Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg

Beschluss vom - Az: 18 TaBV 828/12

Betriebsrat kopiert heimlich Mitarbeiter-Mails zu Beweiszwecken

(1.) Sind die in einer Selbstverpflichtung formulierten Grundsätze des Umgangs miteinander Teil einer konzerneinheitlichen Unternehmensphilosophie bzw. Ausprägung und/oder Fortführung dieser, so kann und muss sie konzerneinheitlich umgesetzt werden. Die Selbstverpflichtung kann deshalb nicht gesondert im Wege unterschiedlicher Regelungen auf Unternehmens– oder Betriebsebene geregelt werden. Zuständig ist insoweit der Konzernbetriebrat.

(2.) Der Betriebsrat ist an die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes zum Umgang mit personenbezogenen Daten von Arbeitnehmern (§ 32 BDSG) gebunden. Die Erlangung von Informationen unter Verstoß gegen § 32 BDSG kann zu einem Beweisverwertungsverbot führen, wenn nicht ein über den Zweck der Beweismittelsicherung hinausgehender Grund für das rechtswidrige Vorgehen besteht. Besondere Umstände können etwa darin liegen, dass sich der Beweisführer mangels anderer Erkenntnisquellen in einer Notwehrsituation oder einer notwehrähnlichen Lage befindet.

(3.) Aus dem Auskunftsanspruch des Betriebsrats gegenüber dem Arbeitgeber (§ 80 Abs. 2 BetrVG) folgt kein Zugriffsrecht des Betriebsrats auf die gewünschten Informationen.

Im vorliegenden Fall verlangt der Betriebsrat u.a. die Durchsetzung einer Betriebsvereinbarung, wonach außerhalb der Arbeitszeit grundsätzlich keine dienstlichen Telefonate, E-Mails, etc. mehr getätigt werden sollen. Hierzu griff der Betriebsrat auf dienstliche E-Mails von Mitarbeitern zu und legte diese im hiesigen Verfahren als Beweismittel vor. Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts unterliegen die Mails jedoch einem Verwertungsverbot. Denn der Betriebsrat habe diese unter einem Verstoß gegen § 32 BDSG erlangt. Auch habe er sich in keiner Beweisnotlage befunden, da er seinen Auskunftsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber hätte geltend machen können, wodurch eine vorherige (Teil-)Anonymisierung der Daten möglich gewesen wäre.

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. März 2012 – 54 BV 7072/11 – wird zurückgewiesen.

II. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2. wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. März 2012 – 54 BV 7072/11 – teilweise abgeändert und die Anträge des Beteiligten zu 1. insgesamt zurückgewiesen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beteiligte zu 1) ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG im Zusammenhang mit der Unterbreitung einer so genannten Selbstverpflichtung an Arbeitnehmer durch die Beteiligte zu 2) hat sowie darüber, ob der Beteiligte zu 1) einen Unterlassungsanspruch gemäß § 77 Abs. 1 BetrVG i.V.m. der Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit“ vom 05. September 2008 im Zusammenhang mit der Nutzung mobiler Arbeitsmittel außerhalb des in der Betriebsvereinbarung geregelten so genannten Buchungsrahmens in der Zeit von 6:30 Uhr bis 20:00 Uhr hat.

Bei dem Beteiligten zu 1) handelt es sich um den bei der Beteiligten zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) für deren Berliner Betrieb SSM Region Nord–Ost gebildeten Betriebsrat.

Am 05. September 2008 schloss die Rechtsvorgängerin der Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat die Betriebsvereinbarung „Arbeitszeit T–Systems Business Services SSM Region Nord – Ost“ (Bl. 12- 29 d.A.), auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

In der Folgezeit ging der Betrieb im Wege eines Betriebsübergangs auf die jetzige Arbeitgeberin über.

Am 19. Januar 2011 wurde durch die Konzernmutter der Arbeitgeberin, die Deutsche T. AG, die „Selbstverpflichtung zum Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln (mobile devices) für tarifliche und außertarifliche Beschäftigte“ (Bl. 31 – 38 d.A.) herausgegeben, auf deren Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird.

In der Zeit vom 11. Februar 2011 bis 13. Juli 2011 wurden unter anderem E-Mails von nicht dem hiesigen Betrieb zugeordneten bzw. von nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich der Betriebsvereinbarung Arbeitszeit fallenden Mitarbeitern außerhalb des Buchungsrahmens unter anderem auch an Arbeitnehmer des Betriebes, die unter die Betriebsvereinbarung fallen, versandt.

Ferner wurden in der Zeit vom 17. Dezember 2012 bis 26. Mai 2013 eine Vielzahl von E-Mails von dem Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung Arbeitszeit unterfallenden Arbeitnehmern an ebenfalls dem Geltungsbereich unterfallende Arbeitnehmer der Arbeitgeberin gesendet. (vgl. Bl. 992 – 1069 d.A., BR 32 – BR 111).

Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, dass die Arbeitgeberin gegen ihre Durchführungspflicht nach § 77 Abs. 1 BetrVG verstoße, weil sie Arbeitsleistungen der Mitarbeiter auch außerhalb des Buchungsrahmens entgegennehme bzw. diese dulde. Dem stehe die Selbstverpflichtung nicht entgegen, denn bereits die erste Regelung der Selbstverpflichtung sei unzulässig, weil in der Verwendung des Wortes „grundsätzlich“ liege, dass es Ausnahmen gebe, in denen Arbeitsleistungen außerhalb der Arbeitszeit geduldet bzw. entgegengenommen werden würden. Auch mit dem zweiten Satz verstoße sie gegen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats und ihre Durchführungsverpflichtung, weil sie nicht einfach davon ausgehen dürfe, dass die Beschäftigten keine Arbeitsleistungen außerhalb der Arbeitszeit erbringen. Vielmehr habe sie dies zu kontrollieren und auszuschließen. Ebenso sei der dritte Satz der Regelung unzulässig, weil sie nicht verfügen dürfe, dass bei „ausnahmsweiser Nutzung außerhalb der Arbeitszeit keine Erwartungshaltung für die umgehende Bearbeitung von E-Mails besteht“. Denn sie dürfe gar keine Arbeitsleistung, auch nicht ausnahmsweise außerhalb der Arbeitszeit ohne Beteiligung des Betriebsrats entgegen der Betriebsvereinbarung Arbeitszeit entgegennehmen. Dasselbe gelte für den vierten Satz der Regelung. Sie könne die Mitarbeiter nicht anweisen, dass sie sich außerhalb der Arbeitszeit etwas „zu fragen“ hätten. Schließlich verstoße auch gerade die fünfte Regelung gegen die Betriebsvereinbarung Arbeitszeit, da die Arbeitgeberin nicht einseitig anordnen dürfe, dass in „Krisensituationen und Situationen, in denen ein unmittelbares Handeln erforderlich ist“, Arbeitsleistungen außerhalb der Arbeitszeit ohne Beteiligung des Betriebsrats zu erbringen sind. Zudem setze ein Tätigwerden der Mitarbeiter in Notfällen voraus, dass diese die erhaltenen E-Mails auch außerhalb der Arbeitszeit lesen, womit die Arbeitgeberin wiederum Arbeitsleistungen auch außerhalb des Buchungsrahmens entgegennehme.

Dass bereits Verstöße gegen die Betriebsvereinbarung Arbeitszeit vorlägen, ergebe sich aus den eingereichten E-Mails. Dabei sei davon auszugehen, dass die Empfänger diese nach deren Eingang gelesen und damit nicht erst bis zum Beginn der nächsten Arbeitszeit gewartet hätten. Der Betriebsrat hat die Meinung vertreten, dass die Arbeitgeberin im Rahmen einer abgestuften Darlegungs – und Beweislast auch wegen der indiziellen Bedeutung der Selbstverpflichtung darlegen müsse, dass in den hier genannten Situationen die Empfänger der E-Mails diese nicht außerhalb des Buchungsrahmens gelesen bzw. bearbeitet hätten.

Daher stehe ihm ein entsprechender Unterlassungsanspruch zu.

Ferner sei festzustellen, dass ihm ein Mitbestimmungsrecht bei Unterbreitung der Selbstverpflichtung an die Mitarbeiter zustehe.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1. der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, mit mobilen Arbeitsmitteln getätigte Arbeitsleistung der Mitarbeiter, die unter den Geltungsbereich der BV Arbeitszeit TS BS, SSM Region N–O vom 07.07.2008 fallen, außerhalb des Buchungsrahmens von montags bis freitags 6:30 Uhr bis 20:00 Uhr gemäß Nr. 3.5 der Betriebsvereinbarung Arbeitszeit vom 15.09.2008 entgegenzunehmen, es sei denn, der Betriebsrat hat der Entgegennahme zugestimmt, es liegt ein Notfall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor oder die Zustimmung werde durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt;

2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 bezogen auf jeden Tag und jeden Arbeitnehmer der Arbeitgeberin ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,- € anzudrohen,

hilfsweise zu den Anträgen zu 1. und 2. hat der Betriebsrat beantragt,

3. der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, Arbeitsleistungen ihrer unter den Geltungsbereich der BV Arbeitszeit TS BS, SSM Region N -O vom 07.07.2008, fallenden Arbeitnehmer außerhalb des Gleitzeitrahmens gemäß Ziffer 3.5 der BV Arbeitszeit entgegenzunehmen, es sei denn der Betriebsrat hat der Entgegennahme zugestimmt, es handelt sich um Mehrleistung, die unter der Voraussetzung der 7.2. der BV Arbeitszeit zulässig ist, es liegt ein Notfall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor, es liegt ein Einvernehmen zwischen Führungskraft und Beschäftigtem vor oder die Zustimmung des Betriebsrates wurde durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt,

4. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziffer 3 der Beteiligten zu 2), bezogen auf jeden Tag und jeden Arbeitnehmer ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, das jedoch 10.000,- € nicht übersteigen sollte, anzudrohen;

5. festzustellen, dass der Beteiligte zu 1) vor der Unterbreitung der „Selbstverpflichtung zum Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln (mobile devices) für tarifliche und außertarifliche Beschäftigte“ an Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2) nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitzubestimmen hat;

6. festzustellen, dass der Beteiligte zu 1) vor der Unterbreitung der „Selbstverpflichtung zum Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln (mobile devices) für tarifliche und außertarifliche Beschäftigte“ an Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2) nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG mitzubestimmen hat;

hilfsweise zum Antrag zu 6. hat der Betriebsrat beantragt,

7. festzustellen, dass der Beteiligte zu 1) vor der Unterbreitung der „Selbstverpflichtung zum Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln (mobile devices) für tarifliche und außertarifliche Beschäftigte“ an Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2) nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mitzubestimmen hat;

Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, dass dem Betriebsrat kein Unterlassungsanspruch zustehe und meint, dass er, soweit er ein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf die Selbstverpflichtung reklamiere, unzuständig sei, da gemäß § 58 Abs. 1 BetrVG der Konzernbetriebsrat zuständig sei.

Die Arbeitgeberin behauptet, Ziel der mit dem Konzernbetriebsrat final abgestimmten Selbstverpflichtung sei es gewesen, Grenzen aufzuzeigen und die Erwartungen des Unternehmens deutlich zu machen, weil die durch mobile Arbeitsmittel geschaffene Flexibilität unabhängig von Ort und Zeit schnell zu reagieren, zunehmend die Grenzen zwischen Beruf und Privaten vermischen könne. Dabei beruhe die Selbstverpflichtung nicht darauf, dass die Arbeitgeberin Freizeitarbeit anordne oder dulde, sondern darauf, dass Beschäftigte ohne hierzu arbeitgeberseitig ausdrücklich angewiesen worden zu sein, in ihrer Freizeit mit den ihnen zur Verfügung gestellten mobilen Arbeitsmitteln E-Mails versenden und telefonierten. Die Selbstverpflichtung ziele deswegen insbesondere auf den Schutz derjenigen Mitarbeiter ab, die die E-Mails/Telefonate empfingen.

Die vom Betriebsrat vorgelegten E-Mails würden nicht belegen, dass sie Freizeitarbeit der Arbeitnehmer entgegennehme, wobei sich allein aus der Tatsache, dass diese E-Mails außerhalb des Gleitzeitraums verschickt worden seien, noch keine besondere Dringlichkeit der weiteren Bearbeitung ergebe. In ihnen seien die Mitarbeiter auch nicht zu Arbeitsleistungen oder Freizeitarbeit aufgefordert worden. Die Arbeitgeberin meint zudem, dass der Betriebsrat darzulegen und zu beweisen habe, dass die Empfänger der E-Mails auch außerhalb ihrer Arbeitszeit diese gelesen und gegebenenfalls bearbeitet hätten. Der Betriebsrat habe keinen einzigen konkreten Verstoß gegen die BV Arbeitszeit dargetan.

Wegen des weiteren, dem Streit zugrunde liegenden unstreitigen Sachverhaltes und des streitigen Vorbringens der Beteiligten in der I. Instanz wird auf I. der Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses (Bl. 322 – 329 d.A.) sowie auf die zwischen den Beteiligten in der Eingangsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 22. März 2012 hat das Arbeitsgericht Berlin dem Unterlassungsantrag des Betriebsrats stattgegeben, den Feststellungsantrag betreffend das Mitbestimmungsrecht jedoch zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Arbeitgeberin sei ihrer Verpflichtung dafür zu sorgen, dass die unter den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung fallenden Mitarbeiter außerhalb des Buchungsrahmens ohne Zustimmung des Betriebsrats keine Arbeitsleistung erbringen, nicht nachgekommen; sie habe nicht sichergestellt, dass Verstöße ausgeschlossen seien, wie das Lesen von E-Mails durch die freigestellten Mitglieder des Betriebsrats W. und C. außerhalb der Arbeitszeit zeige.

Die Feststellungsanträge seien hingegen unzulässig, da ein berechtigtes Interesse des Betriebsrats an der begehrten Feststellung fehle.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung der Entscheidung wird auf II. der dortigen Gründe (Bl. 330 – 337 d.A.) verwiesen.

Gegen diesen ihm am 04. April 2012 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat mit am 04. Mai 2012 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 04. Juli 2012 mit am 04. Juli 2012 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Arbeitgeberin hat ihrerseits gegen den ihr am 10. April 2012 zugestellten Beschluss mit am 04. Mai 2012 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit am Montag, dem 11. Juni 2012 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Arbeitgeberin vertritt weiter die Auffassung, der Antrag zu 1. des Betriebsrats sei zu unbestimmt. Es sei für sie nicht eindeutig erkennbar was von ihr verlangt werde, so dass dem Antrag ein vollstreckungsfähiger Inhalt fehle.

Außerdem seien auch für die Vergangenheit keine Verstöße festgestellt worden. Sie bestreitet, dass durch die Mitarbeiter W. und C. eine Kenntnisnahme und/oder Reaktion auf die E-Mails außerhalb der Arbeitszeit stattgefunden habe. Außerdem verstoße es gegen Treu und Glauben, den Unterlassungsantrag mit Verstößen zu begründen, die durch Mitglieder des Betriebsrats begangen worden seien. Auch die weiteren vom Betriebsrat behaupteten Verstöße bestreite sie nach wie vor, zumal der Betriebsrat nicht einmal vorgetragen habe, ob die benannten Beschäftigten überhaupt Inhaber von Blackberries seien. Im Übrigen sei die private Nutzung von überlassenen Laptops und Mobilfunkgeräten nicht erlaubt, so dass die Mitarbeiter ihr Mobilgerät in der Freizeit ausschalten sollten.

Auch hinsichtlich der vom Betriebsrat für die Zeit vom 17. Dezember 2012 bis 26. Mai 2013 vorgetragenen Verstöße bestreite sie, dass Beschäftigte E-Mails an andere Beschäftigte außerhalb der Arbeitszeit gesandt haben. Ferner vertritt sie die Auffassung, die eingereichten Screenshots seien nicht zu ihren Lasten verwertbar, denn diese seien sämtlich ohne vorherige Kenntnis, Rücksprache und vor allem ohne Zustimmung der Beschäftigten bzw. ihr als Arbeitgeberin ausgeforscht worden. Diese stammten nämlich aus einem so genannten Funktions– und Auftragspostfach mit nur eingeschränktem Berechtigtenkreis, nämlich den Mitarbeitern des Innen– und Außendienstes Vertrieb V3. Zu diesem Berechtigtenkreis zähle der Betriebsrat nicht, so dass dieser die Screenshots nur rechtswidrig erlangt haben könne, nämlich durch einen unberechtigten Zugriff auf das Postfach.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Arbeitgeberin in der Beschwerdeinstanz wird auf den Beschwerdebegründungsschriftsatz vom 11. Juni 2012, die Schriftsätze vom 13. Dezember 2012, 21. Januar 2013, 03. Februar und 28. April 2014 nebst Anlagen sowie die zu Protokoll genommenen Erklärungen der Arbeitgeberin verwiesen.

Die Beteiligte zu 2) beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 22.03.2012 (Aktenzeichen 54 BV 7072/11) abzuändern, soweit das Arbeitsgericht den Anträgen des Antragstellers und Beteiligten zu 1) stattgegeben hat und die Anträge insgesamt abzuweisen.

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.

Der Betriebsrat verweist darauf, dass aufgrund der Pflicht der Beschäftigten zum Tätigwerden in Not – und Krisensituationen, diese im Falle des Erhalts von E-Mails außerhalb der Arbeitszeit zumindest die Pflicht haben, durch Kenntnisnahme der E-Mails sich Gewissheit darüber zu verschaffen, ob ein solcher Fall vorliege. Bei Empfang einer E-Mail auf dem dienstlichen Mobilfunkgerät leuchte ein rotes Licht. Der Mitarbeiter habe einen achtstelligen Code einzugeben, um das Telefon zu entriegeln, das Menü und dort die E-Mail-Verwaltung aufzurufen und erst aus der dortigen E-Mail-Übersicht sei ersichtlich, dass eine E-Mail eingegangen sei und von wem diese stamme. Erst durch Lesen der E-Mail könne der Mitarbeiter sodann feststellen bzw. beurteilen, ob ein Ausnahmefall der Handlungspflicht vorliege.

Die aus dem Zeitraum 17. Dezember 2012 bis 26. Mai 2013 vorgelegten E-Mails seien nicht rechtswidrig erlangt worden. Es handele sich nicht um Betriebs – oder Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 79 Abs. 1 BetrVG und es liege auch kein Verstoß gegen § 5 S. 1 BDSG oder die Konzernbetriebsvereinbarung zur office standardization (Bl. 616 – 621 d.A.) vor. Vielmehr habe er gemäß § 80 BetrVG einen Auskunftsanspruch gegenüber der Arbeitgeberin insoweit gehabt, diese habe ihn jedoch hierüber nicht unterrichtet, so dass er berechtigt gewesen sei, sich die Daten selbst zu beschaffen. Außerdem habe es sich nicht um private E-Mails, sondern teilöffentliche dienstliche E-Mails gehandelt im Hinblick auf den großen Berechtigtenkreis von ca. 100 Personen.

In der mündlichen Verhandlung am 15. Mai 2014 hat der Vertreter des Betriebsrats behauptet, dass der Betriebsrat die eingereichten Screenshots BR 32 bis BR 111 von mindestens einem zugriffsberechtigten Arbeitnehmer aus dem Bereich V3 erhalten habe, dessen Namen er nicht nennen werde. Dieser Mitarbeiter sei anlässlich einer Sitzung auf den Betriebsrat zugekommen.

Im Rahmen der von ihm erhobenen Beschwerde meint der Betriebsrat, dass der erhobene Feststellungsantrag zulässig sei, da er die Feststellung der Mitbestimmungspflicht der Vorlage der bereits bestehenden Selbstverpflichtung an die einzelnen Beschäftigten begehre. Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens führt er seine Auffassung aus, dass ein Mitbestimmungsrecht aus den Nummern 1-3 des § 87 Abs. 1 BetrVG folge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Betriebsrats in der Beschwerdeinstanz wird auf den Beschwerdebegründungs- und -beantwortungsschriftsatz vom 03. Juli 2012, die Schriftsätze vom 31. Oktober, 12. Dezember 2012, 17. Januar 2013, 29. Januar, 04. Februar und 08. Mai 2014 nebst Anlagen sowie die zu Protokoll genommenen Erklärungen des Betriebsrats verwiesen.

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Berlin vom 22. März 2012 weiterhin

1. festzustellen, dass der Beteiligte zu 1) vor der Unterbreitung der „Selbstverpflichtung zum Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln (mobile devices) für tariflich und außertarifliche Beschäftigte“ an Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2) nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitzubestimmen hat,

2. festzustellen, dass der Beteiligte zu 1) vor der Unterbreitung der „Selbstverpflichtung zum Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln (mobile devices) für tariflich und außertarifliche Beschäftigte“ an Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2) nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG mitzubestimmen hat,

hilfsweise zum Antrag zu 2.

3. festzustellen, dass der Beteiligte zu 1) vor der Unterbreitung der „Selbstverpflichtung zum Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln (mobile devices) für tariflich und außertarifliche Beschäftigte“ an Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2) nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mitzubestimmen hat.

Die Beteiligte zu 2) beantragt,

die Beschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen.

Das Gericht hat Beweis erhoben über die Behauptung des Betriebsrats, diverse Mitarbeiter hätten außerhalb des Buchungsrahmens der Betriebsvereinbarung Arbeitszeit von 6:30 Uhr bis 20:00 Uhr an sie gerichtete E-Mails gelesen, durch schriftliche Anhörung verschiedener Mitarbeiter der Arbeitgeberin. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Antworten dieser Mitarbeiter (Bl. 756, 761 – 763,765,768 – 776,778, 780 – 782, 784, 786, 788, 791 – 798, 807, 809, 811, 816, 818, 819, 821, 822, 824, 828, 838 d.A.) verwiesen.

II.

1) Die Beschwerden sind zulässig.

Sie sind gemäß den §§ 8 Abs. 4, 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und frist– und formgerecht im Sinne der §§ 87 Abs. 2, 66 ArbGG eingelegt und begründet worden.

2) Die Beschwerde des Betriebsrats hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass ein Mitbestimmungsrecht des (örtlichen) Betriebsrats vor der Unterbreitung der „Selbstverpflichtung zum Umgang mit mobilen Arbeitsmitteln (mobile devices) für tarifliche und außertarifliche Beschäftigte“ vom 19. Januar 2011 besteht.

Es kann vorliegend nach Auffassung der erkennenden Beschwerdekammer dahinstehen, ob überhaupt ein Mitbestimmungsrecht bei Einführung und Unterbreitung dieser Selbstverpflichtung an die Arbeitnehmer der Arbeitgeberin bestand bzw. besteht, denn ein etwaiges Mitbestimmungsrecht stünde nicht dem antragstellenden (örtlichen) Betriebsrat, sondern dem Konzernbetriebsrat zu.

Dieser ist nämlich gemäß § 58 BetrVG zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die einzelnen (Gesamt)betriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden können.

Vorliegend stammt die streitige Selbstverpflichtung unstreitig von der Konzernmutter der Arbeitgeberin, der Deutschen T. AG und ist ebenso unstreitig von dieser für den gesamten Konzern aus– bzw. vorgegeben worden. Zudem hat diese Selbstverpflichtung – wie ihrer Einführung zu entnehmen ist – einen starken Bezug zu den im so genannten „Code of Conduct“ sowie den Leitlinien „Integrität und Wertschätzung leben“ und „An die Spitze! Leistung anerkennen – Chancen bieten“ im Konzern geltenden Ethikrichtlinien. Nach Auffassung der erkennenden Beschwerdekammer sind die in der Selbstverpflichtung formulierten Grundsätze des Umgangs miteinander damit Teil einer konzerneinheitlichen Unternehmensphilosophie bzw. Ausprägung und/oder Fortführung dieser. Diese kann und muss jedoch konzerneinheitlich umgesetzt werden und kann deshalb nicht gesondert im Wege unterschiedlicher Regelungen auf Unternehmens– oder – wie hier verlangt – Betriebsebene geregelt werden.

Hinzu kommt vorliegend, dass die Selbstverpflichtung durch Einstellen ins Intranet den Mitarbeitern der Arbeitgeberin bereits unterbreitet worden ist und auch neu eintretenden Mitarbeitern nicht durch eine ein etwaiges Mitbestimmungsrecht wieder auslösende Handlung zur Kenntnis gegeben wird.

3) Die Beschwerde der Arbeitgeberin hat demgegenüber in der Sache Erfolg.

Der Betriebsrat hat gegen die Arbeitgeberin keinen auszutenorierenden und mit der Androhung eines Ordnungsgeldes zu versehenden Anspruch auf Unterlassung der Entgegennahme von mittels mobiler Arbeitsmittel getätigter Arbeitsleistungen ihrer Mitarbeiter, denn es ist dem Betriebsrat zur Überzeugung der erkennenden Beschwerdekammer nicht gelungen, Verstöße in der Vergangenheit nachzuweisen, die einen solchen Anspruch zu rechtfertigen geeignet wären.

Zunächst waren die behaupteten Verstöße, bei denen der Betriebsrat einen Verstoß durch Versenden der E-Mails angenommen hat, auszuscheiden, in denen der Versender der E-Mail nicht dem persönlichen oder betrieblichen Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung Arbeitszeit unterfällt, weil er entweder außertariflicher Beschäftigter ist oder dem Betrieb der Arbeitgeberin, für den diese Betriebsvereinbarung gilt, nicht angehört.

Hierbei handelt es sich um sämtliche von den Mitarbeitern W. und K. sowie Kö. und St. verfassten E-Mails aus der Zeit vom 11. Februar bis 13. Juli 2011.

Ferner waren die behaupteten Verstöße auszuscheiden, bei denen sich der Betriebsrat darauf stützt, dass eines seiner Mitglieder die E-Mails gelesen und/oder bearbeitet hat.

Denn es verstößt nach Auffassung der erkennenden Beschwerdekammer gegen Treu und Glauben, dass Mitglieder des Antragstellers in Kenntnis der Regelungen der Betriebsvereinbarung gegen diese verstoßen und sich der Betriebsrat sodann zur Begründung seines Unterlassungsanspruches auf diese Verstöße beruft. Hinzu kommt, dass diese Mitglieder des Betriebsrates wegen ihrer Zugehörigkeit zum antragstellenden Beteiligten zu 1) nicht als Zeugen hätten vernommen werden können.

Dies betrifft die behaupteten Verstöße durch die Mitarbeiter C., W., B., D. und L..

Darüber hinaus waren die behaupteten Verstöße auszuscheiden, bei denen die E-Mail nicht außerhalb des Buchungsrahmens versendet worden ist, da in diesen Fällen auch ein etwaiges Lesen innerhalb des Buchungsrahmens nicht ausgeschlossen werden konnte. Dies betrifft den behaupteten Verstoß vom 21. Oktober 2012.

Die vom Betriebsrat behaupteten Verstöße durch Versendung von E-Mails an die Mitarbeiter F., K. und Kl. konnten nicht nachgewiesen werden, da Frau F. angab, die E-Mails sicherlich am Folgetag gelesen zu haben (Bl. 258 d.A., AG 10) bzw. die Herren K. und Kl. angaben, dass sie keine konkrete Aussage mehr machen können (Bl. 250 d.A., AG 7) bzw. keine Erinnerung daran haben, wann sie die E-Mail gelesen haben (Bl. 255 d.A., AG 9). Dies betrifft die E-Mails vom 15. Juni, 29. Juni 21:27 Uhr und 11. Juli 2011.

Auch die für den Zeitraum 17. Dezember 2012 bis 26. Mai 2013 behaupteten Verstöße auf Grundlage der Screenshots aus den Anlagen BR 32 bis BR 111 sind zur Überzeugung der erkennenden Beschwerdekammer nicht heranziehbar.

Dies beruht darauf, dass diese Anlagen, aus denen auch der Vortrag des Betriebsrats stammt, einem Verwertungsverbot unterliegen. Denn auch wenn der Betriebsrat tatsächlich diese Unterlagen, wie behauptet und von der Arbeitgeberin bestritten, von einem zugriffsberechtigten Mitarbeiter erhalten haben sollte, hat dieser jedoch durch Weitergabe der Screenshots und damit der dort enthaltenen personenbezogenen Daten von Kollegen gegen § 32 Abs. 2 BDSG verstoßen. Der Betriebsrat hat diese Unterlagen mithin auch ohne dass er sich selbst unberechtigten Zugriff verschafft hat, rechtswidrig erlangt.

Die Zivilprozessordnung kennt zwar für rechtswidrig erlangte Informationen oder Beweismittel kein - ausdrückliches - prozessuales Verwendungs- bzw. Verwertungsverbot. Aus § 286 ZPO iVm. Art. 103 Abs. 1 GG folgt im Gegenteil die grundsätzliche Verpflichtung der Gerichte, den von den Parteien vorgetragenen Sachverhalt und die von ihnen angebotenen Beweise zu berücksichtigen. Dementsprechend bedarf es für die Annahme eines Beweisverwertungsverbots, das zugleich die Erhebung der angebotenen Beweise hindern soll, einer besonderen Legitimation in Gestalt einer gesetzlichen Grundlage.

Im gerichtlichen Verfahren tritt der Richter den Verfahrensbeteiligten in Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt gegenüber. Er ist daher nach Art. 1 Abs. 3 GG bei der Urteilsfindung an die insoweit maßgeblichen Grundrechte gebunden und zu einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung verpflichtet. Dabei können sich auch aus materiellen Grundrechten wie Art. 2 Abs. 1 GG Anforderungen an das gerichtliche Verfahren ergeben, wenn es um die Offenbarung und Verwertung von persönlichen Daten geht, die grundrechtlich vor der Kenntnis durch Dritte geschützt sind. Das Gericht hat deshalb zu prüfen, ob die Verwertung von heimlich beschafften persönlichen Daten und Erkenntnissen, die sich aus diesen Daten ergeben, mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vereinbar ist. Dieses Recht gewährleistet nicht allein den Schutz der Privat- und Intimsphäre, sondern trägt in Gestalt des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung auch den informationellen Schutzinteressen des Einzelnen Rechnung. Es gewährleistet die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Diesem Schutz dient auch Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK).

Die gesetzlichen Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung im BDSG konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und regeln, in welchem Umfang im Anwendungsbereich des Gesetzes Eingriffe in dieses Recht zulässig sind. Dies stellt § 1 BDSG ausdrücklich klar. Liegt keine Einwilligung des Betroffenen vor, ist die Datenverarbeitung nach dem Gesamtkonzept des BDSG nur zulässig, wenn eine verfassungsgemäße Rechtsvorschrift diese erlaubt. Fehlt es an der danach erforderlichen Ermächtigungsgrundlage oder liegen deren Voraussetzungen nicht vor, ist die Erhebung, Verarbeitung und/oder Nutzung personenbezogener Daten verboten. Dieser das deutsche Datenschutzrecht prägende Grundsatz ist in § 4 Abs. 1 BDSG.

Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach dessen Begründung für seine Durchführung oder Beendigung erforderlich ist.

Sowohl die Gerichte für Arbeitssachen als auch die ordentlichen Gerichte sind befugt, Erkenntnisse zu verwerten, die sich eine Prozesspartei durch Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht verschafft hat, wenn eine Abwägung der beteiligten Belange ergibt, dass das Interesse an einer Verwertung der Beweise trotz der damit einhergehenden Rechtsverletzung das Interesse am Schutz der Daten überwiegt. Das allgemeine Interesse an einer funktionstüchtigen Rechtspflege und das Interesse, sich ein Beweismittel für zivilrechtliche Ansprüche zu sichern, reichen dabei für sich betrachtet nicht aus, dem Verwertungsinteresse den Vorzug zu geben. Dafür bedarf es zusätzlicher Umstände. Sie können etwa darin liegen, dass sich der Beweisführer mangels anderer Erkenntnisquellen in einer Notwehrsituation oder einer notwehrähnlichen Lage befindet. Die besonderen Umstände müssen gerade die in Frage stehende Informationsbeschaffung und Beweiserhebung als gerechtfertigt ausweisen.

 (vgl. zum Ganzen BAG, Urteil vom 20. Juni 2013, 2 AZR 546/13 m.w.N., zitiert nach juris)

Vorliegend ist die erkennende Beschwerdekammer zu der Überzeugung gelangt, dass eine Verwertung der Anlagen BR 32 bis BR 111 ausscheidet, denn dem Betriebsrat stehen keine zusätzlichen Umstände zu Seite, die es rechtfertigen könnten, die rechtswidrig erlangten Beweismittel zu verwerten.

Der Betriebsrat befand sich nicht einmal in Beweisnotlage.

Vielmehr hätte er, nachdem er Kenntnis von den behaupteten Verstößen erlangt hat, seinen Auskunftsanspruch gegenüber der Arbeitgeberin geltend machen können und von dieser die benötigten Auskünfte und auch Unterlagen (gegebenenfalls (teil)anonymisiert) erhalten können. Soweit ersichtlich hat der Betriebsrat aber vorliegend nicht einmal Auskunft und Herausgabe der Unterlagen verlangt.

Dass zum Auskunftsrecht – wie der Betriebsrat für sich reklamiert – sozusagen spiegelbildlich ein Zugriffsrecht gehört oder ein nicht erfüllter Auskunftsanspruch sich in ein Zugriffsrecht umwandelt, dass die Verwertung vorliegend rechtfertigen könnte, trifft nicht zu. Dies ist nach Auffassung der erkennenden Beschwerdekammer dem Wortlaut des § 80 Abs. 2 BetrVG klar zu entnehmen.

Unberücksichtigt darf bei der Interessenabwägung in diesem Zusammenhang auch nicht bleiben, dass der Betriebsrat mit der Verwertung der rechtswidrig erlangten Screenshots die Rechte der Mitarbeiter verletzt, deren Interessen er vertritt und die er mit dem hiesigen Verfahren schützen will.

Letztlich hat der Betriebsrat auch keinen Beweis dafür erbringen können, dass die unter den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung Arbeitszeit fallenden Empfänger der E-Mails vom 28. Februar 2011 (Bl. 89 d.A.), vom 12. April 2011 (Bl. 90 d.A.), vom 30. Mai 2011 (Bl. 91 d.A.), vom 27. Juni 2011 (Bl. 95 d.A.), vom 29. Juni 2011 20:26 Uhr (Bl. 96 d.A.), vom 29. Juni 2011 20:33 Uhr (Bl. 97 d.A.), vom 29. Juni 2011 20:35 Uhr, (Bl. 98 d.A.), vom 05. Juli 2011 (Bl. 101 d.A.) und vom 11. Juli 2011 (Bl. 102 d.A.) diese außerhalb des Buchungsrahmens Montag bis Freitag 6:30 Uhr bis 20:00 Uhr gelesen und damit Arbeitsleistung außerhalb der Arbeitszeit ohne Zustimmung des Betriebsrats erbracht haben.

Soweit die Zeugen angaben, als leitende Angestellte nicht dem persönlichen Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung zu unterfallen (Elke K.-K., Sascha M., Nicole H., Annette V., Uwe K., Roger V., Klaus P., Michael N., Peter K., Paulo I., Annegret P.), bzw. als Mitarbeiter anderer Betriebe dem betrieblichen Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung nicht zu unterfallen (Joachim St., Arno Sch., Nicole H., Uwe K., Wolfgang E., Hans-Herrmann K.), hat der darlegungs– und beweisbelastete Betriebsrat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben würde, dass diese entgegen ihren Angaben doch dem Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung unterfielen.

Im Übrigen haben die angehörten Zeugen an die konkreten E-Mails und den Zeitpunkt, zu dem sie diese gelesen haben, nachvollziehbar keine Erinnerung mehr gehabt.

Auf die Frage, wie sie üblicherweise verfahren, wenn sie außerhalb der Arbeitszeit dienstliche E-Mails erhalten, haben die Zeugen Anke M., Guido F., Michael H., Wolfgang G., Raimo D., Brigitte S., Matthias Sch. und Maximilian Sch. geantwortet, dass sie „üblicherweise“, „in der Regel“ dienstliche E-Mails außerhalb der Arbeitszeit nicht beantworten, um eine solche Uhrzeit nicht mehr lesen, diese erst am folgenden Arbeitstag lesen bzw. bearbeiten bzw. außerhalb der Arbeitszeit ihr Postfach nicht überprüfen. Diese von den Zeugen gemachten, von der Fragestellung des Gerichts zudem vorgegebenen Einschränkungen rechtfertigen es nicht, den Inhalt der von den Zeugen gemachten Angaben in Zweifel zu ziehen. Auf jeden Fall kann hieraus nicht, wie für eine Beweisführung durch den Betriebsrat erforderlich, auf das Gegenteil geschlossen werden.

Die Zeugen Manfred U., Florian R., Sandra S., Mehmet Ö., Gabriele R. und Silke B. waren sich sogar sicher, dass sie spät erhaltene E-Mails erst am nächsten Arbeitstag lesen.

Soweit der Zeuge Dieter K. angab, wenn er den Eingang bemerke, würde er die E-Mail vermutlich lesen, der Zeuge Harald M. angab, dass er im Einzelfall die Betreffzeile lese und entscheide, ob er die E-Mail öffne, was jedoch sehr selten geschehe, der Zeuge Günter Sch. ausführte nicht ausschließen zu können, dass er nach eigenem Ermessen Einblick nehme, der Zeuge Josef A. ausführte, dass er in besonderen Situationen auch E-Mails außerhalb der Arbeitszeit herunterlade, der Zeuge Maximilian Sch. angab, dass er ausnahmsweise aus Neugier auch mal außerhalb der Arbeitszeit sein Postfach überprüfe, reichen diese Angaben nicht aus, einen konkreten Verstoß anzunehmen. Denn mangels Angabe von Datum und Uhrzeit ist für die Arbeitgeberin nicht zu ermitteln, ob ein in der Betriebsvereinbarung geregelter Ausnahmefall vorlag oder nicht, der von den Zeugen eingeräumte Sachverhalt also für die Arbeitgeberin nicht einlassungsfähig ist.

Nach alledem hat die durchgeführte Beweisaufnahme keinen Beweis für die von dem Betriebsrat behaupteten Verstöße gegen die Betriebsvereinbarung Arbeitszeit durch Lesen der E-Mails außerhalb des Buchungsrahmens erbringen können.

Demzufolge war auf die Beschwerde der Arbeitgeberin der Beschluss erster Instanz abzuändern und die Anträge des Betriebsrats zurückzuweisen.

III.

Gegen diese Entscheidung war die Rechtsbeschwerde aufgrund grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 92 Abs. 1 i.V.m. § 72 Abs. 2 ArbGG für den Betriebsrat zuzulassen.



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