Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern

Urteil vom - Az: 5 Sa 22/21

Eine Pro-forma-Probezeit verkürzt nicht die Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung in der Probezeit.
Die Klägerin, eine bei der Deutschen Rentenversicherung beschäftigte Fachangestellte, bewarb sich bei einem anderen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung. Der neue Arbeitsplatz erwies sich für die Klägerin aufgrund der Lage – ihr damaliger Arbeitsplatz war etwa 160 km von ihrem Wohnort entfernt – und wegen ihrer zwei minderjährigen Kinder als besonders geeignet. Nach einem Vorstellungsgespräch erhielt die Klägerin eine Einstellungszusage. Anschließend schloss die Klägerin mit dem neuen beklagten Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag, in dem u.a. eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart war. Noch während der Probezeit beantragte die Beklagte beim Personalrat die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung der Klägerin, da „erhebliche Defizite an der persönlichen Eignung der Klägerin bestünden“. Sodann wurde das Arbeitsverhältnis der Klägerin ordentlich gekündigt. Hiergegen klagte die Klägerin – ohne Erfolg.
Aus einer arbeitgeberseitigen Äußerung im Vorstellungsgespräch oder bei Arbeitsantritt, dass eine Probezeit nur "pro forma" vereinbart werde oder sei, lasse sich regelmäßig kein Verzicht des Arbeitgebers auf die erleichterten Kündigungsmöglichkeiten während der Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes herleiten, so das Gericht. Weiterhin hielt das LAG die Anhörung des Personalrates für ausreichend. Der Arbeitgeber müsse dem Personalrat nicht über den Tatsachenkern seines subjektiven Werturteils informieren, wieso das Arbeitsverhältnis nicht fortgesetzt werden soll. Es genüge für eine ordnungsgemäße Anhörung, wenn der Arbeitgeber lediglich das Werturteil selbst als das Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteilt. Der erst nach Ablauf der Probezeit eintretende Kündigungsschutz dürfe nicht durch die Anforderungen, die an eine Anhörung des Personalrats gestellt werden, vorverlagert werden.
(Redaktionelle Zusammenfassung)

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund (Kammern Neubrandenburg) vom 12.11.2020 - 14 Ca 231/19 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung in der Wartezeit (im allgemeinen Sprachgebrauch auch als Probezeit bezeichnet).

Die im Juli 1978 geborene Klägerin nahm am 01.09.1998 bei der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellten auf und wurde im Anschluss daran in ein Arbeitsverhältnis übernommen. Aufgrund der Entfernung zwischen ihrem Wohnort und dem vormaligen Arbeitsort in S. (rund 160 km), bewarb sich die Klägerin, die zwei minderjährige Kinder hat, Ende 2018 bei der in L. ansässigen Beklagten auf eine Stelle in C-Stadt. Im Anschluss an das Vorstellungsgespräch am 30.11.2018, bei dem auch die Vorsitzende des Personalrats anwesend war, erhielt die Klägerin am 18.12.2018 per Mail eine Einstellungszusage. Die Parteien schlossen sodann am 07.01.2019 mit Wirkung zum 01.04.2019 einen Arbeitsvertrag über eine Vollzeitbeschäftigung. Dort vereinbarten die Parteien u. a. Folgendes:

"...

§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für die Verbandsmitglieder der Tarifgemeinschaft der Deutschen Rentenversicherung (TV-TgDRV), dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Verbandsmitglieder der Tarifgemeinschaft der Deutschen Rentenversicherung und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-TgDRV) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung.

Auf das Arbeitsverhältnis finden die Regelungen für das Tarifgebiet Ost Anwendung.

§ 3

Die Probezeit beträgt nach § 2 Abs. 4 TV-TgDRV 6 Monate.

§ 4

Die Beschäftigte ist in die Entgeltgruppe 8 TV-TgDRV eingruppiert.

...

§ 8

Nebenabreden sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden (§ 2 Abs. 3 Satz 1 TV-TgDRV).

..."

Am 25.02.2019 beantragte die Klägerin eine Verringerung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 30 Stunden für die Zeit vom 01.04.2019 bis zum 31.03.2024, was die Beklagte mit Schreiben vom 11.03.2019 bewilligte. Die Beklagte wies die Klägerin dem Team 25 zu, in dem auch ein Mitglied des Personalrats tätig ist. Zum 01.06.2019 wechselte die Teamleitung. Ende Juli/Anfang August 2019 fand eine Teambesprechung zur Umstrukturierung bei der Beklagten statt.

Mit Schreiben vom 22.08.2019 beantragte die Beklagte beim Personalrat die Zustimmung zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung der Klägerin. In dem Schreiben heißt es:

"...

Frau A. wurde mit Wirkung vom 01.04.2019 (Entgeltgruppe 8) und einer sechsmonatigen Probezeit eingestellt.

Nach vorliegender Einschätzung / Anlassbeurteilung durch den Fachbereich vom 22.08.2019 erfüllt Frau A. zwar die fachlichen Anforderungen der Stelle, allerdings bestehen erhebliche Defizite an der persönlichen Eignung (Teamfähigkeit, Leistungsbereitschaft, Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten).

Seitens des Fachbereiches wurden während der Probezeit mehrere Gespräche mit der Mitarbeiterin geführt. Eine Verbesserung war nicht festzustellen.

Das Beschäftigungsverhältnis soll daher zum 30.09.2019 gemäß § 34 Abs. 1 TV-TgDRV wegen Nichtbestehens der Probezeit gekündigt werden.

Es wird um Zustimmung gebeten.

..."

Der Personalrat beantragte daraufhin eine Fristverlängerung bis zum 11.09.2019 wegen Informationsbedarfs. Am 06.09.2019 fand ein Gespräch zwischen der Personalratsvorsitzenden und einem weiteren Personalratsmitglied sowie dem Teamleiter und seiner Stellvertreterin statt. Mit der E-Mail vom 12.09.2019 erklärte der Personalrat, der beabsichtigten Kündigung der Klägerin nicht zuzustimmen.

Mit Schreiben vom 16.09.2019, der Klägerin am selben Tag ausgehändigt, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.09.2019.

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass die Kündigung wegen Verstoßes gegen das Kündigungsschutzgesetz unwirksam sei, da ihr Beschäftigungsverhältnis durchgängig seit 1998 bestehe. Es sei von einem einheitlichen Arbeitsverhältnis auszugehen. Die Vereinbarung einer Probezeit sei deshalb unzulässig. Abgesehen davon sei die Kündigung aber auch sittenwidrig und verstoße gegen Treu und Glauben. Schon im Vorstellungsgespräch sei der Klägerin von Frau S. und Frau M. im Beisein der Personalratsvorsitzenden erklärt worden, dass eine Probezeit allenfalls pro forma in den Vertrag aufgenommen und die Beklagte angesichts der Qualitäten und der Berufserfahrung der Klägerin davon keinen Gebrauch machen werde. Bei Arbeitsantritt der Klägerin habe ihr Frau T. - angesprochen auf die Probezeit - erneut versichert, eine Kündigung allenfalls bei dauerhafter Erkrankung oder im Falle eines Diebstahls in Betracht zu ziehen. Die Beklagte sei zunächst mit ihrer Arbeitsleistung vollkommen zufrieden gewesen. Am 19.08.2019 habe sich dann die Situation schlagartig geändert. Der Teamleiter habe ihr vorgeworfen, ihn beim Personalrat "angeschissen" zu haben. Sie sei jedoch gar nicht beim Personalrat gewesen und habe dies auch dem Teamleiter versichert. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt Gespräche mit ihr über vermeintliche Defizite geführt. Der Teamleiter habe ihr wegen der guten Arbeitsleistungen sogar einen Heimarbeitsplatz angeboten.

Zudem habe die Beklagte den Personalrat nicht ordnungsgemäß angehört und seine Zustimmung nicht eingeholt. Die Beklagte habe ihm schon nicht die persönlichen Grunddaten wie Alter, Unterhaltspflichten, langjährige Vorbeschäftigung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund usw. mitgeteilt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 16.09.2019 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es handele sich um eine Kündigung in der Warte- bzw. Probezeit, die gerade nicht den Maßstäben des Kündigungsschutzgesetzes unterliege. Die Probezeit sei keinesfalls pro forma vereinbart worden. Solche Zusicherungen habe es nicht gegeben. Die Klägerin habe stetig für Unruhe im Team gesorgt und die Zusammenarbeit gestört. Trotz mehrerer Gespräche sei keine Ruhe eingekehrt. Aufgrund dessen habe sich die Beklagte entschieden, das Arbeitsverhältnis der Klägerin zu beenden. Die Beklagte habe den Personalrat ordnungsgemäß angehört. Da ein Kündigungsgrund im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes nicht erforderlich gewesen sei, habe es genügt, dem Personalrat ein pauschales Werturteil mitzuteilen, um die Kündigung zu begründen. Da der Personalrat verspätet Stellung genommen habe, sei der Widerspruch nicht mehr zu berücksichtigen. Der Personalrat habe auch die Sozialdaten der Klägerin gekannt.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben zum Inhalt der Beteiligung des Personalrats und dazu die Personalratsvorsitzende sowie deren Stellvertreterin als Zeuginnen vernommen. Im Anschluss daran hat es die Klage abgewiesen. § 1 KSchG finde keine Anwendung, da das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten noch nicht länger als sechs Monate bestanden habe. Ein Wegfall der Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes sei zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Vielmehr sehe der von beiden Seiten unterzeichnete Arbeitsvertrag ausdrücklich eine Probezeit vor. Eventuelle gegenteilige Äußerungen im Vorstellungsgespräch seien jedenfalls nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrages überholt. Die Kündigung verstoße weder gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB) noch gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die Klägerin habe hierzu nicht substantiiert vorgetragen. Die Kündigung sei schließlich auch nicht wegen einer mangelhaften Beteiligung des Personalrats nach § 51 Abs. 1, § 52 MBG SH unwirksam. Die Beklagte habe den Personalrat nicht fehlerhaft oder unvollständig unterrichtet. Innerhalb der Warte- bzw. Probezeit genüge ein personenbezogenes Werturteil. Der Arbeitgeber müsse dieses Werturteil gegenüber dem Personalrat nicht näher begründen. Dem Personalrat seien die wesentlichen Personaldaten der Klägerin bekannt gewesen. Die Personalratsvorsitzende habe in der Beweisaufnahme bestätigt, das Alter der Klägerin und ihre Unterhaltspflichten bei Einleitung des Beteiligungsverfahrens gekannt zu haben. Die Zustimmung des Personalrats gelte mit Ablauf der verlängerten Frist, also dem 11.09.2019, als erteilt. Der am Tag darauf verspätet eingegangene Widerspruch sei unbeachtlich.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer frist- und formgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beklagte den Personalrat ordnungsgemäß unterrichtet habe. Die Beklagte habe die beabsichtigte Kündigung nicht auf ein Werturteil, sondern auf konkrete Tatsachen gestützt, nämlich die fehlende Bereitschaft, Vertretungsaufgaben bei Krankheit oder Urlaub zu übernehmen. Das müsse auch Gegenstand des Gesprächs am 06.09.2019 gewesen sein. Die entgegenstehenden Angaben der Zeuginnen bei ihrer Vernehmung seien deshalb wenig glaubhaft, was eine nochmalige Vernehmung unter eindringlichem Hinweis auf die Wahrheitspflicht erfordere. Die Beweisaufnahme habe entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht ergeben, dass die Beklagte dem Personalrat die nötigen Personalien der Klägerin mitgeteilt habe. Unabhängig davon sei die Kündigung sitten- und treuwidrig, weil die Beklagte der Klägerin beim Vorstellungsgespräch und nochmals bei Arbeitsantritt zugesichert habe, von der Probezeitregelung keinen Gebrauch zu machen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 12.11.2020 verkündeten und am 05.01.2021 zugestellten Urteils des Arbeitsgerichts Stralsund (Kammern Neubrandenburg) zum Aktenzeichen 14 Ca 231/19festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 16.09.2019 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts und verwahrt sich gegen die Unterstellung der Klägerin, die Zeuginnen beeinflusst zu haben. Die Personaldaten der Klägerin seien dem Personalrat bekannt gewesen, und zwar schon aufgrund des nur wenige Monate zurückliegenden Einstellungsvorgangs. Der Personalrat habe sämtliche Bewerbungsunterlagen erhalten. Der Kündigungsentschluss beruhe nicht auf konkreten Tatsachen, sondern auf einem subjektiven Werturteil. Im Übrigen habe die Beklagte gerade nicht auf eine Probezeit verzichtet, wie sich schon aus dem von der Klägerin vorbehaltlos unterzeichneten Arbeitsvertrag ergebe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle sowie das angegriffene arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit der zutreffenden Begründung abgewiesen. Das Berufungsgericht macht sich die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu eigen.

Die Kündigung der Beklagten vom 16.09.2019 verstößt weder gegen § 1 KSchG noch gegen § 138, § 242 BGB noch gegen § 52 MBG SH.

1. Kündigungsschutz nach Kündigungsschutzgesetz

Nach § 1 Abs. 1 KSchG ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG). Sinn und Zweck dieser "Wartezeit" ist es, den Parteien des Arbeitsverhältnisses für eine gewisse Zeit die Prüfung zu ermöglichen, ob sie sich auf Dauer binden wollen (BAG, Urteil vom 20. Februar 2014 - 2 AZR 859/11 - Rn. 18 = NZA 2014, 1083). Ein Wechsel des Arbeitgebers, der zu einem neuen Rechtsverhältnis führt, unterbricht grundsätzlich die Wartezeit (BAG, Urteil vom 21. November 2013 - 6 AZR 664/12 - Rn. 36, juris = NZA 2014, 362).

Das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten hat bei Zugang der Kündigung noch nicht länger als sechs Monate bestanden. Die Klägerin hat zum 01.04.2019 ein neues Arbeitsverhältnis mit der Beklagten begründet. Ihr vorangegangenes Arbeitsverhältnis mit der Deutschen Rentenversicherung Bund hat sie dementsprechend beendet. Die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Beklagte sind unterschiedliche Unternehmen. Das frühere Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Deutschen Rentenversicherung Bund ist weder kraft Gesetzes noch durch Rechtsgeschäft auf die Beklagte übergegangen. Weder hat die Beklagte ganz oder teilweise die Rechtsnachfolge der Deutschen Rentenversicherung Bund angetreten noch haben die Parteien die Überleitung des früheren Arbeitsverhältnisses mit seinen Rechten und Pflichten vereinbart. Vielmehr haben sie zum 01.04.2019 ein neues Arbeitsverhältnis begründet.

Die Parteien haben keine Vereinbarung geschlossen, nach der die Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes abgekürzt oder aufgehoben wird. Ebenso wenig hat sich die Beklagte der Klägerin gegenüber rechtsverbindlich verpflichtet, von der vereinfachten Kündigungsmöglichkeit in der Warte- bzw. Probezeit keinen Gebrauch zu machen. Eine solche rechtsgeschäftliche Willenserklärung hat die Beklagte weder im Vorstellungsgespräch noch bei Arbeitsantritt gegenüber der Klägerin abgegeben.

Willenserklärung ist jedes Verhalten, das darauf gerichtet ist, Rechte zu begründen, zu ändern oder aufzuheben (BAG, Urteil vom 02. August 2018 - 6 AZR 28/17 - Rn. 19, juris = NZA-RR 2019, 34; BGH, Urteil vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 31/19 - Rn. 39, juris; BGH, Urteil vom 27. Mai 2020 - VIII ZR 45/19 - Rn. 96, juris = MDR 2020, 845). Ob eine Äußerung oder ein bestimmtes Verhalten als Willenserklärung zu verstehen ist, ist durch Auslegung zu ermitteln. Nach §§ 133, 157 BGB sind Willenserklärungen und Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten, wobei vom Wortlaut auszugehen ist. Auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände sind einzubeziehen, um den wirklichen Willen der Parteien zu ermitteln, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Vor allem sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel ist der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Vertragspartner gerecht werdenden Ergebnis führt (BAG, Urteil vom 24. März 2021 - 10 AZR 16/20 - Rn. 37, juris; BAG, Urteil vom 28. Januar 2020 - 9 AZR 493/18 - Rn. 49, juris = NZA 2021, 711). Maßgeblich ist, wie sich das Verhalten aus der Sicht des Erklärungsempfängers bei verständiger Betrachtung darstellt (BAG, Urteil vom 02. August 2018 - 6 AZR 28/17 - Rn. 19, juris = NZA-RR 2019, 34; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13. August 2019 - 5 Sa 85/19 - Rn. 31, juris).

Selbst wenn zwei Mitarbeiterinnen der Beklagten beim Vorstellungsgespräch, wie von der Klägerin behauptet, sich dahingehend geäußert haben sollten, dass eine Probezeit allenfalls pro forma in den Vertrag aufgenommen werde und die Beklagte angesichts der klägerischen Qualitäten und ihrer Berufserfahrung davon keinen Gebrauch machen werde, lässt sich daraus kein rechtsverbindlicher Verzicht auf arbeitgeberseitige Rechte herleiten. Hierfür gab es nach der Interessenlage keinerlei Anlass. Die Beklagte hatte nicht von sich aus die Klägerin zu einem Wechsel des Arbeitgebers veranlasst, insbesondere hatte sie die Klägerin nicht abgeworben. Vielmehr ging die Initiative von der Klägerin aus, die aus persönlichen Gründen den Arbeitsort wechseln wollte. Die Äußerungen der beiden Mitarbeiterinnen - unterstellt, dass diese so gefallen sind - drücken lediglich die Erwartungshaltung der Beklagten aus, die angesichts der langjährigen einschlägigen Vorbeschäftigung von der nötigen Sach- und Fachkunde ausging. Die Beklagte hat gerade nicht zugesichert, keine Probezeit in den Vertrag aufzunehmen oder auf eine Probezeit zu verzichten. Vielmehr hat sie bereits im Vorstellungsgespräch auf der Vereinbarung einer Probezeit bestanden, und sei es "pro forma". Aus dem Zusatz "pro forma" lässt sich lediglich entnehmen, dass die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt keinerlei Zweifel an einem erfolgreichen Verlauf der Probezeit hatte, weil sie die notwendigen Fachkenntnisse bei der Klägerin als gegeben ansah. Bezogen auf die Fachkenntnisse ging die Beklagte davon aus, die Probezeit nur "pro forma" zu benötigen.

Die Beklagte hat auch bei Dienstantritt der Klägerin nicht nachträglich auf eine Probe- bzw. Wartezeit verzichtet. Schon nach den Behauptungen der Klägerin hat die Beklagte eine Kündigung in der Probezeit nicht gänzlich ausgeschlossen, sondern lediglich bestimmte Fallgruppen hierfür genannt, nämlich eine dauerhafte Erkrankung oder einen Diebstahl. Diese Aufzählung ist offensichtlich nicht abschließend, sondern gibt lediglich Fallbeispiele wieder. Ein rechtsgeschäftlicher Wille zur Änderung der im Arbeitsvertrag festgelegten Bedingungen lässt sich aus dieser Äußerung nicht herleiten. Die Beklagte rechnete angesichts der langjährigen Vorbeschäftigung bei einem anderen Rentenversicherungsträger fest mit einem Bestehen der Probezeit und hielt eine Probezeitkündigung deshalb für unwahrscheinlich, aber eben auch nicht für ausgeschlossen, wie die Fallbeispiele zeigen. Sie sah die Vereinbarung einer Probezeit zwar, wie in jedem anderen Fall auch, für erforderlich an, ging aber davon aus, dass die Klägerin diese bestehen würde. Ein weitergehender Inhalt, insbesondere ein Verzicht auf Rechte des Arbeitgebers, lässt sich den Äußerungen nicht beimessen.

2. Sitten- oder Treuewidrigkeit

Die Kündigung vom 16.09.2019 verstößt nicht gegen § 138, § 242BGB.

Während der gesetzlichen Wartezeit des § 1 KSchG ist der Arbeitnehmer lediglich vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts des Arbeitgebers geschützt. In dieser Zeit ist das Vertrauen des Arbeitnehmers in den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses dadurch beschränkt, dass er mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne den Nachweis von Gründen rechnen muss. Umgekehrt hat der Arbeitgeber bei der Einstellung eines Arbeitnehmers regelmäßig ein berechtigtes Interesse daran, prüfen zu können, ob der neue Mitarbeiter seinen Vorstellungen entspricht. In der Wartezeit erfolgt daher grundsätzlich nur eine Missbrauchskontrolle. Auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben verstößt eine Kündigung in der Wartezeit deshalb nur dann gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind. Eine solche Kündigung ist nicht willkürlich, wenn für sie ein irgendwie einleuchtender Grund besteht (BAG, Beschluss vom 08. Dezember 2011 - 6 AZN 1371/11 - Rn. 11, juris = NJW 2012, 1613; BAG, Urteil vom 22. April 2010 - 6 AZR 828/08 - Rn. 41, juris = ZTR 2010, 430; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08. Juli 2021 - 5 Sa 387/20 - Rn. 46, juris).

Die Klägerin hat keine Tatsachen dargelegt, die auf eine missbräuchliche Nutzung des Kündigungsrechts durch die Beklagte hindeuten. Das Fehlen eines Kündigungsgrundes im Sinne des § 1Abs. 2 KSchG ist kein Anzeichen für einen Rechtsmissbrauch, da ein solcher Grund in der Wartezeit gerade nicht erforderlich ist. Die Klägerin entsprach nach Einschätzung der Beklagten im Hinblick auf die Teamfähigkeit, Leistungsbereitschaft und Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten nicht den arbeitgeberseitigen Vorstellungen. Ob diese subjektive Einschätzung der Beklagten objektiv gerechtfertigt ist, kann dahinstehen. Eine negative Bewertung der persönlichen Eignung, wie sie die Beklagte vorgenommen hat, genügt bei einer Wartezeitkündigung und stellt keine rechtsmissbräuchliche Nutzung des Kündigungsrechts dar.

Soweit die Klägerin die Sitten- oder Treuwidrigkeit der Kündigung aus den behaupteten Äußerungen der Beklagten zur Probezeit herleitet, wird auf die vorangegangenen Ausführungen zum Kündigungsschutzgesetz verwiesen. Die Beklagte hat sich nicht widersprüchlich verhalten. Sie hat bei der Klägerin kein schutzwürdiges Vertrauen geweckt, dass sie von der erleichterten Kündigungsmöglichkeit in der Wartezeit keinen Gebrauch machen werde, sondern sich ausschließlich auf Kündigungsgründe im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG stützen werde.

3. Personalratsbeteiligung

Eine der Mitbestimmung des Personalrates unterliegende Maßnahme kann gemäß § 52 Abs. 1 MBG SH nur mit seiner Zustimmung getroffen werden. Der Personalrat bestimmt mit bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen, die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken (§ 51 Abs. 1 Satz 1 MBG SH).

Die Dienststellenleitung hat den Personalrat von der beabsichtigten Maßnahme zu unterrichten und seine Zustimmung zu beantragen (§ 52 Abs. 2 Satz 1 MBG SH). Der Personalrat kann verlangen, dass die Dienststellenleitung die beabsichtigte Maßnahme begründet (§ 52 Abs. 2 Satz 2 MBG SH).

Der Personalrat hat über die beantragte Zustimmung zu beschließen und den Beschluss der Dienststellenleitung innerhalb von zehn Arbeitstagen mitzuteilen (§ 52 Abs. 2 Satz 3 MBG SH). Die Frist kann im Einzelfall in beiderseitigem Einvernehmen zwischen der jeweiligen Dienststelle und der Personalvertretung verkürzt oder verlängert werden (§ 52 Abs. 7 Satz 1 MBG SH). Die Maßnahme gilt als gebilligt, wenn nicht der Personalrat fristgerecht die Zustimmung unter Angabe der Gründe schriftlich verweigert (§ 52 Abs. 2 Satz 5 MBG SH).

Für den Umfang der Unterrichtungspflicht gelten diejenigen Grundsätze, die die Rechtsprechung im Rahmen von § 102 BetrVG entwickelt hat (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 10. Januar 2018 - 1 Sa 447/17 - Rn. 18, juris = ZfPR online 2018, Nr. 6, 18-20).

Der notwendige Inhalt der Unterrichtung des Personalrats richtet sich nach Sinn und Zweck der Anhörung. Dieser besteht darin, den Personalrat in die Lage zu versetzen, sachgerecht im Interesse des Arbeitnehmers auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers einzuwirken. Der Personalrat soll die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe überprüfen und sich über sie eine eigene Meinung bilden können. Die Anhörung soll dem Personalrat nicht die selbständige - objektive - Überprüfung der rechtlichen Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung, sondern ggf. eine Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers ermöglichen (vgl. BAG, Urteil vom 22. September 2016 - 2 AZR 700/15 - Rn. 25, juris = NJW 2017, 684).

Der Inhalt der Unterrichtung ist deshalb grundsätzlich subjektiv determiniert. Der Arbeitgeber muss dem Personalrat diejenigen Umstände mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben. Dem kommt der Arbeitgeber dann nicht nach, wenn er dem Personalrat einen schon aus seiner eigenen Sicht unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt unterbreitet. Schildert er dem Personalrat bewusst einen solchen irreführenden Kündigungssachverhalt, der sich bei der Würdigung durch den Personalrat zum Nachteil des Arbeitnehmers auswirken kann, ist die Anhörung unzureichend und die Kündigung unwirksam (vgl. BAG, Urteil vom 22. September 2016 - 2 AZR 700/15 - Rn. 26, juris = NJW 2017, 684).

Bei einer Kündigung in der Wartezeit ist die Substantiierungspflicht nicht an den objektiven Merkmalen der Kündigungsgründe des noch nicht anwendbaren § 1 KSchG, sondern allein an den Umständen zu messen, aus denen der Arbeitgeber subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet (vgl. BAG, Urteil vom 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - juris, Rn. 20 = NZA 2013, 1412).

Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Information des Personalrats durch den Arbeitgeber bei Wartezeitkündigungen zu stellen sind, ist deshalb zwischen Kündigungen, die auf substantiierbare Tatsachen gestützt werden, und Kündigungen, die auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, die sich in vielen Fällen durch Tatsachen nicht näher belegen lassen, zu differenzieren. In der ersten Konstellation genügt die Anhörung den Anforderungen nur, wenn dem Personalrat die zugrundeliegenden Tatsachen bzw. Ausgangsgrundlagen mitgeteilt werden. In der zweiten Konstellation reicht die Mitteilung allein des Werturteils für eine ordnungsgemäße Personalratsanhörung aus. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall nicht verpflichtet, im Rahmen des Anhörungsverfahrens sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu substantiieren oder zu begründen. Darum genügen Mitteilungen wie z. B. "die Arbeitnehmerin hat sich während der Probezeit nicht bewährt und ist nicht geeignet, die ihr übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen" oder "nach unserer allgemeinen, subjektiven Einschätzung genügt die Arbeitnehmerin unseren Anforderungen nicht" oder "der Arbeitnehmer hat die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt" jeweils den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anhörung des Personalrats (vgl. BAG, Urteil vom 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - juris, Rn. 22 = NZA 2013, 1412; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 29. Januar 2019 - 5 Sa 105/18 - Rn. 97, juris = LAGE § 26 BBiG 2005 Nr. 2).

Liegen dem subjektiven Werturteil des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis nicht über die Wartezeit hinaus fortsetzen zu wollen, nach Zeit, Ort und Umständen konkretisierbare Tatsachenelemente zugrunde, muss der Arbeitgeber den Personalrat über diesen Tatsachenkern bzw. die Ansatzpunkte seines subjektiven Werturteils nicht informieren. Es genügt für eine ordnungsgemäße Anhörung, wenn er lediglich das Werturteil selbst als das Ergebnis seines Entscheidungsprozesses mitteilt (vgl. BAG, Urteil vom 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - juris, Rn. 23 = NZA 2013, 1412). Der erst nach Ablauf der Wartezeit eintretende Kündigungsschutz darf durch die Anforderungen, die an eine Anhörung des Personalrats gestellt werden, nicht vorverlagert werden. Eine Vermengung der formellen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Anhörung mit der Überprüfung der Kündigungsgründe aufgrund der Prozesssituation bezweckt die Mitbestimmung des Personalrats nicht. Die formellen Anforderungen an die Unterrichtung des Personalrats sind deshalb an dem Schutzniveau des materiell-rechtlichen Kündigungsschutzes des Arbeitnehmers in der Wartezeit zu messen (vgl. BAG, Urteil vom 12. September 2013 - 6 AZR 121/12 - juris, Rn. 26 = NZA 2013, 1412; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 14. März 2018 - 3 Sa 196/17 - Rn. 34, juris = EzTöD 100 § 34 Abs. 1 TVöD-AT Wartezeit Nr. 14).

Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte den Personalrat bereits mit dem Schreiben vom 22.08.2019 ausreichend unterrichtet. Sie hat ihm die Beschäftigungszeit der Klägerin mitgeteilt, die Eingruppierung sowie das beabsichtigte Kündigungsdatum. Des Weiteren hat sie ihm den Kündigungsgrund, der sich aus einem subjektiven Werturteil ergibt, mitgeteilt. Die Beklagte war nicht verpflichtet, ihr Werturteil gegenüber dem Personalrat näher zu begründen und durch konkrete Tatsachen mit Zeit- und Ortsangaben zu belegen. Es genügte, lediglich das Werturteil als Ergebnis des Entscheidungsprozesses mitzuteilen. Nach Einschätzung der Beklagten gab es erhebliche Defizite bei der persönlichen Eignung im Hinblick auf Teamfähigkeit, Leistungsbereitschaft und Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten. Dieses subjektive Werturteil war für den Kündigungsentschluss der Beklagten ausschlaggebend. Wie und weshalb die Beklagte zu dieser Einschätzung gelangt ist, musste sie gegenüber dem Personalrat nicht näher begründen. Die Beklagte hat den Personalrat nicht irreführend unterrichtet. Sie hat keine Gründe vorgeschoben, die für ihren Entschluss zur Kündigung gerade nicht ausschlaggebend waren. Sie hat den wahren Kündigungsgrund gegenüber dem Personalrat nicht verschleiert.

Eine nochmalige Vernehmung der erstinstanzlich herangezogenen Zeuginnen ist nicht veranlasst. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des 1. Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Solche konkreten Anhaltspunkte sind vom Berufungskläger mit der Berufungsbegründung vorzutragen (§ 520Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO). Grundsätzlich ist das Berufungsgericht an die vom Gericht des 1. Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden (BGH, Beschluss vom 27. Januar 2021 - XII ZR 21/20 - Rn. 7, juris = NJW-RR 2021, 718; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04. Dezember 2018 - 8 Sa 37/18 - Rn. 74, juris). Eine erneute Tatsachenfeststellung durch das Berufungsgericht ist nur als Ausnahme vorgesehen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Juli 2020 - 8 Sa 69/19 - Rn. 103, juris = AuA 2021, Nr. 9, 50). Ein solcher Ausnahmefall ist gegeben, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 12. März 2004 - V ZR 257/03 - Rn. 9, juris = NJW 2004, 1876; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Dezember 2019 - 3 Sa 30/19 - Rn. 70, juris).

Die Feststellungen des Arbeitsgerichts Stralsund zum entscheidungserheblichen Sachverhalt wecken keine Zweifel im Hinblick auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit. Es liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass die Angaben der Zeuginnen nicht stimmen könnten. Die Aussagen der beiden Zeuginnen weisen keine Widersprüche auf. Ebenso wenig sind die Aussagen bezogen auf das Beweisthema lückenhaft. Die dargestellten Geschehensabläufe erscheinen zudem plausibel und nachvollziehbar. Konkrete Anzeichen für eine von der Klägerin angedeutete Beeinflussung der Zeuginnen gibt es nicht.

Ob es im Falle einer Wartezeitkündigung notwendig ist, dem Personalrat auch das Alter der Arbeitnehmerin und die Anzahl der Unterhaltspflichten mitzuteilen, kann dahinstehen. Der Personalrat kannte jedenfalls die Sozialdaten der Klägerin, was die Vernehmung der Personalratsvorsitzenden ergeben hat. Die Beweiswürdigung der Vorinstanz ist auch insofern nicht fehlerhaft. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Angaben der Zeugin so wie geschildert nicht zutreffen können. Vielmehr ist es naheliegend, wenn der Personalratsvorsitzenden angesichts des wenige Monate zurückliegenden Einstellungsvorgangs, bei dem der Personalrat die Bewerbungsunterlagen erhalten hatte, noch präsent sind. Daten, die dem Personalrat bereits bekannt sind, muss der Arbeitgeber nicht erneut mitteilen. Im Übrigen gehörte ein Personalratsmitglied dem Team der Klägerin an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Rechtsstreit wirft keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.



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