Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg

Urteil vom - Az: 7 Sa 1619/14

Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen - Widerspruch gegen Betriebsübergang rechtfertigt keine Differenzierung

1. Eine Regelung in einem Sozialplan, die einen Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen vorsieht, davon aber diejenigen Beschäftigten ausnimmt, die der Überleitung ihres Arbeitsverhältnisses auf einen anderen Arbeitgeber widersprochen haben, verstößt gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 75 BetrVG mit der Folge, dass sich auch die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechenden Mitarbeiter auf den besonderen Kündigungsschutz berufen können.
(Leitsatz des Gerichts)

(2.) Die Betriebsparteien sind verpflichtet, darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden (§ 75 Abs. 1 BetrVG). Daraus folgt, dass sie beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen, Sozialplänen und der Vereinbarung eines Interessenausgleichs den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten haben, dem der allgemeine Gleichheitssatz zugrunde liegt. Der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck.

(3.) Für die Rechtfertigung einer Gruppenbildung in einem Sozialplan ist zunächst auf den Zweck eines Sozialplans abzustellen, welcher darin besteht, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehenden wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen oder abzumildern.

(4.) Das Interesse des Arbeitgebers, eine eingearbeitete und qualifizierte Belegschaft für den Erwerber zu erhalten, damit dieser den Geschäftsbereich reibungslos weiterführen kann, dient nicht dem Zweck eines Sozialplans. Betriebliche Interessen an der Erhaltung der Belegschaft oder von Teilen derselben sind daher nicht geeignet, Differenzierungen in Sozialplänen zu rechtfertigen .
(Orientierungssätze)

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 26. Mai 2014 - 19 Ca 2265/14 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung, die die Beklagte ausgesprochen hat, nachdem die Klägerin dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf eine andere Arbeitgeberin widersprochen hat.

Die am …..1963 geborene Klägerin, die ausgebildete Bankkauffrau ist, ist bei der Beklagten auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 15.10.1997 (Bl. 6 ff. d. A.) unter Anerkennung von Vorbeschäftigungszeiten im Konzern seit dem 16.01.1990 als Referentin nach der Tarifgruppe 9 im Bereich des Kundenbezogenen Kapitalmarktgeschäfts tätig. Die Beklagte ist ein Kreditinstitut aus dem Konzern der L. Berlin Holding AG, deren 100 %ige Tochter sie ist und Trägerin der Niederlassung Berliner S.. Sie beschäftigt ca. 4.300 Mitarbeiter. Zu ihren Geschäftsbereichen gehörten die Segmente „Private Kunden“, „Firmenkunden“, „Kapitalmarktgeschäft“ und über die Berlin-Hannoversche H. AG das Segment „Immobilienfinanzierung“.

Im Zuge des Umbaus der L. Berlin AG entschloss sich die Beklagte den Geschäftsbereich Kundenbezogenes Kapitalmarktgeschäft an die D.-Bank, AöR mit Sitz in Frankfurt zu übertragen. Unter Beteiligung des bei ihr gebildeten Betriebsrates und unter Beteiligung des Personalrats der D.-Bank schloss die Beklagte mit Datum vom 29.08.2013 mit dieser einen Personalüberleitungsvertrag anlässlich der Übertragung des Kundenbezogenen Kapitalmarktgeschäfts, der in Teil A einen Interessenausgleich und in Teil C einen Sozialplan enthält zum Ausgleich oder zur Milderung der sich durch einen Wechsel zur D.-Bank sowie des Arbeitsortes von Berlin nach Frankfurt ergebenden wirtschaftlichen Nachteile sowie in seiner Anlage 1 die diesem Geschäftsbereich am Stichtag 18.07.2013 zugeordneten 137 Mitarbeiter namentlich benennt. Für den Überleitungsvertrag im Einzelnen einschließlich seiner Anlage 1 wird auf Bl. 62 – 69 d.A. Bezug genommen.

Außerdem schloss die Beklagte nach Verhandlungen mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat ebenfalls unter dem Datum vom 29.08.2013 eine Betriebsvereinbarung über den Ausgleich und die Milderung wirtschaftlicher Nachteile im Zuge der Ausrichtung der L. Berlin AG auf die Berliner S. (Sozialplan), für deren Einzelheiten auf Bl. 88 ff. d. A. Bezug genommen wird. Nach dieser Vereinbarung ist der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen während der Laufzeit des Sozialplans (31.12.2016) ausgeschlossen, wobei dies nicht für diejenigen Beschäftigten gelten sollte, die nach dem mit der D.-Bank abgeschlossenen Personalüberleitungsvertrag auf diese übergehen sollten und einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprochen hatten. (3.2 der Betriebsvereinbarung).

In einem gemeinsamen Schreiben vom 27.09.2013 (Bl. 97 ff. d. A.), das der Klägerin am selben Tag ausgehändigt wurde, informierten die Beklagte und die D. Bank die Klägerin über den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses zum 01.01.2014. Mit Schreiben vom 25.10.2013, der Beklagten zugegangen am selben Tag, widersprach die Klägerin – wie eine Reihe anderer Mitarbeiter - einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die D. Bank. Eine Anerkennung der Klägerin als Härtefall wegen der Pflegebedürftigkeit ihrer Tante und ihres Vaters lehnte die Beklagte ab. Bewerbungen der Klägerin ab Sommer 2013 auf verschiedene Stellenausschreibungen der Beklagten sowie der BerlinH. blieben erfolglos.

Mit Wirkung zum 01.01.2014 übertrug die Beklagte das Kundenbezogene Kapitalmarktgeschäft auf die D.-Bank. Einzelne dem Kundenbezogenen Kapitalmarktgeschäft zugeordnete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigte die Beklagte auf zum Jahreswechsel im Bereich „Zentrales Management Private Kunden“ (ZMPK) neu geschaffenen Stellen weiter.

Mit Schreiben vom 20.01.2014 (Bl. 139 ff. d. A.) informierte die Beklagte den Betriebsrat über eine beabsichtigte ordentliche Kündigung der Klägerin mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende und begründete diese damit, infolge des Übergangs des Kundenbezogenen Kapitalmarktgeschäfts auf die D.-Bank zum 01.01.2014 bestehe – nachdem die Klägerin dem Eintritt der D.-Bank in ihr Arbeitsverhältnis widersprochen habe – keine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung bei der L. Berlin AG mehr. Der Betriebsrat widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 31.01.2014 unter Hinweis auf die verschiedenen Bewerbungen der Klägerin auf andere freie Stellen.

Nach Massenentlassungsanzeige vom 20.01.2014 (Bl. 121 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit Schreiben vom 12.02.2014 (Bl. 11 und 12 d. A.) zum 30. 09. 2014 bzw. zum nächst zulässigen Zeitpunkt. Die Klägerin hält diese Kündigung für sozial ungerechtfertigt, weil ihr Arbeitsbereich nicht vollständig weggefallen sei, die Beklagte sie auf anderen freien Arbeitsplätzen auch bei der BerlinH. habe beschäftigen könne, die Beklagte zudem Mitarbeiter aus dem Kundenbezogenen Kapitalmarktgeschäft ohne Ausschreibung nach deren Widerspruch versetzt habe, sie aufgrund der Überleitungsvereinbarung 1992 ordentlich unkündbar sei und die Beklagte es zudem in fehlerhafter Weise unterlassen habe, eine Sozialauswahl durchzuführen.

Das Arbeitsgericht Berlin hat mit Urteil vom 26. Mai 2014, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien Bezug genommen wird, festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 12.02.2014 ausgesprochene Kündigung nicht aufgelöst wird, die Beklagte verurteilt, der Klägerin ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Verhalten und Leistung erstreckt sowie die Beklagte verurteilt, die Klägerin zu den im Arbeitsvertrag vom 14.10.1997 geregelten Arbeitsbedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag als qualifizierte Sachbearbeiterin weiter zu beschäftigen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung sei wegen fehlerhafter Sozialauswahl und wegen eines Verstoßes nach § 612 a BGB unwirksam. Der Ausschluss der von dem behaupteten Betriebsteilübergang betroffenen Arbeitnehmer aus der Unkündbarkeitsregelung des § 3.2 Satz 2 des Sozialplans sei unwirksam. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses der Beklagten am 25.07.2014 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 25.08.2014 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem – nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 27.10.2014 – beim Landesarbeitsgericht am 27.10.2014 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Beklagte und Berufungsklägerin behauptet auch in der Berufungsinstanz, der Arbeitsplatz der Klägerin sei aufgrund des Übergangs des Betriebsteils „Kundenbezogenes Kapitalmarktgeschäft“ auf die D.-Bank bei ihr entfallen. Anderweitige freie Arbeitsplätze, auf denen die Klägerin nach ihrer Qualifikation und Berufserfahrung beschäftigt werden könnte, seien nicht vorhanden. Auf den neuen Stellen im Bereich des ZMPK habe sie andere sozial schutzbedürftigere Arbeitnehmer einsetzen müssen, die zudem – anders als die Klägerin – über die dort erforderlichen Kompetenzen verfügen würden. Auf die Besetzung von freien Stellen bei der BerlinH. habe sie keinen Einfluss. Außerdem trägt die Beklagte auch im Berufungsverfahren vor, die Klägerin sei nur mit solchen Mitarbeitern vergleichbar, deren Arbeitsverhältnis ebenfalls kündbar gewesen sei. Andere Mitarbeiter, die nicht durch den Widerspruch über ihr Arbeitsverhältnis hätten disponieren können, hätten nach den Sozialplanregelungen nicht im Bestand ihres Arbeitsverhältnisses beeinträchtigt werden dürfen. Die Regelungsbefugnis der Betriebsparteien sei nicht durch etwaige tarifliche Regelungen begrenzt. § 77 Abs. 3 BetrVG finde keine Anwendung, da es sich um eine Regelung in einem Sozialplan handle. Die entsprechende Unkündbarkeitsregelung sei vom Betriebsrat ausgehandelt und von diesem getragen worden. Soweit Mitarbeiter aus dem Kundenbezogenen Kapitalmarktgeschäft weiterbeschäftigt worden seien, handle es sich überwiegend um anerkannte Härtefälle, jedenfalls aber um sozial schutzbedürftigere Arbeitnehmer als die Klägerin. Aber auch eine Sozialauswahl unter Einbeziehung aller Arbeitnehmer hätte nicht automatisch dazu geführt, dass die Klägerin nicht hätte gekündigt werden müssen. Im Bereich des Kundenbezogenen Kapitalmarktgeschäfts sei eine Vielzahl von hochspezialisierten Fachkräften beschäftigt gewesen, die nicht ohne weiteres miteinander austauschbar seien.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 26. Mai 2014 wird abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte verteidigt unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens sowie unter Bezugnahme auf weitere arbeitsgerichtliche Entscheidungen das arbeitsgerichtliche Urteil. Das Kundenbezogene Kapitalmarktgeschäft sei kein übergangsfähiger Betriebsteil gewesen. Der Arbeitsplatz der Klägerin sei auch nicht weggefallen, wie sich schon daraus ergebe, dass sie selbst einen anderen Mitarbeiter der Beklagten eingearbeitet habe, da dieser von ihr Aufgaben habe übernehmen sollen. Außerdem verfüge die Beklagte über zahlreiche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf freien Arbeitsplätzen, die sie ausgeschrieben und auf die sich die Klägerin beworben habe. Als solche freien Arbeitsplätze seien auch die von der Berlin H. ausgeschriebenen Arbeitsplätze anzusehen, da der Sozialplan eine vertragliche Versetzungsklausel beinhalte und die Beklagte die erforderliche Einflussnahme ausüben könne. Jedenfalls aber sei die Kündigung wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam. Die Beklagte habe den Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer zu eng gezogen. Die Vereinbarung einer Unkündbarkeit für die übrigen Mitarbeiter im Sozialplan sei wegen Verstoßes gegen die zwingende Regelung zur Sozialauswahl sowie wegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam. Zudem sei sie auch gegenüber den von ihr benannten Arbeitnehmern, die die Beklagte weiterbeschäftigt habe, sozial schutzbedürftiger.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beklagten vom 27.10.2014 (Bl. 343 – 361 d. A.) und vom 05.01.2015 (Bl. 403 – 419 d. A.) sowie auf denjenigen der Klägerin und Berufungsbeklagten vom 03.12.2014 (Bl. 366 – 385 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist von ihr fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO, § 66 Abs. 1 S. 1 und 2 ArbGG).

Die Berufung der Beklagten ist daher zulässig.

2. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Kündigung der Klägerin als rechtsunwirksam angesehen. Das Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren führt zu keinem anderen Ergebnis. Die streitgegenständliche ordentliche betriebsbedingte Kündigung erweist sich nämlich entweder schon deshalb als unwirksam, weil die Klägerin auf der Grundlage der Unkündbarkeitsregelung nach 3.2 des Sozialplans vom 29.08.2013 ebenfalls ordentlich betriebsbedingt nicht mehr kündbar war und die Beklagte die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung nicht dargetan hat oder aber wegen fehlerhafter Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG als sozial ungerechtfertigt.

2.1 Erweist sich die Regelung unter 3.2 des Sozialplans vom 29.08.2013 zum Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen als rechtswirksam, weil sie als Bestandteil eines Sozialplans wegen § 112 Abs. 1 Satz 4 nicht unter den Tarifvorbehalt nach § 77 Abs. 3 BetrVG fällt, kann sich auch die Klägerin darauf berufen, ordentlich betriebsbedingt nicht kündbar zu sein. Denn der von den Betriebsparteien vorgesehene Ausschluss derjenigen Arbeitnehmer, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die D.-Bank widersprochen haben, aus der Unkündbarkeitsregelung im Sozialplan hat wegen eines Verstoßes gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 BetrVG) keinen Bestand.

2.1.1 Die Betriebsparteien sind nach § 75 Abs. 1 BetrVG verpflichtet, darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Daraus folgt, dass sie beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen, Sozialplänen und der Vereinbarung eines Interessenausgleichs den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten haben, dem der allgemeine Gleichheitssatz zugrunde liegt (st. Rspr. BAG z. B. BAG vom 19.01.2010 – 3 ABR 19/08 – AP Nr. 49 zu § 77 BetrVG 1972 Betriebsvereinbarung). Der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (vgl. BAG vom 12.04.2011 – 1 AZR 505/09 – AP Nr. 56 zu § 75 BetrVG).

2.1.2 Vorliegend haben die Betriebsparteien mit der Regelung zur Unkündbarkeit in der Betriebsvereinbarung „über den Ausgleich und die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile im Zuge der Ausrichtung der L. Berlin AG auf die Berliner S. (Sozialplan)“ unter 3.2 eine Gruppenbildung vorgenommen, indem sie für diejenigen Beschäftigten, die von dem Personalüberleitungsvertrag nicht betroffen waren, den Ausschluss betriebsbedingter Kündigung vorgesehen haben, diejenigen Beschäftigten aber, die im Personalüberleitungsvertrag aufgeführt waren und einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprochen haben, von einem solchen Kündigungsschutz ausgenommen haben.

2.1.3 Für diese Gruppenbildung ist ein sachlicher Grund, der die Differenzierung rechtfertigen würde, nicht gegeben.

2.1.3.1 Dabei ist für die Rechtfertigung einer Gruppenbildung nach den obigen Grundsätzen zunächst auf den Zweck eines Sozialplans abzustellen. Dieser besteht gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG darin, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehenden wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen oder abzumildern. Bei der Einschätzung dieser Nachteile steht den Betriebsparteien ein erheblicher Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu (BAG v. 6.11.2007 – 1 AZR 960/06 - BAGE 124, 335-344; vom 13. Februar 2007 - 1 AZR 163/06 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 185).

2.1.3.2 Dem Zweck der Nachteilsmilderung im oben genannten Sinne dient die Herausnahme derjenigen Arbeitnehmer, die einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprochen haben, nicht. Vielmehr wird durch sie lediglich der Kreis derjenigen Mitarbeiter, die im Hinblick auf den Übergang des Kundenbezogenen Kapitalmarktgeschäfts auf die D.-Bank, möglicherweise von betriebsbedingten Kündigungen bei der Beklagten betroffen sein können, beschränkt. Da diese – anders als die übrigen bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer – nicht unter den Kündigungsausschluss fallen und mithin ordentlich kündbar sind, sind gerade sie in erster Linie im Hinblick auf den Wegfall ihrer Arbeitsplätze bei der Beklagten von potentiellen betriebsbedingten Kündigungen betroffen. Bei einer in diesem Fall nach § 1 Abs. 3 KSchG vorzunehmenden Sozialauswahl würden sie mangels Vergleichbarkeit mit den kündigungsgeschützten Arbeitnehmern besonders bedroht sein. Denn jedenfalls nach der bisherigen Rechtsprechung sind ordentlich unkündbare Arbeitnehmer nicht ohne weiteres in eine Sozialauswahl einzubeziehen (vgl. BAG v. 5.6.2008 – 2 AZR 907/06 – NZA 2008, 1120 zu tariflich unkündbaren Arbeitnehmern; BAG v. 2. Juni 2005 – 2 AZR 480/04 – NZA 2006, 207 -211 zur Anerkennung von Beschäftigungszeiten; ErfK/Oetker 15. Aufl. § 1 KSchG Rd 313; LAG Berlin-Brandenburg v. 20.04.2010 – 3 Sa 2323/09).

2.1.3.3 Dieses Ergebnis der Differenzierung ist mithin vom Zweck des Sozialplans nicht gedeckt. Sicherlich ist es richtig, dass die betreffenden Arbeitnehmer durch die Ausübung ihres Widerspruchsrechts den Übergang ihres insoweit gesicherten Arbeitsverhältnisses verhindert und damit ein Auseinanderfallen von Arbeitsplatz und Arbeitsplatzinhaber bewirkt haben. Dieser Umstand war nach der früheren Rechtsprechung des 2. Senats des Bundesarbeitsgerichts deswegen auch bei der Überprüfung der Sozialauswahl im Altbetrieb zu ihren Lasten zu berücksichtigen. Diese Rechtsprechung hat der 2. Senat jedoch in seiner Entscheidung vom 21.05.2007 – 2 AZR 276/06 – zu Recht aufgegeben. Denn sie widerspricht zum einen der Systematik des § 1 Abs. 3 KSchG mit den dort genannten enumerativen Kriterien. Zum anderen aber wird sie dem – auch von Verfassungs wegen (vgl. z.B. BVerfG 25.1.2011 – 1 BvR 1741/09 - BVerfGE 128, 157-193) gestützten - Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers gemäß § 613 a Abs. 5 BGB nicht gerecht. Die Ausübung dieses Widerspruchsrechts darf nicht zu gravierenden Nachteilen an anderer Stelle führen.

2.1.3.4 Insofern unterscheidet sich auch der vorliegende Fall von Sozialplänen, die bei der Abfindung zwischen Arbeitnehmern, denen kein zumutbares Angebot einer Weiterbeschäftigung gemacht wird und denjenigen, die ein solches Angebot ablehnen, differenzieren (vgl. BAG 06.11.2007 – 1 AZR 960/06 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 190; v. 05.02.1997 – 10 AZR 553/96 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 112). Während es dort um die Bemessung der durch die Betriebsänderung eintretenden Nachteile geht, sich die Differenzierung also am Zweck des Sozialplans orientiert, dient die Regelung hier dazu, den Kreis der von Kündigungen betroffenen Arbeitnehmer möglichst auf diejenigen zu begrenzen, die dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf eine andere Arbeitgeberin widersprochen haben.

Soweit die Beklagte in der Berufungsverhandlung nochmals darauf abgestellt hat, dass sie wegen einer Vertragsstrafenvereinbarung mit der Übernehmerin ein unternehmerisches Interesse am Übergang der Arbeitsverhältnisse gehabt habe, reicht dieses als Rechtfertigungsgrund für die hier vorgenommene Gruppenbildung ebenfalls nicht aus. Das Interesse des Arbeitgebers, eine eingearbeitete und qualifizierte Belegschaft für den Erwerber zu erhalten, damit dieser den Geschäftsbereich reibungslos weiterführen kann, dient nicht dem Zweck eines Sozialplans. Betriebliche Interessen an der Erhaltung der Belegschaft oder von Teilen derselben sind daher nicht geeignet, Differenzierungen in Sozialplänen zu rechtfertigen (BAG 06.11.2007 – 1 AZR 960/06 - - a.a.O. zur Abfindung).

2.1.4 Erweist sich aber die Vereinbarung in dem Sozialplan insoweit wegen Verstoßes gegen den betrieblichen Gleichbehandlungsgrundsatz als rechtsunwirksam, kann sich auch die Klägerin auf den dort vorgesehenen Ausschluss ordentlicher betriebsbedingter Kündigungen berufen. Mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. BAG v. 14.05.2013 – 1 AZR 43/12 – NJOZ 2013, 1894) ist davon auszugehen, dass ein gegen § 75 Abs. 1 BetrVG verstoßender Ausschluss eines Arbeitnehmers aus dem Geltungsbereich einer begünstigenden Regelung dazu führt, dass dieser die ihm durch die gleichheitswidrige Gruppenbildung vorenthaltene Leistung beanspruchen kann. Dies beruht darauf, dass der gleichheitswidrige Ausschlusstatbestand, hier also die Herausnahme der widersprechenden Arbeitnehmer aus dem Kündigungsausschluss, nicht angewandt wird und so die Gleichstellung mit den übrigen Arbeitnehmern erreicht wird.

2.1.5 Kann sich die Klägerin aber ebenfalls auf den Ausschluss ordentlicher betriebsbedingter Kündigungen berufen, erweist sich die streitgegenständliche ordentliche Kündigung schon deshalb als unwirksam, weil die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin aus betriebsbedingten Gründen nur noch außerordentlich, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes iSv. § 626 BGB kündigen könnte. Eine solche außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist hat die Beklagte schon nicht ausgesprochen. Eine Umdeutung der ordentlichen Kündigung vom 12.02.2014 in eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 30.09.2014 scheidet aus. Selbst wenn dies überhaupt in Betracht käme (diese Möglichkeit grundsätzlich bejahend: Bröhl, Die außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist, S. 251; ErfK/Müller-Glöge, 15. Aufl., § 620 BGB Rdnr. 62¸offengelassen in BAG v. 22. 4. 2010 - 2 AZR 80/09 – NZA 2011-RR 2011, 75 mwN) ist im Streitfall ein wichtiger Grund i. S. von § 626 Absatz 1 BGB nicht gegeben.

2.1.5.1 Im Falle einer außerordentlichen Kündigung aus betrieblichen Gründen hat der Arbeitgeber nicht nur darzutun, dass eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers am bisherigen Arbeitsplatz in Folge seiner Organisationsentscheidung nicht mehr möglich ist. Er hat vielmehr außerdem und von sich aus darzulegen, dass überhaupt keine Möglichkeit besteht, das Arbeitsverhältnis – und sei es zu geänderten Bedingungen und nach entsprechender Umschulung – sinnvoll fortzusetzen (std. Rspr. BAG vgl. z.B. BAG BAG v. 23.01.2014 – 2 AZR 372/13 - NZA 2014, 895 mwN). Anders als bei der ordentlichen Kündigung reicht es nicht aus, dass der Arbeitgeber zunächst vorträgt, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei in Folge des Wegfalls des Arbeitsplatzes nicht möglich, und sodann eine dem widersprechende Darlegung des Arbeitnehmers abwartet. Das Fehlen jeglicher Beschäftigungsmöglichkeit zählt bei der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung zum „wichtigen Grund“ und ist deshalb vom Arbeitgeber darzulegen (BAG 20. Juni 2013 – 2 AZR 379/12 – BAGE 145, 265-277).

2.1.5.2 An einem solchen Vorbringen fehlt es hier. Die Beklagte konnte ihren Vortrag zum betriebsbedingten Erfordernis nicht darauf begrenzen, der Arbeitsplatz der Klägerin sei durch die Übertragung des Kundenbezogenen Kapitalmarktgeschäfts in Wegfall geraten. Vielmehr bedurfte es nach den obigen Grundsätzen einer weitergehenden Darlegung, dass keine sinnvolle Weiterbeschäftigung der Klägerin – sei es nach Umschulungsmaßnahmen, sei es zu geänderten Arbeitsbedingungen - mehr möglich ist. Dagegen sprechen bereits die zahlreichen Stellenausschreibungen der Beklagten, aus denen sich ergibt, dass in ihrem Unternehmen regelmäßig Arbeitsplätzen frei werden. Dass die Klägerin, die über eine Ausbildung im Kernbereich der Tätigkeit der Beklagten als Bankkauffrau verfügt, auf solchen Arbeitsplätzen auch nach Umschulungsmaßnahmen nicht weiterbeschäftigt werden kann, legt die Beklagte nicht näher dar.

2.2 Die streitgegenständliche Kündigung wäre aber auch dann nicht rechtswirksam, wenn sich die Regelungen zur Unkündbarkeit in der Betriebsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG insgesamt als unwirksam erweisen würden (so ArbG Berlin v. 05.08.2014 in Parallelverfahren – 4 Ca 2760/14 und 4 Ca 2757/14) und die Klägerin dann nicht für sich in Anspruch nehmen könnte, ihrerseits ebenfalls unkündbar zu sein. In einem solchen Fall hätte die Beklagte nämlich die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG nicht ordnungsgemäß durchgeführt.

2.2.1 Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Eine gegen § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist von Anfang an unwirksam (BAG 18. März 2010 – 2 AZR 337/08 –, EzA § 626 BGB 2002 Unkündbarkeit Nr 17; Fitting 25. Aufl. § 77 Rn. 99). Sonstige Arbeitsbedingungen iSd. § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sind nicht nur materielle Arbeitsbedingungen, die den Umfang der Leistung des Arbeitnehmers und der Gegenleistung des Arbeitgebers betreffen, sondern alle Regelungen, die als Gegenstand tarifvertraglicher Inhaltsnormen nach § 1 TVG den Inhalt von Arbeitsverhältnissen ordnen (BAG 18. März 2010 – 2 AZR 337/08 – a.a.O).

Diese Regelung dient der Sicherung der ausgeübten und aktualisierten Tarifautonomie sowie der Erhaltung und der Stärkung der Funktionsfähigkeit der Koalitionen. Sie will verhindern, dass Gegenstände, derer sich die Tarifvertragsparteien angenommen haben, konkurrieren – und sei es inhaltsgleich – in Betriebsvereinbarungen geregelt werden (BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 26, BAGE 118, 211). Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Diese Befugnis soll nicht durch ergänzende oder abweichende Regelungen der Betriebsparteien ausgehöhlt werden können (BAG v. 13.03.2012 1 AZR 659/10 - AP Nr 27 zu § 77 BetrVG 1972 Tarifvorbehalt). Fällt ein Betrieb in den räumlichen, fachlichen und personellen Geltungsbereich eines Tarifvertrages, sind die Betriebsparteien deshalb gehindert, tariflich geregelte Gegenstände in einer Betriebsvereinbarung selbst zu regeln.

2.2.2 Der Betrieb der Beklagten fällt in den Geltungsbereich des Manteltarifvertrages für das private Bankgewerbe. Auf die Tarifbindung der Beklagten kommt es nicht an. Die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hängt nicht davon ab, dass der Arbeitgeber tarifgebunden ist (BAG 18. März 2010 – 2 AZR 337/08 – a.a.O).

§ 17 Abs. 3 MTV Banken enthält eine Regelung zum Ausschluss ordentlicher Kündigungen. Danach sind Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb mindestens 10 Jahre ununterbrochen angehören, nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und bei Betriebsänderungen im Sinne des § 111 BetrVG kündbar.

Diese Regelung ist in Bezug auf den Sonderkündigungsschutz abschließend (so auch LAG Düsseldorf v. 30.10.2013 – 7 TaBV 56/13 – juris; LAG Berlin-Brandenburg v. 19.11.2013 – 7 Sa 1114/13 – n.v.). Die Tarifvertragsparteien haben die Voraussetzungen festgelegt, unter denen ein Arbeitsverhältnis nur noch außerordentlich kündbar ist. Für den Bereich der betriebsbedingten Kündigungen haben sie dies auf die Fälle eingeschränkt, in denen keine Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG vorliegt. Bei Betriebsänderung hingegen sollen – ungeachtet des Alters und der Betriebszugehörigkeit – gerade auch ordentliche betriebsbedingte Kündigungen möglich sein. Die betriebliche Regelung gewährt - wie § 17 Abs. 3 MTV - einen Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen. Zwar ist dieser Sonderkündigungsschutz weder von Betriebszugehörigkeitszeiten noch vom Lebensalter der Betroffenen abhängig und führt so zu einer Verbesserung der kündigungsrechtlichen Situation der Beschäftigten, sie tritt aber auch auf diese Weise in Konkurrenz zur tariflichen Bestimmung.

§ 19 Abs. 3 MTV stellt keine Öffnungsklausel bezogen auf § 17 Abs. 3 MTV für Betriebsvereinbarungen dar. Wie das LAG Düsseldorf (Beschluss vom 30.10.2013 – 7 TaBV 56/13 – juris) zutreffend ausgeführt hat, soll § 19 Abs. 3 MTV schon nach seinem Wortlaut nur bereits entstandene Ansprüche des einzelnen Arbeitnehmers erhalten („auf die ein Arbeitnehmer Anspruch hat“). § 19 Abs. 3 MTV ist eine Besitzstandsklausel, gestattet nach seinem Wortlaut und der systematischen Stellung im Tarifvertrag aber keine Abweichungen oder Ergänzungen vom MTV durch die Betriebsparteien.

2.2.3 Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG ist nach den obigen Grundsätzen die Unwirksamkeit der Regelung in der Betriebsvereinbarung. Dies betrifft die Unwirksamkeit der Regelung zur Unkündbarkeit insgesamt.

2.2.4 War die Vereinbarung der Unkündbarkeit aber insoweit unwirksam, hätte die Beklagte mithin auch die anderen, vom Übergang des Kundenbezogenen Kapitalmarktgeschäfts nicht betroffenen Arbeitnehmer – soweit sie mit der Klägerin vergleichbar im Sinne von § 1 Abs. 3 KSchG waren – in die Sozialauswahl einbeziehen müssen. Allein der Ausschluss der ordentlichen Unkündbarkeit stand der Einbeziehung dieser Arbeitnehmer in die Sozialauswahl nicht mehr entgegen.

Hat die Beklagte – wie hier – den Kreis der in die Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer zu eng gezogen, nämlich auf diejenigen Arbeitnehmer begrenzt, die aus ihrer Sicht ordentlich kündbar sind, spricht der erste Anschein dafür, dass die Kündigung gegen § 1 Abs. 3 KSchG verstößt (std. Rspr. BAG z.B. v. 29.11.2007 – 2 AZR 763/96 – Rz. 30 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr 79). Die tatsächliche Vermutung, dass die Auswahl dann auch im Ergebnis sozialwidrig ist, kann vom Arbeitgeber nur dadurch ausgeräumt werden, dass er näher darlegt, weshalb er trotz der gegen § 1 Abs. 3 KSchG verstoßenden Überlegungen ausnahmsweise im Ergebnis soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt hat (BAG v. 29.11.2007 – 2 AZR 763/96 – a.a.O.; BAG v. 17.01.2002 – 2 AZR 15/01 - EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 47 mwN).

Eine solche Darlegung ist seitens der Beklagten nicht erfolgt. Allein der pauschale Hinweis, sie habe höchst vorsorglich auch eine Sozialauswahl im weiteren Sinne mit Blick auf den Arbeitsvertrag, die Berufsausbildung, Berufserfahrung und die jeweiligen Einarbeitungszeiten mit den in anderen Bereichen tätigen Beschäftigten unter Berücksichtigung der im Unternehmen benötigten Anforderungsprofile durchgeführt, ohne aber eine Vergleichbarkeit feststellen zu können, reichte zur Widerlegung dieser Vermutung schon deshalb nicht aus, weil die Beklagte ausweislich der Betriebsratsanhörung vom 20.01.2014 und ihres Schriftsatzes vom 15.04.2014 zum damaligen Zeitpunkt offensichtlich davon ausgegangen ist, dass die Klägerin als Senior-Referent und AT-Angestellte beschäftigt wäre. Tatsächlich ist die Klägerin aber mit Tätigkeiten der Entgeltgruppe 9 beschäftigt und daher mit Arbeitnehmern dieses Bereiches vergleichbar. Dass die Beklagte gleichwohl trotz all dieser Unstimmigkeiten am Ende zu einem zutreffenden Ergebnis bei der Sozialauswahl gekommen sein soll, hätte einer näheren Darlegung unter Angabe derjenigen Arbeitnehmer und deren Sozialdaten, die die Beklagte in die Sozialauswahl einbezogen haben will, bedurft. Dass die Klägerin gegenüber allen bei der Beklagten als Referentin der Entgeltgruppe 9 beschäftigten Mitarbeitern von ihren Sozialdaten her die am sozial wenigsten schutzbedürftigste sein sollte, hat die Beklagte auch in ihrer Berufungsbegründung nicht behauptet und schien der Kammer bei ca. 4.300 Mitarbeitern nicht naheliegend.

2.2.5 Dahinstehen kann ebenfalls, ob eine nach § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksame Betriebsvereinbarung entsprechend § 140 BGB in eine vertragliche Einheitsregelung (Gesamtzusage oder gebündelte Vertragsangebote) umzudeuten wäre (vgl. dazu BAG v. 18. März 2010 – 2 AZR 337/08 – a.a.O; v. BAG, Urteil vom 24. Januar 1996 – 1 AZR 597/95 –, BAGE 82, 89-101). Denn als Gesamtzusage wäre diese Regelung ebenfalls am arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen, ohne dass insoweit sachliche Gründe für die Differenzierung erkennbar wären. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen. Insbesondere fehlt es aber an bei einer solchen Vereinbarung, die Bestandteil des Arbeitsvertrages würde, an einem sachlichen Grund. Vielmehr dient sie – worauf auch das finanzielle Interesse der Beklagten an dem Übergang der Arbeitsverhältnisse hinweist – gerade der Umgehung der nach § 1 Abs. 3 KSchG erforderlichen Sozialauswahl.

3. Aus diesen Gründen erweist sich die streitgegenständliche Kündigung als sozial ungerechtfertigt und unwirksam. Die Berufung der Beklagten war zurückzuweisen, mit der Folge, dass sie gemäß § 97 ZPO die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat.

4. Die Zulassung der Revision kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorlagen.



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