Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Beschluss vom - Az: 6 Ta 265/15

Lückenhafter PKH-Antrag

1. Ein unvollständiges Ausfüllen des Formulars gemäß § 117 Abs. 3, 4 ZPO rechtfertigt die Versagung der Prozesskostenhilfe nur dann, wenn sich das Gericht kein zuverlässiges Bild über die wirtschaftlichen Verhältnisse machen kann. Es bleibt folgenlos, wenn die Lücken im Formular durch beigefügte Anlagen geschlossen werden können und diese vergleichbar übersichtlich und klar sind.

2. Das kommentarlose Überreichen von Belegen, aus denen sich das Gericht die nötigen Angaben heraussuchen muss, genügt jedoch nicht.
(Leitsätze des Gerichts)

Im vorliegenden Fall versagt das Landesarbeitsgericht - wie schon die Vorinstanz - dem Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Es stützt seine Entscheidung auf folgende Tatsachen: "Es fehlen Angaben zu seinem (des Klägers, Anm. d. Red.) Familienstand, zu Angehörigen, zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und insbesondere jegliche Angaben zu Bankkonten und Wohnkosten. Auch die vom Kläger nach gerichtlichem Hinweis im Nachgang zur Akte gereichten Verdienstabrechnungen für die Monate Mai bis Juli 2015 können seine aktuellen Einkommensverhältnisse angesichts der zwischenzeitlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht widerspiegeln; Erklärungen zu eventuell zwischenzeitlich bezogenem Arbeitslosengeld nebst entsprechendem Nachweis hat der Kläger, der in der ursprünglichen Erklärung angegeben hatte, Arbeitslosengeld beantragt zu haben, nicht abgegeben."

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 16. November 2015 - Az.: 1 Ca 1105/15 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Der Kläger hat im Ausgangsverfahren beim Arbeitsgericht Kaiserslautern am 11. September 2015 eine Kündigungsschutzklage erhoben. Zugleich hat er Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt und eine Erklärung über sein persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 07. September 2015 zur Akte gereicht, wegen deren Inhalt auf Bl. 1 ff. d PKH-Beiheftes verwiesen wird. Der Rechtsstreit wurde durch Vergleich im schriftlichen Verfahren vom 07. Oktober 2015 beendet, nach dem das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 28. September 2015 endete.

Mit Schreiben vom 07. Oktober 2015 hat das Arbeitsgericht den Kläger unter Fristsetzung darauf hingewiesen, dass Prozesskostenhilfe (einstweilen) nicht bewilligt werden könne, da nur eine unvollständig ausgefüllte Erklärung des Klägers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorliege. Der Kläger hat in der Folge die Lohnabrechnungen aus dem beendeten Arbeitsverhältnis vorgelegt und mehrfach um Fristverlängerung ersucht, um Unterlagen ua. bezüglich der Wohnkosten vorlegen zu können. Weitere Eingaben zur Akte erfolgten nicht.

Mit Beschluss vom 17. November 2015 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung angeführt, der Kläger habe trotz Hinweises bis zuletzt keine vollständig ausgefüllte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 18. November 2015 zugestellten Beschluss hat der Kläger mit am 16. Dezember 2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 15. Dezember 2015 sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sein Prozessbevollmächtigter angeführt, der Kläger habe nach eigenem Bekunden die Unterlagen in den Briefkasten der Kanzlei geworfen, ohne dass diese eingegangen seien. Dem Schriftsatz beigefügt war die Erklärung des Klägers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 07. September 2015, insgesamt in Kopie und unter G und H teils handschriftlich, teils maschinenschriftlich ergänzt. Wegen der Einzelheiten wird Bezug auf den Akteninhalt (Bl. 15 ff. d. PKH-Beiheftes) genommen. Weiter hat der Kläger im Einzelnen unkommentiert 13 Blatt Kontoauszüge von verschiedenen Tagen im September 2015 vorgelegt.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 22. Dezember 2015 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, auch die nunmehr eingereichte Erklärung sei unvollständig ausgefüllt, da es ua. an Angaben zum Familienstand, zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, zu Bankkonten und zum Grundeigentum fehle, wobei die Angaben zu Grundeigentum und Wohnkosten widersprüchlich seien. Der Kläger hat im Rahmen der Gewährung rechtlichen Gehörs durch das Beschwerdegericht vorgetragen, beim Ankreuzen von „Grundeigentum“ handele es sich um ein Versehen, die Angaben unter H seien zutreffend. Auf den Kontoauszügen seien lückenlos die Einkommens- und Vermögensverhältnisse offen gelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Sie ist zurückzuweisen.

1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nach §§ 78 S. 1 ArbGG, 127 Abs. 2 S. 2, 567 ff. ZPO zulässig.

2. In der Sache ist die Beschwerde nicht erfolgreich. Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu Recht zurückgewiesen, da der Kläger seine Bedürftigkeit nicht nachgewiesen hat. Auch die Ausführungen des Klägers im Beschwerdeverfahren ändern hieran nichts.

2.1. Einer Partei kann Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn sie einen den gesetzlichen Anforderungen genügenden Antrag bei Gericht eingereicht hat. Gemäß § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind dem Antrag auf Prozesskostenhilfe eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Nach § 117 Abs. 3, Abs. 4 ZPO ist ein Antragsteller für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verpflichtet, sich der vom Bundesministerium der Justiz durch Rechtsverordnung eingeführten Formulare zu bedienen. Ein unvollständiges Ausfüllen des Formulars gemäß § 117 Abs. 3, 4 ZPO rechtfertigt die Versagung der Prozesskostenhilfe nur dann, wenn sich das Gericht kein zuverlässiges Bild über die wirtschaftlichen Verhältnisse machen kann (vgl. OLG Naumburg 21. Mai 2002 - 14 WF 93/02 - OLGR Naumburg 2003, 48; Zöller- Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 117 ZPO, Rn. 16). Ein unvollständiges Ausfüllen des Formulars bleibt folgenlos, wenn die Lücken durch beigefügte Anlagen geschlossen werden können und diese vergleichbar übersichtlich und klar sind (vgl. BGH 10. Juni 1985 - IVb ZB 47/85 - zitiert nach juris, Rn. 4). Das kommentarlose Überreichen von Belegen, aus denen sich das Gericht die nötigen Angaben heraussuchen muss, genügt jedoch nicht (vgl. OLG Hamm 07. Juni 2000 - 12 WF 73/00 - OLGR Hamm 2001, 48 f. (48)).

2.2. Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger bis zuletzt keine ausreichenden Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht, die die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigen würden. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die vom Kläger zunächst mit der Klageschrift im Original zur Akte gereichte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 07. November 2015 insgesamt nur unvollständig ausgefüllt war; sie ermöglichte dem Gericht eine zuverlässige Bewertung der aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht. Es fehlen Angaben zu seinem Familienstand, zu Angehörigen, zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und insbesondere jegliche Angaben zu Bankkonten und Wohnkosten. Auch die vom Kläger nach gerichtlichem Hinweis im Nachgang zur Akte gereichten Verdienstabrechnungen für die Monate Mai bis Juli 2015 können seine aktuellen Einkommensverhältnisse angesichts der zwischenzeitlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht widerspiegeln; Erklärungen zu eventuell zwischenzeitlich bezogenem Arbeitslosengeld nebst entsprechendem Nachweis hat der Kläger, der in der ursprünglichen Erklärung angegeben hatte, Arbeitslosengeld beantragt zu haben, nicht abgegeben. Es kann dahinstehen, ob die vom Kläger erst nach Beendigung der Instanz und Ablauf der vom Arbeitsgericht gesetzten Beibringungsfrist im Beschwerdeverfahren eingereichten Unterlagen und Belege überhaupt noch Berücksichtigung finden können (vgl. hierzu BAG 03. Dezember 2003 - 2 AZB 19/03 - Rn. 8 ff. zitiert nach juris). Selbst wenn man dies zu Gunsten des Klägers annehmen wollte, bliebe die sofortige Beschwerde erfolglos. Auch der zur Begründung seiner sofortigen Beschwerde erneut in Kopie vorgelegten Erklärung vom 07. September 2015 mangelt es an ausreichenden Angaben, selbst wenn man unterstellt, dass die nunmehr vorgelegte Kopie der lediglich ergänzten, jedoch nicht erneut unterschriebenen ursprünglichen Erklärung vom Kläger stammt bzw. dieser zur Richtigkeit der Angaben steht (vgl. hierzu BGH 10. Juni 1985 - IVb ZB 47/85 - zitiert nach juris, Rn. 3). Nach wie vor hat der Kläger offen gelassen, ob er Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit oder Arbeitslosengeld bezieht, wenn ja in welcher Höhe. Soweit nunmehr unter G die Frage nach Bank-, Giro, Sparkonten oder dergleichen mit „ja“ angekreuzt ist, ist mangels weiterer Eintragungen nicht ersichtlich, um welche Konten es sich handelt und welche Guthaben sie aufweisen. Der Hinweis des Klägers im weiteren Beschwerdeverfahren, auf den Kontoauszügen seien die Einkommens- und Vermögensverhältnisse lückenlos offen gelegt, vermag eine andere Betrachtung nicht zu rechtfertigen. Ungeachtet der Tatsache, dass die Kontoauszüge nicht aktuell sind und nicht alle ein Konto des Klägers betreffen, ist es nicht Aufgabe des Gerichts die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers anhand einer Vielzahl kommentarlos überlassener Kontoauszüge zu erforschen.

3. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an einem gesetzlich begründeten Anlass. Dieser Beschluss ist daher nicht anfechtbar (§ 78 Satz 2 ArbGG iVm § 72 Abs. 2 ArbGG, 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).



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