Landesarbeitsgericht München

Urteil vom - Az: 4 TaBV 57/18

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Überstunden auch bei Unkenntnis des Arbeitgebers

(1.) Der beteiligte Betriebsrat hat bei der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitzubestimmen.

(2.) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erstreckt sich auch auf die Fälle, in denen der Arbeitgeber die Überstunden zwar nicht ausdrücklich anordnet, sondern diese nur duldet, indem er sie entgegennimmt und vergütet.

(3.) Eine fehlende Kenntnis des Arbeitgebers bezüglich der freiwilligen Ableistung von Überstunden bewirkt nicht, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats entfällt.
(Redaktionelle Orientierungssätze)

In dem entscheidenden Fall hatten die Arbeitgeberin und der Betriebsrat ein elektronisches Zeiterfassungssystem, das sog. „Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten“ (BV), eingeführt, der vorsah, dass die tägliche Arbeitszeit in den unterschiedlichen Schichtmodellen acht Stunden beträgt. In dem Zeitraum März bis einschließlich Mai 2017 zeichnete das System auf, dass zwei Mitarbeiter wiederholt Überstunden leisteten, ohne dass die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats vorlag. Hierüber setzte der Betriebsrat die Arbeitgeberin in Kenntnis und verlangte, für die Einhaltung der festgelegten Arbeitszeiten zu sorgen und erforderliche Maßnahmen für die Zukunft zu treffen, da andernfalls, würde die Arbeitgeberin der Forderung nicht nachkommen, rechtliche Schritte eingeleitet werden. Sodann leitete der Betriebsrat ein Beschlussverfahren ein, das um einen weiteren Fall ergänzt wurde, nachdem ein Mitarbeiter am 17.10 sowie am 12.12.2017 mehr als acht Stunden arbeitete. Zur Begründung führte der Betriebsrat aus, dass die Arbeitgeberin sowohl gegen die BV als auch gegen ihre Pflicht zur vorherigen Beteiligung des Betriebsrats verstoßen habe.
Während das ArbG den Antrag mit der Begründung ablehnte, dass kein Mitbestimmungsrecht bestehe, wenn einzelne Arbeitnehmer in Abweichung ihrer Arbeitsschichten und in Unkenntnis des Arbeitgebers über die vertragliche Arbeitszeit hinaus Arbeit leisten würden, gab das LAG den Anträgen des Betriebsrats statt. Da der Arbeitgeber der „Herr seines Betriebes“ sei, liege es auch in seiner Macht und Verantwortung zu entscheiden, ob er Überstunden zulasse oder nicht. Daher bestehe ein Bedürfnis für die Mitbestimmung des Betriebsrats nicht nur dann, wenn der Arbeitgeber die Erbringung von Überstunden ausdrücklich anordnet, sondern auch dann, wenn dem Arbeitgeber die (freiwillig) geleisteten Überstunden verborgen geblieben sind. Weiterhin habe der Betriebsrat im Rahmen des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Arbeitgeberin keine Frist zur Abhilfe zu setzen. Dies sei schon deshalb nicht erforderlich, weil die vom Betriebsrat vorgetragenen Verstöße gegen sein Mitbestimmungsrecht in der Vergangenheit liegen und damit ohnehin nicht mehr beseitigt werden können. Da die Arbeitgeberin nicht schlüssig dargelegt habe, dass die in der Vergangenheit stattgefundenen Vorfälle auf einer Sondersituation beruht haben, die künftig nicht mehr eintreten werden, sei der Arbeitgeberin für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld anzudrohen.
(Redaktionelle Zusammenfassung)

Tenor:

I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 29.06.2018 – Az. 36 BV 217/17 – wie folgt abgeändert und neu gefasst:

  1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es zu unterlassen von Mitarbeitern der Abteilung PMC und Outbound die Ableistung von Überstunden zu dulden oder entgegenzunehmen, ohne dass hierüber eine Einigung mit dem Beteiligten zu 1) herbeigeführt worden wäre oder die fehlende Einigung mit dem Beteiligten zu 1) durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden wäre oder ein Notfall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts oder eine Abwehrmaßnahme im Arbeitskampf vorliegt.

  2. Der Beteiligten zu 2) wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Verpflichtung der Ziffer 1. ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 € angedroht.

  3. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren noch darüber, ob der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin unter Androhung von Ordnungsmitteln die Unterlassung aufzugeben ist, weil sie Überstunden ohne vorherige Zustimmung des zu 1) beteiligten Betriebsrats geduldet bzw. entgegengenommen hat.

Die Arbeitgeberin ist Teil eines Konzerns, der einer der weltweit größten Distributoren für Komponenten der Elektronikindustrie ist. Im Betrieb der Arbeitgeberin in A-Stadt werden Logistikservice- und Produktveredelungsdienstleistungen für die europäische Elektroindustrie erbracht.

Der Beteiligte zu 1) ist der im Betrieb in A-Stadt gebildete Betriebsrat.

Zum 01.04.2016 ist im Betrieb in A-Stadt die „Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten“ (Bl. 17 ff d. A.) in Kraft getreten, die für den Betriebsteil Administration eine gleitende Arbeitszeit und für andere Bereiche Schichtarbeit vorsieht. Die tägliche Arbeitszeit in den unterschiedlichen Schichtmodellen beträgt acht Stunden. Auf den Inhalt der Betriebsvereinbarung wird Bezug genommen.

In dem bei der Arbeitgeberin im Betrieb in A-Stadt zum Einsatz kommenden elektronischen Zeiterfassungssystem wurden im Zeitraum März bis einschließlich Mai 2017 wiederholt Zeiten von arbeitstäglich mehr als acht Stunden hinsichtlich zweier Mitarbeiter, die jeweils die Funktion eines „Managers“ bekleiden und die in einem Schichtmodell nach der Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten von 08:15 Uhr bis 16:45 Uhr arbeiten, in der Abteilung PMC (Programmierung) aufgezeichnet.

In seiner Sitzung am 01.06.2017 beschloss der Betriebsrat einstimmig das erstinstanzliche Beschlussverfahren einzuleiten und seine Verfahrensbevollmächtigten mit der Durchführung des Verfahrens zu beauftragen (Bl. 135 ff. d. A.). Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 08.06.2017 (Bl. 108 d. A.) teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin mit, dass die beiden Mitarbeiter in der Abteilung PMC ihre Arbeitszeiten nicht eingehalten und Überstunden ohne seine Zustimmung/Beteiligung geleistet hätten. Er forderte die Arbeitgeberin auf, bis 12.06.2017 diesen Sachverhalt zu klären, die Verstöße abzustellen, erforderliche Maßnahmen für die Zukunft zu treffen und ihm gegenüber Stellung zu nehmen. Außerdem teilte er mit, dass er sich für den Fall, dass die Arbeitgeberin den Forderungen nicht nachkomme, dazu gezwungen sehe, rechtliche Schritte einzuleiten.

Am 17.10.2017 und 12.12.2017 arbeitete ein – ebenfalls in einem Schichtmodell tätiger – Team-Leader im Outbound Bereich jeweils mehr als acht Stunden täglich. An den genannten Tagen fanden Betriebsversammlungen statt.

Mit Schriftsatz vom 22.06.2017, beim Arbeitsgericht München am 23.06.2017 eingegangen, leitete der Betriebsrat das vorliegende Beschlussverfahren bezüglich der Abteilung PMC ein und erweiterte seine Anträge im Laufe des Verfahrens auf den Outbound Bereich.

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, ihm stünden die geltend gemachten Unterlassungsansprüche zu, da die Arbeitgeberin sowohl gegen die Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten als auch gegen sein Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG verstoßen habe.

Die beiden Mitarbeiter in der Abteilung PMC hätten wiederholt Überstunden geleistet, ohne dass seine Zustimmung vorgelegen habe. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Arbeitgeberin hiervon keine Kenntnis gehabt habe. Es werde bestritten, dass für die beiden Mitarbeiter ein falsches Arbeitszeitmodell im Zeiterfassungssystem hinterlegt gewesen sei. Auch der Team-Leader im Outbound Bereich habe ohne die Beteiligung des Betriebsrats Überstunden geleistet (zum erstinstanzlichen Vorbringen des zu 1) beteiligten Betriebsrats im Einzelnen wird auf seine Schriftsätze vom 22.06.2017, Bl. 1 ff. d. A., und vom 31.01.2018, Bl. 127 ff. d. A., Bezug genommen).

Der zu 1) beteiligte Betriebsrat hat in der mündlichen Anhörung am 08.06.2018 zuletzt beantragt:

  1. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es zu unterlassen, unter Verstoß gegen Ziffer IV. 4.2. b.) der Betriebsvereinbarung über Arbeitszeiten vom 15./16.12.2015, Überstunden, die keine Flex-Überstunden und keine Überstunden oder Arbeitszeitänderungen in betrieblichen Eilfällen sind, Mitarbeitern der Abteilungen PMC und Outbound anzuordnen, zu vereinbaren, zu dulden oder entgegenzunehmen, ohne dass hierüber eine Einigung mit dem Beteiligten zu 1) herbeigeführt worden wäre oder die fehlende Einigung mit dem Beteiligten zu 1) durch eine Entscheidung der Einigungsstelle ersetzt worden wäre oder ein Notfall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts oder eine Abwehrmaßnahme im Arbeitskampf vorliegt.

  2. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es zu unterlassen von Mitarbeitern der Abteilungen PMC und Outbound die Ableistung von Überstunden zu dulden oder entgegenzunehmen, ohne dass hierüber eine Einigung mit dem Beteiligten zu 1) herbeigeführt worden wäre oder die fehlende Einigung mit dem Beteiligten zu 1) durch eine Entscheidung der Einigungsstelle ersetzt worden wäre oder ein Notfall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts oder eine Abwehrmaßnahme im Arbeitskampf vorliegt.

  3. Der Beteiligten zu 2) wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Verpflichtung der Ziffern 1. und 2. jeweils ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, angedroht.

Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dem Betriebsrat stünden die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht zu, da sie weder gegen die Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten noch gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG verstoßen habe.

Der Arbeitgeberin habe wegen eines im Zeiterfassungssystem falsch hinterlegten Arbeitszeitmodells keine Kenntnis von den Vorfällen in der Abteilung PMC gehabt. Daher habe sie diese zu keinem Zeitpunkt geduldet. Es bestünde keine Wiederholungsgefahr, da mit beiden Mitarbeitern ein Gespräch geführt worden sei, indem sie vorsorglich auf die Einhaltung der für sie geltenden Arbeitszeiten hingewiesen worden seien.

Die beiden Vorfälle am 17.10.2017 und am 12.12.2017 seien darauf zurückzuführen, dass die Mitarbeiter des betreffenden Team-Leaders im Urlaub bzw. auf den Betriebsversammlungen gewesen seien. Dadurch sei der Bereich des Versandes und Warenausgangs derart unterbesetzt gewesen, dass der Team-Leader freiwillig länger geblieben sei, um den Versand abzuschließen (zum erstinstanzlichen Vorbringen der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 13.10.2017, Bl. 99 ff. d. A., und vom 01.06.2018, Bl. 162 ff. d. A., Bezug genommen).

Das Arbeitsgericht München hat die Anträge mit Beschluss vom 29.06.2018 abgewiesen.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dem Betriebsrat stehe ein Unterlassungsanspruch weder aus der Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten i.V.m. § 77 Abs. 1 BetrVG noch unmittelbar aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zu. Eine Duldung von Überstunden i.S.d. des Antrags in Ziffer 2. liege nicht vor. Eine solche beinhalte bereits begrifflich auch ein subjektives Element und setze daher eine Kenntnis oder zumindest ein Kennenmüssen des Arbeitgebers von der Ableistung der Überstunden voraus. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Mangels kollektiven Bezugs sei es nicht mitbestimmungspflichtig, wenn einzelne Arbeitnehmer in Abweichung ihrer Arbeitsschichten und in Unkenntnis des Arbeitgebers über die vertragliche Arbeitszeit hin- aus Arbeit leisten würden (zur Begründung des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf den Beschluss vom 29.06.2018, Bl. 185 ff. d. A., Bezug genommen).

Gegen diesen ihm am 09.07.2018 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat mit Schriftsatz vom 09.08.2018, am selben Tag vorab per Telefax beim Landesarbeitsgericht München eingegangen, Beschwerde eingelegt und mit Schriftsatz vom 08.10.2018, beim Landesarbeitsgericht am selben Tag vorab per Telefax innerhalb der bis zum 08.10.2018 verlängerten Frist eingegangen, begründet.

Der Betriebsrat wendet sich in seiner Beschwerde nur noch gegen die Abweisung seines Antrags in Ziffer 2. und trägt zur Begründung vor, das Arbeitsgericht habe diesem stattgeben müssen, da durch die Inanspruchnahme der Arbeitsleistung der beiden Mitarbeiter in der Abteilung PMC Überstunden durch die Arbeitgeberin geduldet worden seien.
Der Vorgesetzte der beiden Mitarbeiter in der Abteilung PMC habe Kenntnis von den streitgegenständlichen Überschreitungen der Acht-Stunden-Grenze gehabt. Er habe dies im Zeiterfassungssystem erkannt und damit auch die Erbringung der Mehrarbeit geduldet. Es sei lebensfremd davon auszugehen, dass dem Vorgesetzten, der regelmäßig die Arbeitszeiterfassung kontrolliere, dies nicht aufgefallen sei. Im Übrigen falle es in den Verantwortungsbereich der Vorgesetzten, die Einhaltung der Arbeitszeitregelung zu kontrollieren, so dass sich die Arbeitgeberin nicht darauf berufen könne, dass ihr die Überschreitungen nicht aufgefallen seien und insoweit bereits deshalb keine Duldung der Überstunden habe vorliegen können.
Auch hinsichtlich der Vorfälle am 17.10.2017 und am 12.12.2017 sei von einem gezielten Dulden der Arbeitgeberin auszugehen. Jedenfalls im zweiten Fall am 12.12.2017, habe sie Vorkehrungen treffen müssen, dass ein Überschreiten der Acht-Stunden-Grenze ohne Beteiligung des Betriebsrates verhindert werde (zur Beschwerdebegründung des zu 1) beteiligten Betriebsrats im Einzelnen wird auf seine Schriftsätze vom 08.10.2018, Bl. 236 ff. d. A., und vom 18.02.2019, Bl. 294 ff. d. A., sowie vom 26.02.2019, Bl. 308 ff. d. A., nebst Anlagen, Bezug genommen).

Der zu 1) beteiligte Betriebsrat beantragt,

  1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München Az. 36 BV 217/17 vom 29.06.2018 wird abgeändert.

  2. Der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, es zu unterlassen von Mitarbeitern der Abteilung PMC und Outbound die Ableistung von Überstunden zu dulden oder entgegenzunehmen, ohne dass hierüber eine Einigung mit dem Beteiligten zu 1) herbeigeführt worden wäre oder die fehlende Einigung mit dem Beteiligten zu 1) durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden wäre oder ein Notfall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts oder eine Abwehrmaßnahme im Arbeitskampf vorliegt.

  3. Der Beteiligten zu 2) wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Verpflichtung der Ziffer II. jeweils ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, angedroht.

Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 29.06.2018 – Az. 36 BV 217/17 – zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin trägt vor, die Beschwerdebegründung genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, da sie sich inhaltlich nicht mit dem Beschluss des Arbeitsgerichts auseinandersetze. Sie erschöpfe sich in der Wiederholung der erstinstanzlichen Ausführungen. Ergänzend sei lediglich die Kenntnis des Vorgesetzten der Abteilung PMC vorgetragen worden.>br />Der Antrag des Betriebsrats sei bereits unzulässig. Ihm fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Der Betriebsrat habe durch seine voreilige Beschlussfassung selbst gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen und somit das Recht verloren, in derselben Angelegenheit ein Beschlussverfahren auf Unterlassung durchzuführen. Außerdem werde kein anerkennenswertes Ziel verfolgt. Vielmehr gehe es dem Betriebsrat bloß darum eine Ordnungsgeldandrohung zu erhalten.
Darüber hinaus sei der Antrag zu unbestimmt, da schon nicht ersichtlich sei, mit wem oder zu was die Arbeitgeberin eine Einigung erzielen solle.
Er stelle auch einen unbegründeten Globalantrag dar. Hinsichtlich der geltend gemachten Anspruchsgrundlage sei ein kollektiver Tatbestand erforderlich. Auf diese Tatbestände beschränke sich der Antrag jedoch nicht. Des Weiteren beziehe sich der Antrag auf „Mitarbeiter“. Somit verlange er eine Entscheidung über alle Arbeitnehmer, d.h. auch für leitende Angestellte.   Der Vortrag des Betriebsrats, der Vorgesetzte in der Abteilung PMC habe Kenntnis davon gehabt, dass die beiden Mitarbeiter regelmäßig eine Arbeitsleistung über den zulässigen Zeitraum von acht Stunden täglich erbracht hätten und er habe diese Überschreitungen auch im Zeiterfassungssystem gesehen, sei unsubstantiiert. Die Schlussfolgerung, dass Überstunden geduldet worden seien, könne nicht gezogen werden, da grundsätzlich das Zeiterfassungssystem so eingestellt sei, dass die Mitarbeiter pünktlich nach acht Stunden Arbeitszeit ihre Arbeit niederlegen könnten, ohne sofort zum Zeiterfassungsterminal rennen zu müssen. Sie könnten sich daher nach dem Niederlegen der Arbeit Zeit lassen und mit Verzögerung das Zeiterfassungssystem bedienen. Dass die beiden Mitarbeiter jedoch tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht hätten, habe der Vorgesetze daher selbst an den Zeiterfassungsprotokollen nicht erkennen können. Vielmehr habe der Vorgesetzte nur erkennen können, dass das falsche Zeitmodell hinterlegt gewesen sei.
Es sei nicht ersichtlich, welche Erfahrungen aus der Vergangenheit der Betriebsrat hinsichtlich der Vorfälle am 17.10.2017 und 12.12.2017 im Outbound Bereich meine (zur Beschwerdeerwiderung der zu 2) beteiligten Arbeitgeberin im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 23.11.2018, Bl. 278 ff. d. A., und 11.03.2019, Bl. 337 ff. d. A., nebst An- lagen, Bezug genommen).

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

a. Die gem. § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1 ArbGG).

b. Die Beschwerde ist auch noch ausreichend i.S.d. § 89 Abs. 2 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO begründet worden.

aa. Nach § 89 Abs. 2 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO ist Voraus- setzung einer ordnungsgemäßen Beschwerdebegründung die Bezeichnung der Um- stände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefoch- tene Entscheidung ergibt. Die Beschwerdebegründung muss sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Beschlusses befassen. Allgemeine, formel- hafte Wendungen genügen hierfür nicht. Auch darf sich der Beschwerdeführer nicht da- rauf beschränken, seine Rechtsausführungen aus den Vorinstanzen zu wiederholen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Beschwerdeführer die angefochtene Ent- scheidung im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechts- lage durchdenkt (BAG, Beschluss vom 30.10.2012 - 1 ABR 64/11, juris, Rn. 11).     

bb. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung des zu 1) beteiligten Betriebsrats noch.

(1) Der Betriebsrat wendet sich mit seiner Beschwerde nur noch gegen die Abweisung seines erstinstanzlich gestellten Antrags in Ziffer 2. (Duldung bzw. Entgegennahme von Überstunden). Bei dem Antrag in Ziffer 3. handelt es sich um keinen Sachantrag, da dieser lediglich die Androhung des Ordnungsmittels enthält.

(2) Der Betriebsrat hat sich sowohl mit den rechtlichen, als auch den tatsächlichen Argumenten hinsichtlich der im angefochten Beschluss des Arbeitsgerichts vom 29.06.2018 enthaltenen Abweisung von Ziffer 2. seines Antrags hinreichend auseinandergesetzt.

Zur Abweisung des Antrags in Ziffer 2. durch das Arbeitsgericht hat der Betriebsrat im Rahmen seiner Beschwerdebegründung vorgetragen, dass das Arbeitsgericht zumindest diesem habe stattgeben müssen, da insoweit eine Duldung von Überstunden für die Annahme eines Verstoßes gegen § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ausreiche. Der Betriebsrat hat zudem als neue Tatsache vorgetragen, dass der Vorgesetzte der beiden Mitarbeiter der Abteilung PMC Kenntnis von den Zeitüberschreitungen gehabt und diese gleichwohl hingenommen habe. Außerdem hat der Betriebsrat hinsichtlich des zweiten Themenkomplexes im Bereich Outbound vorgetragen, dass die Arbeitgeberin jedenfalls hinsichtlich des zweiten Falls am 12.12.2017 habe Vorkehrungen treffen müssen, dass eine Überschreitung der Acht-Stunden-Grenze ohne Beteiligung des Betriebsrats verhindert werde.

c. Eine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats über die Bevollmächtigung der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats zur Einlegung der Beschwerde liegt vor.

Eine einem Rechtsanwalt erteilte Verfahrensvollmacht umfasst regelmäßig auch die Berechtigung zur Einlegung von Rechtsmitteln, § 80 Abs. 2, § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 81 ZPO (BAG, Beschluss vom 06.12.2006 - 7 ABR 62/05, juris, Rn. 12 m.w.N.).

Vorliegend hat der Betriebsrat am 01.06.2017 (Bl. 135 ff. d. A.) allerdings lediglich die Einleitung eines erstinstanzlichen Beschlussverfahrens und eine entsprechende Beauftragung seiner Verfahrensbevollmächtigten beschlossen. Letztlich kann vorliegend dahinstehen, ob sich hierdurch eine Abweichung von dem vorstehend dargestellten Grundsatz ergibt, da der Betriebsrat jedenfalls am 11.07.2018 und damit noch vor Einreichung der Beschwerde einstimmig beschlossen hat, seine Verfahrensbevollmächtigten mit der Durchführung des Beschwerdeverfahrens zu beauftragen (Bl. 310 ff. d. A.).

2. Die Beschwerde ist begründet.

a. Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig.

aa. Das vorliegende Verfahren wurde vom Betriebsrat aufgrund eines wirksamen Betriebsratsbeschlusses vom 01.06.2017 (Bl. 135 ff d. A.) anhängig gemacht.

Insoweit ist unerheblich, dass der Team-Leader im Outbound Bereich hinsichtlich der vorgetragenen Verstöße vom 17.10.2017 und 12.12.2017 noch nicht namentlich im Beschluss vom 01.06.2017 genannt wurde. In dem Beschluss wurden einige Mitarbeiter ausdrücklich aufgeführt und es erfolgte der Zusatz „usw.“. Hieraus ergibt sich, dass weitere – im Laufe des Verfahrens aus Sicht des Betriebsrates –stattgefundene Verstöße im Bereich der „Ableistung und Duldung von Überstunden ohne Beteiligung des Betriebsrats“ ebenfalls von der Beschlussfassung umfasst sind und somit antragserweiternd geltend gemacht werden konnten.

bb. Der Antrag ist ausreichend bestimmt.

(1) Ein Antrag im Beschlussverfahren muss ebenso bestimmt sein wie eine Klage- schrift im Urteilsverfahren. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist auf das Beschlussverfahren und die in ihm gestellten Anträge entsprechend anwendbar (BAG, Beschluss vom 10.06.1986 - 1 ABR 61/84, juris, Rn. 24).

Bei einem Streit über bestehende Mitbestimmungsrechte muss derjenige, der das Bestehen oder Nichtbestehen des Mitbestimmungsrecht festgestellt wissen will, diejenigen Maßnahmen des Arbeitgebers oder denjenigen betrieblichen Vorgang, für die bzw. für den er ein Mitbestimmungsrecht in Anspruch nicht oder leugnet, so genau bezeichnen, dass mit einer Entscheidung über den Antrag feststeht, welche Maßnahmen oder Vorgänge das Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint worden ist (BAG, Beschluss vom 10.06.1986 - 1 ABR 61/84, juris, Rn. 25).

(2) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze ist der Antrag hinreichend bestimmt.

(a) Mit dem Antrag soll der Arbeitgeberin untersagt werden, die Ableistung von Überstunden von Mitarbeitern der Abteilung PMC und des Bereichs Outbound zu dulden bzw. entgegenzunehmen, ohne dass eine Zustimmung des Betriebsrats vorliegt oder die fehlende Einigung mit diesem durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt wurde oder ein Notfall im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts oder eine Abwehrmaßnahme im Arbeitskampf vorliegt.

Untersagt werden soll damit – bis auf die im Antrag genannten Ausnahmefälle – die Duldung bzw. Entgegennahme von Überstunden ohne Zustimmung des Betriebsrats überhaupt. Ein solcher Antrag geht zwar der Sache nach sehr weit, er ist jedoch eindeutig be- stimmt, weil durch ihn die Duldung bzw. Entgegennahme von allen Überstunden erfasst wird. Für den Arbeitgeber ist damit eindeutig erkennbar, was ihm – bis auf die genannten Ausnahmefälle – untersagt wird. Damit ist ein solcher Antrag zulässig (vgl. BAG, Be- schluss vom 01.10.1991 - 1 ABR 81/90, juris, Rn. 25).

(b) Des Weiteren ist die Formulierung hinsichtlich eines „Notfalls“ hinreichend bestimmt. Zwar mag sich im Einzelfall die Frage stellen, welche Situation als „Notfall“ im Sinne des Antrags zu verstehen ist. Die Umstände unter denen der Arbeitgeber wegen eines Notfalls trotz bestehender Mitbestimmungsrechte zu einseitigen Maßnahmen berechtigt ist, sind allerdings in der Rechtsprechung hinlänglich geklärt (LAG Köln, Be- schluss vom 03.12.2013 - 12 TaBV 65/13, juris, Rn. 45).

(c) Darüber hinaus ist auch die Formulierung hinsichtlich des „Arbeitskampfes“ hinrei- chend bestimmt. Der Begriff des Arbeitskampfes hat im arbeitsrechtlichen Schrifttum und in der Rechtsprechung ausreichende Konkretisierung gefunden (LAG Köln, Beschluss vom 03.12.2013 - 12 TaBV 65/13, juris, Rn. 47).

(d) Schließlich greift auch der Einwand der Arbeitgeberin, der Antrag sei nicht hinreichend bestimmt, weil schon nicht ersichtlich sei, mit wem oder zu was die Arbeitgeberin eine Einigung erzielen solle, nicht durch. In dem Antrag geht es um die Duldung bzw. Entgegennahme von Überstunden durch die Arbeitgeberin. Der Antrag zielt daher darauf ab, dass die Arbeitgeberin die Leistung von Überstunden durch Mitarbeiter in der Abteilung PMC oder im Bereich Outbound weder duldet noch entgegennimmt, wenn es hierzu keine Einigung – sprich Zustimmung – des Betriebsrats vorliegt.

cc. Dem Antrag fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

(1) Auch im Beschlussverfahren ist Voraussetzung einer Sachentscheidung, dass der Antragsteller ein Rechtsschutzinteresse an der begehrten Entscheidung hat. Erforderlich ist ein berechtigtes Interesse an der Inanspruchnahme der Gerichte. Dieses fehlt insbesondere, wenn letztlich nur die Klärung abstrakter Rechtsfragen erstrebt wird, was bei bereits abgeschlossenen Maßnahmen der Fall ist, die für die Verfahrensbeteiligten im Zeitpunkt der Entscheidung keine Rechtswirkungen mehr entfalten (BeckOK ArbR/Poeche, 50. Ed. 1.6.2018, ArbGG § 81 Rn. 34). Es besteht gleichfalls nicht, wenn der Arbeitgeber das Mitbestimmungsrecht anerkennt (BAG, Beschluss vom 03.06.1960, AP BetrVG § 56 Nr. 21).

(2) Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben.

(a) Vorliegend macht der Betriebsrat geltend, dass die Arbeitgeberin in der Vergangenheit gegen § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG verstoßen hat und stützt hierauf einen allgemeinen Unterlassungsanspruch hinsichtlich zukünftiger Verstöße.

Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin konnte der Betriebsrat den streitgegenständlichen Unterlassungsanspruch ohne weitere Zwischenschritte auf Grundlage des Beschlusses vom 01.06.2017 gerichtlich geltend machen. Insbesondere musste der Betriebsrat im Rahmen des Grundsatzes der vertrauensvollen Zusammenarbeit gem. § 2 Abs. 1 BetrVG der Arbeitgeberin keine Frist zur Abhilfe setzen. Dies ist schon deshalb nicht erforderlich, weil die vom Betriebsrat vorgetragenen Verstöße gegen sein Mitbestimmungsrecht in der Vergangenheit liegen und damit ohnehin nicht mehr beseitigt werden können.

(b) Des Weiteren ist es nicht rechtsmissbräuchlich oder Ähnliches, wenn es – wie die Arbeitgeberin vorträgt – dem Betriebsrat um eine Ordnungsgeldandrohung geht. Diese ist Folge des von der Rechtsprechung anerkannten allgemeinen Unterlassungsanspruchs im Rahmen des § 87 BetrVG. Der Betriebsrat möchte hierdurch ausweislich seines Antrags weitere – aus seiner Sicht in der Vergangenheit stattgefundene – Verstöße gegen § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG für die Zukunft ausschließen.

(c) Schließlich lässt auch das Schreiben des Betriebsrats vom 08.06.2017 (Bl. 108 d. A.) das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. In dem Schreiben forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf, bis 12.06.2017 den Sachverhalt zu klären, die Verstöße abzustellen, erforderliche Maßnahmen für die Zukunft zu treffen und ihm gegenüber Stellung zu nehmen. Außerdem teilte er mit, dass er sich für den Fall, dass die Arbeitgeberin den Forderungen nicht nachkomme, dazu gezwungen sehe, rechtliche Schritte einzuleiten.

Diese rechtlichen Schritte hat der Betriebsrat mit seinem Antrag vom 22.06.2017, beim Arbeitsgericht München am 23.06.2017 eingegangen, letztlich – wie angekündigt – in die Wege geleitet.

b. Der Antrag ist begründet. Der Unterlassungsanspruch des zu 1) beteiligten Betriebsrats folgt aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.

aa. Bei dem streitgegenständlichen Antrag handelt es sich um keinen Globalantrag.

(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein sogenannter Globalantrag, der einschränkungslos eine Vielzahl möglicher Fallgestaltung erfasst, grundsätzlich als insgesamt unbegründet abzuweisen, wenn unter ihn zumindest auch Sachverhalte fallen, in denen sich der Antrag als unbegründet erweist (BAG, Beschluss vom 27.06.2006 - 1 ABR 35/05, juris, Rn. 9; BAG, Beschluss vom 03.08.2000 - 5 TaBV 12/00, juris, Rn. 56).

(2) Mit Rücksicht auf diese Rechtsgrundsätze ist der streitgegenständliche Antrag nicht als unbegründet anzusehen.

Dem steht – entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin – nicht entgegen, dass sich der Antrag auf „Mitarbeiter“ bezieht. Dass hiervon nicht die leitenden Angestellten umfasst sind, ergibt sich bereits unmittelbar aus § 5 Abs. 3 BetrVG. Ihrer expliziten Herausnahme aus dem Antrag bedurfte es daher nicht.

(3) Der Antrag ist auch nicht deshalb unbegründet, weil er sich nicht ausdrücklich auf Fälle mit kollektiven Bezug beschränkt. Dass sich der Antrag unzweifelhaft auf solche Fälle beschränkt, ergibt eine Auslegung des Antrags.

Der kollektive Bezug ergibt sich bereits daraus, dass die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens über die Wahrung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG streiten.

(4) Der Antrag des Betriebsrats auf Unterlassung jeglicher Überstunden ohne seine vorherige Zustimmung ist auch nicht deshalb unbegründet, weil die Arbeitgeberin und Betriebsrat in der Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten eine Regelung zu sog. Flex-Überstunden in deren Ziffer IV. 4.2 getroffen haben. Auch für diese ist geregelt, dass der Betriebsrat vorab 20 Flex-Stunden im Quartal im Rahmen der Betriebsvereinbarung zustimmt. Auch insoweit bedarf es also einer Zustimmung des Betriebsrats, die allerdings hinsichtlich des genannten Kontingents bereits vorab vom Betriebsrat nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung erteilt wird.

bb. Der Betriebsrat kann bei einem Verstoß gegen seine aus § 87 BetrVG folgenden Mitbestimmungsrechte nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht nur die Beseitigung eines mitbestimmungswidrigen Zustands verlangen, sondern sich gegen zu erwartende weitere Verstöße des Arbeitgebers unabhängig von den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG im Wege eines allgemeinen Unterlassungsanspruchs wehren (BAG, Beschluss vom 07.02.2012 - 1 ABR 63/10, juris, Rn. 14; BAG, Beschluss vom 03.05.1994 - 1 ABR 24/93, juris, Rn. 35 ff.).

Aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ergibt sich daher ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats, wenn der Arbeitgeber ohne Wahrung der in dieser Vorschrift vorgesehenen zwingenden Mitbestimmung einseitig eine vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit anordnet (BAG, Beschluss vom 24.04.2007 - 1 ABR 47/06, juris, Rn. 18). Entsprechendes gilt auch, wenn der Arbeitgeber die Erbringung von Überstunden lediglich duldet, indem er sie entgegennimmt und vergütet (BAG, Beschluss vom 27.11.1990 - 1 ABR 77/89, juris, Rn. 31).

cc. Vorliegend steht dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Duldung bzw. der Entgegennahme von Überstunden nicht die Betriebsvereinbarung Arbeitszeiten entgegen. Diese trifft zwar Regelungen hinsichtlich der Anordnung von Überstunden durch die Arbeitgeberin. Dass diese auch hinsichtlich der Duldung bzw. der Entgegennahme von Überstunden eine abschließende Regelung trifft, ist nicht ersichtlich.

dd. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG hat der zu 1) beteiligte Betriebsrat bei der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitzubestimmen.

(1) Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Anordnung oder Duldung bzw. Entgegennahme von Überstunden setzt einen kollektiven Tatbestand voraus. Es greift nicht ein bei individuellen Maßnahmen ohne kollektiven Bezug (vgl. BAG, Beschluss vom 02.03.1982 - 1 ABR 74/79, juris, Rn. 24; BAG, Beschluss vom 21.12.1982 - 1 ABR 14/81, juris, Rn. 22; BAG, Beschluss vom 11.11.1986 - 1 ABR 17/85, juris, Rn. 22).

Dabei liegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein kollektiver Tatbestand immer dann vor, wenn sich eine Regelungsfrage stellt, die kollektive Interessen der Arbeitnehmer berührt. So ist bei einem zusätzlichen Arbeitsbedarf immer die Frage zu regeln, ob und in welchem Umfang zur Abdeckung dieses Arbeitsbedarfs Überstunden geleistet werden sollen oder ob die Neueinstellung eines Arbeitnehmers zweckmäßiger wäre. Weiter ist zu entscheiden, wann und von wem die Überstunden geleistet werden sollen. Diese Regelungsprobleme bestehen unabhängig von der Person und den individuellen Wünschen eines einzelnen Arbeitnehmers. Auf die Zahl der Arbeitnehmer, für die die Mehrarbeit oder Überstunden angeordnet werden, kommt es deshalb nicht an. Die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer ist allenfalls ein Indiz dafür, dass ein kollektiver Tatbestand vorliegt.

Dementsprechend sind nur solche Vereinbarungen mitbestimmungsfrei, die ausschließlich den individuellen Besonderheiten einzelner Arbeitsverhältnisse Rechnung tragen und deren Auswirkungen sich gerade auf dieses Arbeitsverhältnis dieses Arbeitnehmers beschränken (BAG, Beschluss vom 22.09.1992 - 1 AZR 460/90, juris, Rn. 21).

(2) Auch die Duldung bzw. Entgegennahme von Überstunden, ist mitbestimmungs- pflichtig.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ändert die Bereitschaft des Arbeitnehmers bzw. einer Gruppe von Arbeitnehmern zu einer mitbestimmungspflichtigen Tätigkeit an der Mitbestimmungspflichtigkeit nichts, d.h. die Freiwilligkeit schließt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht aus (BAG, Beschluss vom 27.11.1990 - 1 ABR 77/89, juris, Rn. 32 m.w.N.)

Der Betriebsrat hat auch bei Vorliegen eines kollektiven Tatbestandes nicht nur mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber die Überstunden ausdrücklich angeordnet hat, sondern auch, wenn er diese nur duldet, indem er sie entgegennimmt und bezahlt. Der Arbeitgeber ist Herr seines Betriebes. Er kann und muss seinen Betrieb organisieren. Dementsprechend liegt es auch in seiner Macht und Verantwortung zu entscheiden, ob er Überstunden in seinem Betrieb zulässt oder nicht. Daher besteht ein Bedürfnis für die Mitbestimmung des Betriebsrats nach Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG nicht nur dann, wenn der Arbeitgeber Überstunden ausdrücklich anordnet, sondern auch, wenn er sie entgegennimmt, sie duldet (BAG, Beschluss vom 27.11.1990, a.a.O.).

(3) Der allgemeine Unterlassungsanspruch bei Verletzung eines Mitbestimmungsrechts aus § 87 BetrVG setzt eine Wiederholungsgefahr voraus. Eine solche folgt regelmäßig aus dem mitbestimmungswidrigen Verhalten des Arbeitgebers (Fitting, BetrVG, 29. Aufl., § 23, Rn. 102).

ee. Unter Anwendung der dargestellten Grundsätze ergibt sich, dass vorliegend gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG sowohl hinsichtlich der Vorfälle in der Abteilung PMC, als auch im Bereich Outbound verstoßen wurde.

(1) Die Arbeitgeberin hat in der mündlichen Anhörung am 14.03.2019 erklärt, dass sie ihren Vortrag, die beiden Mitarbeiter in der Abteilung PMC seien in den streitgegenständlichen Zeiträumen über acht Stunden hinaus lediglich anwesend gewesen, nicht mehr aufrechterhält. Bei den streitgegenständlichen Zeiten der Mitarbeiter in der Abteilung PMC handelte es sich daher Arbeitszeiten. Aufgrund der Tatsache, dass dabei die tägliche Arbeitszeit von acht Stunden überschritten wurde, handelt es sich um Überstunden.

Des Weiteren liegt insoweit auch ein kollektiver Tatbestand vor. Die beiden Mitarbeiter haben in einem erheblichen Umfang im Zeitraum März bis Mai 2017 Überstunden geleistet. Hieraus ergibt sich, dass ein zusätzlicher Arbeitsbedarf mit entsprechenden kollektiven Regelungsfragen bestanden hat. Jedenfalls handelt es sich insoweit erkennbar nicht um Fälle, die auf die individuellen Besonderheiten der einzelnen Arbeitsverhältnisse der beiden Mitarbeiter in der Abteilung PMC zurückzuführen sind.

(2) Des Weiteren hat der Team-Leader im Outbound-Bereich am 17.10.2017 und 12.12.2017 unstreitig über die geltende Grenze von acht Stunden täglich Arbeitsleistung erbracht.

Auch hierbei handelt es sich um Überstunden mit kollektiven Bezug. Die Frage, ob ein anlässlich einer oder mehrerer Betriebsversammlungen über die betriebliche Arbeitszeit hinausgehender Beschäftigungsbedarf besteht und wie dieser gegebenenfalls gedeckt werden soll, bezieht sich nicht nur auf ein konkretes Arbeitsverhältnis.

(3) Entgegen des vom Arbeitsgericht zitierten Beschlusses des Landesarbeitsgerichts

Köln (LAG Köln, Beschluss vom 15.02.2001 - 10 TaBV 74/00, juris, Rn. 42) kommt es für die Frage des Bestehens eines Mitbestimmungsrechts im Falle der Duldung von Überstunden jedoch nicht darauf an, dass eine Kenntnis des Arbeitgebers bzw. seines Vertreters von der Ableistung von Überstunden besteht. Vielmehr besteht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats selbst dann, wenn dem Arbeitgeber im Einzelfall die Arbeitsverlängerung verborgen geblieben ist (BeckOK ArbR/Werner, 50. Ed. 1.12.2018, BetrVG § 87 Rn. 65; so wohl auch Wiese/Gutzeit in GK-BetrVG, 11. Aufl., § 87, Rn. 425, der die Duldung als Entgegennahme und Bezahlung definiert).

Auch das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 27.11.1990 - 1 ABR 77/89 nicht darauf abgestellt, ob der Arbeitgeber von den (freiwillig) geleisteten Überstunden Kenntnis hatte. Vielmehr hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass der Betriebsrat bei Vorliegen eines kollektiven Tatbestandes nicht nur mitzubestimmen hat, wenn der Arbeitgeber die Überstunden ausdrücklich angeordnet hat, sondern auch, wenn er diese nur duldet, indem er sie entgegennimmt und bezahlt (BAG, Beschluss vom 27.11.1990 - 1 ABR 77/89, juris, Rn. 23). Weiter hat das Bundesarbeitsgericht in der genannten Entscheidung unter Rn. 32 – wie bereits oben zitiert – ausgeführt, dass der Arbeitgeber Herr des Betriebes sei und er seinen Betrieb organisieren können und müsse, so dass sich auch ein Unterlassungsanspruch bei der bloßen Entgegennahme von Überstunden ergebe.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Vergütung von Überstunden (vgl. u.a. BAG, Urteil vom 10.04.2013 - 5 AZR 122/12). Danach ist für einen Anspruch auf Vergütung von Überstunden erforderlich, dass der Arbeitgeber die geleisteten Überstunden angeordnet, gebilligt, geduldet hat oder diese jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit erforderlich waren. Die Duldung von Überstunden bedeutet dabei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass der Arbeitgeber in Kenntnis einer Überstundenleistung diese hinnimmt und keine Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden fürderhin zu unterbinden, er also nicht gegen die Leistung von Überstunden einschreitet, sie vielmehr weiterhin entgegennimmt.

In dem streitgegenständlichen Beschlussverfahren geht es allerdings nicht um die individualrechtliche Frage der Vergütungspflichtigkeit von Überstunden, sondern um das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats. Außerdem ist der vorliegend geltend gemachte allgemeine Unterlassungsanspruch auf die Zukunft gerichtet. Der Betriebsrat möchte mit seinem Antrag künftig eine Verletzung seines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ausschließen. Aufgrund des zwischenzeitlich eingeleiteten Beschlussverfahren weiß die Arbeitgeberin auch von den vom Betriebsrat vorgetragenen Verstößen. Diese gilt es seitens der Arbeitgeberin für die Zukunft auszuschließen.

Vorliegend hat die Arbeitgeberin die streitgegenständlichen Überstunden der Mitarbeiter in der Abteilung PMC und im Outbound Bereich entgegengenommen und diese insbesondere auch ihrem jeweiligen Zeitkonto gutgeschrieben, so dass diese sodann entweder vergütet, oder in Freizeit ausgeglichen werden.

(5) Die Wiederholungsgefahr, die zur Verurteilung auf Unterlassung künftigen Verhaltens erforderlich ist (vgl. BAG, Beschluss vom 13.10.1987 - 1 ABR 51/86), liegt vor.

Die in der Vergangenheit stattgefundenen Vorfälle in der Abteilung PMC und im Outbound Bereich indizieren die erforderliche Wiederholungsgefahr.

Es wird im Hinblick auf den Outbound Bereich immer wieder die Situation eintreten, dass wegen stattfindender Betriebsversammlungen zeitliche Engpässe entstehen.

Aber auch im Hinblick auf die Abteilung PMC ist eine Wiederholungsgefahr gegeben. Diese ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Arbeitgeberin mit den betroffenen Mitarbeitern gesprochen hat und dass sie das aus ihrer Sicht korrekte Arbeitszeitmodell in das Zeiterfassungssystem eingepflegt hat. Die Arbeitgeberin hat insbesondere nicht dargelegt, dass die Vorfälle in der Abteilung PMC auf einer Sondersituation beruht haben, die künftig nicht mehr eintreten wird (vgl. BAG, Beschluss vom 29.02.2000 - 1 ABR 4/99, juris, Rn. 36).

ff. Der Arbeitgeberin ist auch, wie beantragt, gemäß § 890 Abs. 2 ZPO für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld anzudrohen. Dabei war die sich – mittelbar – aus § 23 Abs. 3 S. 5 BetrVG ergebende Obergrenze von € 10.000,00 zu beachten (BAG, Beschluss vom 27.01.2004 - 1 ABR 7/03, juris, Rn. 37).

III.

Die Rechtsbeschwerde wird gem. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG im Hinblick auf die Abweichung vom Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15.02.2001 - 10 TaBV 74/00 - zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss kann die Beschwerdegegnerin Rechtsbeschwerde einlegen. 

Für den Beschwerdeführer ist gegen diesen Beschluss kein Rechtsmittel gegeben.



Sie kennen die Kanzlei Labisch aus folgenden Medien:

Logo SWR1
Logo SWR4
Logo RPR1
Logo Wiesbadener Kurier
Logo Geißener Anzeiger
Logo Wormser Zeitung
Logo Wiesbadener Tagblatt
Logo Main Spitze
Logo Frankfurter Rundschau
Logo Handelsblatt
Logo Allgemeine Zeitung
Logo Darmstädter Echo
Logo Focus
Logo NTV
Logo ZDF WISO
Lexikon schließen
Schließen