Arbeitsgericht Cottbus

Beschluss vom - Az: 3 BVGa 1/13

Betriebsübergang ohne unmittelbaren rechtsgeschäftlichen Kontakt - Übergangsmandat des Betriebsrats

1. Der rechtsgeschäftliche Übergang eines Betriebes auf den Erwerber setzt nicht voraus, dass zwischen dem bisherigen Betreiber und dem Erwerber unmittelbare vertragliche Beziehungen bestehen. (Leitsatz)
Fällt die Nutzungsbefugnis nach dem Auslaufen eines Nutzungsvertrages automatisch an den Eigentümer sächlicher Betriebsmittel zurück und erwirbt ein Dritter die Betriebsmittel, so handelt es sich um einen (rechtsgeschäftlichen) Betriebsübergang. (Orientierungssatz)

2. Die Eingliederung von Arbeitnehmern in einem Betrieb gemäß § 21 a Abs. 1 Satz 2 BetrVG muss als Organisationsakt des Arbeitgebers von dessen Willen getragen sein. (Leitsatz)

3. Bei der Zusammenfassung von Betrieben/Betriebsteilen zu einem Betrieb gemäß § 21 a BetrVG nimmt der Betriebsrat das Übergangsmandat wahr, der die größere Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer repräsentiert. (Leitsatz)

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Verfügungsbeteiligten streiten um die Zuständigkeit des Verfügungsbeteiligten zu 1) zur betriebsverfassungsrechtlichen Vertretung von insgesamt 107 Arbeitnehmern gegenüber der Verfügungsbeteiligten zu 2), die Berechtigung zur Ausübung von Betriebsratstätigkeiten und Beteiligungsrechte des Verfügungsbeteiligten zu 1).

Der Verfügungsbeteiligte zu 1) (im Folgenden: Betriebsrat) ist der im Jahr 2010 gewählte Betriebsrat für die 49 Arbeitnehmer der Rettungsdienste gGmbH, die bis zum 31.12.2012 die Rettungswachen Guben und Spremberg betrieb.

Die Verfügungsbeteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) erbringt als ein Unternehmen der international tätigen Falckgruppe Rettungsdienstleistungen in Deutschland mit Sitz in Hamm.

Bis zum 31.12.2012 erbrachte der Verein für den Landkreis Spree-Neiße den Rettungsdienst im Landkreis mit insgesamt sieben Rettungswachen. Fünf Rettungswachen (Peitz, Burg, Forst, Döbern und Drebkau) wurden vom Verein mit 57 Arbeitnehmern selbst betrieben. Zwei Rettungswachen, Guben und Spremberg, wurden von der Rettungsdienste gGmbH betrieben. Die Rettungsdienste gGmbH gehört organisatorisch zum Kreisverband. Der zwischen dem Landkreis und dem Verein geschlossene Vertrag zur Erbringung der Rettungsdienstleistungen umfasste alle sieben Rettungswachen. Für die 160 Arbeitnehmer des Vereins existiert ein Betriebsrat.

Mit Beschluss des Kreistages im Vergabeverfahren Nr. I./32.4-03/2012 vom 16.06.2012 wurden der Arbeitgeberin die Aufgaben des Rettungsdienstes im Landkreis ab dem 01.01.2013 übertragen. In einem Vertrag mit dem Landkreis wurden der Arbeitgeberin die Verfügungsbefugnis über die sieben Rettungswachen, deren Fahrzeuge, Material und Inventar mit Stand 31.12.2012 eingeräumt. Seit dem 01.01.2013 erbringt die Arbeitgeberin für den Landkreis die Aufgabe des Rettungsdienstes.

Für die vom Verein betriebenen fünf Rettungswachen ist ein Betriebsübergang, § 613 a BGB, vom Verein auf die Arbeitgeberin unstreitig. Einen Betriebsübergang von der Rettungsdienste gGmbH auf die Arbeitgeberin bestreitet diese. Die Arbeitgeberin hat allen Arbeitnehmern in den Rettungswachen Guben und Spremberg zum 01.01.2013 Arbeitsverträge mit geänderten Bedingungen angeboten.

Seit dem 01.01.2013 werden die sieben Rettungswachen durch die Arbeitgeberin als Gesamtbetrieb geführt. Herr A... aus der Rettungswache Guben ist für alle sieben Rettungswachen Leiter Rettungsdienst. Die Materialneubeschaffung ist zentral bei der Rettungswache Forst organisiert. Die Personalbuchhaltung und die allgemeine Personalverwaltung wird zentral von Hamm aus geführt.

Mit einer e-Mail vom 02.01.2013 informierte die Arbeitgeberin den Betriebsrat darüber, dass er nicht mehr zuständig sei. Derzeit bestehe für die sieben Rettungswachen aufgrund des Betreiberwechsels kein Betriebsrat. Dienstpläne für Februar und März 2013, die dem Betriebsrat gemäß einer zwischen der Rettungsdienste gGmbH und dem Betriebsrat im Jahr 2006 geschlossenen Betriebsvereinbarung jeweils bis zum 20. des Monats für zwei Monate im voraus vorzulegen sind, hat die Arbeitgeberin bis zur mündlichen Verhandlung am 24.01.2013 nicht vorgelegt. Der Betriebsrat bestellte am 02.01.2013 einen Wahlvorstand für Neuwahlen.

Mit seinen am 14.01.2013 beim Arbeitsgericht Cottbus eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt der Betriebsrat die Feststellung seiner Zuständigkeit für die Arbeitnehmer der sieben Rettungswachen, die Sicherstellung der Ausübung von Betriebsratstätigkeiten durch seine Mitglieder sowie die Verpflichtung der Arbeitgeberin, ihn bei der Aufstellung von Dienstplänen zu beteiligen.

Der Betriebsrat ist der Ansicht, er sei zumindest im Wege eines Übergangsmandats gemäß § 21 a Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) für alle sieben Rettungswachen zuständig. Ein Betriebsübergang läge auch für die Rettungswachen Guben und Spremberg vor. Der von der Rettungsdienste gGmbH geführte Betrieb sei als solcher erhalten geblieben und die fünf Rettungswachen, die zuvor durch den Verein betrieben wurden, seien in den Betrieb der Rettungswachen Guben und Spremberg eingegliedert worden. Exemplarisch sei der vormalige Chef der Rettungswache Guben jetzt der Leiter Rettungsdienst für alle sieben Rettungswachen. Bisher habe es keine übergreifende Personalplanung der Arbeitgeberin für alle sieben Rettungswachen gegeben.

Die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers beantragt:

1. Festzustellen, dass der Beteiligte zu 1. im Rahmen eines Übergangsmandats als Betriebsrat zuständig ist für die Beschäftigten der Rettungswachen in Guben, Spremberg, Peitz, Burg, Forst, Döbern und Drebkau bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, bzw. bis zu einer Wahl eines neuen Betriebsrates und der Bekanntgabe des entsprechenden Wahlergebnisses, längstens bis zum 30.06.2013.

2. Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, es zu dulden, dass Herr B... innerhalb seiner Arbeitszeit Sitzungen des Beteiligten zu 1. einberuft, die Tagesordnung festsetzt, die Sitzung leitet, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, bzw. bis zu einer Wahl eines neuen Betriebsrates und der Bekanntgabe des entsprechenden Wahlergebnisses, längstens bis zum 30.06.2013.

3. Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, es zu dulden, dass die Herren C... und D... in ihrer Arbeitszeit an Betriebsratssitzungen teilnehmen, längstens bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache bzw. bis zur Wahl eines neuen Betriebsrates und der Bekanntgabe des entsprechenden Wahlergebnisses, längstens bis zum 30.06.2013.

4. Der Beteiligten zu 2. wird aufzugeben, dem Beteiligten zu 1. den Dienstplan für die Beschäftigten der Rettungswache in Guben, Spremberg, Peitz, Burg, Forst, Döbern und Drebkau für den Monat Februar 2013 zur Zustimmung vorzulegen. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung wird der Beteiligten zu 2. ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 Euro angedroht.

5. Der Beteiligten zu 2. wird aufzugeben, dem Beteiligten zu 1. den Dienstplan für die Beschäftigten der Rettungswache in Guben, Spremberg, Peitz, Burg, Forst, Döbern und Drebkau für den Monat März 2013 zur Zustimmung vorzulegen, für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung wird der Beteiligten zu 2. ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 Euro angedroht.

Der Verfahrensbevollmächtigte der Arbeitgeberin beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin ist der Ansicht, der Betriebsrat sei nicht mehr zuständig, weder für die 49 Arbeitnehmer der Rettungsdienste gGmbH noch für die 57 Arbeitnehmer, die vom Verein übernommen worden seien. Ein Betriebsübergang von der Rettungsdienste gGmbH auf die Arbeitgeberin habe nicht stattgefunden. Die Rettungsdienste gGmbH sei nicht vom Landkreis mit den Aufgaben des Rettungsdienstes beauftragt gewesen. Soweit durch den Auftragsentzug ein Betriebsübergang stattgefunden habe, habe dieser auf den Verein stattgefunden. Unabhängig davon würden die Rettungswachen Spremberg und Guben nicht als selbständiger Betrieb fortgeführt. Die betriebsorganisatorische Struktur habe sich grundlegend verändert. Die sieben Rettungswachen würden nicht mehr von zwei Unternehmen, sondern einheitlich von der Arbeitgeberin betrieben. Die Rettungswachen würden zu einem neuen, einheitlichen Betrieb im Unternehmen der Arbeitgeberin zusammengefasst. Aus der Zusammenlegung der sieben Rettungswachen folge kein Übergangsmandat für den Betriebsrat. Da die fünf Rettungswachen nicht in den Betrieb der Rettungswachen Spremberg und Guben eingegliedert worden seien, liege hier allerhöchstens eine Zusammenfassung von Betrieben / Betriebsteilen vor, die ein Übergangsmandat für den Betriebsrat begründen könnte, der die größere Anzahl der Arbeitnehmer repräsentiere. Dies sei der Betriebsrat der Verein.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Verfügungsbeteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung gemäß § 313 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit 46 Abs. 2, 82 Abs. 2 ArbGG verwiesen.

II.

Die Anträge des Verfügungsbeteiligten zu 1) haben keinen Erfolg.

1. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist im Beschlussverfahren zulässig (§ 85 Abs. 2 Arbeitgerichtsgesetz).

Mit seinen Anträgen begehrt der Betriebsrat eine einstweilige Verfügung sowohl zur Sicherung des Streitgegenstandes (Sicherungsverfügung) gemäß §§ 935, 938 ZPO in Verbindung mit § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG (Anträge zu 1) bis 3)) als auch eine einstweilige Verfügung zwecks Regelung eines einstweiligen Zustandes (Leistungsverfügung) gemäß § 940 ZPO in Verbindung mit § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG (Anträge zu 4) und 5)).

2. Der Feststellungsantrag des Betriebsrates (Antrag zu 1) ist zulässig. Er genügt dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Zeitraum und Reichweite des begehrten Übergangsmandates sind hinreichend bestimmt.

Der Betriebsrat hat auch das erforderliche Feststellungsinteresse. Ausweislich der e-Mail der Arbeitgeberin vom 02.01.2013 bestreitet diese seine Zuständigkeit als Interessenvertretung der nunmehr bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer der sieben Rettungswachen. Der Betriebsrat hat daher ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Zuständigkeit.

3. Der Feststellungsantrag des Betriebsrates ist unbegründet. Ein Übergangsmandat gemäß § 21 a BetrVG steht ihm nicht zu. Der vormals von der Rettungsdienste gGmbH geführte Betrieb des Betriebsrates besteht nicht als betriebsratsfähige Organisationseinheit fort. Der Betriebsrat ist nicht über den 31.12.2012 hinaus im Amt geblieben. Die Arbeitgeberin hat den Betriebsteil des Vereins, bestehend aus fünf Rettungswachen, und den Betrieb der Rettungsdienste gGmbH, bestehend aus zwei Rettungswachen, zusammengelegt und unter eine einheitliche Leitung gestellt.

Ein Übergangsmandat kann bei Spaltung eines Betriebes gemäß § 21 a Abs. 1 BetrVG und bei Zusammenfassung von Betrieben oder Betriebsteile zu einem Betrieb gemäß § 21 a Abs. 2 BetrVG entstehen. Da die Arbeitgeberin im Rettungsdienst im Landkreis erstmals tätig wird und den an sie vergebenen Auftrag nicht mit eigenem Betriebsmitteln erbringt, kann ein Übergangsmandat des Betriebsrates nur durch den in § 21 a Abs. 2 BetrVG geregelten Fall der Zusammenfassung von Betrieben oder Betriebsteilen zu einem Betrieb entstehen.

a) Bei den von der Arbeitgeberin seit dem 01.01.2013 betriebenen fünf Rettungswachen Peitz, Burg, Forst, Döbern und Drebkau (zuvor vom Verein betrieben) sowie den Rettungswachen Guben und Spremberg (zuvor von der Rettungsdienste gGmbH betrieben) handelt es sich um Betriebe bzw. Betriebsteile im Sinne von § 21 a Abs. 2 BetrVG.

aa) Unstreitig hat die Arbeitgeberin im Wege des Betriebsüberganges (§ 613 a BGB) vom Verein die fünf Rettungswachen Peitz, Burg, Forst, Döbern und Drebkau übernommen.

bb) Zur Überzeugung der Kammer steht aber auch fest, dass die Rettungswachen Guben und Spremberg als Betrieb im Wege eines Betriebsüberganges (§ 613a BGB) am 01.01.2013 auf die Arbeitgeberin übergegangen sind.

Dies setzt den rechtsgeschäftlichen Übergang einer wirtschaftlichen Einheit unter Wahrung ihrer Identität auf einen neuen Rechtsträger voraus, BAG vom 10.05.2012 - 8 AZR 434/11 -, Rz 24.

Die Rettungswachen Guben und Spremberg sind eine wirtschaftliche Einheit i.S.d. § 613a BGB. Der Begriff wirtschaftliche Einheit bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und / oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung, BAG vom 10.05.2012, 8 AZR 434/11, Rz. 24. Die Rettungswachen in Guben und Spremberg mit ihren Gebäuden, Fahrzeugen und Personal erbrachten in diesem Bereich des Landkreises bis zum 31.12.2012 die Aufgaben des Rettungsdienstes aufgrund der an den Verein durch Kreistagsbeschluss vom 27.10.2010 vergebenen Aufgabe des Rettungsdienstes, Bl. 55 d.A. Mit der Rettungsdienste gGmbH als Betreiberin, die zum Verein gehört, war der Betrieb der Rettungswachen juristisch verselbständigt und hatte einen eigenen Betriebsrat.

Diese wirtschaftliche Einheit ist unter Wahrung ihrer Identität auf die Arbeitgeberin am 01.01.2013 übergegangen.

Durch den Vertragsschluss mit dem Landkreis, der ihr das Nutzungsrecht unter anderen für die Räumlichkeiten der Rettungswachen in Spremberg und Guben, mit denen die Aufgabe des Rettungsdienstes erfüllt wird, die Fahrzeuge und deren Ausstattung eingeräumt hat, hat die Arbeitgeberin die identitätsprägenden, sächlichen Betriebsmittel für den Betrieb „Rettungsdienst“ übernommen. Bei wertender Betrachtung macht der Einsatz dieser Betriebsmittel den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs aus und ist unverzichtbar für die auftragsgemäße Verrichtung der Tätigkeit, BAG vom 10.05.2012, a.a.O., Rz 36.

Mit der Aufgabenwahrnehmung ab dem 01.01.2013 - darüber hinaus mit den zuvor bei der Rettungsdienste gGmbH beschäftigten Arbeitnehmern - hat sie diese wirtschaftliche Einheit auch unter Wahrung ihrer Identität fortgeführt.

Es liegt auch ein rechtsgeschäftlicher Übergang der Rettungswachen Guben und Spremberg auf die Arbeitgeberin vor. Dass keine vertraglichen Beziehungen zur Rettungsdienste gGmbH bestanden, ändert hieran nichts. Ein unmittelbarer Vertragsschluss zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber ist nicht erforderlich (Schaub-Koch, Arbeitsrechtshandbuch, 14. Auflage, § 117 Rz. 31 mit weiteren Nennungen). Die Arbeitgeberin hat durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung mit dem Landkreis die Verfügungsbefugnis über die wesentlichen - sächlichen - Betriebsmittel der Rettungswachen Guben und Spremberg erhalten. Diese hatte der Landkreis zuvor als Eigentümer im Jahr 2010 in gleicher Weise dem Verein überlassen. Mit dem Auslaufen des Vertrages zum 31.12.2012 sind die Betriebsmittel an den Landkreis zurückgefallen und, da dieser den Rettungsdienst nicht selber betreibt, durch den mit der Arbeitgeberin abgeschlossenen Vertrag dieser unmittelbar zur weiteren Nutzung überlassen worden. Inwieweit sich der Verein zur Aufgabenerfüllung der Rettungsdienste gGmbH bediente, ist unerheblich.

b) Die Arbeitgeberin hat die von ihr übernommenen Betriebe bzw. Betriebsteile gemäß § 21 a Abs. 2 BetrVG zu einem Betrieb zusammengefasst. Eine Zusammenfassung gemäß § 21 a Abs. 2 BetrVG setzt voraus, dass zwei oder mehrere Betriebe oder Betriebsteile zu einem einheitlichen neuen, betriebsratsfähigen Betrieb zusammengefasst werden. Beide zuvor selbständigen Einheiten verlieren ihre Betriebsratsfähigkeit. Für den Betriebsrat des nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer größten Betriebs oder Betriebsteils entsteht ein Übergangsmandat.

Die Arbeitgeberin hat unwidersprochen vorgetragen, dass die sieben Rettungswachen seit dem 01.01.2013 als Gesamtbetrieb aus der Zentrale in Hamm geführt werden. Hier würden Personalbuchhaltung und allgemeine Personalverwaltung erledigt. Unstreitig gibt es nunmehr einen Leiter Rettungsdienst für alle sieben Rettungswachen, zudem ist die Materialbeschaffung bei einer Rettungswache zentralisiert worden. Die räumliche Lage der Rettungswachen, insbesondere die Entfernungen zwischen den Rettungswachen Guben, Spremberg und den bisher beim Verein bereits als Betriebsteil geführten Rettungswachen Burg, Forst, Döbern, Drebkau und Peitz steht einer Zusammenfassung der Rettungswachen zu einem Gesamtbetrieb nicht entgegen. Die Distanz zwischen den bereits bisher als ein Betrieb geführten Rettungswachen Guben und Spremberg beträgt knapp 70 Kilometer. Innerhalb dieser Distanz sind von Guben und Spremberg aus die anderen Rettungswachen Peitz, Burg, Forst, Döbern und Drebkau zu erreichen.

c) Durch die Zusammenfassung der sieben Rettungswachen zu einem Gesamtbetrieb ist das Mandat des Betriebsrates zum 31.12.2012 erloschen. Der auf die Arbeitgeberin übergegangene Betrieb der Rettungsdienste gGmbH hatte 49 Arbeitnehmer, der Verein hat ca. 160 Arbeitnehmer. In den Rettungswachen Burg, Forst, Döbern, Drebkau und Peitz sind 57 Arbeitnehmer tätig. Damit steht das Übergangsmandat gemäß § 21 a Abs. 2 BetrVG nicht dem klagenden Betriebsrat zu.

4. Der Betriebsrat ist auch nicht aufgrund einer Eingliederung der Rettungswachen Burg, Forst, Döbern, Drebkau und Peitz in den Betrieb der Rettungswachen Spremberg und Guben zuständig. Eine Eingliederung liegt nicht vor.

Eine Eingliederung setzt voraus, dass die Arbeitnehmer des aufgenommenen Betriebes in die Abteilungen des aufnehmenden Betriebes verteilt werden und dort gegebene Tätigkeiten wahrnehmen, dass also der aufnehmende Betrieb in seiner Organisationsstruktur unverändert bleibt. Der aufnehmende Betrieb wird lediglich größer, ohne dass er dadurch tiefgreifende Veränderungen erfährt, Hessisches Landesarbeitsgericht vom 23.10.2008, 9 TABV 155/08, Rz. 22 mit weiteren Nachweisen.

In der mündlichen Verhandlung wurde vom Betriebsrat darauf abgestellt, dass sich bisher an der Organisation der Rettungswachen nichts geändert habe. Dann kann aber auch keine Eingliederung vorliegen. Einer Eingliederung steht auch der unwidersprochene Vortrag der Arbeitgeberin zum Gesamtbetrieb und der einheitlichen Personalleitung und -verwaltung von Hamm aus entgegen. Schließlich müsste die Eingliederung vom Willen der Arbeitgeberin getragen sein, da sie den Betrieb organisiert. Da die Arbeitgeberin bereits den Übergang des Betriebes der Rettungsdienste gGmbH bestreitet, kann eine Eingliederung in diesen, ihrer Meinung nach von ihr nicht fortgeführten Betrieb, nicht erfolgt sein.

5. Da der Betriebsrat nicht über den 31.12.2012 hinaus im Amt geblieben ist, hat er keine Ansprüche auf Duldung von Betriebsratstätigkeiten und auf Vorlage von Dienstplänen zur Ausübung des Mitbestimmungsrechtes nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Die Anträge des Betriebsrates zu 2 bis 5 sind daher jedenfalls unbegründet.

6. Eine Beiladung des Betriebsrates des Vereins war nicht zu prüfen, da die Anträge des Betriebsrates abzuweisen waren. Da für den Betriebsrat kein Übergangsmandat gemäß § 21 a BetrVG festgestellt wurde, können Rechte des Betriebsrates des Vereins nicht beeinträchtigt sein.



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