewesen. Der Streik habe sie außerdem in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsfreiheit verletzt. Es habe sich um eine rechtswidrige Betriebsblockade gehandelt. Aber auch sonst sei der Unterstützungsstreik nach den Prüfungskriterien des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 19. Juni 2007 rechtswidrig gewesen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei der Beklagte für die Vorfeldkontrolle ab 1. April 2009 nicht mehr tarifzuständig gewesen. Außerdem habe der Hauptarbeitskampf die Friedenspflicht verletzt, weil er auch um die Forderung nach Verbesserung sonstiger Arbeitsbedingungen geführt worden sei. Er sei zudem unverhältnismäßig gewesen. Schließlich habe der Beklagte auch schuldhaft gehandelt und hafte auch aus § 826 BGB. Wegen der behaupteten Schäden wird auf ihr Vorbringen in der Berufungsbegründung, Seite 4 bis 24 (Bl. 810 ff. d. A.) und Ziff. 8 des Schriftsatzes vom 5. Dez. 2012 (Bl. 1082 d. A. nebst Anlagen) Bezug genommen.

Die Klägerinnen haben zunächst beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 27. März 2012 - 10 Ca 3468/11 - den Beklagten zu verurteilen,

1. an die Klägerin zu 1) EUR 12.050,13, an die Klägerin zu 2) EUR 88,-, an die Klägerin zu 3) EUR 11.993,- und an die Klägerin zu 4) EUR 8.446,54 jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 14. Juni 2011 zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte gegenüber den Klägerinnen verpflichtet war, die gegen die A GmbH am 6. April 2009 durchgeführten Arbeitskampfmaßnahmen mit dem Ziel einer Durchsetzung von Vergütungsforderungen, die der Beklagte für die Arbeitnehmer der Abteilung Vorfeldkontrolle / Verkehrszentrale gegen die B GmbH erhoben hat, zu unterlassen, soweit sie zu Störungen des Flugbetriebs der Klägerinnen führten,

hilfsweise zu Ziff. 2,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen den Schaden zu ersetzen, der ihnen aus den gegen die A GmbH am 6. April 2009 durchgeführten Arbeitskampfmaßnahmen des Beklagten entstanden ist.

Zuletzt beantragt die Klägerin zu 1),

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 27. März 2012 - 10 Ca 3468/11 -

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) EUR 12.050,13 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 14. Juni 2011 zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin zu 1) verpflichtet war, die gegen die A GmbH am 6. April 2009 durchgeführten Arbeitskampfmaßnahmen mit dem Ziel einer Durchsetzung von Vergütungsforderungen, die der Beklagte für die Arbeitnehmer der Abteilung Vorfeldkontrolle / Verkehrszentrale gegen die B GmbH erhoben hat, zu unterlassen, soweit sie zu Störungen des Flugbetriebs der Klägerin zu 1) führten,

hilfsweise zu Ziff. 2,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 1) den Schaden zu ersetzen, der ihr aus den gegen die A GmbH am 6. April 2009 durchgeführten Arbeitskampfmaßnahmen des Beklagten entstanden ist.

Die Klägerin zu 2) beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 27. März 2012 - 10 Ca 3468/11 -

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 2) EUR 88,- nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 14. Juni 2011 zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin zu 2) verpflichtet war, die gegen die A GmbH am 6. April 2009 durchgeführten Arbeitskampfmaßnahmen mit dem Ziel einer Durchsetzung von Vergütungsforderungen, die der Beklagte für die Arbeitnehmer der Abteilung Vorfeldkontrolle / Verkehrszentrale gegen die B GmbH erhoben hat, zu unterlassen, soweit sie zu Störungen des Flugbetriebs der Klägerin zu 2) führten,

hilfsweise zu Ziff. 2,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 2) den Schaden zu ersetzen, der ihr aus den gegen die A GmbH am 6. April 2009 durchgeführten Arbeitskampfmaßnahmen des Beklagten entstanden ist.

Die Klägerin zu 3) beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 27. März 2012 - 10 Ca 3468/11 -

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 3) EUR 11.993,- nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 14. Juni 2011 zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin zu 3) verpflichtet war, die gegen die A GmbH am 6. April 2009 durchgeführten Arbeitskampfmaßnahmen mit dem Ziel einer Durchsetzung von Vergütungsforderungen, die der Beklagte für die Arbeitnehmer der Abteilung Vorfeldkontrolle / Verkehrszentrale gegen die B GmbH erhoben hat, zu unterlassen, soweit sie zu Störungen des Flugbetriebs der Klägerin zu 3) führten,

hilfsweise zu Ziff. 2,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 3) den Schaden zu ersetzen, der ihr aus den gegen die A GmbH am 6. April 2009 durchgeführten Arbeitskampfmaßnahmen des Beklagten entstanden ist.

Die Klägerin zu 4) beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 27. März 2012 - 10 Ca 3468/11 -

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 4) EUR 8.446,54 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 14. Juni 2011 zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin zu 4) verpflichtet war, die gegen die A GmbH am 6. April 2009 durchgeführten Arbeitskampfmaßnahmen mit dem Ziel einer Durchsetzung von Vergütungsforderungen, die der Beklagte für die Arbeitnehmer der Abteilung Vorfeldkontrolle / Verkehrszentrale gegen die B GmbH erhoben hat, zu unterlassen, soweit sie zu Störungen des Flugbetriebs der Klägerin zu1) führten,

hilfsweise zu Ziff. 2,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 4) den Schaden zu ersetzen, der ihr aus den gegen die A GmbH am 6. April 2009 durchgeführten Arbeitskampfmaßnahmen des Beklagten entstanden ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Auffassung, der Hilfsantrag sei unzulässig. Es sei nicht ersichtlich, welche weiteren Schäden noch zu erwarten seien. Er behauptet unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend, es sei den Klägerinnen auf der Basis der am 5. April 2009 von ihm erhaltenen Informationen möglich gewesen, Flüge zeitlich vorzuziehen oder an das Ende des Arbeitskampfes zu legen. Für die Frage der Eigentumsverletzung gehe es nicht darum, ob dies für die Klägerinnen wirtschaftlich sinnvoll gewesen wäre oder nicht. Bei einem Großteil der Passagiere wäre es auch möglich gewesen, diese telefonisch, per SMS oder per E-Mail zu erreichen. Eine Eigentumsverletzung sei zu verneinen. Die Flugzeuge der Klägerinnen seien nicht eingesperrt gewesen. Sie seien nicht gehindert gewesen, ihre Flugzeuge bestimmungsgemäß zu benutzen. Dazu gehöre es nicht, dass diese zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort landen dürften. Dies sei kein dem Eigentum am Luftfahrzeug immanentes Recht. Bei einem sog. slot handele es sich um ein Teilhaberecht, dass die Erlaubnis zur Nutzung des Luftraumes eröffne. Ein Eigentumsrecht an slots bestehe nicht. Die Ertragserwartungen der Klägerinnen seinen nicht vom Eigentumsschutz erfasst. Ebenso wenig liege ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor. Die Fluglotsenentscheidungen des BGH aus den Jahren 1977 und 1980 seien nicht einschlägig, weil es sich dort nicht um einen gewerkschaftlichen Streik, sondern um individuelle Dienstpflichtverletzungen von Beamten in einer öffentlich-rechtlich verfassten Bundesanstalt gehandelt habe. Es fehle vor allem an der Unmittelbarkeit eines Eingriffs, denn der funktionale Zusammenhang zwischen Flugsicherung und Flugverkehr bestünde auch in anderen Bereichen. Seine Willensrichtung sei es gewesen, im Hinblick auf den Hauptarbeitskampf Druck auf den Tarifgegner auszuüben. Weder Hauptarbeitskampf noch Unterstützungsstreik seien rechtswidrig gewesen. Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtsmäßigkeit eines Arbeitskampfes seien nicht die Internetauftritte von Gewerkschaften, sondern die in Form des getroffenen Streikbeschlusses übermittelten Tarifforderungen. Sonstige Verlautbarungen spielten keine Rolle. Durch den mit Schreiben vom 25. Febr. 2009 übermittelten Tarifvertragsentwurf sei die Forderungslage klar gewesen. Es habe sich auch über den 1. April 2009 hinaus um tariflich regelbare Tarifinhalte gehandelt, für die er auch tarifzuständig gewesen sei. Jedenfalls liege kein Verschulden des Beklagten vor. Zum Bestreiten der Schadenshöhe und Kausalität wird auf Seite 61 ff. der Berufungserwiderung (Bl. 1053 ff. d. A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsschriftsätze und den Inhalt der Sitzungsniederschrift vom 25. April 2013 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufungen haben in der Sache keinen Erfolg. Die Klagen der Klägerinnen sind hinsichtlich der Feststellungsanträge unzulässig, wegen der Zahlungsanträge unbegründet. Die mit Schriftsatz vom 10. Okt. 2012 auf Hinweis des Gerichts erfolgte Antragsklarstellung ist keine Klageänderung oder teilweise Klagerücknahme, da auch bis dahin keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass alle Klägerinnen die Anträge zusammen für jede der Klägerinnen stellen wollten, sondern jede nur für sich.

I. 1.Das Arbeitsgericht hat die Zwischenfeststellungsanträge zu Recht als unzulässig angesehen. Der Feststellungsantrag zu 2) rechtfertigt sich nicht als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO, weil das Urteil über die Hauptklage die Rechtsbeziehungen der Parteien erschöpfend regelt. Das zu klärende Rechtsverhältnis hat keine über den gegenwärtigen Streitstand hinausgehende Bedeutung. Der Unterlassungsanspruch ist zeitlich überholt (BAG Urteil vom 12. Sept. 1984 - 1 AZR 342/83 - BAGE 46, 322 = AP Nr. 81 zu Art. 9 GG Arbeitskampf).

2. Die hilfsweisen Feststellungsanträge der Klägerinnen sind unzulässig. Es fehlt ihnen an dem Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO. Das Streikgeschehen liegt über vier Jahre zurück. Es ist nicht ersichtlich, welche Schäden den Klägerinnen daraus noch erwachsen können (ebenso ArbG Frankfurt/M. Urteil vom 25. März 2013 - 9 Ca 5558/12 - Juris).

II. Die auf Zahlung von Schadensersatz gerichteten Zahlungsanträge sind unbegründet.

1. Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Einer Aussetzung nach § 97 Abs. 5 ArbGG bedarf es nicht, wenn über den erhobenen Anspruch ohne Klärung der Tarifzuständigkeit entschieden werden kann (BAG Beschluss vom 19. Dez. 2012 - 1 AZB 72/12 - Juris; BAG Beschluss vom 24. Juli 2012 - 1 AZB 47/11 - EzA § 97 ArbGG 1979 Nr. 12). Die Entscheidungserheblichkeit im Sinne dieser Vorschrift liegt nur vor, wenn der prozessuale Anspruch der Klägerinnen allein von der Tarifzuständigkeit abhängt. Das ist hier nicht der Fall, weil auch bei unterstellter Tarifunzuständigkeit kein Verschulden des Beklagten festgestellt werden kann.

2. Eine Eigentumsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB im Hinblick auf sechs Flugzeuge der Klägerin zu 1) kann nicht festgestellt werden. Diese kann zwar auch durch eine sonstige die Eigentümerbefugnisse betreffende tatsächliche Einwirkung auf die Sache erfolgen, etwa wenn ein Fahrzeug jede Bewegungsmöglichkeit verliert und seinem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzogen wird (BGH Urteil vom 11. Jan. 2005 - VI ZR 34/04 - NJW-RR 2005, 673 = Juris - Oberleitungsschaden). Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn das Fahrzeug unter Beibehaltung seiner Bewegungsmöglichkeit nur wenige Stunden an einer konkret geplanten Fahrt gehindert und dadurch lediglich seine wirtschaftliche Nutzung vorübergehend eingeengt wird (BGH a.a.O.). Die bloße Sperrung eines bestimmten Weges stellt grundsätzlich keine Verletzung des Eigentums dar (BGH a.a.O.: Die Elektroloks wurden durch die Nichtbenutzbarkeit der Gleise in ihrer Eigenschaft als Transportmittel nicht betroffen). Die Einsperrung eines Schiffes an der Entladestelle eines Fleets durch als Sperre wirkende Baumstämme hat der BGH (Urteil vom 21. Dez. 1970 - II ZR 133/68 - BGHZ 55, 153 = Juris) als Eigentumsverletzung gesehen, nicht jedoch die Schiffbarkeit der Wasserstraße. Die Schiffe seien ihrem natürlichen Gebrauch nicht entzogen worden. Der Gemeingebrauch an dem Fleet stelle kein sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB dar. Erst die gezielte zweitägige Blockade von Baumaschinen durch eine Protestdemonstration, um den geplanten Beginn von Erschließungsarbeiten zu verhindern, sah der Bundesgerichtshof (Urteil vom 4. Nov. 1997 - VI ZR 348/96 - NJW 1998, 377 = Juris) als zielgerichtete Anwendung unmittelbaren und sei es auch nur psychischen Zwanges, die den bestimmungsgemäßen Gebrauch von Baumaschinen verhindern sollte, und damit als mögliche Eigentumsverletzung. In diesem Sinne bedeutet die maximal sechsstündige fehlende Möglichkeit, mit den Flugzeugen starten und landen zu können, die aber nicht alle Flugzeuge über den gesamten Zeitraum erfasste und letztendlich durch den Streikabbruch nur fünf Stunden und neun Minuten andauerte und durch die Notdienstvereinbarung mit der Durchführung von 25% des planmäßigen Verkehrs, der üblicherweise pro Stunde durchgeführt wird, d.h. ca. 10 Flüge pro Stunde, abgemildert wurde und 24 Stunden zuvor angekündigt wurde, lediglich eine vorübergehende Einengung der wirtschaftlichen Nutzbarkeit der Flugzeuge.

3. a. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung eines sonstigen Rechts - das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - gegen den Beklagten steht den Klägerinnen nicht zu. Im Hinblick auf den Arbeitskampf des Beklagten sind die Klägerinnen Drittbetroffene. Es ist durch den Unterstützungsarbeitskampf vom 6. April 2009, der von 16.00 bis 22.00 Uhr angesetzt war und um 21.09 Uhr durch Abbruch endete, keine unmittelbare betriebsbezogene Beeinträchtigung des gewerblichen Tätigkeitskreises der Klägerinnen gegeben. Eine sachgerechte Eingrenzung des Haftungstatbestandes führt zum Erfordernis des unmittelbaren Eingriffs in den Gewerbebetrieb, der Eingriff muss betriebsbezogen sein. Der Eingriff muss seiner objektiven Stoßrichtung nach gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit gerichtet sein (BAG Urteil vom 22. Sept. 2009 - 1 AZR 972/08 - BAGE 132, 140 = AP Nr. 174 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; BAG Urteil vom 20. Jan. 2009 - 1 AZR 515/08 - AP Nr. 137 zu Art. 9 GG = EzA Art. 9 GG Nr. 96 = Juris). Ihm muss eine Schadensgefahr eigen sein, die über eine sozialübliche Behinderung hinaus geht (BAG a.a.O.). Es handelt sich - so das BAG (a.a.O.) - um einen offenen Tatbestand, dessen Inhalt und Grenzen sich erst aus einer Interessen- und Güterabwägung mit der im Einzelfall kollidierenden Interessensphäre ergeben. Der Bundesgerichtshof betont in ständiger Rechtsprechung (Urteil vom 10. Dez. 2002 - VI ZR 171/02 - NJW 2003, 1040 = Juris; BGH Urteil vom 11. Jan. 2005 - VI ZR 34/04 - NJW-RR 2005, 673 = Juris - Oberleitungsschaden), der von der Rechtsprechung erarbeitete Deliktsschutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs dürfe nicht in einen allgemeinen Vermögensschutz für Gewerbetreibende ausufern, die dem deutschen Rechtssystem der in kasuistischer Art geregelten Deliktstatbestände zuwider laufen würde. Auch in sog. Flashmob-Aktionen hat das Bundesarbeitsgericht (BAG Urteil vom 22. Sept. 2009 - 1 AZR 972/08 - BAGE 132, 140 = AP Nr. 174 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) keinen rechtswidrigen Eingriff in das Recht des Betriebsinhabers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gesehen, weil die streikbegleitenden Flashmob-Aktionen eine koalitionsspezifische Betätigung seien. Das BAG (a.a.O.) hat ausgeführt, es gehöre zur verfassungsrechtlich geschützten Freiheit der Koalitionen, ihre Kampfmittel an die sich wandelnden Umstände anzupassen. Für die Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts stelle die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie sowohl die Rechtfertigung als auch die Grenze dar.

b. Der Schutz des Gewerbebetriebs durch § 823 Abs. 1 BGB beschränkt sich nach alldem auf unmittelbare, betriebsbezogene Eingriffe. Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 10. Dez. 2002 - VI ZR 171/02 - NJW 2003, 1040 = Juris) verlangt zu Recht eine sachgerechte Eingrenzung dieses Haftungstatbestandes, nämlich, dass der Eingriff sich irgendwie gegen den Betrieb als solchen richte, also betriebsbezogen sei, und nicht vom Gewerbebetrieb ablösbare Rechte betreffe. Nach dem Sinngehalt und der tatsächlichen Bedeutung der Arbeitskampfmaßnahme sowie der Willensrichtung des Beklagten war das Bestreiken des Towers nicht darauf gerichtet, auf den Gewerbebetrieb der Klägerinnen einzuwirken (vgl. BGH Urteil vom 8. Jan. 1981 - III ZR 125/79 - NJW 1981 2416 = Juris zum Einleiten von Wasser in die gemeindliche Kanalisation). Unmittelbar führte der Unterstützungsstreik nur dazu, dass die Flugsicherung ihre Aufgaben nicht erfüllen konnte. Die notwendige unmittelbare Verbindung des Verhaltens des Beklagten zu den Auswirkungen für den klägerischen Betrieb wird auch nicht durch die bloße Kenntnis des Beklagten hergestellt, dass die Klägerinnen zum Starten und Landen auf die Durchführung der Flugsicherung angewiesen sind (vgl. BGH Urteil vom 8. Jan. 1981 a.a.O.). Die Benutzbarkeit des Luftraums und der Start- und Landebahnen gehört, wie der BGH im Fleet-Fall für eine Wasserstraße entschieden hat (Urteil vom 21. Dez. 1970 a.a.O.), nicht zum Gewerbebetrieb einer Fluggesellschaft. Anderenfalls würde der Gemeingebrauch am Luftraum als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB anerkannt. Ebenso hat der BGH dies für die Befahrbarkeit von Gleisen hinsichtlich des Gewerbebetriebs eines Eisenbahnverkehrsbetriebes beurteilt (BGH Urteil vom 11, Jan. 2005 - VI ZR 34/04 - NJW-RR 2005, 673 = Juris).

c. Es gehört zum Wesen des Streiks, dass hiervon auch Dritte, nämlich diejenigen, die Leistungen des bestreikten Unternehmens abnehmen, mittelbar betroffen sein können. Dies stellt keine Besonderheit im Betrieb der A GmbH dar (ArbG Frankfurt/M. Urteil vom 16. Aug. 2012 - 12 Ca 8341/11 - Juris). Obwohl Streiks regelmäßig auf Teile eines Unternehmens beschränkt werden, führen sie zwangsläufig zu Störungen auch bei solchen Unternehmen, die nicht unmittelbar vom Arbeitskampf betroffen sind, aber mit solchen kampfbetroffenen Unternehmen eng zusammenarbeiten (BAG Urteil vom 22. Dez. 1980 - 1 ABR 2/79 - BAGE 34, 331 = AP Nr. 70 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Das Bundesarbeitsgericht sieht im Urteil vom 19. Juni 2007 (- 1 AZR 396/06 - Juris Rz. 38) die Betroffenheit von Dritten lediglich als eine mehr oder weniger beabsichtigte Folge des Arbeitskampfs an und führt aus, dass von Arbeitskämpfen häufig auch Dritte - wie etwa Kunden von Dienstleistungsunternehmen, Fahrgäste, Flugpassagiere, Patienten, Zulieferer, Abnehmer etc. - betroffen sind. Dass auch der gegen die A GmbH geführte Unterstützungsstreik diese Auswirkungen haben wird, kann nicht überraschend sein. Der Beklagte hat dies sicherlich in sein Kalkül einbezogen. Dies ist keine Besonderheit eines Streiks gegen die A GmbH. Auch der Streik gegen andere Transport- und Beförderungsunternehmen hat in der Regel derartige Auswirkungen: Werden die Bahnverkehrsgesellschaften oder Speditionen bestreikt, sind auch Gewerbebetriebe durch ausgefallene Beförderungsleistungen betroffen. Entsprechende Konstellationen sind anzutreffen, wenn eng an den Hersteller angebundene Zulieferfirmen im Rahmen einer Just-in-time-Produktion bestreikt werden (ebenso ArbG Frankfurt/M. Urteil vom 16. Aug. 2012 - 12 Ca 8341/11 - Juris). Betriebsnotwendige Materialen oder Halbfertigprodukte können ausbleiben oder der Absatz in einem so starken Maße stocken, dass die Produktion unmöglich oder sinnlos wird. Diese Auswirkungen im Zusammenhang mit einem Arbeitskampf sind sozialadäquat. Es gibt in der Regel Drittbetroffene, die keinen Einfluss auf das Streikgeschehen haben. Dass in dem von den Klägerinnen bemühten Beispiel des Aufstellens von Tierschutzwerbetafeln im Hinblick auf Chinchillas und Nerze (OLG Frankfurt am Main Urteil vom 29. Jan. 1987 - 16 U 132/85 - Juris) diese Maßnahmen sich unmittelbar gegen den Gewerbebetrieb von Pelzhändlern richtet, liegt auf der Hand, denn es ging bei dieser Aktion nur darum, den Absatz der Züchter und Pelzhändler zu treffen. Die Sachlage stellt sich nicht anders dar als in den sonst entschiedenen Versorgungsfällen, z. B. die Stromkabelfälle (vgl. BGH Urteil vom 9. Dez. 1958 - VI ZR 199/57 - Juris). Die A GmbH hat nun einmal nur die Fluggesellschaften, die Luftverkehr über Deutschland durchführen, als Kunden. Wird sie bestreikt, sind ausnahmslos alle betroffen, die Luftverkehr betreiben oder nutzen, Passagier- und Frachtfluggesellschaften und außerdem deren zum Teil ebenfalls gewerbliche Kunden. Bedeutete ein Arbeitskampf gegen die A GmbH immer auch einen unmittelbaren betriebsbezogenen Eingriff in deren Gewerbebetrieb, würde jedes kleinste Verschulden einer Gewerkschaft, das den Bereich der Fahrlässigkeit erreicht - das Führen von Arbeitskämpfen ist bei mehreren komplexen Regelungswerken in einer Branche ohnehin gefahrengeneigt - zum existenziellen Ende dieser Gewerkschaft führen und eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie darstellen.

Die Verlautbarungen des Beklagten auf seinen Internetseiten vom 5. März 2009, die DFS-Arbeitsplätze, die den Verkehr am C. Flughafen sowie die An- und Abflüge dorthin kontrollierten, im Rahmen des Solidaritätsstreiks lahmzulegen, und vom 2. April 2009, die Streiks würden in Kürze beginnen und den Flugverkehr von und nach C erheblich behindern, beschreiben nur die zwangsläufigen Auswirkungen der „Lahmlegung“ der Fluglotsenarbeitsplätze und lassen keine Zielgerichtetheit gegen die Klägerinnen erkennen. Keine Auswirkungen hätte die Bestreikung der Fluglotsenarbeitsplätze nur dann, wenn kein Flugverkehr herrschte, z.B. zeitweise bei Unwettern oder ortsbezogen bei Vulkanausbrüchen.

d. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Urteilen des Bundesgerichtshofs zum sog. „Fluglotsenstreik“ (BGH Urteil vom 28. Febr. 1980 - III ZR 131/77 - BGHZ 76, 387 = Juris; BGH Urteil vom 16. Juni 1977 - III ZR 179/75 - AP Nr. 53 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Bei diesem Streik, der kein von einer Gewerkschaft getragener Streik, sondern ein „go-sick“ oder „go-slow“ von Beamten war, sollte die Bundesregierung zielgerichtet unter Druck gesetzt werden, um den Forderungen der Beamten nachzugeben. Die Aktion ist von vornherein gegen Unbeteiligte geführt worden. Der BGH hat ausgeführt, anders als bei einem Streik in der Wirtschaft habe sich die streikähnliche Aktion nicht gegen ein Betriebspotential des Dienstherrn, sondern unmittelbar gegen die wirtschaftliche Organisation eines Dritten gerichtet. Der BGH (28. Febr. 1980 a.a.O.) hat hierin eine hoheitliche Maßnahme zum Nachteil von Gewerbetreibenden gesehen. Hier ist keine andere Art der kollektiven Druckausübung wie gehäufte Krankmeldungen und Dienst nach Vorschrift, also keine amtswidrige kollektive Verweigerung einer geordneten Amtstätigkeit im Rahmen eines verabredeten Vorgehens, zu beurteilen, sondern ein gewerkschaftlicher Arbeitskampf. Die Übertragung dieser Entscheidung auf Arbeitskämpfe in der Privatwirtschaft ist systemwidrig (so auch ausdrücklich Kissel Arbeitskampfrecht § 74 Rn. 9). Kissel (a.a.O.) ist zutreffend der Auffassung, die Erstreckung auf Drittbetroffene könne aus der zu entscheidenden Frage des Amtshaftungsrechts heraus bestimmt sein, für die privatrechtlichen Beziehungen müsse eine solche Erstreckung der Betriebsbezogenheit als systemwidrig angesehen werden, zumal diese zu unübersehbaren haftungsrechtlichen Folgen führte und einen tiefen Eingriff in die Handlungsfreiheit der den Arbeitskampf Führenden darstellte.

e. Der Auffassung des Beklagten, im Flugverkehr gegebene Besonderheiten und die enge funktionale Verknüpfung bedingten auch die Bestimmung der objektiven Betriebsbezogenheit, kann nur insoweit gefolgt werden, als im Luftverkehr eine besondere Eingriffsempfindlichkeit besteht. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass Arbeitskämpfe im Bereich des Luftverkehrs nicht von vornherein ausgeschlossen sind (Hess. LAG Urteil vom 22. Juli 2004 - 9 SaGa 593/04 -AP Nr. 168 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = Juris; LAG Baden-Württemberg Urteil vom 31. März 2009 - 2 SaGa 1/09 - LAGE Nr. 84 zu Art. 9 Arbeitskampf = Juris, Bl. 372 ff. d. A.; ArbG Stuttgart Beschluss vom 2.März 2009 - 12 Ga 4/09 - Bl. 359 ff. d. A.; Löwisch, ZfA 1988, 137, Rieble, Gutachten Flugsicherung S. 8) Obwohl eine besondere Eingriffsempfindlichkeit des Luftverkehrs besteht (vgl. Heinze, FS 50 Jahre BAG, 493 ff.; Rüthers, ZfA 1987, 1, 39, 42 ff.), hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 88, 103, 114) angenommen, die Koalitionsfreiheit sei auch den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst gewährleistet, und zwar unabhängig davon, ob sie hoheitliche oder andere Aufgaben erfüllten. Art. 33 Abs. 4 GG stehe dem nicht entgegen. Er sichere die Kontinuität hoheitlicher Funktionen des Staates, indem er als Regel vorsehe, dass ihre Ausübung Beamten übertragen werde, verbiete jedoch nicht generell, dafür auch Arbeitnehmer einzusetzen. Da diesen die besonderen Rechte der Beamten nicht zustünden, blieben sie darauf angewiesen, ihre Arbeitsbedingungen auf der Ebene von Tarifverträgen auszuhandeln. Wegen ihrer Unterlegenheit seien sie dabei auch auf das Druckmittel des Arbeitskampfes angewiesen. Soweit der Staat von der Möglichkeit Gebrauch mache, Arbeitskräfte auf privatrechtlicher Basis als Arbeitnehmer zu beschäftigen, unterliege er dem Arbeitsrecht, dessen notwendiger Bestandteil eine kollektive Interessenwahrnehmung sei. Ein politischer Handlungszwang durch einen streikbedingten Stillstand des Luftverkehrs ist also nicht auf dem Weg über das Arbeitskampfrecht zu bewältigen, sondern kann allenfalls zu einer gesetzlichen Regelung führen. Streiks in der Luftfahrt sind weder unter dem Gesichtspunkt des Verbots des Vernichtungsstreiks noch dem des Verbots von Gemeinwohlschädigungen von vornherein unverhältnismäßig (Hess. LAG Urteil vom 22. Juli 2004 - 9 SaGa 593/04 - AP Nr. 168 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = Juris; Löwisch, ZfA 1988,1, 148, 155). Davon, dass Arbeitskämpfe im Bereich der Flugsicherung möglich und zulässig sind, ist der Gesetzgeber im Rahmen der Privatisierung der Flugsicherung ausgegangen, obwohl die A GmbH für den Bund nach § 27 c Abs. 2 LuftVG die Luftverkehrskontrolle ausübt und dabei hoheitliche Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung wahrnimmt. Dies belegt bereits der Umstand, dass in der Rahmenvereinbarung zwischen der Bundesrepublik und der Flugsicherung für den Fall von Arbeitskämpfen ein Notdienst vorgeschrieben ist. Der Eingriffsintensität hat der Beklagte durch den Abschluss einer Notdienstvereinbarung, durch Notdienstarbeiten und die zeitliche Begrenzung des Solidaritätsarbeitskampfes Rechnung getragen.

f. Das sog. Vollkostendeckungsprinzip nach § 32 Abs. 4 LuftVG, das bis zum 31. Dez. 2011 galt, führt nicht dazu, dass von einem unmittelbaren Eingriff in den Gewerbetrieb der Klägerinnen ausgegangen werden kann. Die A GmbH konnte Gebührenausfälle in den Folgejahren über entsprechend höher festgesetzte Gebühren auf alle Fluggesellschaften umlegen. Ob ein unmittelbarer betriebsbezogener Eingriff in den Gewerbebetrieb der Klägerinnen vorliegt, kann nicht von der Umlagefähigkeit von Gebührenausfällen abhängen. Damit wird der Arbeitskampf nicht in Wahrheit gegen die Klägerinnen geführt. Der Beklagte hat auch keine andere Wahl, als die A GmbH zu bestreiken, wenn er dort eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen erkämpfen will. Abgesehen davon liegen die Gebührenausfälle zunächst bei der A GmbH und erleidet diese neben wirtschaftlichen Einbußen auch Beschädigungen ihrer Reputation. Jedes Privatunternehmen kann bei Streikschäden entweder eine Gewinnschmälerung oder Verluste in Kauf nehmen oder an seine Kunden weitergeben. Bei Streiks im öffentlichen Dienst tragen die Streikkosten die Steuerzahler oder über die Abgaben alle Bürger, also immer unbeteiligte Dritte. Das BVerfG (Beschluss vom 2. März 1993 - 1 BvR 1213/85 - BVerfGE 88, 103) hat im Bereich der Post, als sie noch nicht privatisiert war, nicht einmal den Einsatz von Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen gebilligt.

g. Es handelt sich nicht um eine Betriebsblockade (vgl. BAG Urteil vom 8. Nov. 1988 - 1 AZR 471/86 - BAGE 60, 101 = AP Nr. 111 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Der BGH (Urteil vom 4. Nov. 1997 - VI ZR 348/96 - BGHZ 137, 89 = Juris) hat zwar in der zweitägigen Blockade des Einsatzes von Baumaschinen durch eine Protestdemonstration gegen Erschließungsmaßnahmen einen schuldhaften Eingriff in den berechtigten Besitz des Bauunternehmens an den Baumaschinen gesehen. Blockaden im Sinne eines Streikexzesses können z.B. die Absperrung des Betriebes von Arbeitswilligen, Zulieferern, Ausfahrern und Kunden sein oder die Blockade von Betriebsmitteln (BAG Urteil vom 8. Nov. 1988 - 1 AZR 417/86 - BAGE 60, 101 = AP Nr. 111 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Auch in der Blockade des Kassenbereichs eines Kaufhauses durch das koordinierte Einkaufen von Artikeln von geringem Wert hat das BAG (Urteil vom 22. Sept. 2009 - 1 AZR 972/08 - BAGE 132, 140 = AP Nr. 174 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) keine Betriebsblockade gesehen, weil die Einzelhandelsfilialen nicht gegenüber Kunden und Lieferanten abgesperrt würden. Die sog. Flashmobaktionen seien typischerweise nicht auf eine nachhaltige Absperrung des gesamten Betriebes gerichtet gewesen. Eine Betriebsblockade geht über die Arbeitsverweigerung durch Streik hinaus.

4. Schließlich liegen die Voraussetzungen eines deliktischen Schadensersatzanspruchs gegenüber dem Beklagten auch deshalb nicht vor, weil die Klägerinnen nicht in einer durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Rechtsposition beeinträchtigt worden sind. Sofern man dies nicht bereits als rechtskräftig entschieden ansieht (4.a.), liegt jedenfalls kein Verschulden des Beklagten vor (4.b.).

a. Zum einen hat das Berufungsgericht aufgrund der sich aus der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 31. März 2009 (- 2 SaGa 1/09 LAGE Nr. 84 zu Art. 9 Arbeitskampf = Juris, Bl. 372 ff. d. A.) ergebenden Bindungswirkung davon auszugehen, dass der Beklagte den am 6. April 2009 von ihm organisierten Streik im Tower des C. Flughafens durchführen durfte. Die Rechtskraft eines früheren Urteils über denselben Streitgegenstand ist als negative Prozessvoraussetzung von Amts wegen zu beachten. Aber auch dann, wenn eine im Vorprozess rechtskräftig entschiedene Rechtsfrage lediglich Vorfrage für die Entscheidung des nachfolgenden Rechtsstreits ist, ist die sich aus der Rechtskraft der früheren Entscheidung ergebende Bindungswirkung auch ohne Rüge eines Verfahrensbeteiligten zu berücksichtigen (BAG Urteil vom 20. Nov. 2012 - 1 AZR 611/11 - NZA 2013, 437 = Juris Rz. 86 ff.). Die Grundsätze über die Rechtskraft und die Bindungswirkung von Unterlassungsurteilen (§ 322 Abs. 1 ZPO) gelten auch in den Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (BAG a.a.O.). Dass auch eine im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangene Entscheidung Bindungswirkung entfalten kann, ist anerkannt (BAG a.a.O. mit weiteren Nachw.). Rechtskräftige Urteile entfalten gemäß § 322 Abs. 1 ZPO allerdings nur insoweit Bindungswirkung für ein nachfolgendes Verfahren, als über den durch die Klage erhobenen Anspruch entschieden worden ist. Sie beschränkt sich auf die Rechtsfolge, die aufgrund eines bestimmten Sachverhalts bei Schluss der mündlichen Verhandlung den Entscheidungssatz bildet. Einzelne Urteilselemente, tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen, auf denen die getroffene Entscheidung aufbaut, werden dagegen von der Rechtskraft nicht erfasst (BAG a.a.O.). Bindungswirkung besteht, wenn der Inhalt der rechtskräftigen Entscheidung zum Tatbestand der im neuen Prozess geltend gemachten Rechtsfolge gehört (BAG a.a.O.). Das Gericht hat die im ersten Prozess rechtskräftig entschiedene Rechtsfolge im zweiten Verfahren zugrunde zu legen, wenn diese eine Vorfrage darstellt. Bei einer klageabweisenden Entscheidung ist der aus der Begründung zu ermittelnde, die Rechtsfolge bestimmende, ausschlaggebende Abweisungsgrund Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und nicht allein ein Element der Entscheidungsbegründung (BAG a.a.O.). Bei einer Unterlassungsklage besteht die begehrte Rechtsfolge in dem Verbot einer bestimmten - als rechtswidrig angegriffenen - Verhaltensweise (BAG a.a.O.). In Rechtskraft erwächst der in die Zukunft gerichtete Verbotsausspruch nur in seinem Bezug auf die vom Gericht festgestellte Verletzungshandlung (BAG a.a.O.). Wird die Klage abgewiesen, steht damit zugleich die Berechtigung des Beklagten zu dem vom Antrag umfassten Handeln fest (BAG a.a.O.). Das LAG Baden-Württemberg hat in den Entscheidungsgründen den Unterlassungsanspruch aus Rechtsgründen verneint und sämtliche von der Verfügungsklägerin gegen die Zulässigkeit des Arbeitskampfes angeführten Gründe gewürdigt. Die Rechtskraft steht einer erneuten Prüfung der Rechtmäßigkeit im vorliegenden Verfahren entgegen. Die rechtskräftige Abweisung der beantragten Verurteilung zur Unterlassung entfaltet Bindungswirkung im Schadensersatzprozess, für den es als Vorfrage darauf ankommt, ob die beabsichtigte Arbeitskampfmaßnahme rechtswidrig war.

Rechtskräftige Entscheidungen entfalten die Wirkung des § 322 Abs. 1 ZPO zwar nur inter partes. Die Klägerinnen waren am einstweiligen Verfügungsverfahren nicht beteiligt. Entscheidungen über die Tariffähigkeit und Tarifzuständigkeit entfalten jedoch Rechtskraft gegenüber jedermann (BAG Beschluss vom 15. März 1977 - 1 ABR 16/75 - BAGE 29, 72 = AP Nr. 24 zu Art. 9 GG = Juris). Es fand zwar kein Verfahren nach § 97 Abs. 1 ArbGG statt, aber nur, weil sich im einstweiligen Verfügungsverfahren mit Rücksicht auf den Eilcharakter des einstweiligen Verfügungsverfahrens eine Aussetzung verbietet (Hess. LAG Urteil vom 22. Juli 2004 - 9 SaGa 593/04 - Juris; LAG Hamm Urteil vom 31. Jan. 1991 - 16 Sa 119/91 - Juris; LAG Hamm Beschluss vom 12. Juni 1975 - 8 TaBV 37/75 - LAGE § 46 BetrVG 1972 Nr. 1; LAG München Beschluss vom 28. März 1983 - 3 Ta 58/83 - Juris). Auch im einstweiligen Verfügungsverfahren kann jedenfalls für die in Frage stehende Arbeitskampfmaßnahme incidenter die Gewerkschaftszuständigkeit bejaht werden, wenn diese mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden kann.

Der rechtliche Gesichtspunkt des Überganges der Vorfeldkontrolle auf die A GmbH war zwar nicht ausdrücklich Gegenstand der rechtlichen Erwägungen des LAG Baden-Württemberg im einstweiligen Verfügungsverfahren. Das Landesarbeitsgericht hat in den Entscheidungsgründen (Juris Rz. 17) ausgeführt, die A GmbH und die B GmbH hätten vor der mündlichen Verhandlung im Eilverfahren einen Vertrag geschlossen, nach dem die Vorfeldkontrolle ab dem 1. April 2009 nicht mehr von der B GmbH, sondern von der A GmbH mit eigenem Personal im Tower des C. Flughafens erledigt wird. Deshalb habe die B GmbH mehreren der 22 Vorfeldlotsen eine Kündigung ausgesprochen. In den Gründen wird festgestellt (Juris Rz. 76), die A GmbH (Antragstellerin) werde ab 1. April 2009 einen Teil der seitherigen Aufgaben der B GmbH (Vorfeldkontrolle) übernehmen, ferner (Juris Rz. 77), ab dem 1. April 2009 werde die A GmbH die Vorfeldkontrolle von der B GmbH übernehmen und dafür eine Vergütung erhalten.

Es heißt dort:

 „Die Antragstellerin (Anm.: die A GmbH) bot der FSG (Anm.: B GmbH) an, zum 01.04.2009 die Tätigkeiten der Vorfeldlotsen im Wege des Outsourcings mit eigenem Personal, d.h. ohne Übernahme von Arbeitnehmern der FSG zu übernehmen. Einen solchen Vertrag schlossen die Antragstellerin und die FSG während der Tarifauseinandersetzungen zwischen der Antragsgegnerin und der FSG, jedenfalls vor der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Verfahren. Nach diesem Vertrag wird die Vorfeldkontrolle ab dem 01.04.2009 nicht mehr von der FSG, sondern von der Antragstellerin mit eigenem Personal im Tower des C. Flughafens erledigt. Deshalb hat die FSG mehreren der 22 Vorfeldlotsen eine Kündigung ausgesprochen. Ein Teil dieser Arbeitnehmer wird von der FSG in der Verkehrszentrale weiterbeschäftigt.“

Auf Seite 21 des Urteils zu (3) heißt es:

 „Die Antragstellerin wird ab dem 01.04.2009 einen Teil der seitherigen Aufgaben der FSG übernehmen (Vorfeldkontrolle)“,

desgleichen auch auf Seite 22 zu (5):

 „Ab dem 01.04.2009 wird die Antragstellerin die Vorfeldkontrolle von der FSG übernehmen und dafür eine Vergütung erhalten.“

Diese Feststellungen haben das Landesarbeitsgericht nicht daran gehindert, die Rechtmäßigkeit des Hauptarbeitskampfes und des Unterstützungsstreiks zu bejahen und den Antrag mangels Verfügungsanspruchs zurückzuweisen. Im Lichte seiner Feststellungen hat das Landesarbeitsgericht die Tarifzuständigkeit des Beklagten für den Hauptarbeitskampf gegen die B GmbH denknotwendig incidenter bejaht.

b. Vor diesem Hintergrund ist jedenfalls ein Verschulden des Beklagten zu verneinen. Verschulden im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB setzt ein vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten voraus. Nicht jedes evtl. rechtswidrige Verhalten einer Koalition bei der Wahrung und Förderung von Wirtschaftsbedingungen im Rahmen des Art. 9 Abs. 3 GG ist zugleich als schuldhaft zu bewerten, weil hierdurch unzumutbare Haftungsrisiken entstünden. Das BAG (Urteil vom 21. März 1978 - 1 AZR 11/76 - BAGE 30, 189 = AP Nr. 62 zu Art. 9 GG Arbeitskampf) hat angenommen, die Entwicklung des sozialen Lebens im Bereich der abhängigen Arbeit wäre unangemessen behindert und gehemmt, wollte man jede Risikoübernahme auf diesem Gebiet als Schuld werten und dadurch mit erheblichen Haftungsrisiken belasten. Vor einem Streik mit seinen vielfältigen Auswirkungen hat die Gewerkschaft ihre Streikziele sorgfältig zu prüfen. Bei Zweifeln über deren Rechtmäßigkeit darf sie von ihrem Streikrecht nur in maßvollem Rahmen Gebrauch machen (BAG Urteil vom 19. Juni 2012 - 1 AZR 775/10 - AP Nr. 177 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Der Beklagte konnte sich auf die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg vom 31. März 2009 - 2 SaGa 1/09 - LAGE Nr. 84 zu Art. 9 Arbeitskampf = Juris, Bl. 372 ff. d. A.) stützen. Die A GmbH hatte versucht, durch eine einstweilige Verfügung die Unterlassung des von ihr für rechtswidrig gehaltenen Streiks zu erreichen. Sowohl das Arbeitsgericht Stuttgart (Beschluss vom 2. März 2009 - 12 Ga 4/09 - Bl. 359 ff. d. A.) wie auch auf die sofortige Beschwerde der A GmbH das LAG Baden-Württemberg hat in Kenntnis der Ausgliederung des Bereichs der Apron Controller Haupt- und Unterstützungsarbeitskampf nicht für rechtswidrig gehalten, auch nicht das Arbeitsgericht Frankfurt am Main in dem auf den Verbotsantrag der Klägerinnen hin ergangenen Urteil vom 5. Mai 2009 (- 12 Ga 64/09 - Bl. 399 ff. d. A.). Dieser Rechtsstreit ist im Berufungsverfahren von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt worden. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat durch Beschluss vom 7. Dez. 2009 (- 9 SaGa 1003/09 - Bl. 433 ff. d. A.) nach § 91 a ZPO über die Kosten entschieden und 75 % der Kosten des Rechtsstreits den Klägerinnen auferlegt, 25 % dem Beklagten. Sinn der einstweiligen Verfügungsverfahren war es, die Tatsachen- und Rechtslage vor Beginn und im Laufe der Arbeitskampfmaßnahmen zu klären. Dies ist zu Gunsten des Beklagten geschehen. Dem Beklagten können im Rahmen der Verschuldensprüfung keine weitergehenden Erkenntnisse abverlangt werden als mehreren Kammern der Arbeitsgerichte und des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg.

5. Die Klägerinnen haben - wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat und auf dessen Begründung ergänzend verwiesen wird - keinen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB. Der Beklagte hat den Klägerinnen nicht in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt. Voraussetzung für eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung wäre die Überschreitung der Verhaltensvorgaben eines rechtsethischen Minimums. Maßnahmen im Arbeitskampf können nur bei Hinzutreten besonderer Umstände sittenwidrig sein. Nicht jeder rechtwidrige Arbeitskampf ist sittenwidrig. Dass der Beklagte - was hier mangels Verschulden dahin stehen konnte - nach Auffassung der Klägerinnen seine Tarifzuständigkeit für die Apron Controller verkannt hat, ist keine Handlung in vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigungsabsicht. Dafür sind keine Anhaltspunkte ersichtlich (vgl. BAG Beschluss vom 19. Nov. 1985 - 1 ABR 37/83 - AP Nr. 4 zu § 2 TVG Tarifzuständigkeit = Juris). Ein Streik ist aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Verankerung in Art. 9 Abs. 3 GG nämlich nur sittenwidrig, wenn er evident unverhältnismäßig ist oder Zwecke verfolgt werden, die offenkundig nicht dem Kompetenzbereich der Tarifvertragsparteien unterfallen (BAG Urteil vom 22. Sept. 2009 - 1 AZR 972/08 - AP Nr. 174 zu Art. 9 GG Arbeitskampf = Juris). Der vom LAG Baden-Württemberg durch Urteil vom 31. März 2009 gebilligte Unterstützungsstreik bei nach diesem Urteil rechtmäßigem Hauptarbeitskampf ist weit davon entfernt, dem Verdikt der Sittenwidrigkeit zu unterliegen.

6. Schadensersatzansprüche der Klägerinnen aus § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung der Friedenspflicht bestehen - wie das Arbeitsgericht zutreffend entschieden hat und auf dessen Begründung ergänzend verwiesen wird (ebenso ArbG Frankfurt/M. Urteil vom 25. März 2013 - 9 Ca 5558/12 - Juris; ArbG Frankfurt am Main Urteil vom 16. Aug. 2012 - 12 Ca 8341/11 - Juris) - schon deshalb nicht, weil die relative Friedenspflicht vom Schutzbereich her nicht die Klägerinnen erfasst. Der Tarifvertrag ist ein Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB allein in Ansehung der Mitglieder der Tarifvertragsparteien, nicht zugunsten der Kunden von Unternehmen. Diese sind keine Außenseiter im Sinne der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29. Nov. 1967 (- GS 1/67 - AP Nr. 13 zu Art. 9 GG). Die Friedenspflicht wird allein schuldrechtlich zwischen den tarifvertragsschließenden Parteien vermittelt. Sie haben Fürsorgepflichten allein gegenüber ihren Mitgliedern, nicht aber gegenüber außenstehenden Dritten. Das liefe auf eine Gemeinwohlverpflichtung hinaus.

Die Kosten ihrer erfolglosen Berufungen tragen die Klägerinnen nach § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG angesichts der Frage der Schadensersatzansprüche von Drittbetroffenen eines Arbeitskampfes wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.



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