Bundesarbeitsgericht

Beschluss vom - Az: 1 ABR 62/12

DRK-Schwestern sind Leiharbeitnehmerinnen

1. Eine Überlassung von Arbeitnehmern iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG liegt auch dann vor, wenn ein Verein im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit ein Mitglied durch Gestellungsvertrag an ein Unternehmen überlasst, damit es bei diesem eine weisungsabhängige Tätigkeit gegen Entgelt verrichtet, und es aufgrund seiner Arbeitsleistung ähnlich einem Arbeitnehmer sozial geschützt ist.
(Leitsatz des Gerichts)

(2.) Der Arbeitnehmerbegriff iSd. Leiharbeitsrichtlinie erfasst jede Person, die in einem Beschäftigungsverhältnis steht, aufgrund dessen sie während einer bestimmten Zeit für eine andere Person nach deren Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält, und die in dem betreffenden Mitgliedstaat aufgrund der Arbeitsleistung, die sie erbringt, geschützt ist.

(3.) Die Überlassung muss im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit des Entleihers erfolgen, § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Hierfür ist bereits ausreichend, wenn die Überlassung von Arbeitskräften auf einem Markt angeboten wird. Damit unterliegen auch Verleiher, die keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen, dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Ohne Bedeutung ist demnach, welche Rechtsform das verleihende Unternehmen hat und ob es damit einen Erwerbszweck verfolgt.

Im vorliegenden Fall weist das Bundesarbeitsgericht den Antrag eines Krankenhauses ab, das die Zustimmung des Betriebsrats zur Eingliederung einer Schwester des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) ersetzt verlangt. Der Betriebsrat hatte der Einstellung der Schwester widersprochen, weil diese als Leiharbeitnehmerin anzusehen sei und - daher rechtswidrig - nicht nur vorübergehend eingesetzt werden solle. Das DRK ist als Verein organisiert; die Schwestern leisten ihre Arbeit als mitgliedschaftlichen Beitrag - nicht aufgrund von Arbeitsverträgen. Ihre Arbeit verrichten die Schwestern aufgrund von "Gestellungsverträgen" in sozialen Einrichtungen.
Vorab hatte der EuGH im Rahmen eines Vorlageverfahrens bereits entschieden, dass die Schwestern dann als Leiharbeitnehmerinnen im Sinne der Leiharbeitsrichtlinie anzusehen seien, wenn sie "in dem Mitgliedstaat wie Arbeitnehmer geschützt" sind. Diese Auslegung hat das BAG seinem hiesigen Urteil zugrundegelegt. Es hat betont, dass die DRK-Schwestern trotz des fehlenden Arbeitsvertrags wie Arbeitnehmerinnen geschützt seien. Denn sie müssten die Tätigkeit laut Satzung hauptberuflich erbringen, erhielten eine Vergütung sowie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaub, Mutterschutz, seien durch die Anwendung des Arbeitszeit- und Arbeitsschutzgesetz geschützt und seien darüber hinaus Mitglieder in der Sozialversicherung.
Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass sich dieser Schutz mit Ausnahme der Sozialversicherungspflicht lediglich aus der Satzung in Verbindung mit den jeweiligen Gestellungsverträgen ergebe. Denn die arbeitnehmerschützenden Gesetze dürften nicht umgangen werden. Folglich würde eine Gestellung ohne dieses Schutzniveau dazu führen, dass die Schwestern als Arbeitnehmerinnen anzusehen seien und daher qua Gesetz geschützt würden. Umgekehrt seien die Schwestern jedoch grundsätzlich nicht als Arbeitnehmerinnen anzusehen. Die Eigenschaft als Leiharbeitnehmerinnen führe auch nicht zwingend dazu, dass alle Regelungen des AÜG auf die Gestellungsverträge anzuwenden seien.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 6. Juli 2012 - 6 TaBV 30/12 - teilweise aufgehoben.

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 2. Februar 2012 - 3 BV 94/11 - teilweise abgeändert.

Der Antrag der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung der Krankenschwester K wird abgewiesen.

Das Verfahren wird hinsichtlich des Antrags zu 2. der Arbeitgeberin und des Widerantrags zu 2. des Betriebsrats eingestellt.

Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen.

Gründe

A. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Einstellung einer DRK-Schwester.

Die Arbeitgeberin betreibt eine stationäre Klinik mit etwa 190 Arbeitnehmern. Dort ist der am Verfahren beteiligte Betriebsrat gebildet.

Mit der DRK-Schwesternschaft Essen e. V. (Schwesternschaft) schloss die Arbeitgeberin im März 2010 einen Gestellungsvertrag. Danach übernimmt es die Schwesternschaft, Angehörige der pflegenden und pflegenahen Berufe bei der Arbeitgeberin einzusetzen. Dafür zahlt die Arbeitgeberin die Bruttopersonalkosten sowie eine Verwaltungspauschale iHv. 3 vH dieser Kosten. Nach § 3 Abs. 3 des Gestellungsvertrags unterliegt das Gestellungspersonal bei seiner Tätigkeit den fachlichen und organisatorischen Weisungen der zuständigen Stellen der Arbeitgeberin. Die Schwesternschaft ist gemäß § 10 Abs. 5 des Gestellungsvertrags berechtigt und verpflichtet, im Katastrophenfall Krankenschwestern im Einvernehmen mit dem Vorstand vorübergehend anderweitig einzusetzen. Weiter heißt es im Gestellungsvertrag ua.:

 „§ 4  

 (1)     Für das Gestellungspersonal gelten dieselben Arbeitszeitregelungen wie für die in einem unmittelbaren Vertragsverhältnis zur R stehenden vergleichbaren Personen.

…      

§ 10  

 (1)     Alle sich aus den jeweils aktuellen Arbeitssicherheitsbestimmungen, insbesondere dem Gesetz zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz und weiterer Arbeitsschutz-Richtlinien vom 07.08.1996 für den Bereich der R ergebenden Maßnahmen führt die R auf ihre Kosten durch.“

Die Schwesternschaft ist nach § 1 Unterabs. 3, § 2 ihrer Satzung idF vom 3. Februar 2015 eine Gemeinschaft, die „den Mitgliedern die Ausübung ihres Berufes im caritativen Geist unter dem Zeichen des Roten Kreuzes ermöglicht und das Zusammengehörigkeitsbewusstsein festigt“. Sie ist „selbstlos tätig und verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke“. Eine Mitgliedschaft zur Berufsausübung können Personen begründen, die berechtigt sind, einen Beruf in der Kranken- und Gesundheitspflege auszuüben (§ 4 Abs. IV Nr. 1 der Satzung). Die ordentlichen und außerordentlichen Mitglieder sind gemäß § 7 Abs. I der Satzung verpflichtet, der Schwesternschaft ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Nach § 7 Abs. II der Satzung üben die Mitglieder ihre Tätigkeit ua. im Rahmen von Gestellungsverträgen bei anderen Einrichtungen zur Pflege kranker oder hilfsbedürftiger Menschen aus. Nach § 7 Abs. II Satz 2 und Satz 3 der Satzung wird hierdurch kein Arbeits- oder Dienstverhältnis zur Schwesternschaft begründet. Vielmehr bestimmen sich die Rechte und Pflichten zwischen der Schwesternschaft und dem einzelnen Mitglied ausschließlich nach deren Satzung und der Mitgliederordnung für die Schwesternschaften vom Deutschen Roten Kreuz e. V. in den jeweils gültigen Fassungen. Die Satzung enthält ua. folgende Regelungen:

 „§ 6   Mitgliedschaft zur Berufsausübung, Einführungszeit

I.    Die Mitgliedschaft zur Berufsausübung beginnt mit einer Einführungszeit. Diese beträgt ein Jahr und verlängert sich um Fehlzeiten, soweit diese insgesamt einen Monat überschreiten.

…      

II.     Während der Einführungszeit kann die Mitgliedschaft beiderseits mit einer Frist von einem Monat zum Ende eines Kalendermonats für beendet erklärt werden. Die Erklärung bedarf der Schriftform.

§ 8     Ausschluß aus der Schwesternschaft und Widerruf der Aufnahme

1.    Jedes Mitglied kann aus der Schwesternschaft ausgeschlossen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

2.    Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn das Mitglied … übernommene Pflichten nachhaltig verletzt, insbesondere bei Ausübung der beruflichen Tätigkeit, oder wenn es in sonstiger Weise durch sein Verhalten die Gemeinschaft erheblich stört und es dieses Verhalten trotz eines schriftlichen Hinweises auf die im Wiederholungsfall drohenden Folgen fortsetzt. Der Hinweis auf den drohenden Ausschluß kann nur dann unterbleiben, wenn der Schwesternschaft eine Fortsetzung der Mitgliedschaft nicht zumutbar ist.“

Die Schwesternschaft ist über ihre Mitgliedschaft im Verband der Schwesternschaften vom Deutschen Roten Kreuz e. V. dem Deutschen Roten Kreuz e. V. (DRK) angeschlossen. Sie verfügt seit Dezember 2011 über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.

Die Mitgliederordnung für die Schwesternschaften idF vom 5. Juli 2006 (Mitgliederordnung) lautet auszugsweise:

 „Artikel 2

Berufliche Tätigkeit

…      

3.    Vergütung

Das Mitglied … erhält während seiner Mitgliedschaft

a)         eine monatliche Zahlung (Vergütung), deren Berechnung sich nach den für die jeweilige Tätigkeit üblichen Kriterien richtet,

b)    Zulagen, Zuwendungen, Reise- und Umzugskosten in entsprechender Anwendung der für das jeweilige Arbeitsfeld geltenden Bedingungen,

c)    Versicherungsschutz gegen eine schadensersatzrechtliche Inanspruchnahme aus seiner beruflichen Tätigkeit, soweit dieses Risiko üblicherweise versicherbar ist,

d)    eine Anwartschaft auf ein zusätzliches Ruhegeld …

Die Sozial- und Arbeitslosenversicherung sowie der Versicherungsschutz gegen Berufskrankheit und Arbeitsunfall richten sich nach den gesetzlichen Be-stimmungen.

4.    Erholungsurlaub

Das Mitglied erhält einen jährlichen Erholungsurlaub in entsprechender Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen und der im jeweiligen Arbeitsfeld geltenden Bestimmungen.…      

7.    Unfall und Krankheit

Für diejenigen Mitglieder, die Anspruch auf eine monatliche Zahlung (Vergütung) haben, gilt im Falle einer durch Unfall oder Krankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit folgende Regelung:

a)    Das Mitglied erhält Krankenbezüge bis zum Ende der sechsten Woche. …

c)    Für die Mutterschutzzeiten und die Elternzeit gelten die allgemeinen gesetzlichen Regelungen in der jeweils gültigen Fassung.                             

d)    Hat das Mitglied nicht mindestens 6 Monate wieder gearbeitet und wird es aufgrund derselben Ursache erneut arbeitsunfähig, werden die Krankenbezüge für beide Erkrankungen nicht über die maßgebende Bezugszeit hinaus gewährt.

e)    Bei einem ärztlicherseits verordneten und von dem Maßnahmeträger genehmigten und durchgeführten Kur- oder Heilverfahren erhält das Mitglied die ihm zustehenden Leistungen für höchstens 6 Wochen.“

Die Arbeitgeberin unterrichtete den Betriebsrat mit einem am 25. November 2011 zugegangenen Schreiben darüber, auf der Grundlage des Gestellungsvertrags mit der Schwesternschaft solle deren Mitglied Frau K zum 1. Januar 2012 eingestellt werden. Gleichzeitig legte sie deren Bewerbungsunterlagen vor und teilte mit, die personelle Maßnahme werde vorläufig durchgeführt. Der Betriebsrat verweigerte mit am 2. Dezember 2011 zugegangenem Schreiben vom selben Tag seine Zustimmung zur Einstellung. Der Einsatz von Frau K sei nicht vorübergehend und verstoße damit gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz.

Mit ihrem am 2. Dezember 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu der Einstellung und die Feststellung der dringenden Erforderlichkeit der personellen Maßnahme begehrt. Sie hat die Auffassung vertreten, ein Zustimmungsverweigerungsgrund bestehe nicht. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz finde keine Anwendung, weil Frau K Mitglied der Schwesternschaft und nicht deren Arbeitnehmerin sei.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

1.    die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Einstellung der Krankenschwester Frau K als Krankenschwester auf der Station S5 ab dem 1. Januar 2012 aufgrund des Gestellungsvertrages zwischen ihr und der DRK-Schwesternschaft Essen e. V. zu ersetz

2.    festzustellen, dass die Beschäftigung der DRK-Krankenschwester Frau K auf der Station S5 ab dem 1. Januar 2012 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist.

Der Betriebsrat hat Antragsabweisung sowie im Wege des Widerantrags beantragt

1.    festzustellen, dass die vorläufige Einstellung der Mitarbeiterin K nicht aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist,          

2.    festzustellen, dass er berechtigt ist, der Einstellung von Beschäftigten, die von der DRK-Schwesternschaft Essen e. V. gestellt werden, die Zustimmung mit der Begründung zu verweigern, dass die Beschäftigung dieser Personen gegen § 1 AÜG verstößt, da es sich um Arbeitnehmerüberlassung handelt, die nicht vorübergehend im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG erfolgt.

Das Arbeitsgericht hat den Anträgen der Arbeitgeberin stattgegeben und die des Betriebsrats abgewiesen. Die Beschwerde des Betriebsrats blieb erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Begehren weiter.

Mit Beschluss vom 17. März 2015 (- 1 ABR 62/12 [A] - BAGE 151, 131) hat der Senat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (Gerichtshof) gemäß Art. 267 AEUV folgende Frage vorgelegt:

 „Findet Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit Anwendung auf die Überlassung eines Vereinsmitglieds an ein anderes Unternehmen zur Arbeitsleistung nach dessen fachlicher und organisatorischer Weisung, wenn sich das Vereinsmitglied bei seinem Vereinsbeitritt verpflichtet hat, seine volle Arbeitskraft auch Dritten zur Verfügung zu stellen, wofür es von dem Verein eine monatliche Vergütung erhält, deren Berechnung sich nach den für die jeweilige Tätigkeit üblichen Kriterien richtet, und der Verein für die Überlassung den Ersatz der Personalkosten des Vereinsmitglieds sowie eine Verwaltungskostenpauschale erhält?“

Der Gerichtshof hat mit Urteil vom 17. November 2016 (- C-216/15 -) wie folgt entschieden:

 „Art. 1 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit ist dahin auszulegen, dass die durch einen Verein, der keinen Erwerbszweck verfolgt, gegen ein Gestellungsentgelt erfolgende Überlassung eines Vereinsmitglieds an ein entleihendes Unternehmen, damit das Mitglied bei diesem hauptberuflich und unter dessen Leitung gegen eine Vergütung Arbeitsleistungen erbringt, in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, sofern das Mitglied aufgrund dieser Arbeitsleistung in dem betreffenden Mitgliedstaat geschützt ist, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist. Dies gilt auch, wenn das Mitglied nach nationalem Recht kein Arbeitnehmer ist, weil es mit dem Verein keinen Arbeitsvertrag geschlossen hat.“

Die Beteiligten halten auch nach der Entscheidung des Gerichtshofs an ihren Anträgen fest.

B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist teilweise begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von Frau K nicht zu ersetzen (unter I). Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den weiteren Antrag der Arbeitgeberin sowie den Widerantrag zu 1. des Betriebsrats (unter II). Im Übrigen bleibt die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats erfolglos (unter III).    

I. Der Antrag der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von Frau K ist unbegründet.

1. Der Arbeitgeberin steht für ihren auf § 99 Abs. 4 BetrVG gestützten Zustimmungsersetzungsantrag das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis (dazu BAG 10. Juli 2013 - 7 ABR 91/11 - Rn. 15, BAGE 145, 355) zu. In ihrem Unternehmen sind in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt. Eine personelle Einzelmaßnahme bedarf daher nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. Bei dem Einsatz von Frau K handelt es sich um eine zustimmungspflichtige Einstellung (vgl. BAG 8. November 2016 - 1 ABR 57/14 - Rn. 14 f.). Sie wird in den Betrieb der Arbeitgeberin eingegliedert. Die Arbeitgeberin übt - wie in § 3 Abs. 3 des Gestellungsvertrags vorgesehen - ihr gegenüber die für ein Arbeitsverhältnis typischen Weisungsbefugnisse aus.

2. Die Arbeitgeberin hat das Zustimmungsverfahren in Bezug auf die beabsichtigte Einstellung von Frau K ordnungsgemäß eingeleitet.

a) Die gerichtliche Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG setzt eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG voraus. Dieser hat den Betriebsrat über die geplante personelle Einzelmaßnahme unter Vorlage der erforderlichen Urkunden zu unterrichten. Erforderlich und ausreichend ist eine Unterrichtung, die es dem Betriebsrat ermöglicht, aufgrund der mitgeteilten Tatsachen zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe gegeben ist (vgl. BAG 14. April 2015 - 1 ABR 58/13 - Rn. 16 mwN). Sofern die vom Arbeitgeber gemachten Angaben nicht offenkundig unvollständig sind, kann dieser davon ausgehen, den Betriebsrat vollständig unterrichtet zu haben (vgl. BAG 10. Juli 2013 - 7 ABR 91/11 - Rn. 19 mwN, BAGE 145, 355).

b) Danach wurde der Betriebsrat ausreichend über die geplante Einstellung von Frau K unterrichtet. Ihm wurden ihre Personalien, der in Aussicht genommene Arbeitsplatz sowie der Beginn des Einsatzes mitgeteilt und ihre Bewerbungsunterlagen vorgelegt. Nicht erforderlich war die Übermittlung einer Erklärung der Schwesternschaft nach § 14 Abs. 3 Satz 2 AÜG. Da die Krankenschwester als Vereinsmitglied der Schwesternschaft auf der Grundlage des Gestellungsvertrags eingesetzt werden sollte, durfte die Arbeitgeberin bei Einleitung des Zustimmungsverfahrens davon ausgehen, es liege keine erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung vor.    

3. Die Zustimmung des Betriebsrats gilt nicht nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Der Betriebsrat hat mit Schreiben vom 2. Dezember 2011, bei der Arbeitgeberin am selben Tag eingegangen, die Zustimmung fristgerecht, schriftlich und unter Angabe von Gründen iSv. § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verweigert. Mit seiner Begründung, die dauerhafte Einstellung von Frau K verstoße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, hat er einen Zustimmungsverweigerungsgrund iSd. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG geltend gemacht.

4. Der Betriebsrat konnte seine Zustimmungsverweigerung auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG stützen.

a) Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zu einer personellen Maßnahme nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern, wenn die Maßnahme gegen ein Gesetz verstößt. Hierfür kommt es auf die Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über das Zustimmungsersetzungsgesuch an (BAG 30. September 2014 - 1 ABR 79/12 - Rn. 18).

b) Der Betriebsrat hat danach die Zustimmung zu Recht verweigert. Die dauerhafte Überlassung von Frau K an die Arbeitgeberin verstößt gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG in der seit dem 1. Dezember 2011 geltenden Fassung. Diese Vorschrift, die eine mehr als vorübergehende Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher verbietet, ist ein Verbotsgesetz iSv. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, dessen Verletzung den Betriebsrat zur Verweigerung der Zustimmung zur Einstellung berechtigt (ausf. BAG 30. September 2014 - 1 ABR 79/12 - Rn. 40 ff.).

aa) Der Einsatz von Frau K bei der Arbeitgeberin ist Arbeitnehmerüberlassung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Das gibt die unionsrechtskonforme Auslegung dieser Vorschrift vor.

 (1) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG bedürfen Arbeitgeber, die als Verleiher Dritten (Entleihern) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zur Arbeitsleistung überlassen wollen, der Erlaubnis. Die Regelung stellt nicht nur die Überlassung von Arbeitnehmern an Dritte unter einen Erlaubnisvorbehalt, sondern bestimmt zudem - wie § 1 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 AÜG zeigen -, wann eine Arbeitnehmerüberlassung iSd. Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vorliegt. Eine solche ist nach bisherigem Verständnis gegeben, wenn es sich bei der zur Arbeitsleistung an einen Entleiher überlassenen Person um einen Arbeitnehmer des Verleihers handelt (vgl. BAG 9. November 1994 - 7 AZR 217/94 - zu II der Gründe, BAGE 78, 252). Nach dem von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Arbeitnehmerbegriff ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG 17. September 2014 - 10 AZB 43/14 - Rn. 18, BAGE 149, 110). Mitglieder der DRK-Schwesternschaften sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedoch keine Arbeitnehmer in diesem Sinne. Sie erbringen ihre Arbeitsleistung zwar in fremdbestimmter persönlicher Abhängigkeit. Rechtsgrundlage der geschuldeten Dienste ist aber der privatautonom begründete Vereinsbeitritt zu der Schwesternschaft und die damit verbundene Pflicht, den Vereinsbeitrag in der Leistung von Diensten in persönlicher Abhängigkeit zu erbringen (BAG 17. März 2015 - 1 ABR 62/12 [A] - Rn. 12 mwN, BAGE 151, 131).

 (2) Der Gerichtshof, dem nach Art. 267 AEUV die Aufgabe der verbindlichen Auslegung von Richtlinien zugewiesen ist, hat allerdings festgestellt, dass Art. 1 Abs. 1 und 2 Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (ABl. EU L 327 vom 5. Dezember 2008 S. 9 - fortan: Richtlinie 2008/104/EG) dahin auszulegen ist, dass die durch einen Verein, der keinen Erwerbszweck verfolgt, gegen ein Gestellungsentgelt erfolgende Überlassung eines Vereinsmitglieds an ein entleihendes Unternehmen, damit das Mitglied bei diesem hauptberuflich und unter dessen Leitung gegen eine Vergütung Arbeitsleistungen erbringt, in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, sofern das Mitglied aufgrund dieser Arbeitsleistung in dem betreffenden Mitgliedstaat geschützt ist. Dies gilt auch, wenn das Mitglied nach nationalem Recht kein Arbeitnehmer ist, weil es mit dem Verein keinen Arbeitsvertrag geschlossen hat. Denn für die Bezeichnung einer Person als Arbeitnehmer iSd. Richtlinie 2008/104/EG ist nach der bindenden Auffassung des Gerichtshofs weder die rechtliche Einordnung des zwischen der betreffenden Person und dem Leiharbeitsunternehmen bestehenden Verhältnisses nach nationalem Recht noch die Art ihrer Rechtsbeziehungen oder die Ausgestaltung dieses Verhältnisses ausschlaggebend. Danach erfasst der Arbeitnehmerbegriff iSd. Richtlinie jede Person, die in einem Beschäftigungsverhältnis steht, aufgrund dessen sie während einer bestimmten Zeit für eine andere Person nach deren Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält, und die in dem betreffenden Mitgliedstaat aufgrund der Arbeitsleistung, die sie erbringt, geschützt ist.

 (3) Angesichts dieser Rechtsprechung ist eine Beschränkung des Begriffs der Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG auf die Überlassung solcher Personen, die die Voraussetzungen des Arbeitnehmerbegriffs iSd. nationalen Rechts erfüllen, nicht mit Art. 1 Abs. 1 Richtlinie 2008/104/EG zu vereinbaren. Das verlangt eine unionsrechtskonforme Auslegung der Vorschrift.

 (a) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die nationalen Gerichte gehalten, bei der Anwendung des nationalen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen, um das in der Richtlinie festgelegte Ziel zu erreichen und damit Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen (EuGH 24. Januar 2012 - C-282/10 - [Dominguez] Rn. 24 mwN). Allerdings unterliegt der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts Schranken. Die Pflicht zur Verwirklichung eines Richtlinienziels im Auslegungsweg findet ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten. Sie darf nicht als Grundlage für eine Auslegung des nationalen Rechts contra legem dienen (EuGH 24. Januar 2012 - C-282/10 - [Dominguez] Rn. 25 mwN). Ob und inwieweit das innerstaatliche Recht eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung zulässt, haben allein die nationalen Gerichte zu beurteilen (BVerfG 26. September 2011 - 2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07 - Rn. 47, BVerfGK 19, 89).

 (b) In Anwendung dieser Grundsätze ist § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG unionsrechtskonform dahin auszulegen, dass eine Überlassung von Arbeitnehmern auch dann gegeben ist, wenn ein Verein seine Vereinsmitglieder, die aufgrund ihrer Arbeitsleistung ähnlich einem Arbeitnehmer sozial geschützt sind, an ein entleihendes Unternehmen überlässt, damit sie bei diesem hauptberuflich eine weisungsabhängige Tätigkeit gegen Entgelt verrichten.

 (aa) Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG steht einer solchen unionsrechtskonformen Auslegung nicht entgegen. Die dort verwendeten Begriffe „Arbeitgeber“ und „Arbeitnehmer“ knüpfen zwar an den von der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Arbeitnehmerbegriff an. Allerdings erlaubt ein am Wortsinn orientiertes Verständnis auch die Einbeziehung von Vereinsmitgliedern, die an einen Dritten überlassen werden, um dort weisungsabhängig gegen Entgelt tätig zu sein, wenn sie aufgrund ihrer Arbeitsleistung ähnlich einem Arbeitnehmer sozial geschützt sind. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz definiert die Begriffe Arbeitnehmer oder Leiharbeitnehmer nicht und gibt auch nicht vor, dass es sich bei dem Rechtsverhältnis zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer zwingend um ein Arbeitsverhältnis handeln muss.

 (bb) Die gesetzliche Systematik hindert ein solches Begriffsverständnis ebenfalls nicht. Soweit einige Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (§ 9 Nr. 1, § 10 Abs. 1 bis Abs. 3, § 11 Abs. 1 und Abs. 2 AÜG) auf den „Vertrag“, die „Vertragsbedingungen“ oder den „Vertragsschluss“ zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher Bezug nehmen, steht dies ihrer Geltung für an Dritte überlassene Vereinsmitglieder, die dort weisungsabhängig gegen Entgelt tätig sind, grundsätzlich nicht entgegen. Der Erwerb einer Vereinsmitgliedschaft erfordert - wenn er nicht durch Beteiligung an der Gründung des Vereins bewirkt wurde - grundsätzlich den Abschluss eines Aufnahmevertrags zwischen Bewerber und Verein. Dieser kommt dadurch zustande, dass der Verein den Aufnahmeantrag des Bewerbers diesem gegenüber annimmt (BGH 29. Juni 1987 - II ZR 295/86 - zu 1 der Gründe, BGHZ 101, 193). Auch der Umstand, dass einzelne Normen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes auf die Anwendung tariflicher Regelungen abstellen (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 und Satz 3, § 3a, § 9 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 und Halbs. 3, § 10 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 AÜG) und damit an eine nach § 1 Abs. 1, § 12a TVG auf Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen bezogene Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien anknüpfen oder - wie § 11 Abs. 4 AÜG - auf nicht für Vereinsmitglieder geltende gesetzliche Bestimmungen Bezug nehmen, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Dies kann allenfalls zur Folge haben, dass die betroffenen Normen auf im Rahmen eines Gestellungsvertrags an Dritte überlassene Vereinsmitglieder, die eine weisungsabhängige Tätigkeit gegen Entgelt verrichten, keine Anwendung finden können.

 (cc) Auch der Zweck des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes untersagt nicht das vom Gerichtshof vorgegebene Verständnis von § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG. Das Gesetz will Rahmenbedingungen für die Leiharbeit schaffen, durch die einerseits der soziale Schutz der Leiharbeitnehmer unabhängig von deren vertraglichen Vereinbarungen gewährleistet wird, andererseits den Unternehmen die Arbeitnehmerüberlassung auch als flexibles Instrument zur Deckung des Arbeitskräftebedarfs zur Verfügung steht (BT-Drs. 17/4804 S. 7). Dieser Zweck steht einer Einbeziehung von Vereinsmitgliedern nicht entgegen, die im Rahmen eines Gestellungsvertrags an Dritte überlassen sind, um bei diesem gegen eine Vergütung hauptberuflich und weisungsabhängig Arbeitsleistungen zu erbringen, und die aufgrund dessen sozial geschützt sind.

 (dd) Die Gesetzeshistorie lässt eine unionsrechtskonforme Auslegung gleichfalls zu. Nach der Gesetzesbegründung sollte mit dem „Ersten Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung“ (Missbrauchsverhinderungsgesetz, vom 28. April 2011 BGBl. I S. 642) die Richtlinie 2008/104/EG umgesetzt werden (BT-Drs. 17/4804 S. 7). Der Gesetzgeber wollte mit dem Gesetz unionsrechtliche Vorgaben „vollständig, eins zu eins“ umsetzen (so die Ausführung der zuständigen Bundesministerin in der abschließenden Plenarberatung des Deutschen Bundestages, Plenarprotokoll 17/99 S. 11366 [B]). Damit entspricht es seinem Regelungswillen, den Begriff der Arbeitnehmerüberlassung in § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG im Wege der Auslegung an den Geltungsbereich der Richtlinie anzupassen. Soweit in der Gesetzesbegründung ausgeführt ist, dass „nach dem deutschen Modell der Arbeitnehmerüberlassung ... die Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer ein Arbeitsvertragsverhältnis zum Verleiher“ haben, „welches rechtlich unabhängig von dem Überlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher ist“ (BT-Drs. 17/4804 S. 7), folgt hieraus nichts anderes. Damit sollte erkennbar nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass Rechtsverhältnisse zwischen dem Verleiher und der zu überlassenden Person, die nicht auf einem Arbeitsvertrag beruhen, nicht vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz erfasst werden sollen. Vielmehr wollte der Gesetzgeber lediglich klarstellen, dass das „deutsche Modell“ der Arbeitnehmerüberlassung bereits vor Inkrafttreten des vorgelegten Gesetzentwurfs für die überlassenen Arbeitnehmer einen rechtlichen Schutz gewährleistete, indem es ihnen auch für die überlassungsfreie Zeit einen Anspruch auf Vergütung gewährte und die Beendigung der Überlassung nicht automatisch zur Beendigung ihres Rechtsverhältnisses zum Verleiher führte. Nach den im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich geäußerten Vorstellungen sollten von der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nur diejenigen Personen ausgenommen werden, die in einer gemeinnützigen Werkstätte für behinderte Menschen beschäftigt sind und bei denen nicht die Erbringung einer Arbeitsleistung im Mittelpunkt steht, sondern die „Rehabilitation“ (vgl. Stellungnahme des Bundesrats vom 11. Februar 2011 BT-Drs. 17/4804 S. 13 [Anlage 3] und Gegenäußerung der Bundesregierung BT-Drs. 17/4804 S. 14 [Anlage 4]).

 (ee) Entgegen der Annahme der Arbeitgeberin lässt sich auch aus den Gesetzesmaterialien zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 20. Juli 2016 (BT-Drs. 18/9232) nichts Gegenteiliges ableiten. Die Äußerungen des Gesetzgebers in diesem Gesetzgebungsverfahren können nicht zur historischen Auslegung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der seit dem 1. Dezember 2011 geltenden Fassung herangezogen werden. Unabhängig davon liefern sie keinen Anhaltspunkt, dass der Begriff der Arbeitnehmerüberlassung nicht auch die im Rahmen eines Gestellungsvertrags an Dritte überlassene Vereinsmitglieder erfasst. Der Gesetzgeber hat die während des Gesetzgebungsverfahrens ua. vom DRK geforderte Einfügung eines neuen § 1 Abs. 3 AÜG, mit dem die Mitglieder, Verbände und Gliederungen der Nationalen Gesellschaft des Roten Kreuzes iSv. § 1 Satz 1 DRK-Gesetz aus dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ausgenommen werden sollten (vgl. Ausschussdrucksache 18[11]718 neu S. 102), gerade nicht aufgenommen. Ein in der Sitzung des Bundesrates am 25. November 2016 gestellter Antrag, die Bundesregierung möge prüfen, ob die Ausnahmetatbestände im Entwurf von § 1 Abs. 3 AÜG auf die Mitglieder, Verbände und Gliederungen der Nationalen Gesellschaft des Roten Kreuzes für den Anwendungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erweitert werden müssten oder ihnen zumindest eine mit den Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften vergleichbare Rechtsposition einzuräumen sei (BR-Drs. 627/1/16), fand nicht die erforderliche Mehrheit (BR-Drs. 627/16 [Beschluss]). Daher kann offenbleiben, ob eine solche Ausnahme ihrerseits mit der Richtlinie 2008/104/EG vereinbar wäre und eine unionsrechtskonforme Erstreckung des Arbeitnehmerbegriffs der Richtlinie auf Mitglieder einer DRK-Schwesternschaft hindern könnte.

bb) Damit ist der Einsatz von Frau K bei der Arbeitgeberin eine Arbeitnehmerüberlassung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG.

 (1) Frau K ist als Vereinsmitglied der Schwesternschaft der Arbeitgeberin überlassen worden, um bei dieser hauptberuflich gegen Entgelt weisungsabhängig Arbeitsleistungen zu erbringen. Nach § 7 Abs. I und Abs. II Satz 1 der Satzung ist sie verpflichtet, der Schwesternschaft ihre volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und ihre Tätigkeit im Rahmen des mit der Arbeitgeberin geschlossenen Gestellungsvertrags bei dieser auszuüben. Für ihre Tätigkeit erhält sie nach Art. 2 Nr. 3 der Mitgliederordnung iVm. § 7 Abs. II Satz 3 der Satzung eine Vergütung. Gemäß § 3 Abs. 3 des Gestellungsvertrags unterliegt sie den fachlichen und organisatorischen Weisungen der Arbeitgeberin.

 (2) Frau K ist - wie vom Gerichtshof für die Anwendung von Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2008/104/EG gefordert - als Vereinsmitglied der Schwesternschaft auch aufgrund ihrer Arbeitsleistung geschützt.

 (a) Der Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 17. November 2016 (- C-216/15 - Rn. 43) ausgeführt, dass „Arbeitnehmer“ iSd. Richtlinie 2008/104/EG jede Person ist, „die eine Arbeitsleistung erbringt, dh., die während einer bestimmten Zeit für eine andere Person nach deren Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält, und die aufgrund dieser Arbeitsleistung in dem betreffenden Mitgliedstaat geschützt ist“. Die Ausführungen in den Randnummern 39 bis 41 zeigen, dass von einem solchen Schutz auszugehen ist, wenn die den Vereinsmitgliedern zustehenden Rechte mit denjenigen eines Arbeitnehmers teilweise übereinstimmen oder ihnen gleichwertig sind. Entscheidend ist damit, dass das im Rahmen der Gestellung bei einem Dritten weisungsabhängig gegen Entgelt tätige Vereinsmitglied einen Schutz genießt, der dem eines Arbeitnehmers zumindest in Teilen entspricht oder gleichwertig ist, ohne mit diesem identisch sein zu müssen. Auch die französische und die englische Fassung der Entscheidung zeigen, dass es darauf ankommt, ob das Vereinsmitglied auf dieser Grundlage einen rechtlichen Schutz genießt (vgl. Rn. 43 der französischen Fassung: „… la notion de ‚travailleur‘ au sens de la directive 2008/104 doit être interprétée comme couvrant toute personne qui effectue une prestation de travail, c’est-à-dire qui accomplit, pendant un certain temps, en faveur d’une autre et sous la direction de celle-ci, des prestations en contrepartie desquelles elle perçoit une rémunération, et qui est protégée à ce titre dans l’État membre concerné …“; in der englischen Fassung: „… the concept of ‘worker’ as referred to in Directive 2008/104 must be interpreted as covering any person who carries out work, that is to say, who, for a certain period of time, performs services for and under the direction of another person, in return for which he receives remuneration, and who is protected on that basis in the Member State concerned …“). 

(b) Diese Anforderungen sind vorliegend erfüllt. Die im Rahmen der Gestellung bei der Arbeitgeberin gegen Entgelt weisungsabhängig beschäftigten Vereinsmitglieder der Schwesternschaft - und damit auch Frau K - verfügen über einen Schutz, der demjenigen eines Arbeitnehmers in wesentlichen Bereichen entspricht oder zumindest gleichwertig ist.

 (aa) Nach Art. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a der Mitgliederordnung erhalten die Vereinsmitglieder der Schwesternschaft eine monatliche Vergütung, deren Berechnung sich nach den für die jeweilige Tätigkeit üblichen Kriterien richtet. Damit steht ihnen ein Anspruch auf Entgelt nach den jeweils im Einsatzunternehmen geltenden Vergütungsregelungen zu. Zudem sind ihnen nach Art. 2 Nr. 3 Satz 1 Buchst. b der Mitgliederordnung Zulagen und Zuwendungen in entsprechender Anwendung der für das Arbeitsfeld geltenden Bedingungen zu zahlen. Dadurch ist sichergestellt, dass die Vereinsmitglieder der Schwesternschaft dasselbe Entgelt erhalten wie diejenigen Pflegekräfte, die in dem Unternehmen, dem sie überlassen wurden, als Arbeitnehmer tätig sind. Da die Arbeitgeberin auf ihre Pflegekräfte den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der für die Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (TVöD/VKA) anwendet, haben die an sie überlassenen Vereinsmitglieder der Schwesternschaft Anspruch auf eine Vergütung entsprechend diesen tariflichen Regelungen des öffentlichen Dienstes.

 (bb) Ähnlich wie Arbeitnehmer genießen die Vereinsmitglieder zudem einen Schutz vor der grundlosen Beendigung ihres Mitgliedschaftsverhältnisses mit der Schwesternschaft. Nach § 8 der Satzung kann das Mitglied nach Ablauf der einjährigen Einführungszeit nur aus der Schwesternschaft ausgeschlossen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Ausschluss aus wichtigem Grund kann - vergleichbar mit der in der Regel bei der Kündigung eines Arbeitnehmers aus wichtigem Grund nach § 626 BGB erforderlichen vorherigen Abmahnung (etwa BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 569/14 - Rn. 46, BAGE 153, 111) - grundsätzlich nur dann erfolgen, wenn das Mitglied zunächst einen schriftlichen Hinweis auf die im Wiederholungsfall drohenden Folgen erhalten hat und dennoch sein fehlerhaftes Verhalten fortsetzt.

 (cc) Nach Art. 2 Nr. 4 der Mitgliederordnung haben die Vereinsmitglieder ferner Anspruch darauf, dass ihnen ein jährlicher Erholungsurlaub entweder nach Maßgabe des Bundesurlaubsgesetzes oder nach den im entleihenden Unternehmen geltenden tariflichen Regelungen gewährt wird. Art. 2 Nr. 7 Buchst. c der Mitgliederordnung ordnet zudem an, dass für die Mutterschutzzeiten sowie die Elternzeit die allgemeinen gesetzlichen Regelungen gelten. Damit finden auf die Vereinsmitglieder sowohl das für Arbeitnehmerinnen geltende (§ 1 Nr. 1 MuSchG) Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz) in der jeweils gültigen Fassung als auch die Bestimmungen über die Elternzeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach §§ 15 bis 21 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) Anwendung.

 (dd) Die Vereinsmitglieder haben - ebenso wie Arbeitnehmer - auch ein Recht auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Art. 2 Nr. 7 Buchst. a Satz 1 der Mitgliederordnung sieht vor, dass ihnen bei einer durch Unfall oder Krankheit verursachten Arbeitsunfähigkeit Krankenbezüge bis zum Ende der sechsten Woche zu zahlen sind. Des Weiteren steht ihnen nach Art. 2 Nr. 7 Buchst. e Satz 3 der Mitgliederordnung, ähnlich wie einem Arbeitnehmer nach § 9 Abs. 1 EFZG, ein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung für bis zu sechs Wochen bei einem ärztlicherseits verordneten und vom Maßnahmeträger genehmigten und durchgeführten Kur- oder Heilverfahren zu.

 (ee) Darüber hinaus hat die Arbeitgeberin in Bezug auf die bei ihr tätigen Vereinsmitglieder der Schwesternschaft die im TVöD/VKA enthaltenen Arbeitszeitregelungen sowie die maßgebenden Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes zu beachten. Dies folgt aus § 4 Abs. 1 des Gestellungsvertrags. Danach gelten für das Gestellungspersonal dieselben Arbeitszeitregelungen wie für die in einem unmittelbaren Vertragsverhältnis zur R stehenden vergleichbaren Personen. Zudem lässt § 10 Abs. 1 des Gestellungsvertrags erkennen, dass die Arbeitgeberin die ihr durch das Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz) (vgl. Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz und weiterer Arbeitsschutz-Richtlinien vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1246) gegenüber ihren eigenen Arbeitnehmern auferlegten arbeitsschutzrechtlichen Pflichten auch gegenüber den bei ihr eingesetzten Vereinsmitgliedern beachtet.

 (ff) Wie die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme vor dem Gerichtshof ausgeführt hat, unterliegen die Vereinsmitglieder außerdem - ebenso wie Arbeitnehmer - von Gesetzes wegen der Versicherungspflicht in der Kranken-, der sozialen Pflege-, der Arbeitslosen- und der Rentenversicherung. Sie sind Personen, die gegen Arbeitsentgelt iSd. § 14 SGB IV beschäftigt sind (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III; so auch die Gesetzesbegründung zu § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI: BT-Drs. 11/4124 S. 148). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Anhaltspunkte hierfür sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (vgl. BSG 18. November 2015 - B 12 KR 16/13 R - Rn. 16, BSGE 120, 99; 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - Rn. 15, BSGE 111, 257). Diese Voraussetzungen sind bei den Vereinsmitgliedern der Schwesternschaft gegeben (vgl. auch BSG 28. August 1968 - 3 RK 70/65 - zu II der Gründe, BSGE 28, 208). Sie sind weisungsabhängig tätig und erhalten eine monatliche Vergütung. Daher unterliegen sie auch der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung. Zwar definiert § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V als versicherungspflichtig in diesem Zweig der Sozialversicherung „Arbeiter und Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte“. „Arbeiter und Angestellte“ im Sinne dieser Bestimmung sind jedoch ebenfalls diejenigen Personen, die in einem Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs. 1 SGB IV stehen (Kruse in LPK-SGB V 4. Aufl. § 5 Rn. 4). Bereits nach dem früheren § 172 Abs. 1 Nr. 6 RVO waren DRK-Schwestern nur ausnahmsweise und unter besonderen Bedingungen von der Krankenversicherungspflicht befreit. Sie zählten daher grundsätzlich zu der Gruppe der gegen Entgelt Beschäftigten, die allgemein der Krankenversicherungspflicht unterlagen (vgl. BSG 28. August 1968 - 3 RK 70/65 - zu II der Gründe, BSGE 28, 208; vgl. auch Hessisches LSG 9. Januar 1963 - L-3(6)/Kr-37/60 -; LSG Nordrhein-Westfalen 13. Mai 1965 - L 16 Kr 55/62 -). Hieran hat sich auch durch die Einführung des SGB V nichts geändert.      

(c) Ob den Vereinsmitgliedern der Schwesternschaft kollektivrechtliche Befugnisse wie Arbeitnehmern zustehen, bedarf keiner Entscheidung. Nach dem Urteil des Gerichtshofs vom 17. November 2016 (- C-216/15 -) kommt es darauf an, dass das im Rahmen der Gestellung bei einem Dritten weisungsabhängig gegen Entgelt tätige Vereinsmitglied einen Schutz genießt, der dem eines Arbeitnehmers zumindest in Teilen entspricht oder gleichwertig ist. Ein identisches oder vollständig gleichwertiges Schutzniveau in allen Bereichen ist danach nicht geboten.

Unerheblich ist auch, dass den Vereinsmitgliedern der Schwesternschaft - anders als Arbeitnehmern - Mitgliedschaftsrechte zustehen, mit denen sie die Geschicke des Vereins und damit zugleich die Arbeitsorganisation beeinflussen können. Die Befugnis der Vereinsmitglieder, im Rahmen der Mitgliederversammlung ua. über die Wahl oder Abwahl der Vorsitzenden (Oberin) und der anderen Vorstandsmitglieder, die Entlastung des Vorstands für das abgelaufene Rechnungsjahr, die Wirtschaftsplanung für das folgende Jahr sowie die Höhe der Mitgliedsbeiträge und Satzungsänderungen (§ 11 der Satzung) mit entscheiden zu können, ist für die Frage, ob sie im Rahmen ihrer weisungsabhängigen Tätigkeit bei einem Dritten einen Schutz genießen, der dem eines Arbeitnehmers zumindest in Teilen gleichwertig ist, ohne Bedeutung.

 (d) Der Umstand, dass der vom Gerichtshof geforderte Schutz der Vereinsmitglieder weitgehend über mitgliedschaftliche Regelungen und die jeweiligen Gestellungsverträge vermittelt wird, gebietet entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin keine andere Bewertung. Die konkrete Ausgestaltung der den Vereinsmitgliedern durch die Verbandssatzung eingeräumten Rechte unterliegt zwar der von Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Satzungsautonomie. Die Schwesternschaft hat hierbei allerdings die sich aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergebenden Anforderungen zu beachten. Danach darf die Begründung vereinsrechtlicher Arbeitspflichten nicht zu einer Umgehung zwingender arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen führen. Eine solche objektive Gesetzesumgehung liegt vor, wenn der Zweck einer zwingenden Rechtsnorm dadurch vereitelt wird, dass andere rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten missbräuchlich, dh. ohne einen im Gefüge der einschlägigen Rechtsnorm sachlich berechtigten Grund, verwendet werden (BAG 6. Juli 1995 - 5 AZB 9/93 - zu B I 2 b der Gründe, BAGE 80, 256). Könnte also die Schwesternschaft bei einer Gestellung nicht gewährleisten, dass ihren Mitgliedern bei der Erbringung einer Arbeitsleistung bei Dritten ein rechtlich abgesichertes Schutzniveau zusteht, das dem für Arbeitnehmer geltenden zumindest in wesentlichen Teilen vergleichbar ist, wären jene ohnehin als Arbeitnehmer iSd. allgemeinen Arbeitnehmerbegriffs anzusehen.

 (3) Die Überlassung von Frau K an die Arbeitgeberin erfolgt im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit der Schwesternschaft.

 (a) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG muss die Überlassung im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit des Entleihers erfolgen. Durch das Missbrauchsverhinderungsgesetz wurde das frühere Merkmal „gewerbsmäßig“ zum 1. Dezember 2011 durch die Formulierung „im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit“ ersetzt. Damit hat sich der deutsche Gesetzgeber an den Vorgaben der Richtlinie 2008/104/EG orientiert. Diese gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 2 für öffentliche und private Unternehmen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, unabhängig davon, ob sie Erwerbszwecke verfolgen oder nicht. Auf eine Gewerbsmäßigkeit der Arbeitnehmerüberlassung iSd. Gewerberechts kommt es für das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung daher nicht mehr an (vgl. BT-Drs. 17/4804 S. 8). Ausreichend ist es, wenn die Überlassung von Arbeitskräften auf einem Markt angeboten wird. Damit unterliegen auch Verleiher, die keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgen, dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (ErfK/Wank 17. Aufl. § 1 AÜG Rn. 31). Diese Auslegung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs. Dieser hat in seinem Urteil vom 17. November 2016 (- C-216/15 - Rn. 44 ff.) auf Anfrage des Senats ausdrücklich bestätigt, dass jede Tätigkeit die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten, wirtschaftlichen Charakter hat. Ohne Bedeutung ist, welche Rechtsform das verleihende Unternehmen hat und ob es damit einen Erwerbszweck verfolgt.

 (b) Danach übt die Schwesternschaft mit der Gestellung ihres Vereinsmitglieds Frau K an die Arbeitgeberin als eine Einrichtung der Krankheits- und Gesundheitspflege gegen ein Gestellungsentgelt eine wirtschaftliche Tätigkeit aus. Sie bietet diese Dienstleistung für Einrichtungen der Pflege kranker und hilfsbedürftiger Menschen am Markt an und nimmt nach § 7 Abs. II Satz 1 ihrer Satzung Mitglieder in ihren Verein auf, um sie anderen zur Berufsausübung zur Verfügung zu stellen.

cc) Die dauerhafte Überlassung von Frau K an die Arbeitgeberin verstößt gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG.

 (1) Die Vorschrift, die eine mehr als vorübergehende Überlassung an Entleiher verbietet (ausf. BAG 30. September 2014 - 1 ABR 79/12 - Rn. 19 ff. mwN), gilt auch für den Einsatz von Vereinsmitgliedern, die - wie die Mitglieder der Schwesternschaft - einem Dritten überlassen werden, um weisungsabhängige Arbeit gegen Entgelt bei diesem zu verrichten. Dies ergibt sich schon daraus, dass den in § 1 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AÜG verwendeten Formulierungen für die Überlassung von Arbeitnehmern ein einheitliches Begriffsverständnis zugrunde liegt. Das Gesetz bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass der „Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher“ iSd. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG eine andere Wortbedeutung beizumessen wäre als dem in § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG umschriebenen Begriff der Arbeitnehmerüberlassung. Anders als die Arbeitgeberin meint, betrifft die Überlassung von Frau K als Mitglied einer Schwesternschaft auch keinen „anderen Sachverhalt“. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG sieht keine nach Art. 3 Abs. 1 GG zu rechtfertigende Gruppenbildung vor. Die Verbotsnorm stellt nicht auf den Grund oder den Anlass einer nicht vorübergehenden Überlassung ab, sondern gilt unabhängig davon.

 (2) Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2008/104/EG steht der Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG vorliegend nicht entgegen.

Nach Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2008/104/EG sind Verbote oder Einschränkungen des Einsatzes von Leiharbeit nur aus Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt. Die Vorschrift richtet sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nur an die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Diese waren gehalten, bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist nach Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie ihre nationalen Regelungen zu überprüfen, um sicherstellen, dass die Verbote oder Einschränkungen des Einsatzes von Leiharbeit aus Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind, und die Kommission über die Ergebnisse dieser Überprüfung zu informieren. Je nach dem Ergebnis dieser Prüfung waren sie dann veranlasst, ihre nationalen Regelungen über Leiharbeit zu ändern (EuGH 17. März 2015 - C-533/13 - Rn. 28 f.). Dieser Verpflichtung ist der nationale Gesetzgeber nachgekommen. Die vorliegend maßgebliche Fassung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ist zum 1. Dezember 2011 und damit vor Ablauf der Umsetzungsfrist am 5. Dezember 2011 in Kraft getreten. Ob § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG den Vorgaben des Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2008/104/EG entspricht, bedarf keiner Entscheidung. Die Vorschrift verpflichtet die nationalen Gerichte nicht, Bestimmungen des nationalen Rechts unangewendet zu lassen, wenn diese Verbote oder Einschränkungen des Einsatzes von Leiharbeit enthalten, die nicht aus Gründen des Allgemeininteresses iSv. Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2008/104/EG gerechtfertigt sind (EuGH 17. März 2015 - C-533/13 - Rn. 22 ff., 28).

 (3) Die Überlassung von Frau K erfolgt auch nicht vorübergehend iSv. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG. Es kann dahinstehen, wie der Begriff „vorübergehend“ im Einzelnen zu konkretisieren ist. Jedenfalls handelt es sich bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht um eine „vorübergehende“ Überlassung. Frau K soll ohne jegliche zeitliche oder aufgabenbezogene Begrenzung dauerhaft anstelle eines Vertragsarbeitnehmers bei der Arbeitgeberin eingesetzt werden. Entgegen der Rechtsansicht der Arbeitgeberin lässt sich aus dem „Wesen des Gestellungsvertrags“ nichts anderes ableiten. Eine Beschränkung der Überlassungsdauer enthält dieser Vertrag nicht. Eine solche ergibt sich auch nicht aus dessen § 5 Abs. 2 oder § 10 Abs. 5. Die Regelungen gestatten es lediglich, den Einsatz des Vereinsmitglieds bei der Arbeitgeberin vorzeitig zu beenden. Sie tragen den Aufgaben des Deutschen Roten Kreuzes und der Schwesternschaft gemäß § 2 DRK-Gesetz Rechnung und ermöglichen es, dass Frau K bei entsprechendem Bedarf für humanitäre Arbeit bei Katastrophenfällen zur Verfügung steht.

5. Die Arbeitgeberin kann sich nicht mit Erfolg auf einen durch Rechtsprechung begründeten Vertrauensschutz berufen.

a) Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung im Einzelfall Rechnung zu tragen (BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; BAG 28. Mai 2014 - 5 AZR 422/12 - Rn. 18).

b) Die Voraussetzungen eines schutzwürdigen Vertrauens sind jedoch nicht gegeben. Eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt nicht vor. Das Bundesarbeitsgericht hat sich bisher nicht damit befasst, ob dem Betriebsrat bei der dauerhaften Überlassung einer auf vereinsrechtlicher Grundlage tätigen Krankenschwester in einem vom Arbeitgeber betriebenen Krankenhaus ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Satz 1 BetrVG wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG zusteht. Die in diesem Zusammenhang ergangenen Entscheidungen betrafen lediglich die Frage, ob bei einem Einsatz einer solchen Krankenschwester eine mitbestimmungspflichtige Einstellung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gegeben ist (BAG 23. Juni 2010 - 7 ABR 1/09 - BAGE 135, 26; 22. April 1997 - 1 ABR 74/96 -). Soweit das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung annimmt, DRK-Schwestern seien keine Arbeitnehmer iSd. nationalen Rechts (BAG 6. Juli 1995 - 5 AZB 9/93 - zu B I 2 b und c der Gründe, BAGE 80, 256; 20. Februar 1986 - 6 ABR 5/85 -; 3. Juni 1975 - 1 ABR 98/74 - BAGE 27, 163; 18. Februar 1956 - 2 AZR 294/54 - BAGE 2, 289), weicht die vorliegende Entscheidung hiervon nicht ab.

6. Der Durchführung eines weiteren Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es nicht. Die Frage, ob die Richtlinie 2008/104/EG die nicht vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung untersagt, ist nicht entscheidungserheblich. Soweit das Verfahren die Frage aufwirft, ob Art. 4 Abs. 1 Richtlinie 2008/104/EG einer Anwendung von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG vorliegend entgegensteht, ist diese durch die Entscheidung des Gerichtshofs vom 17. März 2015 (- C-533/13 -) als geklärt anzusehen.

II. Hinsichtlich des Feststellungsantrags der Arbeitgeberin und des ersten Widerantrags des Betriebsrats ist das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 81 Abs. 2 Satz 2, § 83a Abs. 2 Satz 1 ArbGG einzustellen. Eine Entscheidung über einen positiven oder negativen Feststellungsantrag nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG kommt regelmäßig nicht mehr in Frage, wenn rechtskräftig über den Zustimmungsersetzungsantrag entschieden worden ist (vgl. BAG 11. Oktober 2016 - 1 ABR 49/14 - Rn. 17 mwN).

III. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet, soweit sie sich auf die mit dem Widerantrag zu 2. begehrte Feststellung eines Zustimmungsverweigerungsgrunds richtet. Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den erstinstanzlichen Beschluss des Arbeitsgerichts, deren Zulässigkeit als Prozessführungsvoraussetzung vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BAG 30. Oktober 2012 - 1 ABR 64/11 - Rn. 9), war insoweit unzulässig.

1. Nach § 89 Abs. 2 Satz 2 ArbGG iVm. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO ist Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Beschwerdebegründung die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Die Begründung muss sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Beschlusses befassen. Allgemeine, formelhafte Wendungen genügen hierfür nicht. Auch darf sich der Beschwerdeführer nicht darauf beschränken, seine Rechtsausführungen aus den Vorinstanzen zu wiederholen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Beschwerdeführer die angefochtene Entscheidung im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage durchdenkt (BAG 30. Oktober 2012 - 1 ABR 64/11 - Rn. 11).

2. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des Betriebsrats nicht.

a) Das Arbeitsgericht hat zur Antragsabweisung ausgeführt, der Antrag sei nicht auf die Klärung des Bestehens eines Rechts des Betriebsrats, sondern auf eine bloße Rechtsfrage gerichtet, ob die verweigerte Zustimmung zu ersetzen sei. Daher sei der Antrag unzulässig.

b) Mit dieser Argumentation setzt sich die Beschwerdebegründung nicht auseinander. Der Betriebsrat behauptet unter Nr. 4 der Beschwerdebegründung lediglich pauschal, sein Widerantrag sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts zulässig. Im Übrigen wiederholt er nachfolgend lediglich wörtlich seine erstinstanzlichen Ausführungen, ohne auf die Begründung des Arbeitsgerichts einzugehen. Auch sein darüber hinausgehender Einwand, der Antrag werde im Hinblick darauf gestellt, dass sich die Anträge der Arbeitgeberin durch ein Ausscheiden von Frau K erledigen könnten, enthält keine Auseinandersetzung mit der Begründung des Arbeitsgerichts.



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