Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern

- Az: 5 Sa 1/23

Auch krankgeschrieben darf eine 10-stündige Bahnfahrt angetreten werden

1. Der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist nicht allein deshalb erschüttert, weil diese einen Zeitraum innerhalb der Kündigungsfrist, insbesondere gegen Ende der Kündigungsfrist betrifft.

2. Eine zu Beginn der Erkrankung angetretene rund 10-stündige Bahnfahrt eines als Chefarzt beschäftigten Arbeitnehmers zum Familienwohnsitz, um dort die Hausärztin aufzusuchen, lässt ohne Hinzutreten weiterer Umstände die attestierte Arbeitsunfähigkeit nicht fragwürdig erscheinen.
(Leitsätze des Gerichts)

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 29.11.2022 - 2 Ca 151/22 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen. 

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, insbesondere die Erschütterung des Beweiswertes einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Der im September 1956 geborene Kläger ist Facharzt für Orthopädie. Am 01.01.2020 nahm er bei der Beklagten, die eine Reha-Klinik betreibt, eine Beschäftigung als Chefarzt für die orthopädische Abteilung auf. Die Parteien vereinbarten im Arbeitsvertrag eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden bei einem Gehalt von € 12.500 brutto monatlich, das spätestens zum 10. des Folgemonats zu zahlen ist. Der Kläger unterhielt eine Zweitwohnung in der Nähe der Arbeitsstätte; der Familienwohnsitz befindet sich annähernd 1000 km entfernt in Süddeutschland.

Mit Schreiben vom 16.08.2021, der Beklagten zugegangen am 17.08.2021, kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis innerhalb der arbeitsvertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Monatsende zum 28.02.2022.

In dem Zeitraum nach Ausspruch der Kündigung war der Kläger wie folgt arbeitsunfähig:

Zeitraum Kalendertage Krankheitsbild ICD-10-Code 20.09. - 24.10.2021 35 Anpassungsstörung, vornehmlich stress- bzw. burnoutbedingt 15.11.2021 1 Migräne G43.9 24.11. - 26.11.2021 3 Unerwünschte Nebenwirkungen bei Anwendung von COVID-19-Impfstoffen, Kopfschmerz, Übelkeit und Erbrechen U12.9, R51, R11 14.12. - 20.12.2021 7 COVID-19-Infektion, Infektion der oberen Atemwege U07.1, J06.9 19.01.2022 1 Gastroenteritis K52.9 02.02.2022 1 Migräne G43.9 G 

Am Dienstagnachmittag, 08.02.2022, sagte der Kläger die Teilnahme an einer regelmäßig stattfindenden Dienstbesprechung aus gesundheitlichen Gründen ab. Am darauffolgenden Tag meldete er sich bei der Beklagten krank und fuhr mit der Bahn (1. Klasse) rund zehn Stunden zu seinem Familienwohnsitz in Süddeutschland. Am Donnerstag, 10.02.2022, stellte die behandelnde Ärztin dem Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum 09.02. - 21.02.2022 aus, die der Beklagten am 22.02.2022 zuging. In dem nachgereichten ärztlichen Attest zu dieser Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, ausgestellt am 26.10.2022, heißt es:

"...

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfolgte vom 09.02.2021 bis 21.02.2021 wegen folgender Diagnosen:

• Hypertonie

• Kopfschmerzen

• HWS-Syndrom

• Myogelosen

Der Patient stellt sich mit starken Kopfschmerzen bei neu diagnostizierter Hypertonie mit mehrfach erhöhten Blutdruckwerten bis 220mmHg systolisch vor. Es wurde eine 24h-Blutdruckmessung durchgeführt, die die Diagnose bestätigte. Blutdruckeinstellung mit Anpassung der Medikation erfolgte hier in der Praxis. Gleichzeitig fanden sich starke Myogelosen im Schulter-Nackenbereich mit Bewegungseinschränkungen der HWS. Flexion und Rotation ist schmerzbedingt kaum möglich.

..."

Ab dem 22.02.2022 trat der Kläger seinen bereits zuvor abgestimmten Resturlaub an. Am 01.03.2022 nahm er in einer anderen Reha-Klinik auf der XXXXX XXXXXX eine neue Beschäftigung als Oberarzt auf.

Die Beklagte zahlte dem Kläger für Februar 2022 lediglich ein Bruttogehalt in Höhe von € 6.875,00. Die Zeit vom 09.02. - 21.02.2022 vergütete sie nicht. Mit anwaltlichem Schreiben vom 05.04.2022 forderte der Kläger erfolglos die restliche Vergütung für den Monat Februar 2022 ein.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm für den Zeitraum 09.02. - 21.02.2022 ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung zustehe, da er arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Zu seinem Familienwohnsitz sei er deshalb gefahren, weil seine Ärztin am Arbeitsort angekündigt habe, ihre Praxis aufzugeben, und weil dort die von ihm für nötig gehaltene Kernspintomografie nicht kurzfristig durchzuführen gewesen wäre. Er sei zunächst davon ausgegangen, an einem Bandscheibenvorfall zu leiden. Die Hausärztin habe jedoch die Ursache der Schmerzen im Schulter- und Nackenbereich beim Bluthochdruck gesehen. Sie habe eine 24-Stunden-Blutdruckmessung veranlasst. Diese Blutdruckmessung habe Werte von über 200mmHg systolisch am Tag und 170mmHg systolisch in der Nacht ergeben. Die Hausärztin habe daraufhin einen Blutdrucksenker verordnet. Eine weitere Krankschreibung über den 21.02.2022 hinaus habe der Kläger angesichts des anstehenden Urlaubs nicht mehr für notwendig erachtet.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat Februar 2022 einen weiteren Bruttobetrag in Höhe von € 5.625,00 nebst Zinsen in Höhe von zehn Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.03.2022 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie bestreitet, dass der Kläger in der Zeit vom 09.02. bis 21.02.2022 arbeitsunfähig gewesen sei. Wenn er krank gewesen wäre, hätte er nicht 10 Stunden zu seinem Familienwohnsitz fahren können. Zudem sei nicht erklärlich, woher die behandelnde Ärztin gewusst haben wolle, dass sich der Blutdruck des Klägers am 22.02.2020 wieder normalisiert haben werde. Auffällig sei das pünktliche Ende der Erkrankung zum Beginn des Urlaubs.

Das Arbeitsgericht hat dem Klageantrag in der Hauptsache entsprochen und hinsichtlich der Zinsen den gesetzlichen Zinssatz von fünf Prozentpunkten zugrunde gelegt. Nach den Maßstäben der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 10.02.2022 nicht erschüttert. Es gebe keine ernsthaften Zweifel an der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit. Aus der längeren Bahnreise lasse sich nicht schließen, dass der Kläger nicht krank gewesen sei und seiner Arbeit habe nachgehen können. Die Bahnreise widerspreche nicht den ärztlichen Diagnosen Hypertonie, Kopfschmerzen, HWS-Syndrom und Myogelosen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der Kläger, wäre er tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt gewesen, nicht rund zehn Stunden mit der Bahn zu seinem Familienwohnsitz hätte reisen können. Stattdessen hätte es nahegelegen, auf die Ressourcen der eigenen Klinik zurückzugreifen. Vernünftigerweise würde ein erkrankter Arbeitnehmer angesichts der geschilderten Symptome einen Arzt in der Nähe aufsuchen, anstatt eine beschwerliche Reise auf sich zu nehmen. Weiterhin sei das Ende der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit nicht nachvollziehbar.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 29.11.2022 - 2 Ca 151/22 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die längere Bahnfahrt wecke keine Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit. Sie erfordere, insbesondere in der 1. Klasse, keine große Anstrengung. Auch für einen Facharzt der Orthopädie ergebe es einen Sinn, sich an eine Allgemeinmedizinerin zu wenden. Im Übrigen dürfe der Kläger einen Arzt seiner Wahl aufsuchen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht und mit der zutreffenden Begründung entsprochen.

Der Kläger hat nach § 3 Abs. 1 Satz 1, § 4 Abs. 1 EFZG einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des ihm in der Zeit vom 09.02. bis 21.02.2022 zustehenden Arbeitsentgelts in Höhe von € 5.625,00 brutto.

Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne dass ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG).

Der Beweis krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit wird in der Regel durch die Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung geführt. Die ordnungsgemäß ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist das gesetzlich ausdrücklich vorgesehene und insoweit wichtigste Beweismittel für das Vorliegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Der ordnungsgemäß ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt ein hoher Beweiswert zu. Der Tatrichter kann normalerweise den Beweis einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit als erbracht ansehen, wenn der Arbeitnehmer im Rechtsstreit eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt (BAG, Urteil vom 8. September 2021 - 5 AZR 149/21 - Rn. 12, juris = ZTR 2022, 116).

Der Arbeitgeber kann den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dadurch erschüttern, dass er tatsächliche Umstände darlegt und im Bestreitensfall beweist, die Zweifel an der Erkrankung des Arbeitnehmers ergeben mit der Folge, dass der ärztlichen Bescheinigung kein Beweiswert mehr zukommt. Der Arbeitgeber ist dabei nicht auf die in § 275 Abs. 1a SGB V aufgeführten Regelbeispiele ernsthafter Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit beschränkt (BAG, Urteil vom 8. September 2021 - 5 AZR 149/21 - Rn. 13, juris = ZTR 2022, 116). Nach § 275 Abs. 1a SGB V sind Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit insbesondere in Fällen anzunehmen, wenn a) Versicherte auffällig häufig oder auffällig häufig nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende einer Woche fällt oder b) die Arbeitsunfähigkeit von einem Arzt festgestellt worden ist, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Bescheinigungen über Arbeitsunfähigkeit auffällig geworden ist.

Gelingt es dem Arbeitgeber, den Beweiswert der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern, so tritt hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast wieder derselbe Zustand ein, wie er vor Vorlage der Bescheinigung bestand. Es ist dann Sache des Arbeitnehmers, konkrete Tatsachen darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, die den Schluss auf eine bestehende Erkrankung zulassen. Hierzu ist substantiierter Vortrag z. B. dazu erforderlich, welche Krankheiten vorgelegen haben, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben und welche Verhaltensmaßregeln oder Medikamente ärztlich verordnet wurden. Der Arbeitnehmer muss zumindest laienhaft bezogen auf den gesamten Entgeltfortzahlungszeitraum schildern, welche konkreten gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit welchen Auswirkungen auf seine Arbeitsfähigkeit bestanden haben (BAG, Urteil vom 8. September 2021 - 5 AZR 149/21 - Rn. 15, juris = ZTR 2022, 116).

Der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist erschüttert, wenn nach Maßgabe eines verständigen Arbeitgebers belastbare Tatsachen vorhanden sind, die erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers belegen (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 8. Februar 2023 - 3 Sa 135/22 - Rn. 24, juris = AE 2023, 93). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber die Krankheitsdiagnosen regelmäßig nicht kennt, es sei denn, das Krankheitsbild tritt nach außen offen zu Tage (z. B. im Falle äußerer Wunden). Bekannt ist dem Arbeitgeber jedoch die jeweils geschuldete Arbeitsleistung, nach der sich bestimmt, ob ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist oder nicht. Die zu erbringenden Arbeitsaufgaben bilden den Maßstab dafür, ob bestimmte Aktivitäten des Arbeitnehmers Zweifel an der Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wecken, also darauf hindeuten, dass er tatsächlich arbeitsfähig ist. Erbringen Arbeitnehmer anderweitig Arbeitsleistungen, die sie ebenso gut bei dem eigenen Arbeitgeber ausführen könnten, kann sich daraus ein Anzeichen für eine tatsächlich vorhandene Leistungsfähigkeit ergeben. Sportliche Aktivitäten können je nach Arbeitsaufgabe ebenfalls eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung infrage stellen.

Zweifel an der Richtigkeit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung können sich zudem aus zeitlichen Zusammenhängen ergeben. Der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist regelmäßig erschüttert, wenn ein Arbeitnehmer zeitgleich mit seiner Kündigung eine solche Bescheinigung einreicht, die passgenau die noch verbleibende Dauer des Arbeitsverhältnisses abdeckt (BAG, Urteil vom 8. September 2021 - 5 AZR 149/21 - Rn. 19 f., juris = ZTR 2022, 116). Meldet sich ein Arbeitnehmer nach Erhalt einer arbeitgeberseitigen Kündigung "postwendend" krank, kann dies ebenfalls - als eines von mehreren Elementen - im Rahmen einer Gesamtschau zur Erschütterung des Beweiswertes einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung führen (LAG Niedersachsen, Urteil vom 8. März 2023 - 8 Sa 859/22 - Rn. 37, juris = NZA-RR 2023, 285).

Der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist jedoch nicht allein deshalb erschüttert, weil diese einen Zeitraum innerhalb der Kündigungsfrist, insbesondere gegen Ende der Kündigungsfrist betrifft. Krankheiten können auch in einem gekündigten oder einem aus anderen Gründen endenden Arbeitsverhältnis auftreten. In der Ablösungsphase mag zwar die Motivation eines Arbeitnehmers nachlassen. Daraus ist aber keinesfalls zu schließen, dass jede Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in diesem Zeitraum makelbehaftet ist und die Arbeitsunfähigkeit vom Arbeitnehmer durch Offenlegung seiner Erkrankung, der gesundheitlichen Einschränkungen und der ärztlich verordneten Behandlung zu belegen ist.

Die rund 10-stündige Bahnreise des Klägers weckt unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung keine Zweifel an der Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Die Belastung durch die Bahnreise ist nicht annähernd mit derjenigen einer Chefarzttätigkeit vergleichbar. Eine Bahnreise erfordert weder Konzentration noch körperliche Anstrengungen. Im Zug besteht die Möglichkeit, eine entspannte Körperhaltung einzunehmen und sich bei Bedarf etwas zu bewegen. Als Chefarzt war der Kläger hingegen während des gesamten Arbeitstages durch seine Leitungstätigkeit, durch Mitarbeiter, Patienten, medizinische und wirtschaftliche Fachfragen etc. gefordert. Die Tätigkeit bedingt ein hohes Maß an Konzentration und Reaktionsvermögen sowie Flexibilität.

Auch unter Berücksichtigung der vom Kläger offengelegten Krankheitsdiagnosen bestand kein Grund, eine längere Bahnfahrt unbedingt zu vermeiden, um den Gesundheitszustand nicht weiter zu verschlechtern. Die Art der Erkrankung erforderte es nicht, umgehend einen Notarzt oder eine Klinik aufzusuchen. Soweit der Kläger zu seinem Familienwohnsitz gereist ist, um dort die Hausärztin aufzusuchen, erscheint das im Sinne einer schnellen Genesung durchaus nachvollziehbar. Ob der Kläger ggf., wie bei der späteren Arbeitgeberin, auch bei der Beklagten eine weniger belastende Tätigkeit als Oberarzt hätte ausüben können, kann dahinstehen, da diese Tätigkeit nicht Vertragsgegenstand ist.

Ob der Kläger über das Ende der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit hinaus, also während seines Urlaubs, noch arbeitsunfähig war, ist für den geltend gemachten Anspruch nicht von Bedeutung. Der Kläger verlangt Entgeltfortzahlung lediglich bis zum 21.02.2022. Die Erstreckung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum Beginn des Urlaubs stellt deren Richtigkeit nicht infrage. Dem Kläger war es nicht verwehrt, seinen Urlaub für die evtl. notwendige weitere Genesung zu nutzen, anstatt sich auf § 9 BUrlG zu berufen, nachdem nachgewiesene Arbeitsunfähigkeitstage auf den Jahresurlaub nicht anzurechnen sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.



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