Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg

Urteil vom - Az: 20 Sa 87/11

Betriebsübergang im Sicherheits- und Bewachungsgewerbe durch Übernahme eines speziellen Sicherheitssystems

Betriebe im Sicherheits- und Bewachungsgewerbe gelten grundsätzlich als betriebsmittelarme Betriebe, sodass ein Betriebsübergang (§613a BGB) die Übernahme des Personals oder zumindest eines Teils des Personals erfordert (vgl. BAG 25. September 2008 - 8 AZR 607/07).
Bei der Neuvergabe eines Sicherheits- und Bewachungsauftrages kann jedoch ausnahmsweise auch dann ein Betriebsübergang vorliegen, wenn das Personal nicht übernommen wird.
Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung kann nämlich ein ausschlaggebendes Kriterium sein, dass der bisherige Auftragnehmer ein speziell für die Bedürfnisse des Auftraggebers entwickeltes DV-Sicherheitssystem eingesetzt hat, dieses System unverzichtbare Voraussetzung für die effiziente Wahrnehmung des Auftrags ist und der neue Auftragsnehmer dieses DV-System weiterhin verwendet (Abgrenzung gegenüber BAG 25. September 2008 - 8 AZR 607/07).

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers und der Streithelferin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 18.10.2011 - 11 Ca 9907/10 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen der Streithelferin und dem Kläger bestandene Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 01.01.2011 mit der Beklagten fortbesteht.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss zu den bis zum 31.12.2010 bei der Streithelferin geltenden Arbeitsbedingungen als Mitarbeiter im Security Operating Center (SOC) bzw. in der Betriebs- und Objektschutzabteilung bei der A.-L. D. AG am Standort L.str. 10, ... S. weiter zu beschäftigen.

3. Die Klage wird hinsichtlich des Berufungsantrags Ziff. 1. b) des Klägers abgewiesen.

II. Die Berufung wird hinsichtlich des Berufungsantrags Ziff. 1. b) des Klägers zurückgewiesen.

III. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

IV. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Parteien ist im Streit, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Streithelferin auf die Beklagte im Wege des Betriebsübergangs übergegangen und der Kläger hierüber ordnungsgemäß informiert worden ist. Außerdem streiten die Parteien über Ansprüche des Klägers auf Weiterbeschäftigung und Vergütung.

Der Kläger ist Jahrgang 1960, verheiratet und trat zum 02.04.1984 zunächst als Pförtner, später als Mitarbeiter der Wachabteilung, die der Betriebs- und Objektschutzabteilung zugerechnet wurde, in die Dienste der Rechtsvorgänger der A.-L. D. AG (nachfolgend A.) ein. Zum 1. Juli 2005 bezog der Kläger ein monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von 5.771,60 EUR brutto einschließlich vermögenswirksamer Leistungen. Sein durchschnittliches Monatsentgelt im Jahre 2010 belief sich auf ca. 5.100,00 EUR brutto.

Im Jahre 2004 entschloss sich A. zur Fremdvergabe von Dienstleistungen in den Bereichen Betriebsschutz, Betriebsfeuerwehr und Sicherheitssysteme für Betriebsschutz und Betriebsfeuerwehr. Hierüber schloss sie am 22.12.2004 mit der Streithelferin einen Dienstleistungsvertrag mit diversen Anlagen, insbesondere Arbeitsanweisungen (Anl. S 3), eine Vereinbarung über die Einräumung von Rechnernutzung (Anl. S 4) und einen Kaufvertrag (Anl. S 5), der u. a. die Anstellungsverhältnisse der in den Bereichen beschäftigten 34 Mitarbeiter zum Gegenstand hatte. Ferner vereinbarte A. mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat am 17.12.2004 einen Interessenausgleich (Anl. S 6) zur Restrukturierung des Bereiches Standortdienste. Danach sollten die Funktionen als Einzelrechtsübertragung im Sinne des § 613 a BGB übertragen werden. Die übernommenen Arbeitskräfte sollten für 12 Monate 100 % und alsdann für 24 Monate mindestens 80 % ihrer früheren Bezüge erhalten. Der Interessenausgleich sollte als ergänzende Vereinbarung zum Kaufvertrag vom 22.12.2004 gelten (Anl. S 7). Die betroffenen Arbeitskräfte wurden entsprechend der Anl. S 9 über einen zum 01.07.2005 stattfindenden Betriebsübergang informiert. Der Kläger hat dem - wie fast alle seiner Kollegen - nicht widersprochen. Im Dezember 2005 schlossen die Streithelferin und A. eine Ergänzungsvereinbarung zum Dienstleistungsvertrag betreffend die Betriebsfeuerwehr (Anl. S 10). Im April 2008 schlossen sie einen neuen Dienstleistungsvertrag (Anl. S 11) für die Zeit bis zum 30.06.2010, welcher nachfolgend bis zum 31.12.2010 verlängert wurde. Der abwehrende Brandschutz war nicht mehr Gegenstand des Dienstleistungsvertrages. Im Übrigen verblieb es bei der Übertragung der Funktionen Betriebsschutz und Objektleitung, Security Operating Center/Leitstelle (SOC) Besucherempfang, Ausweismanagement, Parkplatzverwaltung und Schließsysteme, vorbeugender Brandschutz, Sicherheitssysteme für Betriebsschutz und Betriebsfeuerwehr, Streifen- und Kontrolldienst. Wegen der Einzelheiten insbesondere der Leistungsbeschreibung wird auf die Anl. S 12 ff. Bezug genommen. Wegen der Organisation des Betriebsschutzes wird auf die Anl. S 18 Bezug genommen. In den drei Funktionsbereichen waren noch 25 Arbeitskräfte tätig.

A. reduzierte wohl im Jahre 2005 die auf dem Betriebsgelände genutzten Räumlichkeiten um ca. zwei Drittel (Lageplan = Anl. S 14). Die Mitarbeiter im SOC überwachen das Gelände an computergestützten Arbeitsplätzen des umfassenden Sicherheits- und Brandschutzsystems, bei welchem u. a. zum Einsatz kommen:

Seit dem 14.09.2006 ein zentrales Alarmmanagementsystem BIS (Building Integration System), das als marktgängiges System von der Firma B. erworben wurde. Es dient der Zustandsüberwachung und Meldungsbearbeitung von ca. 7.500 aufgeschalteten Adressen aus den Bereichen Brand, Einbruch, Notruf, Videosensoren, Zaunsensoren, Haustechnik, Gebäudeleittechnik sowie Steuerung von Türen, Toren, Schranken, Drehkreuze und Videosprechstellen. Das System wurde von der für die Funktion Sicherheitssysteme Betriebsschutz zuständigen Arbeitskraft R. permanent weiterentwickelt und den Bedürfnissen von A. angepasst, wobei der Arbeitsaufwand hierfür zwischen den Parteien streitig ist. Die Arbeitskraft R. erstellte eine detaillierte Bedieneranleitung (Anl. K 9). Eingesetzt wurde ferner ein zu dem System BIS entwickeltes „BS-Infosystem“ zur Dokumentation von Meldungen und zur Erstellung von Statistiken, welches von der Arbeitskraft G. permanent weiterentwickelt wurde.

Eingesetzt wurden ferner die auf dem Betriebsgelände installierten Brandmelde-, Sprinkler-, Stör-, Fluchttürsteuer- und Löschanlage sowie Einbruch-, Überfall-, Zutrittskontroll-, Rundspruch-, Gegensprech- und Videoüberwachungsanlagen. Wegen der Systeme und Geräte der Leitstelle wird auf die Anl. S 25 verwiesen. Die Systeme werden nach der Leistungsbeschreibung zum Dienstleistungsvertrag vom April 2008 (Anl. S 12) einschließlich vorbeugender Brandschutz von zwei Mitarbeitern betreut (R., K.). Wegen deren Aufgaben wird auf die S. 9 ff. bzw. 23 ff. der Anl. S 12 Bezug genommen. Zu den Aufgaben der Mitarbeiter der Leitstelle gehört es im Übrigen, auf eingehende Alarme/Meldungen zu reagieren und sich ggf. vor Ort zu begeben. Der weiteren Aufgaben wegen wird auf die S. 5 der Anl. S 12 Bezug genommen.

Die Aufgabenschwerpunkte im Besucherempfang bestehen im Empfang, Anmeldung und Weiterleitung von Besuchern, der Erfassung derselben, der Ausgabe von Ausweiskarten u. ä.. Der Einzelheiten wegen wird auf die S. 6 der Anl. S 12 verwiesen. Die Aufgabenschwerpunkte der Funktion Ausweismanagement, Parkplatzverwaltung und Schließsysteme bestehen in der Erstellung, Ausgabe, Rücknahme und Verwaltung von Firmenausweisen, der Datenpflege der elektronischen Zutrittskontrolle, der Planung und Verwaltung der mechanischen und elektronischen Schließsysteme usw.. Der Einzelheiten wegen wird auf die S. 8 der Anl. S 12 Bezug genommen.

Zur Ausführung des Dienstleistungsvertrages erließ die Streithelferin zahlreiche Dienstanweisungen, wie insbesondere das Objekthandbuch „Betriebsschutz“ (Anl. K 11), welches die Aufgaben im Einzelnen beschreibt. Zur Anwendung kamen ferner ca. 70 Arbeitsanweisungen (Anl. K 12), die Verfahrensbeschreibungen und Verhaltensregeln für sämtliche Aufgaben und Vorkommnisse enthalten.

Am 23.05.2007 vereinbarte der Kläger mit der Streithelferin in einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Stuttgart (20 Ca 1535/06) die statische Anwendbarkeit der Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden und die Fortgeltung des zum 01.07.2005 bestehenden Vergütungsanspruchs (II. 1., 2. e des Vergleichs). Für die Zeit, in der das Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Streithelferin als Arbeitgeberin besteht, sollte die Vergütung vom 01.07.2006 bis 30.06.2008 auf 90 v. H. und ab 01.07.2008 auf 80 v. H. abgesenkt werden (III. 1. des Vergleichs).

Im April 2010 führte A. eine Ausschreibung für Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen für drei Standorte durch (Anl. S 19). Die Funktionsbeschreibung (Anforderungsprofile/Aufgabenschwerpunkte) ergibt sich aus der Anl. S 20. Sie entspricht in weiten Teilen der Funktionsbeschreibung nach der Anl. S 12 aus dem Jahre 2008. Am 12./22.11.2010 schlossen A. und die Beklagte einen Vertrag über die Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen (Anl. zum Schriftsatz der Beklagten vom 24.02.2012). Nach dessen Ziff. 1.1 ist die Beklagte mit der Erbringung von Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen im Rahmen des Betriebsschutzes, des Brandschutzes und der Sicherheitssysteme für den Betriebsschutz und Brandschutz zum 01.01.2011 (Anl. 1.1) beauftragt. Dem Vertrag sind zahlreiche in Ziff. 12.1 des Vertrags aufgelistete Anlagen als Vertragsbestandteil beigefügt, beispielsweise zur Einräumung von Rechnernutzung (Anl. 1.5), zum Datenschutz (Anl. 1.6), zur Anforderung und Funktionsbeschreibung/Aufgabenschwerpunkte Objektleiter SOC, Besucherempfang/Rezeption/Pforte, Ausweismanagement, Parkplatzverwaltung und Schließsysteme, vorbeugender Brandschutz, Streifen- und Kontrolldienst (Anl. 3.2.a) zur Besetzung (Anl. 3.2.b), zur Ausstattung des Einsatzfahrzeuges (Anl. 3.2.c), zu den gestellten Betriebsmitteln (Anl. 3.2.d). Nach der Anl. 3.2.d sind u. a. zur Verfügung gestellt: Software auf den PC’s (Standard: z. B. MS Office, Mailsystem; spezielle Software Ausweiskontrollsystem, BIS, BS-Info). Zwischen den Parteien ist im Streit, ob die Funktion „Sicherheitssysteme“ tatsächlich Gegenstand des Dienstleistungsvertrages ist oder an die Firma B. vergeben wurde. Zwischen den Parteien ist streitig, ob das System BS-Info tatsächlich von der Beklagten weiter genutzt wurde. Dasselbe gilt in Bezug auf weitere Unterlagen wie das Objekthandbuch und Arbeitsanweisungen. Die Beklagte übernahm keine der zuletzt von der Streithelferin eingesetzten 21 Arbeitskräfte, sondern setzte 14,5 anderweitig gewonnene Arbeitskräfte ein.

Nach dem erfolglosen Versuch einer Abstimmung mit der Muttergesellschaft der Beklagten informierte die Streithelferin die betroffenen Arbeitskräfte über einen bevorstehenden Betriebsübergang mit Schreiben vom 07.12.2010 (Anl. K 2) und erteilte alsdann allen Arbeitskräften Arbeitszeugnisse zum 31.12.2010 (Anl. K 8).

Mit der am 20.12.2010 bei Gericht eingegangenen Klage und Streitverkündung und der nachfolgenden Klageerweiterung begehrt der Kläger insbesondere die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten fortbesteht, seine Weiterbeschäftigung sowie die Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges.

Er hat vorgetragen und die Ansicht vertreten, die bis zum 31.12.2010 bei der Streithelferin bestehende wirtschaftliche Teileinheit Betriebsschutz, Betriebsfeuerwehr sowie Sicherheitssysteme Betriebsschutz und Betriebsfeuerwehr bei der Firma A. sei zum 01.01.2011 auf die Beklagte übergegangen; diese habe durch Rechtsgeschäft unter Wahrung der Identität einen Betriebsteil übernommen. Ein Fall der bloßen Funktionsnachfolge liege nicht vor. Der Betriebsschutz sei vielmehr stark durch die nach wie vor eingesetzten Betriebsmittel geprägt, insbesondere durch das Alarmmanagementsystem BIS, das in der eingesetzten Form auf dem freien Markt nicht erhältlich sei. Ohne die eingesetzten Systeme und Geräte sowie das durch Anleitungen und Handbücher und Dienstanweisungen vermittelte Know How seien die Dienstleistungsaufgaben nach der Ausschreibung vom April 2010 bzw. dem Vertrag vom November 2010 nicht zu erfüllen. Die menschliche Arbeitskraft trete bei wertender Betrachtung in den Hintergrund. Es komme nicht darauf an, dass die Beklagte keine Arbeitnehmer der Streithelferin übernommen habe. Die von der Beklagten behaupteten und bestrittenen Änderungen in der Dienstleistung seien unerheblich. Das Informationsschreiben der Streithelferin vom 07.12.2010 genüge den Anforderungen des Gesetzes nicht. Die Beklagte schulde die unveränderte Weiterbeschäftigung und Vergütung ab dem 01.01.2011 aus Annahmeverzug in Höhe der Bezüge bei A. vor dem 01.07.2005. Das ergebe sich aus dem Vergleich vom 23.05.2007, der nur die Streithelferin, nicht aber die Beklagte begünstige.

Die Streithelferin ist dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 30.12.2010 auf Seiten des Klägers beigetreten. Sie hat vorgetragen und die Ansicht vertreten, die Beklagte habe den Betriebsschutz bei der A. im Wesentlichen unverändert übernommen. Das ergebe sich bereits aus der Ausschreibung insbesondere in Bezug auf Brandschutz, Schlüsselverwaltung, Parkplatzverwaltung und Ausweisverwaltung. Aber auch im Übrigen seien keine wesentlichen Änderungen festzustellen. A. habe sämtliche technischen Anlagen und Systeme sowohl der Streithelferin als auch der Beklagten zur Verfügung gestellt, die zur Erfüllung des Dienstleistungsauftrags erforderlich seien. Die übergegangenen Betriebsmittel seien prägend für die Tätigkeit der Arbeitskräfte. Bei der Ausführung des Auftrags seien die vorgegebenen Arbeitsanweisungen zu beachten. Zum 01.01.2011 habe die Beklagte über sämtliche Unterlagen und sonstige Informationen wie Software und über alle Systeme sowie die wesentlichen sächlichen Betriebsmittel verfügen können.

Der Kläger hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen der Streitverkündeten und dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 01.01.2011 gem. § 613 a BGB auf die Beklagte übergegangen ist und die Beklagte damit in die Rechte und Pflichten des im Zeitpunkt des Übergangs zwischen dem Kläger und der Streitverkündeten bestehende Arbeitsverhältnis eingetreten ist.

2. Es wird festgestellt, dass das schriftliche Informationsschreiben der Streitverkündeten vom 07.12.2010 zum Betriebsübergang des Klägers auf die Beklagte nicht den Anforderungen des § 613 a Abs. 5 BGB entspricht und deshalb die Widerspruchsfrist des Klägers nach § 613 a Abs. 6 BGB noch nicht zu Laufen begonnen hat.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den bis zum 31.12.2010 bei der Streitverkündeten geltenden Arbeitsbedingungen als Mitarbeiter im Security Operating Center (SOC) bzw. in der Betriebs- und Objektschutz-Leitstelle bei der A.-L. D. AG am Standort L.straße 10, ... S. weiter zu beschäftigen, insbesondere zu den Bedingungen des zwischen dem Kläger und der Streitverkündeten vor dem Arbeitsgericht Stuttgart - Kammern Ludwigsburg -, Az.: 20 Ca 1535/06 geschlossenen gerichtlichen Vergleichs vom 23.05.2007.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Gehalt für den Monat Januar 2011 5.771,60 EUR brutto zu bezahlen, abzüglich der von der Agentur für Arbeit am 31.01.2011 gezahlten 1.939,20 EUR netto, zuzüglich Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Differenzbetrag seit dem 31.01.2011.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Gehalt für den Monat Februar 2011 5.771,60 EUR brutto zu bezahlen, abzüglich der von der Agentur für Arbeit am 28.02.2011 gezahlten 1.939,20 EUR netto, zuzüglich Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Differenzbetrag seit dem 28.02.2011.

6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Gehalt für den Monat März 2011 5.771,60 EUR brutto zu bezahlen, abzüglich der von der Agentur für Arbeit am 31.03.2011 gezahlten 1.939,20 EUR netto, zuzüglich Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Differenzbetrag seit dem 31.03.2011.

7. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Gehalt für den Monat April 2011 5.771,60 EUR brutto zu bezahlen, abzüglich der von der Agentur für Arbeit am 29.04.2011 gezahlten 1.939,20 EUR netto, zuzüglich Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Differenzbetrag seit dem 29.04.2011.

Die Streithelferin hat in erster Instanz keine Anträge gestellt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen und die Ansicht vertreten, es sei zum 01.01.2011 nicht zu einem Betriebsübergang gekommen. Es liege schon keine übernahmefähige organisatorische Einheit in den Funktionen des Betriebsschutzes vor. Sie habe lediglich eine Funktionsnachfolge angetreten. Der Dienstleistungsvertrag beziehe sich auf Bewachungsaufgaben. Im Vordergrund stehe die menschliche Arbeitskraft, insbesondere das Eingreifen bei Störungen und der Schutz von Gebäuden, Arbeitsergebnissen und Personen gegen unerlaubte Handlungen. Die übernommenen Gegenstände wie PC-, Telefax- und Telefonanlage, Software, Funkanlage, Kameras, Erste-Hilfe-Einrichtungen usw. seien als untergeordnete Hilfsmittel ohne identitätsprägenden Charakter anzusehen. Dasselbe gelte für das System BIS, das frei am Markt erhältlich und bundesweit hundertfach verkauft worden sei. Außerdem würden die Dienstleistungen in erheblich geändertem Umfang erbracht. Sie verwende nicht das von der Streithelferin entwickelte BS-Info-System, sondern ein System SOC-Tool. Sie habe auch keine Fahrzeuge übernommen. In nahezu allen Bereichen werde in einem reduzierten Zeitumfang gearbeitet. A. habe die Betreuung der Sprinkleranlage und die Betreuung der Sicherheitssysteme Betriebsschutz auf externe Dienstleister übertragen. Es werde zu veränderten Stundensätzen abgerechnet. Die Beklagte hat die geltend gemachte Vergütung nach Grund und Höhe bestritten.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.10.2011 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Art der Tätigkeit sei im Wesentlichen ohne zeitliche Unterbrechung gleich geblieben und die Kundschaft (A.) sei auf die Beklagte übergegangen. Diese habe aber weder identitätsprägende sächliche Betriebsmittel noch Teile des Personals übernommen. Letzteres sei aber erforderlich, da es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankomme. Das gelte insbesondere für die Funktionsbereiche Streifen- und Kontrolldienst, Objektleiter, vorbeugender Brandschutz und Sicherheitssysteme. Die sächlichen Betriebsmittel würden nur Hilfsmittel darstellen. Auch die Aufgabenschwerpunkte der Funktion SOC seien insoweit von der menschlichen Arbeitskraft geprägt, als Überwachungstätigkeiten, Schließdienste, Alarmintervention und Hilfeleistung im Rahmen von Notfällen erbracht würden. Bei wertender Betrachtung stünden die von der menschlichen Arbeitskraft geprägten Anteile am Funktionszusammenhang im Vordergrund. Dasselbe gelte für den Funktionsbereich Sicherheitssysteme, wobei im Wesentlichen nicht mit denselben, sondern an denselben gearbeitet wurde. Ansprüche auf Weiterbeschäftigung oder Vergütung würden ausscheiden, nachdem kein Betriebsübergang gegeben sei auch der Antrag Ziffer 2 sei ohne Erfolg.

Gegen das ihnen am 02.11.2011 zugestellte Urteil haben der Kläger und die Streithelferin am 22.11.2011 bzw. am 02.12.2011 Berufung eingelegt und diese am 30.12.2011 bzw. am 27.01.2012 nach antragsgemäßer Verlängerung begründet.

Der Kläger trägt vor und vertritt die Ansicht, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass der Betriebsteil im Wesentlichen von den übergegangenen Betriebsmitteln geprägt sei und die menschliche Arbeitskraft in den Hintergrund trete. Das Arbeitsgericht habe ohne hinreichende Begründung die Betriebsmittel und die einzelnen Funktionen zergliedert und insbesondere das zentrale System BIS als untergeordnetes Hilfsmittel bewertet. Unzutreffenderweise habe es auf die menschliche Arbeitskraft abgehoben, auf die es vorliegend im Gegensatz zu anderen Entscheidungen zum Bewachungsgewerbe nicht ankomme. Das folge bereits daraus, dass die Beklagte keine einzige Arbeitskraft habe übernehmen müssen, um den Auftrag nahtlos fortzuführen. Das angefochtene Urteil lasse eine Gesamtabwägung vermissen und habe einzelne Merkmale des von der Rechtsprechung entwickelten „Sieben-Punkte-Katalogs“ nicht berücksichtigt, insbesondere den Wert und die Relevanz der übernommenen immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation. Der Kläger hält den vorliegenden Fall für vergleichbar mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Juni 2006 (- 8 AZR 271/05 - Flughafenkontrolle). Aus dem Vorliegen eines Betriebsübergangs folge der Anspruch des Klägers auf tatsächliche Beschäftigung bis zur Rechtskraft der Entscheidung und der Anspruch auf Vergütung entsprechend den zum 01.07.2005 geltenden Bedingungen. Festzustellen sei, dass das Schreiben der Streithelferin vom 07.12.2010 die Frist zum Widerspruch gegen den Betriebsübergang nicht in Lauf gesetzt habe und auch keine Verwirkung eingetreten sei. Der Sache nach gehe es um die Feststellung des Widerspruchsrechts. Der Kläger tritt der Behauptung der Beklagten entgegen, die Funktion Sicherheitssysteme sei von A. auf externe Dienstleister vergeben. Die Funktion sei Teil der Ausschreibung vom April 2010 und Teil des Vertrages vom November 2010 gewesen. Soweit die Beklagte auf die Personalentwicklung verweise und dem Stand Januar 2011 mit 14,5 Arbeitskräften den Stand Juli 2005 mit 31 (nicht 38) Arbeitskräften gegenüberstelle, so sei dies unerheblich. Entscheidend sei der Personalstand Dezember 2010 von 21 bzw. 18 Arbeitskräften. Nach wie vor geht der Kläger davon aus, die Beklagte habe zum 01.01.2011 auch das System BS-Info genutzt, dessen Überlassung ebenfalls Gegenstand des Vertrages vom November 2010 gewesen sei. Auch im Übrigen habe die Beklagte auf das umfassende Know How zurückgreifen können, welches sich in den Arbeitsanweisungen und dem Handbuch sowie in Schulungsunterlagen wiederfinde. Der Kläger wiederholt, ergänzt und vertieft sein Vorbringen erster Instanz, insbesondere zu den Tätigkeiten der Mitarbeiter des SOC an den dortigen Arbeitsplätzen.

Die Streithelferin ist ebenfalls der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die Bedeutung der Betriebsmittel insbesondere des Systems BIS verkannt und sei im Rahmen der nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des EuGH vorzunehmenden Prüfung des Sieben-Punkte-Kataloges mit abschließender Gesamtbewertung zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, es liege kein Betriebsübergang vor. Die Streithelferin verweist zur Bedeutung der Betriebsmittel auf die von ihr entwickelten Softwaremodule und deren Funktionen im Einzelnen, die eine zentrale Überwachung und Steuerung einzelner Funktionen ermöglichen. Aus Versicherungsgründen seien auch DIN-Normen zu beachten, namentlich die DIN-Norm EN 50518-1, -2 und -3, die die örtlichen und baulichen und technischen Anforderungen sowie die Abläufe und Anforderungen an den Betrieb regeln. Zwar hätte die menschliche Arbeitskraft bei den einzelnen Funktionen, die Gegenstand des Dienstleistungsvertrages seien, unterschiedliches Gewicht; bei wertender Gesamtbetrachtung gerate die menschliche Arbeitskraft jedoch in den Hintergrund und die Bedeutung der technischen Systeme in den Vordergrund. Von einem Bewachungsauftrag im klassischen Sinne, der Gegenstand früherer Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts beispielsweise vom 22. Januar 1998 (- 8 AZR 775/96 -) gewesen sei, könne vorliegend keine Rede mehr sein, zumal seinerzeit das Bundesarbeitsgericht noch stark auf das zwischenzeitlich überholte Merkmal der Eigenwirtschaftlichkeit abgehoben habe.

Der Kläger beantragt:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 18.10.2011, Az.: 11 Ca 9907/10 wie folgt abgeändert:

a) Es wird festgestellt, dass das zwischen der Streithelferin und dem Kläger bestandene Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 01.01.2011 mit der Beklagten fortbesteht.

b) Es wird festgestellt, dass weder das Schreiben der Streithelferin vom 07.12.2010 die Frist für den Kläger zum schriftlichen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses nach § 613 a Abs. 6 BGB in Lauf gesetzt hat, noch eine Verwirkung des Widerspruchsrechts des Klägers bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss eintritt.

c) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss zu den bis zum 31.12.2010 bei der Streithelferin geltenden Arbeitsbedingungen als Mitarbeiter im Security Operating Center (SOC) bzw. in der Betriebs- und Objektschutzabteilung bei der A.-L. D. AG am Standort L.str. 10, ... S. weiterzubeschäftigen.

d) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Gehalt für den Monat Januar 2011 Euro 5.771,60 brutto zu bezahlen, abzüglich der von der Agentur für Arbeit am 31.01.2011 gezahlten Euro 1.939,20 netto, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Differenzbetrag seit dem 31.01.2011.

e) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Gehalt für den Monat Februar 2011 Euro 5.771,60 brutto zu bezahlen, abzüglich der von der Agentur für Arbeit am 28.02.2011 gezahlten Euro 1.939,20 netto, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Differenzbetrag seit dem 28.02.2011.

f) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Gehalt für den Monat März 2011 Euro 5.771,60 brutto zu bezahlen, abzüglich der von der Agentur für Arbeit am 31.03.2011 gezahlten Euro 1.939,20 netto, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Differenzbetrag seit dem 31.03.2011.

g) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Gehalt für den Monat April 2011 Euro 5.771,60 brutto zu bezahlen, abzüglich der von der Agentur für Arbeit am 29.04.2011 gezahlten Euro 1.939,20 netto, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Differenzbetrag seit dem 29.04.2011.

Die Streithelferin beantragt,

1. Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart, AZ: 11 Ca 9907/10 vom 18.10.2011 wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Wirkung ab dem 01.01.2011 gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte übergangen ist und die Beklagte in die Rechte und Pflichten des zum Zeitpunkt des Übergangs zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis eingetreten ist.

2. Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart AZ: 11 Ca 9907/10 vom 18.10.2011 wird die Beklagte verurteilt, den Kläger zu den bis zum 31.12.2010 geltenden Arbeitsbedingungen als Mitarbeiter im Bereich Sicherheitssysteme, Betriebsschutz und Betriebsfeuerwehr in der Betriebs- und Objektschutzabteilung weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie wiederholt, ergänzt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen. Sie trägt vor und vertritt die Ansicht, das Arbeitsgericht habe richtigerweise nur eine Funktionsnachfolge und keinen Betriebsübergang angenommen. Das entspreche der zutreffenden Rechtsprechung zu Dienstleistungsverträgen im Bereich der Reinigung, der Bewachung und des Facility Managements. Die Beklagte beruft sich insbesondere auf die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 25. September 2008 (- 8 AZR 607/07 - Truppenübungsplatz) und vom 15. Dezember 2011 (- 8 AZR 197/11 - Logistikzentrum). Vorliegend sei von einem typischen Bewachungsauftrag auszugehen, bei dem die menschliche Arbeitskraft im Vordergrund stehe. Die Dienstleistungsaufgabe sei nicht von den Betriebsmitteln geprägt, die die Beklagte übernommen habe. Im Übrigen erfülle die Beklagte seit Januar 2011 nur in erheblich geänderten und insbesondere eingeschränktem Umfang gegenüber der Auftragsvergabe zum 01.07.2005 einen Dienstleistungsvertrag. Das ergebe sich aus dem erheblich reduzierten Personalstand von ehemals 38 zu nunmehr lediglich 14,5 Arbeitskräften. Die Funktion des abwehrenden Brandschutzes (ehemals Betriebsfeuerwehr) habe die Beklagte nicht übernommen. Sie werde durch die städtische Feuerwehr erfüllt. Die Betreuung der Sprinkleranlage (Sicherheitssysteme Betriebsfeuerwehr) habe der Grundstücksvermieter auf die Firma F. übertragen. Die Betreuung des Systems BIS (Sicherheitssysteme für Betriebsschutz) habe die Firma B. direkt von der Firma A. übernommen. Das System BS-Info komme nicht zum Einsatz, sondern das eigene System SOC-Tool. Auch die Tätigkeiten im SOC seien in starkem Maße von der menschlichen Arbeitskraft geprägt, beispielsweise der damit verbundene Streifendienst, den sämtliche Arbeitskräfte im SOC auch verrichten würden. So würden bei Streifengängen Fenster und Türen geschlossen und Lichter gelöscht. Zahlreiche Notrufe und Erste-Hilfe-Anforderungen seien unabhängig von dem System BIS zu bearbeiten. Es habe auch kein Know-How-Transfer stattgefunden. Die Mitarbeiter der Beklagten würden keine Handbücher und dergleichen der Streithelferin nutzen. Die Bedieneranleitung für das System BIS stamme von der Firma B., wie auch die Betriebsanweisung. Im Übrigen seien Vorgaben des Kunden zu beachten. Die Regelungen der DIN-Normen fänden keine Anwendung.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze, die bezeichneten Anlagen sowie auf die Protokolle über die mündlichen Verhandlungen verwiesen, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

Entscheidungsgründe

A. Die Berufungen des Klägers und der Streithelferin sind statthaft nach § 64 Abs. 2 b und c ArbGG. Sie sind auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519 Abs. 1, 520 ZPO. Über das Rechtsmittel der Berufung ist einheitlich zu entscheiden (BGH 24. Januar 2006 - VI ZB 49/05 - NJW-RR 2006, 644).

B. Die Berufung des Klägers und der Streithelferin ist begründet hinsichtlich des Antrags auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses. Denn es hat zum 01.01.2011 ein Betriebsübergang von der Streithelferin auf die Beklagte stattgefunden, von welchem das Arbeitsverhältnis des Klägers erfasst ist (I.). Der Kläger hat auch Anspruch darauf, von der Beklagten bis zum rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Rechtsstreits weiterbeschäftigt zu werden (II.). Die Berufung ist aber unbegründet, soweit sie sich auf die Feststellung richtet, das Informationsschreiben vom 07.12.2010 setzte die Frist zum Widerspruch gegen den Betriebsübergang nicht in Lauf und Verwirkung sei nicht eingetreten; insofern ist bereits die Klage unzulässig, weil kein Feststellungsinteresse besteht (III.). Ob dem Kläger ab Januar 2011 bis einschließlich April 2011 Vergütung aus Annahmeverzug in der beanspruchten Höhe gegen die Beklagte zusteht, war derzeit nicht zu entscheiden. Insoweit hat die Kammer die Verhandlung und Entscheidung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits über den Feststellungsantrag gerichtet auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses durch Beschluss vom 17.10.2012 ausgesetzt, § 148 ZPO und im Übrigen durch Teilurteil entschieden, § 301 ZPO.

I. Die Berufung des Klägers und der Streithelferin ist begründet, soweit die Feststellung begehrt wird, das zwischen ihnen bestandene Arbeitsverhältnis bestehe mit Wirkung zum 01.01.2011 mit der Beklagten fort.

1. Der Kläger hat erstinstanzlich den Antrag gestellt, den die Streithelferin auch im Berufungsverfahren gestellt hat, dass nämlich der Übergang des Arbeitsverhältnisses und der Eintritt der Beklagten in die Rechte und Pflichten des bis dahin bestandenen Arbeitsverhältnisses festgestellt werden möge. Der Kläger hat den Berufungsantrag Ziff. 1 a) sprachlich angepasst im Sinne des § 256 ZPO. Jedenfalls nunmehr richtet er sich auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses ab einem bestimmten Zeitpunkt, was ohne Weiteres zulässig ist, weil der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien streitig ist. Es ist im Interesse der Streithelferin nicht anzunehmen, dass sie davon Abweichendes festzustellen begehrt, insbesondere nicht in eventuell unzulässiger Weise die Klärung rechtlicher Vorfragen.

2. Das Arbeitsverhältnis zwischen der Streithelferin und des Klägers ist gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB zum 01.01.2011 auf die Beklagte übergegangen. Diese ist in die Rechte und Pflichten aus diesem Arbeitsverhältnis eingetreten.

a) Ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB setzt einen rechtgeschäftlichen Übergang auf einen anderen Inhaber voraus, wobei die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit erforderlich ist. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit übergegangen ist, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden.

aa) Dazu gehören als Teilaspekte der Gesamtwürdigung: Die Art des betreffenden Unternehmens oder Betriebs (1.), der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter (2.), der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs (3.), die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft (4.), der etwaige Übergang der Kundschaft (5.), der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten (6.) und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeit (7.). Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, den Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, den Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln ergeben. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (BAG 25. Juni 2009 - 8 AZR 258/08 -, NZA 2009, 1412; BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 397/07 -, NZA 2009, 4856; BAG 6. April 2006 - 8 AZR 222/04 - AP BGB § 613 a Nr. 299; BAG 13. Juni 2006 - 8 AZR 271/05 - AP BGB § 613 a Nr. 305).

bb) In Branchen in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Hingegen stellt die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen Auftragnehmer ebenso wenig einen Betriebsübergang dar, wie die reine Auftragsnachfolge. Der bloße Verlust eines Auftrags an einen Mitbewerber stellt daher für sich genommen auch keinen Übergang im Sinne der Richtlinie 2001/23/EG dar (ständige Rechtsprechung, BAG 25. Juni 2009 - 8 AZR 258/08 - AP BGB § 613 a Nr. 373; BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Juris, Rn. 40; BAG 28. Mai 2009 - 8 AZR 273/08 - AP BGB § 613 a Nr. 370; EuGH 11. März 1997 - C 13/95 - (Ayse Süzen) - AP EWG Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 14).

cc) In betriebsmittelgeprägten Betrieben kann ein Betriebsübergang auch ohne Übernahme von Personal vorliegen (EuGH 20. November 2003 - C 340/01 - (Carlito Abler) = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 34; BAG 23. September 2010 - 8 AZR 567/09 - AP BGB § 613 a Nr. 389; BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Juris Rn. 40). Der Umstand, dass die von dem neuen Unternehmer übernommenen Betriebsmittel nicht seinem Vorgänger gehörten, sondern vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt wurden, schließt den Betriebsübergang nicht aus. Auch ist im Fall einer Auftragsneuvergabe die Überlassung der Betriebsmittel zur eigenwirtschaftlichen Nutzung keine notwendige Voraussetzung für die Feststellung eines Betriebsübergangs vom ursprünglichen Auftragnehmer auf den neuen Auftragnehmer (EuGH 15. Dezember 2005 - C - 232/04 u. C - 233/04 - (Güney-Görres) = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 1; BAG 6. April 2006 - 8 AZR 222/04 - BAGE 117, 349). Sächliche Betriebsmittel sind im Rahmen einer Auftragsneuvergabe wesentlich, wenn bei wertender Betrachtungsweise ihr Einsatz den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhanges ausmacht (BAG 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - AP BGB § 613 a Nr. 320). Kriterien hierfür können sein, dass die Betriebsmittel unverzichtbar zur auftragsgemäßen Verrichtung der Tätigkeiten sind, auf dem freien Markt nicht erhältlich sind oder ihr Gebrauch vom Auftraggeber zwingend vorgeschrieben ist (BAG 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - aaO; 13. Juni 2006 - 8 AZR 271/05 - AP BGB § 613 a Nr. 305; BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Juris Rn. 40).

dd) Auch beim Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität wahrt. Daher muss eine Teileinheit des Betriebs auch bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben. Schon beim bisherigen Betriebsinhaber muss also eine selbständig abtrennbare, organisatorische Einheit gegeben sein, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wurde. Das Merkmal des Teilzwecks dient zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit; im Teilbetrieb müssen aber nicht andersartige Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden. Ergibt die Gesamtbetrachtung eine identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische Teileinheit, so muss diese beim Erwerber im Wesentlichen unverändert fortbestehen. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung können wesentliche Änderungen in der Organisation, der Struktur und im Konzept einer Identitätswahrung entgegenstehen. Allerdings muss der übertragene Unternehmens- oder Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeit beim Betriebserwerber nicht vollständig bewahren, es genügt, dass dieser die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehält und es ihm derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 327/09 - NZA 2011, 1162; 7. April 2011 - 8 AZR 730/09 - NZA 2011, 1231; EuGH 12. Februar 2009 - C - 466/07 (Klarenberg) SlG.2009, I - 803).

b) Daran gemessen hat zum 1. Januar 2011 ein Betriebsübergang auf die Beklagte durch den Abschluss des Dienstleistungsvertrages vom November 2010 stattgefunden, obwohl die Beklagte keine Mitarbeiter der Streithelferin übernommen hat.

aa) Die von der A. ausgegliederten Bereiche Betriebsschutz, Betriebsfeuerwehr und Sicherheitssysteme Betriebsschutz und Betriebsfeuerwehr, die auf die Streithelferin zum 1. Juli 2005 zur selbständigen Zweckverfolgung übertragen wurden, bilden eine im Sinne von § 613 a Abs. 1 BGB übergangsfähige Teileinheit. Der „Betriebsschutz“ war Gegenstand des Kaufvertrages vom 22. Dezember 2004 und des Interessenausgleichs vom 17. Dezember 2004. Er ist aus den betrieblichen Strukturen der A. hervorgegangen und wurde jedenfalls bei der Streithelferin zu einer organisatorischen Einheit zusammengefasst, um den Dienstleistungsvertrag vom 22. Dezember 2004 zu erfüllen. Die Organisation wurde von der Streithelferin bis zuletzt im Wesentlichen beibehalten, mag auch das Dienstleistungsspektrum beispielsweise im Bereich der Brandabwehr verringert worden sein. Entsprechend der Anl. S 18 war der Betriebsschutz bei der A. gegliedert in die Leitung des Betriebsschutzes, die Untergliederungen SOC Leitstelle, Besucherempfang, Ausweis- und Parkplatz- und Schlüsselverwaltung sowie vorbeugender Brandschutz und Sicherheitssysteme. Just diese Funktionen sind ausweislich der Anl. 3.2.b zum Vertrag vom November 2010 zwischen A. und der Beklagten Gegenstand des Vertrages über Bewachungs- und Sicherheitsdienstleistungen mit Ausnahme der (ohnehin nur unterstützenden) Funktionen Sicherheitssysteme. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die organisatorische Einheit „Betriebsschutz bei A.“ bei der Streithelferin organisatorisch mit anderen Einheiten oder Objekten verflochten war.

Der Kläger gehörte auch dem von der Streithelferin auf die Beklagte übergegangenen Betriebsteil an. Denn sein Arbeitsverhältnis war diesem Betriebsteil zuzuordnen (BAG 24. August 2006 - 8 AZR 556/05 - AP BGB § 613 a Nr. 315). Der Kläger war als Mitarbeiter der Abteilung Betriebsschutz in den übergegangenen Teil eingegliedert.

bb) Die vorstehend identifizierte wirtschaftliche Einheit ist auf die Beklagte als Erwerber zum 1. Januar 2011 übergegangen, weil der Einsatz der übernommenen Betriebsmittel bei wertender Betrachtungsweise den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs ausmacht und diese somit unverzichtbar zur auftragsgemäßen Verrichtung der Tätigkeit sind. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von denjenigen, die bisher der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch vom 15. Dezember 2011 (- 8 AZR 197/11 -) im Bewachungsgewerbe zugrunde lagen.

 (1) Der zwischen der Beklagten und A. geschlossene Vertrag vom 12./22. November 2010 hat insbesondere Dienstleistungen auf dem Gebiet der Bewachung, Sicherheit, vorbeugender Brandschutz, Besucherempfang, Ausweismanagement, Parkplatzverwaltung, Schließsysteme und Streifen- und Kontrolldienst zum Gegenstand. Die Beklagte schuldet die Sicherstellung des Schutzes des Unternehmens, der Gebäude, der Einrichtungen und der Arbeitsergebnisse vor Zerstörung, Beschädigung, Diebstahl und sonstiger unerlaubter Handlung zum Nachteil des Unternehmens oder seiner Mitarbeiter. Sie hat Firmenangehörige und Dritte vor Eingriffen in Leben, Gesundheit und Eigentum zu schützen und die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sicherzustellen an 365 Tagen im Jahr und zwar mit eigenem Personal, unter eigener Verantwortung und nach eigener Organisation (vgl. Ziff. 1 u. Ziff. 4 des Vertrages). Sie garantiert den Einsatz von Mitarbeitern entsprechend dem abgestimmten Anforderungsprofil und erklärt verbindlich, dem Auftraggeber objektbezogenes Stammpersonal zuzuordnen, wobei der Einsatz von Subunternehmern ohne Zustimmung ausgeschlossen ist (Ziff. 4.1., 4.2. und 4.3. des Vertrags). Die Beklagte verpflichtet sich, dem Vertrag entsprechende Dienstanweisungen zu erstellen und nach Abstimmung und Freigabe durch A. die Mitarbeiter hierauf zu verpflichten (Ziff. 4.4. des Vertrags). Schon diese nur exemplarisch genannten Verpflichtungen aus dem Vertrag sind ein Beleg dafür, dass nach dem Dienstleistungsvertrag qualitativ hochwertige Leistungen zu erbringen sind, die mit dem hohen Sicherheitsanspruch der A. korrespondieren.

Es geht nach der Art des Betriebes im Wesentlichen nicht um einfache Bewachungsleistungen, die natürlich auch eine Rolle spielen, so insbesondere beim Streifen- und Kontrolldienst.

 (a) Dieser hat das SOC bei der Alarmintervention zu unterstützen und mobile Aufgaben hinsichtlich der Überwachung und Kontrolle des Zaunes und der Tore/Drehkreuze auf Unversehrtheit bzw. der gesamten Außenflächen, Gebäude und Einrichtungen auf dem Betriebsgelände, der Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen hinsichtlich der Unfallverhütung, des vorbeugenden Brandschutzes sowie der allgemeinen Schadens- und Gefahrenabwehr (beispielsweise Verschließen von Türen und Fenstern, Ausschalten der Beleuchtung) sowie der Verkehrsvorschriften im Betrieb wahrzunehmen. Ferner hat er Schließ- und Kontrolldienst durchzuführen und Anlagen zu überprüfen. Bei diesen Aufgaben steht die menschliche Arbeitskraft im Vordergrund. Gleiches gilt im Wesentlichen für die Aufgabenschwerpunkte der Funktion „Sicherheitssysteme“. Dabei geht es um die Einrichtung, Installation, Änderung, Umbau, Wartung und Instandhaltung der auf dem Betriebsgelände bei Sonderobjekten eingesetzten Brandmelde-, Sprinkler-, Stör-, FDS-, Lösch-, Einbruch-, Überfall-, Zutrittskontroll-, Elektroakustik-(Rundspruch), Gegensprech- sowie Videoüberwachungsanlagen und Gefahrenmanagementsysteme. Ebenfalls stark von der menschlichen Arbeitskraft geprägt ist auch die Funktion vorbeugender Brandschutz. Auch insoweit geht es vorrangig um den anlagentechnischen Brandschutz/Wartungen beispielsweise von Hydranten, CO2-Löschanlagen, Rohr-/Kabelschotts. Ferner sind Rauchverbote zu kennzeichnen, regelmäßige Kontrollgänge durchzuführen, Meldergruppen abzuschalten und Schweißerlaubnisse zu erteilen, Inspektionsberichte auszuwerten usw..

Jedenfalls teilweise von der menschlichen Arbeitskraft geprägt sind auch die Funktionen „Ausweismanagement, Parkplatzverwaltung und Schließsysteme“ bzw. „Besucherempfang“. Dabei geht es darum, Personen mit Ausweisen auszustatten, Schließsysteme zu betreuen und die Parkplatzdatei zu verwalten usw..

Auch die Mitarbeiter in der Leitstelle/SOC haben Aufgaben wahrzunehmen, bei denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, beispielsweise die Alarmintervention, Hilfeleistung im Rahmen von Notfällen (Personenbefreiung aus Aufzügen), Übernahme der Aufgaben anderer Funktionen nach 18:00 Uhr und am Wochenende. Dies hat die Beklagte bekräftigt. Es steht völlig außer Zweifel, dass die menschliche Arbeitskraft zur Erfüllung der Pflichten aus dem Dienstleistungsvertrag erforderlich ist. Das ergibt sich bereits aus dem Vertrag selbst, der Anforderungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Qualifikation vorgibt. So werden den einzelnen Funktionen Anforderungsprofile zugeordnet.

 (b) Bei wertender Betrachtung treten aber die von der menschlichen Arbeitskraft geprägten Anteile an dem Funktionszusammenhang „Betriebsschutz“ in den Hintergrund. Vorrangig, prägend und identitätsstiftend für die Wertschöpfung „betriebliche Sicherheit“ auf dem Betriebsgelände der A. sind die sächlichen Betriebsmittel, insbesondere die EDV-unterstützten Sicherheitssysteme.

Dazu zählen zwar noch nicht ohne Weiteres sämtliche in der Anl. 3.2.d. des Dienstleistungsvertrages vom November 2010 aufgeführten Betriebsmittel wie: PC, Drucker, Fax, Telefone, Büromaterial, körperlicher Arbeitsplatz (Schreibtisch, Stuhl), Erste-Hilfe-Einrichtungen, Pool KFZ (Nutzung mit anderen Dienstleistungen, Verwaltung, Schlüssel, usw.) mögen sie auch für die Erbringung der Dienstleistung erforderlich sein (BAG 25. September 2008 - 8 AZR 607/07 - AP BGB § 613 a Nr. 355).

Identitätsstiftend sind aber die EDV-gestützten Sicherheitssysteme (spezielle Software Ausweiskontrollsystem, BIS, BS-Info), die mit der installierten Sicherheitstechnik (EMA, BMA, Videoanlage, Monitore, Schranken, Ausweisleser) und technischen Einrichtungen (Videokameras, Monitore, Zaun, Drehkreuze) verknüpft sind.

Die Bedeutung der Systeme wird zunächst dadurch unterstrichen, dass zwei Funktionen (vorbeugender Brandschutz und Sicherheitssysteme) bei der Streithelferin nahezu ausschließlich mit deren Installation, Wartung usw. befasst waren, wofür nunmehr, jedenfalls nach dem Vorbringen der Beklagten, die Firmen B. und F. zuständig sein sollen.

Fast alle übrigen Funktionen können ihre Aufgaben ohne Unterstützung durch die umfassenden Systeme nicht erfüllen. Dies zeigt sich deutlich an den Mitarbeitern im SOC. Diese haben vorrangig die technische Sicherheitsinfrastruktur zu bedienen und alle eingehenden Alarme/Meldungen an den Anlagen BIS Management System, BMA, EMA, ÜMA, GLT, ZUKO, Videoeinrichtungen, Rundspruchanlage und Betriebsfunk administrativ und operativ zu bearbeiten. So erfolgt etwa ausweislich der Anlage S 25 durch das zentrale Alarmmanagementsystem B. BIS die Zustandsüberwachung und Meldungsbearbeitung von ca. 7500 aufgeschalteten Adressen aus den Bereichen Brand, Einbruch, Notruf, Videosensoren, Zaunsensoren, Haustechnik, Gebäudeleittechnik sowie die Steuerung von Türen, Toren, Schranken, Drehkreuzen und Videosprechstellen. Über die elektroakustische Anlage können alle Gebäude beschallt werden und Evakuierungs- und Informationsdurchsagen auf 20 Lautsprecherkreise gesteuert werden. Der Videoserver erlaubt die Auswertung von Alarmbildern und Alarmanlagen von den angeschalteten Videosensoren (24 Kameras mit Videosensoren). Die Videobewegungssensoren werden über das Touchpanel des Zentralen Alarmmanagementsystems BIS gesteuert. Auch Türen, Tore, Schranken, Drehkreuze, Schwenktüren, Vereinzelungsanlagen und Feuerwehrzufahrten können über ein Funktionstastenfeld gesteuert werden. Über ein digitales Sprechaufzeichnungssystem können Telefongespräche aufgezeichnet werden. Der Einzelheiten wegen wird auf die Anl. S 25 Bezug genommen.

 (c) Die von A. zur Verfügung gestellten Systeme und Anlagen sind für die Erfüllung des Dienstleistungsvertrages unverzichtbar. Die vertraglich geschuldeten Überwachungsaufgaben könnten nur mit einem erheblich höheren Personalaufwand und selbst dann nicht mit gleicher Güte und Intensität erbracht werden. Das wiederum schließt der Vertrag aus, der den jeweiligen Funktionen eine bestimmte Personenzahl zuordnet, wie sich das aus der Anl. 3.2.b des Dienstleistungsvertrages ergibt. Insgesamt werden 558 Wochenstunden von 14,5 vollschichtig tätigen Arbeitskräften geleistet. Im Hinblick auf das Vertragsziel, die betriebliche Sicherheit zu gewährleisten tritt die menschliche Arbeitskraft in den Hintergrund. Soweit Arbeitskräfte an den Besucherempfängen, der Rezeption, der Pforte oder im Ausweismanagement, der Parkplatzverwaltung und der Schließsysteme oder im vorbeugenden Brandschutz tätig sind, handelt es sich nur um untergeordnete bzw. unterstützende Funktionen im Hinblick auf das Vertragsziel. Für den Streifen- und Kontrolldienst ist lediglich eine Arbeitskraft mit 40 Wochenstunden vorgesehen. Das „Herz“ des Betriebsschutzes bildet das Security Operation Center (SOC). Es ist durchgängig mit einer Arbeitskraft besetzt und zeitweise (Montag bis Samstag von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr) mit einer weiteren Arbeitskraft.

Erst der Einsatz des Überwachungssystems ermöglicht es, die übertragene Dienstleistung effizient und kostengünstig auszuführen. Außerdem ist eine lückenlose und permanente Überwachung möglich, hinter der der Einsatz menschlicher Arbeitskraft beispielsweise durch Kontrollgänge qualitativ zurückbleibt. Mit dem Einsatz des Systems BIS im Jahre 2006 korrespondiert der kontinuierlich rückläufige Personalaufwand der Streithelferin von ursprünglich über 30 auf zuletzt nur noch 18 Arbeitskräfte. Die Systeme sind indessen nicht nur unverzichtbar zur auftragsgemäßen Verrichtung der Tätigkeit, sie sind in der eingesetzten Form auch nicht auf dem freien Markt erhältlich und ihr Gebrauch ist vom Auftraggeber zwingend vorgeschrieben (BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Juris, Rn. 40 mwN). Denn nach dem Anforderungsprofil der Funktion „Security Operating Center (Leitstelle/Werkschutzzentrale)“ (Anl. 3.2.a zum Dienstleistungsvertrag vom November 2010, dort S. 4) wird u. a. ein Verständnis für die bereitgestellten technischen Anlagen wie z. B. Sicherheitsmanagementsystem BIS-B., Videoanlage BOVIS, Rundspruch, Sprinkler, BS-Info vorausgesetzt. Als erste Aufgabenschwerpunkte sind in derselben Anlage (dort S. 5) genannt: Bedienung der technischen Sicherheitsinfrastruktur sowie administrative und operative Bearbeitung aller eingehenden Alarme/Meldungen an folgenden Anlagen BIS Managementsystem, BMA, EMA, ÜMA, GLT Zuko, Videoeinrichtungen, Rundspruchanlage, Betriebsfunk. Zur Erfüllung des Vertrages ist es der Beklagten mithin nicht gestattet, andere Methoden oder Systeme als von A. vorgegeben einzusetzen.

 (d) Das BIS-System kann auch nicht - wie die Beklagte meint - mit einem elektronischen Telefonbuch verglichen werden, das im Handel frei erhältlich ist. Zwar sind sowohl das System BIS als auch die damit verknüpften Komponenten, wie Videokameras, Beschallungs- und Brandmeldesysteme (hierzu S. 21, 22 des Schriftsatzes der Beklagten vom 01.12.2011) ohne Weiteres käuflich zu erwerben. Damit hat es aber nicht sein Bewenden. Vielmehr sind die Systeme auf die Bedürfnisse der A. als Verwenderin zugeschnitten und damit erst nutzbar. Der Umfang der Weiterentwicklungen und Anpassungen an die spezifischen Bedürfnisse von A. mag zwischen den Parteien streitig sein. Unstreitig ist aber, dass die Streithelferin vertragsgemäß eine Arbeitskraft vollschichtig zur Betreuung der Sicherheitssysteme Betriebsschutz einsetzte, die eine spezifische und detaillierte Bedieneranleitung erstellt hat (Anl. K 9). Dem entspricht es, dass auch während der Laufzeit des Dienstleistungsvertrages mit der Beklagten eine Betreuung der Sicherheitssysteme nach wie vor erforderlich ist, mag auch an die Stelle des Dienstleisters insofern ein externer Auftragnehmer - die Firma B. - getreten sein.

Zwar ist der Einsatz von Datenverarbeitungssystemen und entsprechenden Fachanwendungen in den unterschiedlichsten Branchen üblich und vielfach unverzichtbar, ohne dass bei wertender Betrachtungsweise hierin der eigentliche Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs gesehen werden kann. So steht beispielsweise die Mandantenbetreuung und Mandantenbindung im Mittelpunkt der anwaltlich Tätigkeit (BAG 30. Oktober 2008 - 8 AZR 397/07 - AP BGB § 613 a Nr. 358). Im vorliegenden Fall ist eine derartige Personenbindung allerdings nicht ansatzweise erkennbar. Nach dem Dienstleistungsvertrag vom November 2010 hat die Beklagte lediglich die Qualifikation und Zuverlässigkeit der Mitarbeiter sicherzustellen. Auch danach ist der prägende Charakter der betrieblichen Systeme festzustellen.

(e) Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass nach der bisherigen Rechtsprechung die Neuvergabe eines Bewachungsauftrags nicht als Betriebsübergang, sondern als Auftrags- oder Funktionsnachfolge angesehen wird (zuletzt BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Juris).

(aa) Allerdings ist das Bundesarbeitsgericht von der früheren Rechtsprechung (BAG 29. September 1988 - 2 AZR 107/88 - AP BGB § 613 a Nr. 76; BAG 30. November 1988 - 2 AZR 201/88 - Juris; BAG 22. Januar 1998 - 8 AZR 775/96 - Juris; BAG 14. Mai 1998 - 8 AZR 418/96 - NZA 1999, 483) abgerückt, wonach die Überlassung der Betriebsmittel zur eigenwirtschaftlichen Nutzung eine unverzichtbare Voraussetzung für das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit sei. Der Umstand, dass die von dem neuen Unternehmer übernommenen Betriebsmittel nicht seinem Vorgänger gehörten, sondern vom Auftraggeber zur Verfügung gestellt wurden, schließt nach der neueren Rechtsprechung des EuGH und des BAG den Betriebsübergang nicht aus. Auch ist im Fall einer Auftragsneuvergabe die Überlassung der Betriebsmittel zur eigenwirtschaftlichen Nutzung keine notwendige Voraussetzung für die Feststellung eines Betriebsübergangs vom ursprünglichen Auftragnehmer auf den neuen Auftragnehmer (BAG 15. Dezember 2011 - 8 AZR 197/11 - Juris, Rn. 40 mwN).

(bb) In der Entscheidung des BAG vom 25. September 2008 (8 AZR 607/07 - AP BGB § 613 a Nr. 355 - Truppenübungsplatz) stellt das Gericht fest: Ein Betriebsübergang ist bei einem betriebsmittelarmen Betrieb, in dem es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt und der ohne relevante Betriebsmittel tätig werden kann (wie es in der Regel bei einem Bewachungsunternehmen der Fall ist), nur dann gegeben, wenn der neue Auftragsnehmer nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl- und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, dass sein Vorgänger gezielt für diese Tätigkeit eingesetzt hatte.

Weiter heißt es: Aus dem klägerischen Vorbringen ergibt sich auch nicht, aus welchen Gründen die Alarmanlage ein identitätsprägendes Betriebsmittel für die Durchführung des Bewachungsauftrages darstellen soll. Er trägt nicht vor, an welchen Stellen und auf welche Weise die Alarmanlage eingesetzt wird und aus welchen Gründen deren Einsatz für die Durchführung der Bewachungsleistungen von Bedeutung ist.

Das steht den vorliegenden Feststellungen nicht entgegen. Es mag zutreffen, dass im Bewachungsgewerbe bzw. im Falle einer Auftragsnachfolge regelmäßig von einem betriebsmittelarmen Betrieb auszugehen ist, in dem es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt und der ohne relevante Betriebsmittel tätig werden kann. Wie dargelegt, ist vorliegend aber nicht der „Regelfall“ gegeben, bei welchem Betriebsmittel lediglich zu Hilfszwecken zum Einsatz kommen (Taschenlampe, Funkgerät, Waffen, Hunde usw.). Die Dienstleistung „Betriebsschutz A.“ ist vielmehr geprägt vom Einsatz der computergestützten Überwachungsanlage, deren identitätsprägender Charakter sich gerade aus dem Vorbringen des Klägers und der Streithelferin ergibt.

 (cc) In dem der Entscheidung des BAG vom 15. Dezember 2011 (8 AZR 197/11 - Juris) zugrunde liegenden Fall vermochte der Kläger lediglich eine Auftragsnachfolge vorzutragen, die ohne die Feststellung zusätzlicher Umstände der Annahme des Fortbestandes der wirtschaftlichen Einheit nach einer Gesamtwürdigung nicht rechtfertigen konnte (BAG aaO Rn. 45, 46). Das Vorbringen des Klägers ließ nicht den Schluss zu, dass die weitergenutzten materiellen Betriebsmittel (Wachlokal, PC, Drucker, Telefaxgeräte) identitätsprägend seien. Vielmehr handle es sich um bloße Hilfsmittel mit dienender Funktion. Prägend für die Überwachungstätigkeit sei vielmehr die Achtsamkeit der Wachleute an der Pforte, im Objekt bzw. auf Streifengängen und deren Bereitschaft bzw. Fähigkeit im Bedarfsfalle einzugreifen (BAG aaO Rn. 49 ff.). Schließlich scheiterte der Übergang des aus den vorstehenden Gründen betriebsmittelarmen Betriebes daran, dass lediglich etwa 57 % der in dem Objekt eingesetzten Wachleute und lediglich 50 % aller in insgesamt 5 Objekten eingesetzten Wachleute und lediglich 1 Objektverantwortlicher (20 % des qualifizierten Personals) übernommen wurde.

Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar, weil - wie dargelegt - ein betriebsmittelgeprägter und gerade nicht ein betriebsmittelarmer Betrieb festzustellen ist und die prägenden DV-Systeme einschließlich Peripheriegeräte gerade nicht als Hilfsmittel mit bloß dienender Funktion anzusehen sind.

 (dd) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist deshalb im Bewachungsgewerbe zwar regelmäßig, aber nicht ausnahmslos von einem betriebsmittelarmen und mithin von der menschlichen Arbeitskraft geprägten Betrieb auszugehen. Das ist bereits in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Januar 1998 (- 8 AZR 775/96 - Juris) angedeutet, worauf die Streithelferin zurecht abhebt. In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht darauf abgestellt, dass Bewachungsleistungen üblicherweise nur unter Einsatz einfacher Arbeitsmittel wie Handys, Stechuhren, Taschenlampen, Uniformen, eventuell auch Waffen und Hunden angeboten werden, die der Anbieter aufgrund eigener Kalkulation und Verfügungsmacht einsetzt. Komplizierte und teurere Sicherheitssysteme werden hingegen vom Auftraggeber vorgegeben und unterhalten. Über Art und Ausgestaltung des Einsatzes der Sicherheitssysteme hatte der Auftragnehmer nicht zu bestimmen. Eine eigenwirtschaftliche Kalkulation mit diesen Arbeitsmitteln war ausgeschlossen. Auf die eigenwirtschaftliche Kalkulation kommt es indessen nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht mehr an. So hat denn auch das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung zur Personenkontrolle an Flughäfen (13. Juni 2006 - 8 AZR 271/05 - AP BGB § 613 a Nr. 305) den prägenden Charakter der Kontrollsysteme anerkannt mit der Folge, dass die menschliche Kontrolltätigkeit in den Hintergrund trete.

 (2) Die Beklagte hat zum 1. Januar 2011 die wesentlichen Betriebsmittel übernommen, deren Einsatz den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs ausmacht. Die Beklagte nutzt das zentrale System zur Durchführung des Dienstleistungsauftrags BIS weiter. A. stellt die gesamte Anlagenstruktur einschließlich EDV und Software zur Verfügung. Die Dienstleistung unter Zuhilfenahme des Systems und der damit verbundenen Anlagen ist ausdrücklich Bestandteil des Vertrags vom November 2010. Im Vertrag auch erwähnt ist das System BS-Info (Anl. 3.2.a, S. 4, S. 5). Allerdings will die Beklagte dieses System nicht benutzt haben, sondern statt dessen ein System SOC-Tool. Das erscheint nachvollziehbar, weil es zu Misshelligkeiten zwischen der A. und der Arbeitskraft G. kam. Ihr gegenüber wurde ein Hausverbot ausgesprochen, weil Eingriffe in das System BS-Info vorgenommen worden seien, die zu Schwierigkeiten bei der Systemanwendung geführt hätten. Das wiederum deutet darauf hin, dass die Beklagte und A. durchaus versuchten, mit dem System weiterzuarbeiten. Darauf kommt es i. e. jedoch nicht an, weil das BS-Info-System von untergeordneter Bedeutung ist; es dient der Dokumentation von Meldungen und der Erstellung von Statistiken. Darüber hinaus sind auch sonstige Betriebsmittel nach der Anl. 3.2.d zum Vertrag vom November 2010 übergegangen - dort auch aufgeführt das System BS-Info -, die allerdings eher als austauschbare Hilfsmittel mit untergeordneter Bedeutung anzusehen sind, d. h. zwar erforderlich, nicht aber identitätsprägend.

 (3) Die Beklagte hat auch immaterielle Aktiva von erheblichem Wert im Hinblick auf die geschuldete Dienstleistung übernommen. Die Mitarbeiter der Beklagten können auf die (weiterentwickelte) EDV zugreifen unter Verwendung der Bedieneranleitung für das System BIS (Anl. K 9), das Handbuch Schieber- und Sprinklerwart (Anl. K 10) und das Objekthandbuch Betriebsschutz (Anl. K11). Darüber hinaus stehen ihnen alle Arbeitsanweisungen zur Verfügung (Anlagenkonvolut K 12), ohne die eine vertragskonforme Aufgabenerfüllung nicht möglich wäre. Die Arbeitskräfte der Streithelferin hatten bei der Übergabe am 27.12.2010 diese Anlagen sämtlich zurückzulassen. Damit standen bis ins Detail gehende Handlungsanleitungen und Informationen zur Verfügung, beispielsweise die ca. 70 Arbeitsanweisungen. Nach Ziff. 4.4. des Vertrages vom November 2010 war die Beklagte zum Erlass entsprechender Dienstanweisungen verpflichtet. Derlei hat sie nicht im Verfahren vorgelegt, weshalb davon auszugehen ist, dass die Arbeitsanweisungen weitergenutzt werden oder inhaltlich übernommen wurden. Die Beklagte hat auch nicht das von der (A.-)Arbeitskraft H. entsprechend ihrer Bestimmung neugeschriebene, angepasste und aktualisierte Objekthandbuch vorgelegt. Zwar mag die Firma B. der Beklagten zum 1. Januar 2011 ein Handbuch bzgl. der BIS-Funktion gegeben habe. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass das marktgängige BIS-System auf die Bedürfnisse von A. weiterentwickelt und angepasst wurde und - das zeigt ein Vergleich mit der Anl. K 9 - ein Handbuch über die allgemeinen Funktionen ungenügend ist. Nicht näher vorgetragen ist, dass B. bereits zum 1. Januar 2011 ein Handbuch unter Berücksichtigung der Spezifikationen für A. erstellt und geliefert hätte.

 (4) Die Beklagte hat keinen nach Zahl- und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals der Streithelferin übernommen, was allerdings nur dann von erheblicher Bedeutung wäre, wenn es im vorliegenden Fall im wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommen würde. Das ist jedoch - wie ausgeführt - nicht der Fall.

 (5) Bei der Neuvergabe eines Auftrages besteht die „Kundschaft“ in dem Auftraggeber, der identisch bleibt. Die „Kundschaft“ A. der Streithelferin ist auf die Beklagte übergegangen. Darüber hinaus ist der Kreis der zu kontrollierenden Personen im Wesentlichen gleich geblieben (BAG 13. Juni 2006 - 8 AZR 551/05 - Juris): Mitarbeiter, Lieferanten, Kunden und Besucher der A..

 (6) Der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten erreicht ein hohes Maß. Unerheblich ist, dass sich der Abrechnungsmodus gegenüber A. verändert habe. Das hat mit der Tätigkeit als solcher nichts zu tun. Unerheblich ist auch, dass mit abweichenden Zeitmodellen gearbeitet wird. Das hat ggf. zur Folge, dass sich der Personalstand reduziert. Dabei ist nicht auf die Verhältnisse zu Beginn des Dienstleistungsauftrags im Juli 2005 abzustellen. Denn damals war das System BIS noch nicht im Einsatz und der abwehrende Brandschutz zählte noch zum Aufgabenspektrum. Maßgebend sind vielmehr die Verhältnisse im Jahre 2010. Zuletzt waren bei der Streithelferin noch 21 Arbeitskräfte beschäftigt. Allerdings sollen die mit zwei Personen besetzten Funktionen Sicherheitssysteme Betriebsschutz/vorbeugender Brandschutz von der Beklagten nicht übernommen worden, sondern an externe Anbieter (B., F.) vergeben worden sei. Dabei handelt es sich aber lediglich um unterstützende Funktionen „an“ den Systemen, die nicht identitätsprägend sind (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 158/07 - Juris). Ob die Systeme/Anlagen in Eigenregie gewartet oder weiterentwickelt werden, ist nicht von zentraler Bedeutung. Der Wegfall dieser Funktionen steht mithin der Annahme nicht entgegen, dass vor und nach dem Übergang ein hoher Grad der Ähnlichkeit besteht. Damit hat sich der Personalbestand von 19 auf 14,5 Arbeitskräfte reduziert, also ca. um ein Viertel. Die Beklagte setzt damit weniger Arbeitskräfte ein als die Streithelferin, die Reduzierung ist aber nicht so erheblich, dass sie der Ähnlichkeit der Auftragserfüllung vor und nach dem Übergang entgegensteht. Werden doch im Wesentlichen dieselben Funktionen wahrgenommen, wenn auch in etwas verringerten zeitlichen Umfang und mit weniger Personal. Die dezidierte Kenntnis der Beklagten vom Personal der Streithelferin ergibt sich aus S. 12 des Schriftsatzes vom 01.12.2011. Ob die Beklagte das System BS-Info weiter verwendet oder ein eigenes und vergleichbares System SOC-Tool, ändert an der Art der Tätigkeit nichts.

Auch in organisatorischer Hinsicht sind keine Änderungen eingetreten. Die Anforderungsprofile und Aufgabenschwerpunkte nach der Anl. 3.2.a zum Vertrag vom November 2010 decken sich im Wesentlichen mit denen des Dienstleistungsvertrages der Streithelferin vom April 2008. Die Besetzung der Funktionen ergibt sich aus der Anl. 3.2.b zum Vertrag vom November 2010.

 (7) Die Beklagte hat die Tätigkeit zum 1. Januar 2011 nahtlos fortgesetzt. Zu einer zeitlichen Unterbrechung ist es nicht gekommen.

 (8) Danach sind die wesentlichen Kriterien des sog. Sieben-Punkte-Katalogs erfüllt. Sie dürfen allerdings nicht isoliert betrachtet werden, sondern bilden Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung (EuGH 15. Dezember 2005 - C - 232/04 und C - 2333/04 - Güney-Görres = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 1). Je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- und Betriebsmethoden kommt den für das Vorliegen eines übergangsmaßgeblichen Kriterien unterschiedliches Gewicht zu (BAG 25. Juni 2009 - 8 AZR 258/08 - AP BGB § 613 a Nr. 373). Der vorliegende Fall weicht in atypischer Weise von der konventionellen Bewachungstätigkeit ab, die stark von der menschlichen Arbeitskraft geprägt ist. Deswegen spielt es vorliegend nur eine untergeordnete Rolle, dass die Beklagte ausnahmslos keinen Mitarbeiter der Streithelferin übernommen hat. Charakteristisch ist vielmehr, dass die umfassenden Sicherheitsdienstleistungen an bis zu 7.500 Punkten (Adressen) auf einem großen Areal mit zahlreichen Gebäuden und sonstigen Flächen (Anl. 3.1 des Vertrages vom November 2010) mit wenig Personal erbracht werden kann. Nach der Art des Betriebes kommt mithin der Übernahme der betrieblichen Anlagen und Systeme das entscheidende Gewicht zu, was dazu führt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 1. Januar 2011 gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Beklagte übergegangen ist.

II. Die Berufung ist auch begründet, soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur vorläufigen Weiterbeschäftigung begehrt.

1. Der gestellte Weiterbeschäftigungsantrag ist zulässig, insbesondere streitgegenständlich hinreichend bestimmt i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, der die Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruches sowie einen bestimmten Antrag erfordert.

a) Damit wird zum einen der Streitgegenstand abgegrenzt, zum anderen wird eine Voraussetzung für eine etwa erforderlich werdende Zwangsvollstreckung geschaffen. Danach ist ein Klagantrag hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, da durch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt und das Risiko des Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf die Beklagte abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (BGH 4. Dezember 1998 - II ZR 330/97 - NJW 1999, 954). Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung dürfen nicht aus dem Erkenntnisverfahren ins Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dessen Aufgabe ist es zu klären, ob der Schuldner einer festgelegten Verpflichtung nachgekommen ist, nicht aber, worin diese besteht (BAG 28. Februar 2003 - 1 AZB 53/02 - AP ArbGG 1979 § 78 Nr. 2). Geht es um die Titulierung des dem Kläger unter bestimmten Voraussetzungen während des Laufs des Bestandschutzprozesses zustehenden Anspruchs auf Weiterbeschäftigung, muss der Titel verdeutlichen, um welche Art der Beschäftigung es geht. Andererseits kann der Titel aus materiell rechtlichen Gründen nicht so genau sein, dass er auf eine ganz bestimmte im Einzelnen beschriebene Tätigkeit oder Stelle zugeschnitten ist. Darauf hat der Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch, weil dem Arbeitgeber das Weisungsrecht nach § 106 GewO zusteht. Um diesen Gesichtspunkten gerecht zu werden ist es erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die Art der ausgeurteilten Beschäftigung des Arbeitnehmers aus dem Titel ersichtlich ist.

b) Diesen Voraussetzungen genügt der vorliegende Antrag auf Weiterbeschäftigung. Die Verurteilung der Beklagten zur Weiterbeschäftigung des Klägers als Mitarbeiter im SOC bzw. in der Betriebs- und Objektschutzabteilung bei der A. L. D. AG am Standort L.straße 10, ... S. lässt die Art der Tätigkeit und den Ort der Beschäftigung erkennen, so dass ggf. im Rahmen der Vollstreckung überprüft werden kann, ob die Beklagte ihrer Verpflichtung nach dem vorliegenden Urteil nachkommt. Hingegen ist die zwischen den Parteien streitige Höhe der Vergütung kein notwendiges Element des Beschäftigungsanspruchs. Diese betrifft die geschuldete Gegenleistung. Insoweit hat der Kläger den Antrag im Termin korrigiert.

2. Nach der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG GS 27. Februar 1985 - GS 1/84 - AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14) hat der Arbeitnehmer im Rahmen eines Kündigungsschutzrechtsstreits grundsätzlich Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, wenn ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Urteil ergangen ist. Solange ein solches Urteil besteht, können nur zusätzliche Umstände ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers begründen, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen. Diese Wertungen können auf das vorliegende Verfahren übertragen werden, weil die Interessenlage vergleichbar ist. Denn auch im Streitfall geht es um die Frage, welche Auswirkungen die Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses auf den Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers hat. Vorliegend hat die Beklagte keine zusätzlichen Umstände vorgetragen, die ein überwiegendes Interesse ihrerseits begründen könnten.

III. Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet, soweit er die Feststellung begehrt, dass weder das Schreiben der Streithelferin vom 7. Dezember 2010 die Frist für den Kläger zum schriftlichen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses nach § 613 a Abs. 6 BGB in Lauf gesetzt hat, noch eine Verwirkung des Widerspruchsrechts des Klägers bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss eintritt. Insoweit ist die Klage unzulässig.

1. Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses zulässig, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse darin hat, das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald feststellen zu lassen. Ein Rechtsverhältnis in diesem Sinne kann auch ein einzelner Anspruch sein, nicht dagegen ein bloßes Element oder eine Vorfrage eines Anspruchs (BAG 1. Juli 2009 - 4 ABR 8/08 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 99). Wie die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen liefe ein solches Verfahren auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinaus. Die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts kann daher kein zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage sein (BAG 3. Mai 2006 - 1 ABR 63/04 - AP ArbGG 1979 § 81 Nr. 61; BAG 20. Mai 2008 - 1 ABR 19/07 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 81 Nr. 4; BGH 29. September 1999 - XII ZR 313/98 - zu 1. der Gründe, NJW 2000, 354, 356).

2. Nach diesen Vorgaben hat der Kläger an der begehrten Feststellung kein Feststellungsinteresse. Die Wirksamkeit des Schreibens bzw. die Frage ob dieses Rechtswirkungen im Hinblick auf die Widerspruchsfrist auslöst, ist lediglich eine Vorfrage, ob ein ggf. erst noch zu erklärender Widerspruch des Klägers gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses wirksam wäre, sollte der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten festgestellt werden. Das liefe auf ein bloßes Rechtsgutachten hinaus, weil für eine nachfolgende Feststellungs- oder Leistungsklage lediglich über ein Element als Vorfrage entschieden wäre. Es ist nicht Aufgabe der Feststellungsklage, Einzelfragen eines künftigen Prozesses zu klären (BAG 5. Oktober 2000 - 1 ABR 52/99 - zu II. 2. der Gründe, AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 35).

Dies gilt erst Recht für den zweiten Teil des Feststellungsantrags. Der Kläger begehrt zukunftsbezogen die Feststellung, dass eine Verwirkung des Widerspruchsrechts nicht eintreten werde. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob der Arbeitnehmer über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Betriebserwerber disponiert hat (BAG 12. November 2009 - 8 AZR 751/07 - AP BGB § 613 a Widerspruch Nr. 12). Das lässt sich bis zum rechtskräftigen Verfahrensabschluss nicht absehen. Die Fragestellung ist hypothetisch.

C. Die Kosten des Rechtsstreits waren dem Schlussurteil vorzubehalten.

Die Zulassung der Revision für die Beklagte beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.



Sie kennen die Kanzlei Labisch aus folgenden Medien:

Logo SWR1
Logo SWR4
Logo RPR1
Logo Wiesbadener Kurier
Logo Geißener Anzeiger
Logo Wormser Zeitung
Logo Wiesbadener Tagblatt
Logo Main Spitze
Logo Frankfurter Rundschau
Logo Handelsblatt
Logo Allgemeine Zeitung
Logo Darmstädter Echo
Logo Focus
Logo NTV
Logo ZDF WISO
Lexikon schließen
Schließen