Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein

Urteil vom - Az: 1 Sa 50/13

Täuschung bei Vermarktung des Esels Joschi

(1.) Ein Arbeitsvertrag bzw. die hierzu abgegebene Willenserklärung kann angefochten werden, wenn der Erklärende durch arglistige Täuschung zur Abgabe der Erklärung bestimmt worden ist (§ 123 Abs. 1 BGB).

Im vorliegenden Fall wurde ein Schriftsteller-Ehepaar, deren Kinderbuch über den Esel Joschi einen nur geringen Absatzerfolg erzielte, von einem Dritten -dem Kläger- kontaktiert. Dieser stellte sich als Vertriebsmanager mit guten Kontakten zu namhaften Großmärkten und Verlagen vor. In dem auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag, mit dem der Kläger als Vertriebsmanager eingestellt werden sollte, wurde ein Monatslohn von 20.000 € sowie eine bei Beendigung zu zahlende Abfindung i.H.v. 250.000 € vereinbart. Weiterhin sollte eine Beteiligung am Vertriebsumsatz bestehen. In der Folge fochten die Eheleute den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an, der Kläger hingegen bestand auf das Arbeitsverhältnis.
Weil der Kläger tatsächlich über keinerlei nennenswerte Kontakte verfügte, hat das Landesarbeitsgericht die Anfechtungserklärung der Eheleute für wirksam erachtet. Ein sittenwidriges Wuchergeschäft hat das Gericht hingegen nicht festgestellt; hierfür haben die Eheleute nicht substantiiert zur Ausbeutung einer Zwangslage vorgetragen.

(2.) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, ist nichtig, wenn sie mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird (§ 117 Abs. 1 BGB).
Bei einem Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB wollen die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen. In Wirklichkeit sollen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten. Ein Scheingeschäft liegt nicht vor, wenn es zur Herbeiführung des von den Parteien tatsächlich beabsichtigten Erfolgs der wirksamen Vornahme des betreffenden Rechtsgeschäfts bedarf.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten zu 2) und 3) wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 23.01.2013 - 3 Ca 1359 b/12 - teilweise geändert: Die Anträge zu 4.) bis 6.) werden abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren nur über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses.

Die Beklagten zu 2) und 3), ein Ehepaar, erzielten in der Vergangenheit einen größeren Lottogewinn. Sie traten mit ihrer Lebensgeschichte in der Vergangenheit in verschiedenen Sendungen im Fernsehen auf und schrieben gemeinsam ein Buch, dessen Vermarktung nicht erfolgreich war. Die Beklagte zu 2) verfasste außerdem ein Kinderbuch über einen Esel namens Joschi, das sie über einen Münchener Verlag ebenfalls wenig erfolgreich zu vertreiben versucht. Hierüber berichtete am 28.08.2011 ein Fernsehsender in einem Beitrag.

Aufgrund dieses Fernsehberichtes setzte sich der Kläger, der nach seinen Angaben im Immobilienbereich tätig ist, mit den Beklagten telefonisch in Verbindung und bot seine Hilfe beim Vertrieb des Kinderbuches Joschi an. Die Parteien vereinbarten ein Treffen am Wohnsitz der Beklagten, das vom 10. - 12.09.2011 stattfand. An diesem nahm am 11.09. nachmittags für eine gewisse Zeit auch Herr Sch., Bruder der Beklagten zu 2) und Illustrator des Kinderbuches, teil. Was dort in Anwesenheit von Herrn Sch. und danach im Einzelnen erörtert wurde, ist umfangreich streitig. Jedenfalls aber unterzeichneten beide Beklagten und der Kläger am Abend des 11.09.2011 einen vom Kläger vorgelegten Arbeitsvertrag (Anlage 1, Bl. 34 d. A.), der auszugsweise lautet:

§ 2 Tätigkeit, Lohn, Probezeit, Kündigung, Arbeitszeit

Der Arbeitnehmer wird als Vertriebsmanager zum Dienstantritt am 15.09.2011 für zunächst 2 Jahre fest eingestellt. Hiernach verlängert sich der Vertrag um weitere 2 Jahre sofern dieser nicht unter einer Einhaltungsfrist von 6 Monaten gekündigt wird.

Eine Probezeit wird nicht vereinbart.

Die fristgemäße Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist vor dem vereinbarten Dienstantritt nicht zulässig.

Der Monatslohn beträgt 20.000,- EUR brutto und ist spätestens zum 3. eines jeden Monats zahlbar. Die Lohnzahlung erfolgt bargeldlos.

Der Arbeitgeber zahlt darüber hinaus dem Arbeitnehmer ein dreizehntes Monatsgehalt.

Der Arbeitgeber zahlt dem Arbeitnehmer darüber hinaus Urlaubs und Weihnachtsgeld.

Bei vorzeitiger Aufhebung des Arbeitsvertrages gleich aus welchen Gründen zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine unwiderrufliche einmalige Abstandssumme / Abfindung in Höhe von 250.000,- EUR brutto.

In § 8 des Arbeitsvertrags ist zusätzlich eine Bonuszahlung von 10 % vom Nettoerlös aus dem Vertrieb der Produkte des Projekts „Joschi“ vereinbart.

Am 12.09.2011 legte der Beklagte zu 3) dem Kläger einen gegenüber dem unterzeichneten Vertrag abgewandelten Vertragsentwurf vor, der Änderungen bei den Vertragspartnern, dem Vertragsbeginn, die Kündbarkeit vor Arbeitsantritt, eine Probezeit und schließlich die Regelung vorsah, dass der Vertrag unter bestimmten Voraussetzungen „hinfällig“ sein werde (Bl. 38 - 41 d. A.). Der Kläger lehnte die Unterzeichnung dieses Vertrages ab. Mit am 16.09.2011 beim Kläger eingegangenen Schreiben fochten die Beklagten, vertreten durch einen Rechtsanwalt, den Arbeitsvertrag wegen Irrtums und arglistiger Täuschung an und erklärten die außerordentliche und ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses.

Mit seiner Klage macht der Kläger - soweit im Berufungsverfahren von Interesse - den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend.

Er hat vorgetragen:

Es gebe in seinem Leben Punkte, die er im Nachhinein bereue und die er heute anders machen würde, nach Vorstrafen sei er aber - unstreitig - von den Beklagten nicht gefragt worden. Er sei auch nicht wegen Sexualstraftaten vorbestraft. Zuletzt habe er von der Betreuung von Immobilien gelebt.

Vor den Gesprächen am 11.09.2011 habe er telefonisch von der Beklagten zu 2) erfahren, dass sie mit einem Münchener Verlag einen Vertrag über das Buch „Joschi und der Fuchs“ geschlossen hätte, es seien aber nur enttäuschende 400 Exemplare verkauft worden. Am 11.09. habe er dann empfohlen, den Verlagsvertrag zu kündigen. Als die Beklagten mitteilten, dies könnten sie nicht, habe er erklärt, er übernehme diese Aufgabe für sie. Er habe dann weiter ausgeführt, es müssten zunächst einmal Angebote von Produzenten eingeholt werden, um die Selbstkosten zu ermitteln, dann müsse Kontakt mit großen Verlagen wie R. oder Heine sowie Verkaufsstellen wie dem M. Markt oder S. aufgenommen werden. Dabei sei möglichst Kontakt mit dem Chefeinkäufer aufzunehmen und dieser für das Produkt zu gewinnen. Für eine Vorfinanzierung solle versucht werden, Vorschüsse zu vereinbaren. Die Beklagten seien von seinem Konzept überzeugt gewesen.

Seine Tätigkeit habe insbesondere darin bestehen sollen, Kontakte mit Lieferanten und Produzenten der herzustellenden Bücher, CD, DVD herzustellen und mit diesen günstige Konditionen zu verhandeln und Verträge abzuschließen. Ferner habe er versuchen sollen, zum Absatz der Produkte Kontakt mit Verlagen und Ämtern herzustellen, die Produkte zu bewerben und zu versuchen, Vertriebsverträge abzuschließen. Die Beklagten hätten insoweit geäußert, ihnen fehle das nötige „Know-how“. Alle Tätigkeiten habe er von seinem Wohnsitz in E./Thüringen aus entfalten sollen und ca. alle 3 Wochen den Beklagten an ihrem Wohnsitz berichten.

Er habe keine der von den Beklagten behaupteten Garantien abgegeben, weder zum Umsatz, noch zum Gewinn oder, dass ein Vorschuss kurzfristig gezahlt werde. Er habe erklärt, er könne wegen des Absatzes der Bücher beim Ortsverband des Kinderschutzbundes in E. nachfragen, da er die von diesem gemietete Immobilie betreue. Darüber hinaus habe er keine Zusagen über einen Kontakt zum Schlagersänger J. D. und dessen Ehefrau oder einer Frau O. gemacht. Schließlich habe er auch nicht erklärt, der Vertrag solle nur „pro forma“ oder „wegen der Steuer“ aufgesetzt werden.

Nach der Vorstellung seines Konzepts am 11.09.2011 seien er und der Beklagte zu 3) noch zum Angeln gegangen. Dann sei der Vertrag noch am Abend auf Drängen der Beklagten unterzeichnet worden, nachdem der ausgedruckte Vertragstext durchgesprochen und ausverhandelt worden sei.

Am 12.09.2011 habe ihn der Beklagte zu 3) dann nach V. gefahren. Ein Telefonat mit einem Herrn K. habe er in der Folgezeit nicht geführt. Die Darstellung des Gesprächsinhalts durch die Beklagte sei auch wenig glaubhaft.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Arbeitsvertrag sei wirksam. Es habe sich nicht um ein Scheingeschäft gehandelt. Dann hätten ihm die Beklagten nämlich keinen modifizierten Vertragsentwurf zuleiten müssen. Es hätte dann auch keiner Anfechtung und Kündigung bedurft. Schließlich hätten die Beklagten selbst bei ihrer Befragung vor dem Arbeitsgericht nicht gesagt, dass der Arbeitsvertrag nur zum Schein geschlossen worden sei. Sittenwidrig sei der Vertrag nicht, weil es keine festen Sätze für Vertriebsmanager gebe. Im Übrigen seien die Beklagten im Umgang mit Medien nicht unerfahren. Die Anfechtung sei unwirksam, weil er nicht getäuscht habe. Zur Offenbarung von Vorstrafen sei er nicht verpflichtet gewesen. Kündigungsgründe gebe es nicht. Die ordentliche Kündigung sei als Maßregelung unwirksam.

Von einem Mitschnitt der Gespräche am 11.09.2011 wisse er nichts. Er widerspreche der Verwertung einer etwaigen Aufzeichnung.

Der Kläger hat in erster Instanz, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, beantragt,

1. - 3.:...

4. festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und den Beklagten zu 2. und 3. bestehende Arbeitsverhältnis durch die Anfechtungserklärung vom 15.09.2011, zugegangen am 16.09.2011, nicht geendet hat,

5. festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und den Beklagten zu 2. und 3. bestehende Arbeitsverhältnis auch durch die vorsorgliche

außerordentliche Kündigung vom 15.09.2011, zugegangen am 16.09.2011, nicht geendet hat,

6. festzustellen, dass das zwischen dem Kläger und den Beklagten zu 2. und 3. bestehende Arbeitsverhältnis auch durch die vorsorgliche ordentliche Kündigung vom 15.09.2011, zugegangen am 16.09.2011 nicht enden wird;

7. ...

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben erwidert:

Wie sie nunmehr erfahren hätten, handele es sich beim Kläger um einen wegen Diebstahls und zweimal wegen Betrugs sowie wegen diverser Sexualdelikte vorbestraften Straftäter, der in desolaten wirtschaftlichen Verhältnissen lebe. Sie bestritten, dass er Immobilien betreue. An der von ihm angegebenen Wohnadresse wohne er nicht, sondern bei einem Bekannten ein paar Häuser weiter.

In den Gesprächen vor Vertragsschluss habe der Kläger angegeben, er habe beste Kontakte zu Verlagen, schon Ende des Jahres sei mit „Millionengewinnen“ zu rechnen, es werde sofort nach Vertragsschluss ein Vorschuss von 30.000,00 EUR gezahlt werden. Den Betrag habe er dann auf 50.000,00 EUR erhöht. Der Kläger habe behauptet, hervorragende Kontakte zum Deutschen Kinderschutzbund zu besitzen und dort Bestellungen von 10.000 bis 15.000 Büchern zu veranlassen. Ferner habe er erklärt, gute Kontakte zum Chefeinkäufer des M. Marktes und S. zu besitzen; er werde Verhandlungen mit dem R. Kinderbuchverlag führen, zu dem ebenfalls „beste Beziehungen“ bestünden. Auch werde er Kontakt zu dem Ehepaar D. und Frau O. herstellen, es würde ein gemeinsames Duett der Beklagten zu 2) mit Herrn J. D. aufgenommen und beide Beklagten würden Superstars werden.

Der Arbeitsvertrag selbst habe nach Angaben des Klägers nur „pro forma“ zu seiner Absicherung geschlossen werden sollen. Mit Schriftsatz vom 14.01.2013 haben die Beklagten ergänzt, der Kläger habe erklärt, er werde aus dem Vertrag keine Rechte herleiten, er wolle nur 40 % der Bucherlöse, die Beklagten sollten 60 % bekommen. Zum Vorliegen eines Scheingeschäfts verhalte sich auch das am 23.01.2013 bei Gericht eingereichte Gedächtnisprotokoll des Herrn Sch..

Darüber hinaus habe der Kläger ein bis zwei Tage nach Vertragsschluss auf dem Mobiltelefon von Herrn K. angerufen, wobei er geglaubt habe, er spreche mit dem Beklagten zu 3). Dabei habe der Kläger erklärt, der Beklagte zu 3) müsse sich keine Sorgen machen, es sei doch nur eine „pro-forma-Vereinbarung“, es gebe gar keinen Arbeitsvertrag. Als Herr K. den Irrtum aufgeklärt habe, sei der Kläger aggressiv geworden und habe das Gespräch beendet.

Der Vertrag sei aus mehreren Gründen unwirksam. Er sei nur pro forma geschlossen und außerdem sittenwidrig. Sie seien im Medienbereich nicht erfahren. Ferner sei der Vertrag wegen der zahlreichen Täuschungen durch den Kläger wirksam angefochten. Auch habe der Kläger seine Vorstrafen offenbaren müssen. Dass er dies nicht getan habe, rechtfertige ebenfalls die Anfechtung.

Das Arbeitsgericht hat der Klage, soweit hier von Interesse, stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es liege ein wirksames Arbeitsverhältnis vor, ein Scheingeschäft sei nicht ersichtlich. Einer Einvernahme von Herrn K. habe es nicht bedurft, da dieser bei den Verhandlungen vor Vertragsschluss nicht anwesend gewesen sei. Maßgeblich sei, was die Parteien unterzeichnet hätten. Anfechtungsgründe seien nicht gegeben. Angesichts des von dem Beklagten zu 3) vorgelegten weiteren Vertragsentwurfs werde deutlich, dass aus den finanziellen Regelungen des Vertrags keine Anfechtungsgründe hergeleitet werden könnten. Gründe für eine fristlose Kündigung lägen nicht vor.

Gegen dieses den Beklagten am 18.02.2013 zugestellte Urteil haben sie am 19.02.2013 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 21.05.2013 am 21.05.2013 begründet.

Sie tragen vor:

Das Arbeitsgericht habe fehlerhaft keinen Beweis über ihre Behauptungen erhoben, der Kläger habe gegenüber Herrn K. unter anderem am 12. bzw. 13.09.2011 erklärt, der Arbeitsvertrag werde nur „pro forma“ abgeschlossen und im Zuge der Verhandlungen im Beisein von Herrn Sch. gesagt, den Beklagten würde durch seine Tätigkeit keine Kosten entstehen. Herr Sch. könne darüber hinaus bestätigen, dass der Kläger sich als „Manager“ oder „Vertriebsmanager“ beschrieben habe und beste Kontakte zu Verlagen und Stars unterhalte. Damit habe er über seine Qualifikation getäuscht. Schließlich sei der Beweisantritt auf Anhören des Gesprächsmittschnitts vom 11.09.2011 übergangen worden.

Ferner habe das Arbeitsgericht übersehen, dass der Kläger im Hinblick auf das angestrebte besondere Treue- und Vertrauensverhältnis auch ungefragt zur Offenbarung seiner mangelnden Qualifikation, der Vorstrafen wegen verschiedener Vermögensdelikte und dass er bereits mehrfach die Eidesstattliche Versicherung abgegeben habe, verpflichtet gewesen sei. Seine Vorstrafe wegen eines Sexualdelikts schließe jede Tätigkeit für ein Kinderbuch aus.

Schließlich führe das Arbeitsgericht nicht aus, warum nicht wenigstens die ordentliche Kündigung eingreife. Auch fehlten Darlegungen, warum trotz falschen Vortrags unter Vorlage einer rückdatierten Urkunde der Kläger glaubwürdig sei. Es fehle an jeder Wahrscheinlichkeit, warum sie einen Arbeitsvertrag mit den dort vorgesehenen Konditionen hätten schließen sollen, wenn der Kläger nicht nachdrücklich seine Kontakte zu Verlagen und Stars behauptet hätte.

Schließlich habe der Kläger am Abend des 11.09.2011 unmittelbar vor Vertragsschluss den Eindruck erweckt, er werde nunmehr mit dem Chefeinkäufer der M. Markt-Gruppe telefonieren, um dort das Projekt Joschi zu vermarkten. Tatsächlich sei der Kläger auch zum telefonieren hinausgegangen und wieder reingekommen mit dem Bemerken, es sei alles in Ordnung. Tatsächlich habe sie mittlerweile erfahren, dass der Kläger mit Herrn Schn., einem Bekannten, telefoniert habe.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 23.01.2013 verkündeten Teilurteils des Arbeitsgerichts Neumünster, Az. 3 Ca 1359 b/12, die Klage gegen die Beklagten zu 2) und zu 3) abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zu 2) und zu 3) zurückzuweisen.

Er trägt vor:

Das Arbeitsgericht habe zu Recht die Herren Sch. und K. nicht vernommen, da sie bei den maßgeblichen Vertragsverhandlungen nicht anwesend gewesen seien. Auch fehle ein schlüssiger Vortrag der Beklagten zum Vorliegen eines „pro-forma-Vertrags“. So belege u. a. die Zusendung eines modifizierten Vertragsentwurfs durch die Beklagten nach Vertragsschluss, dass eine tatsächliche Zusammenarbeit auf arbeitsvertraglicher Basis gewollt gewesen sei. Die Beklagten trügen auch nicht vor, was Herr Sch. genau bezeugen solle. Dessen vermeintliches Gedächtnisprotokoll sei eingereicht worden, ohne einen Zusammenhang zum Sachvortrag im Schriftsatz herzustellen. Wegen des weiteren Vortrags des Klägers hierzu wird auf die Seite 3 - 26 der Berufungserwiderung (Bl. 473 - 496 d. A.) Bezug genommen.

Er habe auch nicht über seine Qualifikation getäuscht und angegeben, beste Kontakte zu Verlagen und Stars zu unterhalten. Vielmehr habe er erklärt, aus der Immobilienbranche zu kommen, vom Naturell her Verkäufer zu sein und habe dann sein beabsichtigtes Vorgehen dargestellt sowie auf einen bestehenden Kontakt zum örtlichen Kinderschutzbund in E. hingewiesen. Demnach habe er auch keine besondere Qualifikation als „Vertriebsmanager“ zugesichert. Das Berufsbild eines Vertriebsmanagers sei auch nicht klar definiert. Er bestreite daher auch, dass er völlig untauglich für die vorgesehene Tätigkeit gewesen sei.

Der Vertrag sei auch nicht sittenwidrig. Für die Vergütung von Vertriebsmanagern gebe es keine festen Sätze, von denen die von den Parteien vereinbarte Vergütung abweiche.

Die Verwertung der Tonbandaufnahme sei unzulässig. Die Aufnahme sei heimlich erfolgt, wie der Kläger vor dem Arbeitsgericht Jena bereits eingeräumt habe und dürfe daher nicht verwertet werden.

Vorstrafen habe er nicht offenbaren müssen. Der Vortrag der Beklagten hierzu sei auch zu pauschal, insbesondere sei nicht dargelegt, dass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 BZRG nicht vorlägen. Auch ein Bezug zum Arbeitsvertrag sei nicht dargelegt. Insbesondere liege keine Vorstrafe wegen eines Sexualdelikts in Verbindung mit Kindern vor. Im Übrigen handele es sich bei ihm auch nicht um eine Führungskraft mit Leitungsfunktion, sondern lediglich um einen gut bezahlten Vertriebsmitarbeiter.

Er bestreite auch die Kausalität einer etwaigen Täuschung für den Vertragsschluss. So habe der Kläger am 15.04.2013 in einer Fernsehsendung bei RTL erklärt, der Kläger könne gern seine 270.000,00 EUR haben, wenn die von ihm vermittelten Verträge eine Million Gewinn erbracht hätten. Die Beklagten trügen schließlich nichts zur Arglist seines angeblichen Handelns vor.

Die ordentliche Kündigung sei als Maßregelung unwirksam.

Schließlich weist der Kläger darauf hin, dass die gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Chemnitz und der Staatsanwaltschaft Kiel nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt seien.

Das Berufungsgericht hat die Parteien im Termin nach § 141 ZPO persönlich angehört. Wegen der dort abgegebenen Erklärungen wird auf das Protokoll verwiesen. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im Einzelnen wird auf die Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 64 Abs. 2 c ArbGG statthafte, form- und fristgemäß begründete und damit zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klageanträge zu 4. - 6. sind unbegründet, so dass das Teilurteil des Arbeitsgerichts Neumünster insoweit abzuändern und die Klage abzuweisen ist.

I.

Der als allgemeiner Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet auf die Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses der Parteien auszulegende und als solcher zulässige Antrag zu 4. des Klägers ist unbegründet. Der von den Parteien zunächst wirksam geschlossene Arbeitsvertrag ist infolge der von den Beklagten erklärten Anfechtung unwirksam, so dass sein Fortbestand nicht festgestellt werden kann.

1. Die Parteien haben am 11.09.2011 zunächst wirksam einen Arbeitsvertrag geschlossen.

a) Bei diesem Vertragsschluss handelt es sich nicht um ein Scheingeschäft im Sinne des § 117 BGB. Nach § 117 Abs. 1 BGB ist eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, nichtig, wenn sie mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben wird.

aa) Bei einem Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB wollen die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen. In Wirklichkeit sollen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten. Ein Scheingeschäft liegt nicht vor, wenn es zur Herbeiführung des von den Parteien tatsächlich beabsichtigten Erfolgs der wirksamen Vornahme des betreffenden Rechtsgeschäfts bedarf (BAG, Urteil vom 26.04.2006 - 7 AZR 366/05 - Juris, Rn 20).

bb) Der Vortrag der Beklagten zum Vorliegen eines Scheingeschäfts ist nicht schlüssig, da die Beklagten im Tatsächlichen hierzu in nicht erklärbarer Weise perplex vorgetragen haben, dieser widersprüchliche Vortrag von den Beklagten nicht klargestellt worden ist und das tatsächliche Verhalten der Beklagten gegen das Vorliegen eines Scheingeschäfts spricht. Eine Beweisaufnahme zu dieser Behauptung kam nicht in Betracht.

 (1) Die Beklagten haben zum Vorliegen eines Scheingeschäfts widersprüchlich und damit inhaltlich nicht schlüssig vorgetragen. Zwar heißt es bereits in der Klagerwiderung im Schriftsatz vom 17.11.2011 (auf Seite 2, Bl. 79 d. A.), der Kläger habe vorgegaukelt, der Vertragsabschluss solle „nur pro forma“ erfolgen. Diese Behauptung haben die Beklagten auf Seite 4 ihres Schriftsatzes vom 24.02.2012 wiederholt und ergänzt dadurch, dass der Kläger behauptet haben soll, der Arbeitsvertrag solle „wegen der Steuer“ aufgesetzt werden. Letzteres spricht jedenfalls schon dafür, dass der Vertrag vom Kläger als wirksam gewollt war. Deutlich wird dies aber insbesondere aus dem Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 22.08.2012 (dort Seite 3 unten, Bl. 259 d. A.), wo es heißt, der Kläger habe erklärt, er benötige den Vertrag „zu seiner Absicherung“. Aus diesen Worten des Klägers wird zunächst einmal ganz deutlich, dass dieser von der Wirksamkeit des geschlossenen Vertrages ausging und gerade kein Scheingeschäft abschließen wollte. Selbst wenn der Kläger die Worte „pro forma“ gebraucht haben sollte, so belegen doch gerade diese Worte, nämlich den Abschluss „zur Wahrung der Form“, dass es dem Kläger um die Wirksamkeit des Vertrages ging. Damit lag eine einvernehmliche Absprache der Parteien, den Arbeitsvertrag nur zum Schein abzuschließen, auch nach Vortrag der Beklagten nicht vor.

Erstmals mit Schriftsatz vom 14.01.2013 - 15 Monate nach Eingang der Klageerwiderung - haben die Beklagten schriftsätzlich vorgetragen, statt der vereinbarten Vergütung sei tatsächlich eine Erlösaufteilung im Verhältnis 60 zu 40 besprochen gewesen. Ohne weitere Erläuterung, wie sich diese Angaben zu ihrem bisherigen Vortrag zu den Erklärungen des Klägers verhalten und insbesondere auch ohne Erläuterung, warum nicht von Anfang an entsprechend vorgetragen wurde, ist der - vom Beklagten zu 3) im Übrigen auch im Berufungstermin wiederholte Vortrag zu einer Vergütung entsprechend den erzielten Erlösen - nicht in Übereinstimmung mit dem bisherigen Vortrag zu bringen und damit widersprüchlich und unbeachtlich. Im Übrigen ist auch bei einer abweichenden mündlichen Vergütungsvereinbarung ein wirksamer Vertrag geschlossen.

 (2) Gegen das Vorliegen eines Scheingeschäfts spricht daneben vor allem auch das tatsächliche Verhalten der Beklagten selbst. Unstreitig und auch im Berufungstermin vom Kläger unwidersprochen ausgeführt ist der Arbeitsvertrag vom Beklagten zu 3) ausgedruckt, gemeinsam besprochen und dann von allen unterzeichnet worden. Der Beklagte zu 3) hat dann selbst am nächsten Tag einen geänderten Vertragsentwurf vorgelegt. Das alles wäre überflüssig gewesen, wenn die Parteien sich darüber einig gewesen wären, dass der Arbeitsvertrag ihre Rechtsbeziehungen nicht hätte regeln sollen.

 (3) Vor diesem Hintergrund kam weder eine Vernehmung des Zeugen K. noch des Zeugen Sch. in Betracht.

Beim Zeugen K. ist zudem zu berücksichtigen, dass er zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen bis zum Vertragsschluss hin an den maßgeblichen Gesprächen nicht teilgenommen hat. Selbst wenn der Kläger im Nachhinein diesem gegenüber erklärt haben sollte, der Vertrag sei nur „pro forma“ geschlossen, belegt das nicht die Annahme, es handele sich um Scheingeschäft. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen. Bei einem Vertrag, der „pro forma“ geschlossen wird, handelt es sich typischerweise nicht um ein Scheingeschäft.

Soweit erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragen worden ist, was zu dieser Frage der Zeuge Sch. bezeugen können soll, nämlich die Erklärung des Klägers, den Beklagten würden durch seine Tätigkeit keine Kosten entstehen (Seite 3 der Berufungsbegründung, Bl. 444 d. A.) und dies sei anlässlich der Vertragsverhandlungen gefallen, lässt dieser Vortrag, selbst wenn man ihn für wahr unterstellt, nicht den Rückschluss darauf zu, dass der Arbeitsvertrag nur zum Schein abgeschlossen werden sollte. Kosten wären den Beklagten durch die Tätigkeit des Klägers auch dann nicht entstanden, wenn die Erlöse aus der Vermarktung des Esels Joschi die Kosten der Tätigkeit des Klägers überschritten hätten. Davon gingen auch die Beklagten nach ihrem eigenen Vortrag zum damaligen Zeitpunkt aus.

Einer Beweisaufnahme durch Anhörung der vom Beklagten zu 3) gefertigten Tonbandaufnahme steht jedenfalls die oben dargestellte mangelnde Schlüssigkeit des Vortrags der Beklagten entgegen. Darüber hinaus bestehen durchgreifende Bedenken an der Verwertung dieser Tonbandaufnahme, da sie unstreitig rechtswidrig, nämlich ohne Einverständnis des Klägers, gefertigt wurde (vgl. im Einzelnen Zöller, 28. Auflage, § 286, Rn 15 b).

b) Der Arbeitsvertrag ist auch nicht gemäß § 138 Abs. 2 BGB wegen Wuchers unwirksam.

Ihren diesbezüglichen Vortrag haben die Beklagten in der Berufungsinstanz nicht weiter verfolgt. Es fehlt auch jedenfalls an substantiiertem Vortrag der Beklagten zur Ausbeutung einer der in § 138 Abs. 2 BGB genannten Zwangslagen. Insbesondere haben die Beklagten selbst zu ihrer Unerfahrenheit, ihrem Mangel an Urteilsvermögen oder einer erheblichen Willensschwäche nichts vorgetragen.

2. Der danach wirksam zustande gekommene Arbeitsvertrag der Parteien ist aufgrund Anfechtung gemäß § 142 Abs. 1 BGB nichtig.

a) Die gemäß § 143 Abs. 1 BGB erforderliche Anfechtungserklärung haben die Beklagten gegenüber dem Kläger als gemäß § 143 Abs. 2 BGB richtigen Anfechtungsgegner mit am 16.09.2011 zugegangenem Schreiben erklärt.

b) Es liegt auch ein Anfechtungsgrund vor.

Gemäß § 123 Abs. 1 BGB kann derjenige die Erklärung anfechten, der zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung bestimmt worden ist.

Von diesem Sachverhalt geht die Berufungskammer aus. Der Kläger hat die Beklagten durch zahlreiche von ihm im Laufe der Vertragsverhandlungen abgegebene Erklärungen zum Erfolg der Vermarktung des Kinderbuches Joschi getäuscht.

 (1) Die Beklagten haben insoweit vorgetragen (Seite 5/6 des Schriftsatzes vom 24.02.2012, Bl. 102 u. 103 d. A.), der Kläger habe behauptet, Kontakte zum M. Markt, zum Elektrogroßmarkt S. und zum Kinderbuchverlag R. zu haben und insbesondere den Chefeinkäufer des M. Markts und des Großmarkts S. zu kennen; er habe behauptet, Kontakte zum Kinderschutzbund zu haben, der sofort mehrere tausend Exemplare an Kinderbüchern abnehmen werde; er habe die Beklagten über die Rechtsverbindlichkeit ihrer Unterschriften getäuscht, indem er erklärt habe, eine Vergütung werde erst erfolgen, nachdem er eine „erste Million EUR“ realisiert hätte; er habe Möglichkeiten der Gewinnerzielung in einer Höhe vorgespiegelt, die nie erreichbar gewesen seien; er habe erklärt, der Arbeitsvertrag sei zuvor von einem Rechtsanwalt und Notar überprüft worden und schließlich kurzfristig die Zahlung eines Vorschusses von zunächst 30.000,00 EUR, nach Vertragsschluss dann 50.000,00 EUR in Aussicht gestellt.

 (2) Von diesem Vortrag der Beklagten ist die Berufungskammer nach dem gesamten Inhalt der Verhandlung und dem Ergebnis der persönlichen Anhörung der Parteien im Berufungstermin mit der notwendigen Gewissheit überzeugt, obwohl der Kläger den Vortrag der Beklagten bestritten hat.

Gemäß § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. Weniger als die Überzeugung von der Wahrheit reicht für das Bewiesensein nicht aus: Ein bloßes Glauben, Wähnen, Fürwahrscheinlichhalten berechtigt den Richter nicht zur Bejahung des streitigen Tatbestandsmerkmals; andererseits wird mehr als die subjektive Überzeugung aber nicht gefordert. Absolute Gewissheit zu verlangen, hieße die Grenze menschlicher Erkenntnisfähigkeit zu ignorieren. Der Richter muss sich vielmehr mit einer „persönlichen Gewissheit“ begnügen, welche den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (Zöller aaO, Rn 18 u. 19). § 286 ZPO fordert den Richter auf, nach seiner freien Überzeugung zu entscheiden. Dies bedeutet, dass der Richter lediglich an die Denk-, Natur- und Erfahrungsgesetze gebunden ist, ansonsten aber die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse grundsätzlich ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln nach seiner individuellen Einschätzung bewerten darf. Der Vorgang der Überzeugungsbildung ist nicht von objektiven Kriterien abhängig, sondern beruht auf Erfahrungswissen und Judiz des erkennenden Richters. Ein Richter kann seine Überzeug auch allein auf eine Parteibehauptung stützen, wenn er nach dem Gesamtergebnis der Verhandlung keine Zweifel an der Wahrheit hat (Zöller, aaO, Rn 13 u. 14 aE).

Nach diesen Kriterien war die Berufungskammer subjektiv überzeugt davon, dass die Beklagten die Ereignisse und insbesondere die Zusagen und Versprechungen des Klägers vor Abschluss des Arbeitsvertrags, wahrheitsgemäß vorgetragen haben.

 (a) Hierfür maßgeblich war zunächst das Ergebnis der Anhörung der Parteien im Berufungstermin.

Der Beklagte zu 3) hat in seinen Ausführungen im Wesentlichen den Vortrag aus den Schriftsätzen wiederholt, aber auch wiederum leicht modifiziert. So hat er etwa ausgeführt, es sei gleich gesagt worden - schon beim Abholen am Bahnhof - es solle eine Beteiligung im Verhältnis 40:60 stattfinden. Plastisch und überzeugend wirkte die Aussage des Beklagten zu 3., wonach der Kläger vom Chefeinkäufer vom M. Markt und S. als „seinem Mann in I.“ gesprochen habe. Diese erst auf Nachfrage des Gerichts abgegebene Erklärung war nach Überzeugung der Kammer nicht ausgedacht. Sonst hätte der Beklagte zu 3. diese Bezeichnung gleich in seiner einleitenden längeren Erklärung gewählt. Vielmehr gab der Beklagte zu 3. erkennbar auf die Nachfrage des Gerichts das wieder, was ihm spontan einfiel, nämlich, dass der Chefeinkäufer vom Kläger als „sein Mann in I.“ bezeichnet wurde.

In seiner gesamten Aussage ist für die Kammer deutlich geworden, dass es sich bei dem Beklagten zu 3) um einen sehr einfach strukturierten Menschen handelt, der von dem Zusammentreffen mit einem Manager, wie der Kläger es vorgab zu sein, zunächst sichtlich beeindruckt war. Deutlich geworden ist dies auch daran, dass allein die vom Kläger behaupteten Kontakte zu vermeintlichen oder tatsächlichen Prominenten des Boulevards, beim Beklagten zu 3) so nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben, dass er diese auch im Berufungstermin vor der Kammer wiederholt angeführt hat. Der Beklagte zu 3. hat nachvollziehbar ausgeführt, dass er sich nach den Kosten der Vermarktungsaktivitäten für ihn erkundigt habe, dass er aber vom Kläger mit den Worten „das koste ihn gar nichts“ zufrieden gegeben habe. Die ganze Art des Beklagten zu 3., sein Auftreten im Gerichtstermin, seine sehr schlichte Ausdrucksweise und eine in den Aussagen durchschillernde Naivität lassen es der Kammer nicht vorstellbar erscheinen, dass der Beklagte zu 3. sich die Behauptungen des Klägers etwa zum persönlichen Kontakt zum Chefeinkäufer von S. und M. Markt oder hinsichtlich von Kontakten zu großen Verlagen ausgedacht hat. Gleiches gilt für die Zusage des Klägers zum Absatz von Büchern beim Deutschen Kinderschutzbund. Die Ausführungen des Beklagten zu 3. zur Erlösteilung mit dem Kinderschutzbund etwa, lassen sich für die Kammer nur durch entsprechende Erklärungen des Klägers anlässlich der Gespräche der Parteien erklären. Die Kammer hält es nach der Anhörung des Beklagten zu 3. nach dessen persönlicher Struktur nicht für vorstellbar, dass er sich diesen Vortrag ausgedacht hat.

Die Beklagte zu 2. hat den Vertrag ihres Ehemannes bestätigt und insbesondere ausgeführt, dem Kläger sei es durch seine Art gelungen, von aufkommenden Zweifeln abzulenken. Auch sie hat auf die Kammer einen äußerst unbedarften und leichtgläubigen Eindruck gemacht; es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass sie vom Kläger von Zweifeln abgelenkt und getäuscht worden ist.

Demgegenüber hat der Kläger im Wesentlichen wörtlich übereinstimmend das erklärt, was er bereits schriftsätzlich hat vortragen lassen. Sowohl ein emotionales Eingehen auf die emotional erhobenen Vorwürfe der Beklagten, als auch überhaupt eine über den Inhalt der Schriftsätze hinaus gehende detailliertere Schilderung ist gänzlich unterblieben. Seine Person und sein Verhalten ist für das Gericht „glatt“ und unangreifbar geblieben. Das hat die Kammer als Zeichen dafür bewertet, dass der Kläger sich nicht durch Details in Widersprüche verwickeln wollte. Dabei übersieht er aber, dass erst durch die Schilderung von nicht in den Schriftsätzen wiedergegebenen Details ein Vortrag „lebendig“ und überzeugend wirkt.

 (b) Zu diesen Unterschieden in der persönlichen Glaubwürdigkeit der Parteien kommt hinzu, dass es nach Einschätzung der Kammer unter Zugrundelegung langjähriger richterlicher Tätigkeit aller Kammermitglieder im konkreten Fall nicht vorstellbar ist, dass die Beklagten den Arbeitsvertrag des Klägers mit diesen Modalitäten ohne eine entsprechende Täuschung durch den Kläger unterzeichnet hätten. Der Vertrag ist so außerordentlich einseitig im Interesse des Klägers ausgestaltet, dass ein vernünftiger oder auch nur durchschnittlich begabter Arbeitgeber ihn in keinem Fall unterzeichnet hätte. Aber auch ein einfacheres Gemüt, wie die Kammer es den Beklagten nach deren Auftritt in der mündlichen Verhandlung zubilligt, hätte ohne die von den Beklagten behaupteten besonderen Zusicherungen des Klägers über seine guten Kontakte und den Erfolg der Vermarktung diesen Vertrag nicht unterzeichnet. Die außergewöhnlichen Konditionen betreffen ja nicht nur das schon erhebliche Monatsgehalt von EUR 20.000,00 brutto. Darüber hinaus ist der Arbeitsvertrag auf 2 Jahre unkündbar und enthält ferner im letzten Absatz in § 2 eine Art Vertragsstrafenregelung mit einer Abfindung bei jedem Fall vorzeitiger Aufhebung in Höhe von 250.000,00 EUR. Der Annahme, ein solcher Vertrag wäre ohne Täuschung geschlossen worden, fehlt, wie es die Berufungsbegründung auf Seite 8 (Bl. 449 d. A.) zutreffend ausführt, jede innere Wahrscheinlichkeit. Zudem sind die einzelnen Vertragskonditionen nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers zwischen den Parteien vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrages im Einzelnen durchgesprochen worden. Der Kläger selbst hat im Berufungstermin ausgeführt, dass das Monatsgehalt bei Vertragsunterzeichnung noch einmal ausdrücklich von ihm angesprochen worden sei. Die Beklagten haben also den Arbeitsvertrag nicht etwa ohne weitere Prüfung unterzeichnet. Das indiziert aus Sicht des Gerichts zusätzlich, dass dem Vertragsabschluss eine Täuschung durch den Kläger vorausging.

 (c) Ein drittes kommt hinzu. Dem Kläger ist eine entsprechende Täuschungshandlung auch zuzutrauen. Das belegen die in der Vergangenheit erfolgten zweimaligen Verurteilungen wegen Betrugs. Sie zeigen, dass dem Kläger, der vor Täuschungen zur Erzielung von Vermögensvorteilen in der Vergangenheit nicht zurückgeschreckt ist, das ihm hier vorgeworfene Verhalten nicht wesensfremd ist.

 (d) Der Umstand, dass die Staatsanwaltschaften Kiel und Chemnitz Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des auch hier zur Entscheidungen anstehenden Sachverhalts nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt haben, steht dieser Bewertung nicht entgegen. Insoweit entscheiden die Staatsanwaltschaften und das Berufungsgericht unabhängig voneinander. Vorliegend geht es auch nicht um die Frage eines strafbaren Betrugs durch den Kläger, sondern darum, ob er eine Täuschungshandlung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB begangen hat.

 (e) Einzuräumen ist bei der Bewertung des gesamten Sachverhalts, dass auch die Beklagten nicht durchgehend konsistent vorgetragen haben. Im Zusammenhang mit dem Vortrag zum Vorliegen eines Scheingeschäfts ist hierauf bereits eingegangen worden. Allein der nicht immer stringente Vortrag der Beklagten beseitigt die Gewissheit der Kammer daran, dass sie im Kern die Täuschungshandlungen des Klägers zutreffend beschrieben haben, nicht. Bei dem Vortrag zum pro-forma-Geschäft und dessen Einordnung als Scheinvertrag im Sinne des § 117 BGB handelt es sich im Wesentlichen ersichtlich um fehlerhafte Rechtsbewertungen durch die vormaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten, nicht um Bewertungen der Beklagten selbst, die hierzu tatsächlich nicht in der Lage sein dürften.

 (2) Die danach zur Überzeugung des Gerichts feststehenden Behauptungen des Klägers anlässlich der Vertragsverhandlungen, er stehe in bestem Kontakt zum Chefeinkäufer vom M. Markt und S., er werde 10.000 bis 15.000 Bücher über den Deutschen Kinderschutzbund absetzen, es werde bereits bis zum Ende des Jahres ein Gewinn von mindestens einer Million gezahlt werden und er werde kurzfristig einen Vorschuss von 30.000,00 EUR veranlassen, sind unstreitig nicht wahrheitsgemäß. Der Kläger hat selbst eingeräumt, entsprechende Kontakte nicht zu haben. Auch alle weiteren Versprechungen sind nicht erfüllt worden.

bb) Der Kläger handelte auch arglistig im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB. Arglist im Sinne der Vorschrift erfordert Vorsatz, keine Absicht. Der Handelnde muss die Unrichtigkeit seiner Angaben kennen oder für möglich halten (Palandt, § 123 BGB, Rn 11). Der Kläger wusste, dass die von ihm abgegebenen Erklärungen nicht zutreffend waren.

cc) Der Abschluss des Arbeitsvertrags beruhte auch kausal auf der Täuschung der Beklagten.

Kausalität liegt vor, wenn der Getäuschte die Willenserklärung ohne die Täuschung überhaupt nicht, mit einem anderen Inhalt oder zu einem anderen Zeitpunkt abgegeben hätte. Mitursächlichkeit der Täuschung für die Abgabe der Erklärung genügt (Palandt, aaO, Rn 24).

Danach waren die Täuschungshandlungen des Klägers auch kausal für den Vertragsschluss. Ohne entsprechende Erklärungen hätten die Beklagten den Vertrag nicht unterzeichnet.

Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Termin ausgeführt hat, die Beklagten seien selbst nicht von der Rechtswirksamkeit des Vertrages ausgegangen, so dass dessen Unterzeichnung auch nicht auf der (angeblichen) Täuschung des Klägers beruhe, beseitigt dies die Kausalität der Täuschung nicht. Ohne die oben wiedergegebenen Erklärungen des Klägers wäre der Arbeitsvertrag gar nicht geschlossen worden, auch nicht pro forma. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers annehmen wollte, die Beklagten seien nicht von der Wirksamkeit des Vertrages ausgegangen, beseitigt dies doch nicht die „erste Ursache“ für die Vertragsunterzeichnung, nämlich die falschen Vorspiegelungen des Klägers zu seinen Beziehungen und den Gewinnerwartungen.

II.

Damit sind auch die Anträge des Klägers zu 5. und 6. unbegründet, da deren Erfolg das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraussetzt.

III.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens nach § 91 ZPO. Über die Kosten erster Instanz ist im Schlussurteil zu entscheiden. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Es handelt sich um einen in jeder Hinsicht besonders gelagerten Ausnahmefall.



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