Landesarbeitsgericht Sachsen

Urteil vom - Az: 2 Sa 398/19

Arbeitsverweigerung kann fristlose Kündigung rechtfertigen

(1.) Verweigert ein Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung beharrlich, so liegt (sogar) ein Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung vor.

(2.) Ein Arbeitnehmer verweigert die ihm angewiesene Arbeit beharrlich, wenn er sie bewusst und nachdrücklich nicht leisten will. Ob er zur Arbeitsleistung verpflichtet war, entscheidet sich nach der objektiven Rechtslage.

(3.) Sofern der Arbeitnehmer der Annahme ist, er handele rechtmäßig, hat grundsätzlich er selbst das Risiko des Irrtums zu tragen.
(Redaktionelle Orientierungssätze)

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 10.10.2019 - 7 Ca 697/19 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Revision ist nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug unverändert darüber, ob das sie verbindende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Arbeitgeberkündigung des Beklagten mit Schreiben vom 20.02.2019, der Klägerin zugegangen am 22.02.2019, zum 30.09.2019 nicht aufgelöst ist.

Von der erneuten Darstellung des Tatbestandes im ersten Rechtszug wird hier aufgrund der Regelung in § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG abgesehen und stattdessen auf den Tatbestand des Ausgangsurteils des von der Klägerin angegangenen Arbeitsgerichts Leipzig vom 10.10.2019 - 7 Ca 697/19 - Bezug genommen.

Zum einen ist sowohl nach Aktenlage wie nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens das auch zweitinstanzlich relevante Vorbringen beider Parteien in jenem Tatbestand vollständig und im Übrigen richtig beurkundet; jedenfalls sind keine Tatbestandsrügen erhoben.

Lediglich Folgendes ist zu ergänzen:

Die der Klägerin unter dem 11.02.2019 erteilte Abmahnung hat folgenden Wortlaut:

„Sehr geehrte Frau ...,

Sie haben Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt, in dem Sie sich am heutigen Tag der dienstlichen Weisung der Geschäftsleiterin widersetzten, über den Pool für den Schreibdienst eilige Bänder für die Strafabteilung zu schreiben.

Zum Sachverhalt:

Über den Pool für den Schreibdienst wurden Ihnen heute eilige Schreibarbeiten aus der Strafabteilung zugewiesen.

Gegen 10.00 Uhr haben sie die Akte ... der Geschäftsleiterin zurückgegeben mit der Bemerkung, dass Sie diese Akte nicht schreiben wollen, da hier umfangreiche Vorstrafen zu erfassen sind.

Zeugen: Direktorin des Amtsgerichts Borna, Frau ...

Geschäftsleiterin Frau Dr. ...

Durch die Nichtausführung der Anweisungen der Geschäftsleiterin haben Sie Ihre Dienstpflichten als Justizbeschäftigte verletzt.

Ich fordere Sie auf, Ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen gerecht zu werden und die Schreibarbeiten im Verfahren ... heute bis 15.00 Uhr zu erledigen.

Weiterhin fordere ich Sie auf, Anweisungen der Behördenleitung/Geschäftsleitung zukünftig nachzukommen und die zugewiesenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen.

Sollten Sie dieser Aufforderung nicht Folge leisten, müssen Sie mit einer Kündigung rechnen.

...“

Zu dem zweiten kursiv gehaltenen Absatz ist von der Klägerin handschriftlich auf dem Schreiben vermerkt:

„stimmt nicht habe gesagt, dass die Akte im Comp. (Vorlage an Fr. ... d. Datum 7.2. trägt).“

Weiter ist von der Klägerin nach dem vorletzten Absatz handschriftlich angemerkt:

„um Austausch d. Akte wurde gebeten.“

Der dem Beklagten am 21.03.2019 zugestellten Klage war eine Anlage beigefügt. Darin war von der Klägerin nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung von ihr selbst herrührend handschriftlich auszugsweise Folgendes ausgeführt:

„Folgender Sachverhalt lag am 11.2.2019 vor:

Es wurden mir durch die Geschäftsleiterin Fr. Dr. ... Bänder der Strafabteilung zugewiesen. Darunter befand sich die Akte ..., die am 11.2.2019 eilig zu schreiben war, da die 5-Wochen-Frist nach der mündlichen Verhandlung ablief. Die anderen Akten waren nicht eilbedürftig.

Alle mir übergebenen Akten (5 bzw. 6) standen im Computer zur Vorlage an Fr. ... auf dem 7.2.2019. Dies hätte bedeutet, dass alle Akten am 7.2.2019 mir übergeben werden. Das geschah jedoch erst am Montag, den 11.2.2019 gegen 9.15 Uhr.

In der Akte ... musste ein Urteil geschrieben werden, der einen Bundeszentralregisterauszug (der in gedruckter Form in der Akte sich befindet und durch Scannung in das Urteil im Computer gedruckt werden kann) aufwies. Die Scannung erfolgt über einen Kopierer, der

1.für mich nicht immer zugänglich ist, da ich keinen Schlüssel für den Raum habe

2.mein Name dort nicht aufgeführt ist

(scannen können namentlich aufgeführte Personen, die dann eine E-Mail auf ihren Computer erhalten).

Das war der Geschäftsleitung bekannt.

Frau Dr. ... wurde von mir gebeten, dass sie mir eine andere Akte zum Austausch gibt, da es mir nicht möglich war, das Urteil bis ca. 13.00 Uhr fertigzustellen, da ich meine Arbeitszeit auf sechs Stunden reduziert habe. Es wäre möglich gewesen, durch den Schreibpool, der elf Personen aufweist, dies zu klären und jemand anderem die Akte zu geben. Das Urteil kann auch nicht nur fünf Seiten umfasst haben und einen Arbeitsaufwand von 30 Minuten. Hätte ich Zugriff zur Scannung gehabt, wäre es mir möglich gewesen, das Urteil fertigzustellen.

Zu dem Zeitpunkt wusste ich von keiner Scannung.“

Dies ist nach Aktenlage auch das erstinstanzliche Vorbringen der Klägerin im Übrigen. In dem die Kündigungsschutzklage abweisenden Ausgangsurteil heißt es mit Blick auf erstinstanzlich - ebenfalls nach Aktenlage - ersichtlich unstreitig gebliebenes Vorbringen des Beklagten u.a.:

„Zum Anderen hätte die Klägerin den Zeitaufwand für die Übernahme der Eintragungen aus dem Bundeszentralregisterauszug durch die Nutzung von forumStar erheblich reduzieren können. Die Nutzung von forumStar gehört zur Arbeitsroutine der Klägerin. In diesem Fall wäre ein Scannen entbehrlich gewesen. Unabhängig davon hätte die Klägerin jedoch auch die Eintragung aus dem Bundeszentralregisterauszug scannen und so in das Urteil übernehmen können und damit ebenfalls den Zeitaufwand verringert. Dabei wäre es Sache der Klägerin gewesen, sofern sie über keine ausreichenden Kenntnisse beim Scannen verfügt, sich kundig zu machen bzw. Mitarbeiterinnen oder die Geschäftsleitung um Unterstützung zu bitten. Dies hat sie jedoch nicht getan.“

Die Klägerin hat gegen das dahingehende ihr am 26.11.2019 zugestellte Urteil am 10.12.2019 Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Frist zu deren Begründung bis 02.03.2020 am 02.03.2020 ausgeführt.

Die Klägerin bleibt unter Kritik des Ausgangsurteils bei ihrem erstinstanzlichen Angriffsvorbringen und trägt mit Blick auf den vorzitierten Entscheidungsgrund im Ausgangsurteil sowie im Übrigen u.a. vor:

Sie habe die Rückgabe der Akte damit begründet, dass sie sich in Anbetracht der von ihr abzuschreibenden Eintragungen im Bundeszentralregister nicht in der Lage sehe, die ihr aufgegebene Arbeit innerhalb der ihr noch zur Verfügung stehenden Arbeitszeit zu erledigen.

Zum Zeitpunkt der Rückgabe habe sie, die Klägerin, auch keine Kenntnis davon gehabt, dass die Eintragungen in dem Bundeszentralregister über das System forumStar übernommen oder per Scannen in das Dokument übertragen werden können. Sie habe dies auch zuvor bei Diktaten für das Strafgericht nicht so gehandhabt.

Die Abläufe seien für sie, die Klägerin, keine Arbeitsroutine gewesen, und dies hätte demgemäß vom Ausgangsurteil auch nicht unterstellt werden dürfen. Ihre dahingehende Kenntnis habe sie, die Klägerin, in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 20.06.2019, dort auf Seite 3 unter Ziffer I. 2. a), in Abrede gestellt.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Ausgangsurteils die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die am 22.02.2019 zugegangene Kündigung des Beklagten mit Schreiben vom 20.02.2019 zum Ablauf des 30.09.2019 nicht aufgelöst ist.

Der Beklagte beantragt

die Zurückweisung der Berufung.

Der Beklagte bleibt bei seinem Verteidigungsvorbringen und stützt die Ausgangsentscheidung.

Der Klägerin sei die Möglichkeit, über forumStar die Vorschriften in das zu schreibende Urteil zu übernehmen, bekannt gewesen.

Ein Scannen der Vorstrafen wäre für sie durch die Verwaltung durchgeführt worden.

Wegen der Einzelheiten des tatsächlichen oder rechtlichen Vorbringens beider Parteien wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

In der Berufungsverhandlung macht die Klägerin geltend, dass das Urteil eigentlich von der Justizhauptsekretärin ... hätte geschrieben werden sollen.

Der Beklagte legt die Kopie einer schriftsätzlich in Bezug genommenen Bescheinigung über die Teilnahme der Klägerin an einem achttägigen DV-Grundlehrgang für Serviceeinheiten forumStar-Familie vom 09.03.2012 vor sowie die vorzitierten das Scannen betreffenden handschriftlichen Ausführungen der Klägerin, ebenfalls in Kopie.

 

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Denn die - ihrerseits zulässige - Kündigungsschutzklage ist gleichfalls unbegründet. Die von der Klägerin begehrte Feststellung kann nicht getroffen werden, weil sich die streitgegenständliche Kündigung auch nach Überprüfung im Berufungsverfahren als rechtswirksam erweist. Deshalb hat es bei der Abweisung der Klage zu bleiben.

1. Das Berufungsgericht folgt im Wesentlichen den die Abweisung der Klage tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung des Ausgangsurteils und sieht deshalb aufgrund der Regelung in § 69 Abs. 2 ArbGG von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe im Einzelnen und im Wesentlichen insoweit ab.

2. Lediglich ergänzend und mit Blick auf das Berufungsverfahren sieht sich die Kammer zu folgenden selbständig tragenden Ausführungen veranlasst:

a) Ein durch Verhalten des Arbeitnehmers bedingter Grund für den Ausspruch einer ordentlichen fristgerechten Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG liegt insbesondere vor, wenn ein Arbeitnehmer rechtswidrig und - in der Regel - schuldhaft (BAG vom 20.06.2013 - 2 AZR 583/12 - Juris) eine vertragliche Pflicht erheblich verletzt hat, das Arbeitsverhältnis dadurch auch künftig konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit einer anderen, weitere Störungen zuverlässig ausschließenden Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint (BAG vom 28.10.2010 - 2 AZR 293/09 - Juris m.w.N.). Die beharrliche Weigerung eines Arbeitnehmers, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, ist „an sich“ geeignet, eine (sogar) außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Ein Arbeitnehmer verweigert die ihm angewiesene Arbeit beharrlich, wenn er sie bewusst und nachdrücklich nicht leisten will. Ob er zur Arbeitsleistung verpflichtet war, entscheidet sich nach der objektiven Rechtslage. Verweigert der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung in der Annahme, er handele rechtmäßig, hat grundsätzlich er selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als unzutreffend erweist (vgl. die bereits vom Ausgangsgericht angezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22.10.2015 - 2 AZR 569/14 - Juris).

Der kündigende Arbeitgeber ist gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG darlegungs- und beweispflichtig für alle Umstände, die einen Kündigungsgrund i.S.d. Satzes 1 jenes Absatzes bedingen. Den Kündigenden trifft die Darlegungs- und Beweislast auch für diejenigen Tatsachen, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen. Dabei braucht der Kündigende nicht von vornherein alle nur erdenkbaren Rechtfertigungsgründe des Arbeitnehmers zu widerlegen. Der Umfang der konkreten Darlegungs- und Beweisführungslast richtet sich vielmehr danach, wie substantiiert sich der gekündigte Arbeitnehmer auf die Kündigungsgründe einlässt. Gegebenenfalls sind die vom Arbeitnehmer behaupteten Tatsachen mithin sogar zu widerlegen (vgl. bereits BAG vom 06.08.1987 - 2 AZR 226/87 - Juris; BAG vom 26.08.1993 - 2 AZR 194/93 - Juris; „diabolischer“ Beweis; so auch die ebenfalls vom Arbeitsgericht bereits angezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22.10.2015 a.a.O.).

b) In Anwendung dieser Grundsätze war die Klägerin jedenfalls ordentlich kündbar.

(1) Dies ergibt sich nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens ohne Rücksicht auf die von der Klägerin geltend gemachten Gründe des Inhalts, wonach sie ohne Kenntnis der technischen Möglichkeiten gewesen sei, den die Vorstrafen betreffenden Text des Bundeszentalregisters in das von ihr zu schreibende Urteil zu integrieren, ohne ihn abschreiben zu müssen.

Als Justizbeschäftigter des Amtsgerichts oblag der Klägerin gemäß Geschäftsverteilungsplan u.a. die Erledigung von Schreibwerk der ihr aufgetragenen Art.

Schreibarbeiten der zu erledigenden Art waren ihr am 11.02.2019 zugewiesen worden. Daran ändert sich nichts dadurch, dass für die Vorlage bereits der 07.02.2019 vorgemerkt oder eine dritte Schreibkraft vorgesehen gewesen sei oder/und sie, die Klägerin, möglicherweise die Eilbedürftigkeit der Arbeit nicht erkannt habe (was ausweislich ihrer handschriftlichen Ausführungen zur Klage unzutreffend ist). Denn die Bestimmung der Arbeitsleistung ist gemäß § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber nachgelassen (sog. Weisungsrecht).

Ohne Rücksicht auf die näheren Umstände hat die Klägerin die ihr aufgetragene Arbeit auch nach vorhergehender einschlägiger Abmahnung noch am Tage der Kündigung nicht erledigt.

Bis gegen 10:00 Uhr hat die Klägerin bestenfalls festgestellt, ihres Erachtens die Arbeit wegen des von ihr angenommenen Umfangs nicht erledigen zu können. Für einen Beginn der Bearbeitung ab Zuweisung gegen 09:15 Uhr ist nichts vorgetragen oder wenigstens ersichtlich.

Vorstehendes greift das Abmahnungsschreiben vom 11.02.2019 auf. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin um den Austausch der zugewiesenen Akte gegen eine andere Akte gebeten habe. Jedenfalls hat sie versucht, sich der Arbeit durch Rückgabe der Akte zu entledigen, und es ist auch davon auszugehen, dass dies nicht ohne Hinweis auf hier zu erfassende umfangreiche Vorstrafen geschehen ist; einen belastbaren anderen Umstand macht die Klägerin selbst nicht geltend. Insbesondere weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass die Klägerin bei dem Versuch der Rückgabe der Akte andere von ihr im Rechtsstreit vorgetragene Umstände (vorgesehene Vorlage zu einem früheren Zeitpunkt am 07.02.2019), für die Bearbeitung vorgesehene andere Beschäftigte (Frau ...) geltend gemacht hätte.

Ab dem Zeitpunkt des Zugangs der Abmahnung gegen 10:30 Uhr war der Klägerin hinreichend deutlich, dass eine fortgesetzte Weigerung der Aufgabenerledigung im Ausspruch einer Kündigung münden könnte. Nicht nur war die bereits vorgekommene Vertragspflichtverletzung gerügt. Insbesondere war die Klägerin jetzt auch gewarnt.

Diese Warnung ist fruchtlos verstrichen. Die Klägerin hat die Arbeit nicht bis 15:00 Uhr oder wenigstens bis ca. 13:00 Uhr (handschriftliche Ausführungen zur Klageschrift) erledigt. Sie hat die Arbeit bis zum Verlassen der Dienststelle gegen 12:15 Uhr, ob abgemeldet oder nicht, unerledigt gelassen und ersichtlich auch nicht wenigstens begonnen. Deshalb musste sich der Beklagte dafür der Hilfe Dritter bedienen, was die der Klägerin spätestens seit der Abmahnung bekannte Eilbedürftigkeit unterstreicht und wobei es gleichgültig ist, wer die von der Klägerin unerledigt liegen gelassene Arbeit letztlich verrichtet hat.

Dies rechtfertigt hier auch die Kündigung einer langjährig Beschäftigten, der ersichtlich die Interessen ihres norm- und hier in Sonderheit fristgebundenen öffentlichen Arbeitgebers, möglicherweise aus purer Bequemlichkeit, völlig aus dem Blick geraten sind. Einer Einsicht in dessen Situation verschließt sie sich vollkommen. Dies lässt das Interesse des Beklagten an einer Lösung des Arbeitsvertrages hier überwiegen. Er muss kein weiteres Mal das Risiko der Wiederholung einer Strafverhandlung wegen nicht fristgerechten Absetzens eines Urteils eingehen, nur weil die Klägerin andere (im Ergebnis: vertragswidrige) Vorstellungen von Organisation, der Verteilung und der Erledigung geschuldeter Arbeit hat.

(2) Unabhängig von dem Vorstehenden und selbständig tragend ändert sich am Ergebnis auch dann nichts, wenn die von der Klägerin geltend gemachten Gründe für die unterbliebene Aufgabenerledigung in Betracht gezogen werden.

In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass sich die Klägerin im ersten Rechtszug lediglich auf die Unkenntnis bezogen hat, sich der Möglichkeit des Scannens zu bedienen. Die Unkenntnis der Übernahme von Text mittels forumStar trägt sie erstmals im zweiten Rechtszug vor.

Beide Versionen dieses Vorbringens erscheinen schon nicht kausal für den Umstand der unterbliebenen Aufgabenerledigung. Richtig ist, dass im Falle eines Abschreibens um die fünf DIN A 4-Seiten in Rede gestanden hätten. Insoweit erschließt sich allerdings nicht, dass die als Fachkraft beschäftigte und bezahlte Klägerin für das Abschreiben (und das Schreiben des Urteils im Übrigen) gerechnet ab ihrem Dienstbeginn am 11.02.2019 länger als bis zu dem von ihr beanspruchten Dienstende zum Zeitpunkt des Verlassens der Dienststelle benötigt hätte.

Jedenfalls widerlegt die Klägerin die Behauptung ihrer Unkenntnis über die Möglichkeit des Scannens bereits in ihren handschriftlichen Ausführungen als Anlage zur Klageschrift selbst, wonach „durch Scannung in das Urteil im Computer gedruckt werden kann“. Zwar folgen Ausführungen dazu, dass und wie die Scannung erfolge und ihr, der Klägerin, ein Scannen nicht möglich gewesen wäre. Sie hat allerdings niemanden, insbesondere auch nicht die Geschäftsleitung, um Hilfe gebeten. Nicht war es Aufgabe des Beklagten bzw. der Geschäftsleitung des von ihm getragenen Amtsgerichts, einer langjährig als Schreibkraft beschäftigten Angestellten arbeitserleichternde Hinweise zu erteilen. Zumindest bestand für die Geschäftsleitung kein Anlass, arbeitserleichternde Vorgehensweisen anzubieten. Denn dort war von einer Erledigung der Schreibarbeit ab Zuweisung bis zu dem dort angenommenen Dienstende um 15:00 Uhr ausgegangen worden. Ab dem Zeitpunkt der Abmahnung gegen 10:15 Uhr hätten der Klägerin aus Sicht der Geschäftsleitung gerechnet ab Aufgabenzuweisung gegen 09:15 Uhr mithin - auch unter Berücksichtigung einer Pause - bald sechs Stunden für die Schreibarbeit zur Verfügung gestanden. Dieser Aspekt streitet übrigens auch gegen die Annahme der Klägerin, man habe sie schikanieren oder in eine Falle laufen lassen wollen.

II.

Die Klägerin hat aufgrund der Regelung in § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer ohne Erfolg gebliebenen Berufung zu tragen.

Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil es an Gründen hierfür fehlt.



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