Verwaltungsgericht Berlin

Urteil vom - Az: 28 K 563.19

Urlaubsabgeltung für Erben gilt nur für Mindesturlaub von 20 Tagen

Im vorliegenden Streitfall erkrankte die Landesbeamtin im März 2016 und war bis zu ihrem Tod arbeitsunfähig. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie neben einigen Überstunden noch 64 Urlaubstage angesammelt, die sie nicht in Anspruch genommen hatte. Hierfür wollten die Erben der verstorbenen Landesbeamtin nun eine finanzielle Abgeltung erhalten. Der Dienstherr akzeptierte die Forderung im Grundsatz und gewährte den Erben eine finanzielle Abgeltung in Höhe von etwa 9.400 Euro für 46 nicht genommene Urlaubstage. Eine darüberhinausgehende finanzielle Abgeltung gewährte dieser jedoch nicht. Der Abgeltungsanspruch sei durch den vierwöchigen unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub begrenzt, so der Dienstherr. Die Erben gingen dagegen vor und legten schließlich Klage ein. Sie forderten eine Zahlung für die nicht abgegoltenen Urlaubstage sowie für die angesammelten Überstunden.
Das Verwaltungsgericht Berlin wies diese Klage nun jedoch ab. Zwar gehe grundsätzlich der Anspruch auf die finanzielle Abgeltung des nicht genommenen Erholungsurlaubs auf die Erben über. Dieser Anspruch sei allerdings nach EU-Recht auf den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Urlaubstagen bei einer fünftätigen Arbeitswoche begrenzt, so das Gericht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs seien die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, einen Ausgleich für darüber hinaus gehende Urlaubstage zu gewähren. Auch für die Vergütung der geleisteten Überstunden fehle es im konkreten Fall an einer Anspruchsgrundlage. Die Mehrarbeit sei nicht vom Dienstherrn angeordnet worden. Darüber hinaus habe die Anzahl der geleisteten Überstunden den Umfang von durchschnittlich mehr als fünf Stunden im Kalendermonat nicht erreicht. Der Gerichtsbescheid ist rechtskräftig.
(Redaktionelle Zusammenfassung)

Tatbestand

Die Kläger begehren die finanzielle Abgeltung nicht in Anspruch genommenen Erholungsurlaubs und von Überstunden.

Die Kläger sind die Erben der am 16. Oktober 2018 verstorbenen Frau I_____. Diese stand im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit im Dienst der Beklagten und bekleidete zuletzt das Amt einer Verwaltungsoberinspektorin (BesGr. A 10). Sie war mit einem Grad der Behinderung von 60 schwerbehindert und seit dem 15. März 2016 bis zu ihrem Tod durchgehend dienstunfähig erkrankt.

Mit Schreiben vom 21. Juni 2019 teilte die Beklagte dem Kläger zu 1. mit, dass ein Anspruch auf finanzielle Abgeltung für insgesamt 45,84 von der verstorbenen Beamtin nicht in Anspruch genommene Urlaubstage bestehe. Der Umfang sei begrenzt auf den vierwöchigen unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub zuzüglich des Zusatzurlaubs nach dem Neunten Sozialgesetzbuch. Der Mindesturlaubsanspruch verfalle spätestens 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahre. Danach seien 25 Tage für das Jahr 2017 abzugelten und 20,84 Tage für das Jahr 2018. Ausgehend von der Besoldung der Beamtin in den letzten drei Monaten ergebe sich ein Anspruch in Höhe von 9.385,82 Euro. Der Betrag werde abzüglich eines Rückforderungsanspruchs der Beklagten in Höhe von 40,00 Euro an den Kläger zu 1. ausgezahlt, weil die ebenfalls erbberechtigten Kläger zu 2. und 3. noch minderjährig seien.

Der Kläger zu 1. legte mit Schreiben vom 19. Juli 2019 „Einspruch“ ein und führte zur Begründung aus, der Urlaub aus den Jahren 2015 und 2016 könne nicht ohne weite- res verfallen, zumal nicht die Möglichkeit bestanden habe, Urlaub zu nehmen. Urlaubsanträge seien mehrmals vom Vorgesetzten abgelehnt worden. Ein Verfall des Urlaubs könne in der Regel nur dann eintreten, wenn der Dienstherr den Beamten zuvor aufgefordert habe, den Urlaub zu nehmen, und in darauf hingewiesen habe, dass der Urlaub anderenfalls erlösche. Der Kläger zu 1. wies ferner darauf hin, dass die Überstunden der Beamtin noch nicht vergütet worden seien, obwohl er die Beklagte hierzu schon mehrfach aufgefordert habe, und wandte sich gegen die Rückforderung.

Mit Schreiben vom 31. Juli 2019 wies die Beklagte den Kläger zu 1. auf die geltenden Übertragungsregelungen sowie darauf hin, dass entsprechende Hinweise allen Mitarbeitern im Intranet zur Verfügung ständen und das Abtragungsende für das jeweilige Urlaubsjahr auch in den Abwesenheitskontingenten über ESS ersichtlich sei.

Der unionsrechtliche Mindesturlaub sei für die Jahre 2015 und 2016 verfallen. Eine Abgeltung des positiven Zeitsaldos könne mangels Rechtsgrundlage nicht erfolgen. Die Gründe für die Rückforderung seien ausführlich erläutert worden.

Die Kläger erhoben mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 26. August 2019 Widerspruch. Sie führten aus, es sei unzutreffend, dass ein Abgeltungsanspruch im Umfang von nur 45,84 Tagen bestehe. Der verstorbenen Beamtin hätten nach beamtenrechtlichen Vorschriften ein jährlicher Erholungsurlaub von 30 Tagen und der Sonderurlaub für Schwerbehinderte von fünf Tagen zugestanden. Für das Jahr 2017 sei der Urlaub von weiteren zehn Tagen nicht verfallen, weil sie darüber nicht rechtzeitig persönlich informiert worden sei. Für das Jahr 2018 ergebe sich ein Urlaubsanspruch von 26 Tagen, der ebenfalls nicht verfallen und in vollem Umfang abzugelten sei. Es seien insgesamt 61 (35 + 26) Tage abzugelten. Das ergebe einen Zahlungsanspruch von 12.489,86 Euro. Unter Berücksichtigung des von der Beklagten errechneten Abgeltungsbetrags verbleibe ein Restanspruch von 3.104,04 Euro. Des Weiteren seien 40 Überstunden abzugelten. Das ergebe bei einem Stundenlohn von 25,60 Euro einen weiteren Zahlungsanspruch von 1.023,76 Euro.

Mit Schreiben vom 25. September 2019 teilte die Beklagte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof zum Verfall des unionsrechtlichen Mindesturlaubsanspruchs und die Informationen ihrer Beschäftigten über die individuellen Urlaubsansprüche einschließlich der Verfallsdaten mit, dass nur 45,84 Tage aus den Urlaubsjahren 2017 und 2018 abzugelten seien. Eine Abgeltung des positiven Zeitsaldos werde nur gewährt, wenn die Mehrarbeit von Beamtinnen und Beamten, für die beamtenrechtliche Arbeitszeitregelungen gälten, geleistet und schriftlich angeordnet oder genehmigt worden sei. Dies sei nicht der Fall.

Die Kläger haben am 30. Oktober 2019 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgen. Sie tragen zur Begründung im Wesentlichen vor: Der verstorbenen Beamtin hätten für das Jahr 2017 35 Urlaubstage zugestanden, von denen die Beklagte nur 25 Tage abgegolten habe. Die weiteren zehn Urlaubstage für das Jahr 2017 seien mangels eines entsprechenden Hinweises des Dienstherrn nicht verfallen. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass es zum damaligen Zeitpunkt einen allgemeinen Hinweis im Intranet gegeben habe. Im Übrigen reiche ein abstrakter Hinweis nicht aus. Die Beamtin sei am 3. Oktober 2016 nicht krankgeschrieben gewesen. Die Beklagte könne sich im Übrigen nicht darauf berufen, dass es der Beamtin unmöglich gewesen sei, den Urlaub zu nehmen. Denn sie habe die lange Dienstunfähigkeit vorsätzlich verursacht, da die Beamtin zunächst gemobbt worden und ihr dann nicht die Möglichkeit gegeben worden sei, den Dienst an einem anderen Arbeitsplatz wieder aufzunehmen, obwohl sie sich darum immer wieder bemüht habe. Nach der vorgelegten amtsärztlichen Stellungnahme vom 3. August 2017 sei zu erwarten gewesen, dass eine Wiederaufnahme der Arbeit im Rahmen einer stufenweisen Wiedereingliederung zum Erreichen des vollen Stundenpensums nach acht Wochen geführt hätte. Für das Jahr 2018 ergebe sich ein Urlaubsanspruch von 29 Ta- gen (35 x 10/12), der ebenfalls nicht verfallen und in vollem Umfang abzugelten sei. Für die insgesamt abzugeltenden 64 (35 + 29) Tage bestehe ein Zahlungsanspruch in Höhe von 13.102,10 Euro und somit ein Anspruch auf Zahlung weiterer 3.716,28 Euro. Für die 40 von der Beamtin geleisteten Überstunden seien nach der Bundes- mehrarbeitsvergütungsverordnung 21,60 Euro pro Stunde, also insgesamt 864,00 Euro abzugelten. Es sei davon auszugehen, dass die auf dem Arbeitszeitkonto ausgewiesenen Überstunden zumindest konkludent angeordnet oder genehmigt worden seien. Die Beklagte befinde sich seit dem 15. August 2019 in Verzug, nachdem der Kläger zu 1. ihr mit Schreiben vom 29. Juli 2019 eine Zahlungsfrist bis zum 15. August 2019 gesetzt habe.

Die Kläger beantragen schriftsätzlich sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 21. Juni 2019 und 31. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 25. September 2019 zu verurteilen, an sie 4.580,28 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. August 2019 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich, die Klage abzuweisen.

Sie trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Der Urlaub für das Urlaubsjahr 2017 wäre mit Ablauf des 31. Dezember 2018 verfallen, der Urlaub für 2018 mit Ablauf des 31. Dezember 2019. Eine Abgeltung stehe den Klägern als Erben der verstorbenen Beamtin aber nur für den unionsrechtlichen Mindesturlaub in Höhe von 20 Tagen im Jahr 2017 und anteilig 15 Tagen für neun volle Kalendermonate im Jahr 2018 zu. Für den Zusatzurlaub für Schwerbehinderte sei irrtümlich eine Erstattung erfolgt. Insoweit behalte sie sich die Rückforderung vor. Einer Belehrung über den Verfall des Urlaubs habe es nicht bedurft, weil die Beamtin durchgehend dienstunfähig erkrankt gewesen sei und daher nicht auf diese Belehrung hätte reagieren und den Urlaub tatsächlich nehmen können. Es liege eine fortlaufende Krankschreibung vom 13. Mai 2016 bis 26. Oktober 2016 vor. Zudem sei der 3. Oktober ein gesetzlicher Feiertag. Auf die Ursachen der Dienstunfähigkeit komme es für die Entscheidung über die Urlaubsabgeltung nicht an. Das Arbeitszeitkonto habe im Zeitpunkt des Todes der Beamtin ein Zeitguthaben von 40 Stunden und 28 Minuten aufgewiesen. Dabei habe es sich aber nicht um angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit gehandelt. Die Beamtin habe das Guthaben vielmehr im Rahmen der Dienstvereinbarung über die Serviceorientierte Arbeitszeit erworben, die eine individuelle Bestimmung der täglichen Arbeitszeit innerhalb des vorgegebenen Arbeitszeitrahmens ermögliche und nach der ein Zeitplus oder Zeitminus von 40 Stunden unbedenklich sei. Die Dienstvereinbarung sehe eine Abgeltung von Zeitguthaben nicht vor.

Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 21. September 2020 der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten (1 Hefter) Bezug genommen, die vorgelegen haben und – soweit entscheidungserheblich – Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Über die Klage hatte nach Übertragung der Streitsache gemäß § 6 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Berichterstatterin als Einzelrichterin zu entscheiden. Sie konnte gemäß § 84 Abs. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen, und haben sich mit dieser Verfahrensweise ausdrücklich einverstanden erklärt.

Die Klage ist zulässig. Das gemäß § 126 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) erforderliche Vorverfahren ist durchgeführt worden. Die Kläger haben nach (wiederholter) Ablehnung der Gewährung weiterer Urlaubsabgeltung und (erstmals ausdrücklicher) Ablehnung der Gewährung einer Überstundenvergütung mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 26. August 2019 ausdrücklich Widerspruch erhoben. Diesen hat die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 25. September 2019 in der Sache zurückgewiesen. Da das als Widerspruchsbescheid anzusehende Schreiben vom 25. September 2019 keine Rechtsmittelbelehrung enthält, ist die Klagefrist mit der am 30. Oktober 2019 erhobenen Klage jedenfalls gewahrt (vgl. § 58 Abs. 1 und 2 VwGO).

Die Klage ist nicht begründet. Die Kläger haben weder einen Anspruch auf Gewährung einer finanziellen Abgeltung für weiteren von der verstorbenen Beamtin nicht genommenen Urlaub aus den Jahren 2017 und 2018 (dazu 1.) noch auf Zahlung einer Vergütung für 40 von ihr vor Eintritt der Dienstunfähigkeit geleistete Überstunden (dazu 2.). Die angefochtenen Bescheide sind, jedenfalls soweit sie die Gewährung von (weiteren) Zahlungen ablehnen, rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Rechtsgrundlage für die begehrte finanzielle Abgeltung des nicht genommenen Erholungsurlaubs ist § 10 Abs. 1 der Erholungsurlaubsverordnung (EUrlV) in der seit dem 14. März 2015 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 3 des Siebten Besoldungsänderungsgesetzes vom 3. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2163). Danach wird Erholungsurlaub abgegolten, soweit er in Höhe des unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubsanspruchs (Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG) vor Beendigung des Beamtenverhältnisses wegen vorübergehender Dienstunfähigkeit nicht genommen worden ist. Das Dienstverhältnis der am 16. Oktober 2018 verstorbenen Beamtin endete mit deren Tod. Der Abgeltungsanspruch, dessen Gewährung unionsrechtlich gemäß Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299, S. 9) geboten ist, geht im Versterbensfalle im Wege der Erbfolge auf den oder die Rechtsnachfolger über und kann von den Erben geltend gemacht werden (vgl. VG Kassel, Urteil vom 23. März 2022 – 1 K 870/20.KS –, juris Rn. 20; EuGH, Urteil vom 6. November 2018 – C-569/16 und C-570/16 –, juris).

Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Gewährung einer weiteren Urlaubsabgeltung für die Jahre 2017 und 2018. Der bestehende Abgeltungsanspruch ist vielmehr von der Beklagten bereits erfüllt worden. Der Abgeltungsanspruch erfasst ausweislich des eindeutigen Wortlauts von § 10 Abs. 1 EUrlV durch die ausdrückliche Bezugnahme auf die Höhe des „unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubsanspruchs“ lediglich den in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG vorgesehenen Mindestjahresurlaub von vier Wochen bei fünf Arbeitstagen pro Woche. Der Umfang des Urlaubsabgeltungsanspruchs wird damit auf die sich hieraus ergebenden 20 Urlaubstage pro Kalenderjahr eindeutig beschränkt. Hiergegen bestehen keine Beden- ken, da die Richtlinie 2003/88/EG die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, weitere Ansprüche auf bezahlten Urlaub zu gewähren und für den Fall, dass dieser nicht in Anspruch genommen wurde, eine finanzielle Vergütung vorzusehen. Sie beschränkt sich vielmehr auf die Aufstellung von Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesund- heitsschutz (vgl. EuGH, Urteil vom 3. Mai 2012 – C-337/10, Neidel –, juris Rn. 35 ff.). Urlaubstage, die nach nationalem Recht über den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubsanspruch hinausgehend gewährt werden, sind deshalb vom Abgeltungsanspruch gemäß Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG nicht erfasst. Dies gilt auch für den Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 208 des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch (SGB IX; vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – BVerwG 2 C 10.12 –, juris Rn. 18 f., vgl. auch BVerwG, Urteil vom 30. April 2014 – BVerwG 2 A 8.13 –, juris Rn. 18 zu § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX a. F.). Zudem ist der unionsrechtliche Mindesturlaubsanspruch jeweils nur im Verhältnis zur Dauer der Dienstzeit während des entsprechenden Jahres gegeben, so dass auch der Abgeltungsan- spruch entsprechend begrenzt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 – BVerwG 2 C 10.12 –, juris Rn. 35, und Urteil vom 30. April 2014 – BVerwG 2 A 8.13 –, juris Rn. 19; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Januar 2020 – OVG 4 B 12.18 –, juris Rn. 18; vgl. auch Art. 4 Abs. 1 und Art. 11 des Übereinkommens Nr. 132 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1970 über den bezahlten Jahresurlaub, BGBl. II 1975, S. 745).

Hiervon ausgehend hat die Beklagte es zu Recht abgelehnt, den Klägern für die Jahre 2017 und 2018 eine finanzielle Abgeltung für weitere von der verstorbenen Beamtin nicht in Anspruch genommene Urlaubstage zu gewähren.

a) Für das Jahr 2017 ist der unionsrechtliche Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen in voller Höhe abzugelten, weil die verstorbene Beamtin in diesem Jahr keinen Urlaub genommen hatte. Die Beklagte hat diesen Anspruch bereits erfüllt, indem sie mit den angefochtenen Bescheiden für das Urlaubsjahr 2017 einen Abgeltungsanspruch für 25 Tage bejaht hat.

b) Für das Jahr 2018 ist der unionsrechtliche Mindesturlaubsanspruch von 20 Tagen nur anteilig abzugelten, weil die Beamtin im Oktober 2018 verstorben ist und ihre Dienstzeit daher nicht das ganze Jahr umfasste. Die Beklagte hat ausweislich der im Verwaltungsvorgang (Bl. 46) befindlichen Berechnung einen Abgeltungsanspruch für 10/12 dieses Mindesturlaubsanspruchs zuzüglich des Schwerbehindertenzusatzurlaubs bejaht. Sie hat lediglich zwei Monate nicht einbezogen und den vollen Monat Oktober berücksichtigt, so dass – ungeachtet der Frage, ob eine Verpflichtung bestand, die auf diesen Monat entfallenden Urlaubstage vollständig oder nur anteilig einzubeziehen – jedenfalls auch der Abgeltungsanspruch für das Urlaubsjahr 2018 bereits erfüllt ist.

c) Der Grund für die Ablehung einer weiteren Urlaubsabgeltung für die Jahre 2017 und 2018 ist demnach nicht ein Verfall des der verstorbenen Beamtin nach nationalem Recht zustehenden, den unionsrechtlichen Mindesturlaub übersteigenden Urlaubs, sondern der Umstand, dass ein Abgeltungsanspruch nur für den unionsrechtlichen Mindesturlaub besteht. Die Beklagte hat sich hingegen nicht auf einen Verfall des weiteren nationalen Urlaubs aus den Jahren 2017 und 2018 berufen. Der weitergehende nationale Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2017 wäre nach § 7 Abs. 2 EUrlV auch erst mit Ablauf des Jahres 2018 verfallen, der weitergehende nationale Ur- laubsanspruch aus dem Jahr 2018 mit Ablauf des Jahres 2019. Hierauf kommt es aber nicht an, so dass ebenso offen bleiben kann, ob die Beklagte die Beamtin aus- reichend über den Verfall ihres Urlaubs informiert hat.

d) Die Beklagte hat die Höhe des Abgeltungsbetrags gemäß § 10 Abs. 3 EUrlV aus- gehend von der der verstorbenen Beamtin in den letzten drei Monaten vor ihrem Tod zustehenden Besoldung errechnet. Dabei hat sie den Betrag durch 13 (Wochen) und durch 5 (Arbeitstage pro Woche) geteilt und mit der Anzahl der nach ihrer Berech- nung abzugeltenden Urlaubstage multipliziert. Fehler bei dieser Berechnung sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Kläger haben vielmehr diese Berechnung der Ermittlung des ihnen nach ihrer Auffassung zustehenden weiteren Abgeltungsanspruchs ebenfalls zugrunde gelegt.

2. Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf die Gewährung einer Vergütung für 40 von der verstorbenen Beamtin geleistete Überstunden. Es fehlt jedenfalls an einer Anspruchsgrundlage für diesen geltend gemachten Anspruch.

a) Ein Vergütungsanspruch ergibt sich nicht aus § 88 BBG i. V. m. § 48 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) und der Bundesmehrarbeitsvergütungsverordnung (BMVergV). Nach § 88 Satz 1 BBG sind Beamtinnen und Beamte verpflichtet, ohne Vergütung über die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit hinaus Dienst zu tun, wenn zwingende dienstliche Verhältnisse dies erfordern und sich die Mehrarbeit auf Ausnahmefälle beschränkt. Werden sie durch eine dienstlich angeordnete oder geneh- migte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht, ist ihnen nach § 88 Satz 2 BBG innerhalb eines Jahres für die Mehrarbeit, die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten (§ 88 Satz 4 BBG). Die Vorausset- zungen, unter denen eine Vergütung für Mehrarbeit gewährt wird, sind in § 3 BMVergV näher umschrieben. Sie sind vorliegend nicht erfüllt.

aa) Bereits aus § 88 Satz 2 BBG ergibt sich, dass die Gewährung einer Vergütung – wenn eine Dienstbefreiung nicht möglich ist – voraussetzt, dass die Mehrarbeit angeordnet oder genehmigt wurde. Auch nach § 3 Abs. 1 BMVergV wird die Vergütung nur gewährt, wenn die Mehrarbeit schriftlich oder elektronisch angeordnet oder ge- nehmigt wurde (Nr. 2). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

Der Dienstherr entscheidet über die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit durch Verwaltungsakt. Bei der Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit hat er auf der Grundlage und unter Abwägung der im konkreten Zeitpunkt maßgebenden Umstände eine (einzelfallbezogene) Ermessensentscheidung zu treffen. Dabei hat er insbesondere zu prüfen, ob nach den dienstlichen Notwendigkeiten Mehrarbeit überhaupt erforderlich ist und welcher Beamtin oder welchem Beamten sie übertragen werden soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 – BVerwG 2 C 28.02 –, juris Rn. 14, und Urteil vom 29. April 2021 – BVerwG 2 C 18.20 –, juris Rn. 34). Eine entsprechende schriftliche oder elektronische Anordnung oder Genehmigung hat es hinsichtlich der streitgegenständlichen 40 Überstunden nicht gegeben. Die Beklagte hat vielmehr – insoweit unwidersprochen – vorgetragen, dass die verstorbene Beamtin das Zeitguthaben im Rahmen der bei der Beklagten anzuwendenden Dienstvereinbarung über die Serviceorientierte Arbeitszeit (DV SoA) vom 24. November 2004 er- worben habe. Diese sieht – im Einklang mit § 7 der Arbeitszeitverordnung (AZV) – vor, dass die Beschäftigten unter Berücksichtigung der dienstlichen Belange und ihrer individuellen Bedürfnisse nach Abstimmung untereinander Beginn und Ende ihrer täglichen Arbeitszeit innerhalb des Arbeitszeitrahmens selbst bestimmen können

(§ 4 Abs. 3 DV SoA). Dabei kann durch Über- oder Unterschreiten der regelmäßigen täglichen Sollarbeitszeit ein Zeitplus oder ein Zeitminus entstehen. Die Abweichungen zwischen Soll- und tatsächlicher Arbeitszeit werden auf einem persönlichen Zeitkonto verbucht und arbeitstäglich verrechnet. Ein Zeitplus ist keine Mehrarbeit bzw. Überstunde im Sinne gesetzlicher bzw. tarifvertraglicher Vorschriften. Ein Über- oder Unterschreiten der regelmäßigen täglichen Sollarbeitszeit im Abrechnungszeitraum ist unbedenklich, wenn 40 Stunden Zeitplus bzw. 40 Stunden Zeitminus nicht über- bzw. unterschritten werden (§ 7 Abs. 1 bis 3 DV SoA). Der Abrechnungszeitraum beträgt für Beamtinnen und Beamte 12 Monate (§ 12 Abs. 1 DV SoA).

Der Erwerb des Zeitguthabens beruhte demnach auf der eigenen Entscheidung der verstorbenen Beamtin, nicht auf einer vom Dienstherrn getroffenen Entscheidung, mit der ihr eine über die regelmäßige Arbeitszeit hinausgehende Mehrarbeit auferlegt wurde. In der Billigung der Serviceorientierten Arbeitszeit mit der Möglichkeit, ein Zeitplus zu erwerben, liegt entgegen der Auffassung der Kläger auch keine konklu- dente Genehmigung von Mehrarbeit. Denn damit wird von den Beamtinnen und Beamten nicht verlangt, dass sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus Mehrarbeit leisten. Sie können vielmehr durch die eigenverantwortliche Gestaltung ihrer Arbeits- zeit die Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit individuell bestimmen (vgl. dazu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 10. Mai 2019 – 3 ZB 17.275 –, juris Rn. 6). Mit der entsprechenden Arbeitszeiterfassung (vgl. § 11 DV SoA) wird den Dienstkräften die Möglichkeit gegeben, im Rahmen der flexiblen Gestaltung der Arbeitszeit individuell Zeitguthaben zu erwerben, die durch Freizeitausgleich oder Freizeitausgleichstage ausgeglichen werden können (§ 8 DV SoA). In der Erfassung eines Zeitplus auf dem Arbeitszeitkonto kommt aber nicht der Wille des Dienstherrn zum Ausdruck, die betroffenen Dienstkräfte zu vergütungspflichtiger Mehrarbeit im Sinne der Mehrarbeitsvergütungsverordnung heranzuziehen.

bb) Das von der verstorbenen Beamtin erworbene Zeitplus erreicht auch nicht den für die Gewährung einer Vergütung erforderlichen Umfang. Nach § 88 Satz 2 BBG ist eine Dienstbefreiung nur zu gewähren, wenn Beamtinnen und Beamte durch die (angeordnete oder genehmigte) Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die re- gelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht werden. Eine Vergütung der Mehrarbeit setzt voraus, dass eine danach gebotene Dienstbefreiung nicht möglich ist (§ 88 Satz 4 BBG). Nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 BMVergV wird die Vergütung nur gewährt, wenn die Mehrarbeit die sich aus der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ergebende Arbeitszeit um mehr als fünf Stunden im Kalendermonat (Mindeststundenzahl) übersteigt. Auch dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Umfang des erworbenen Zeitguthabens beläuft sich nach Angaben der Beklagten auf 40 Stunden und 28 Minuten. Bezogen auf den Abrechnungszeitraum von zwölf Monaten ergibt sich ein Zeitplus von weniger als dreieinhalb Stunden pro Monat.

cc) Der geltend gemachte Anspruch lässt sich auch nicht auf die Dienstvereinbarung (DV SoA) stützen. Denn diese sieht eine finanzielle Abgeltung krankheitsbedingt aufgelaufener Zeitguthaben im Falle der Beendigung des Dienstverhältnisses nicht vor. Zwar bestimmt § 12 Abs. 2 Satz 2 DV SoA, dass ein Zeitplus, das nicht ausgeglichen wird, verfällt, es sei denn, ein Ausgleich war aus Gründen nicht möglich, welche die oder der Beschäftigte nicht zu vertreten hat. Damit ist aber keine Bestimmung darüber getroffen, dass ggf. ein finanzieller Ausgleich zu gewähren wäre. Hierfür fehlt es angesichts der strikten Gesetzesbindung der Besoldung und der Unwirksam- keit von Zusicherungen, Vereinbarungen und Vergleichen, die der Beamtin oder dem Beamten eine höhere als die ihr bzw. ihm gesetzlich zustehende Besoldung ver- schaffen sollen (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 BBesG), an einer Rechtsgrundlage. Eine solche hat der Gesetzgeber vielmehr mit den Regelungen in § 88 BBG, § 48 BBesG und der Bundesmehrarbeitsvergütungsverordnung geschaffen. Vergütungen für Mehrarbeit an Beamtinnen und Beamte des Bundes dürfen gemäß § 1 BMVergV nur nach Maßgabe dieser Verordnung gezahlt werden. Die danach erforderlichen Voraussetzungen liegen, wie bereits ausgeführt, nicht vor.

dd) Selbst wenn § 12 Abs. 2 Satz 2 DV SoA so verstanden werden könnte, dass die- ser eine Verpflichtung des Dienstherrn begründen könnte, ein Zeitplus, das aus nicht von der Beamtin oder dem Beamten zu vertretenden Gründen vor Beendigung des Dienstverhältnisses nicht mehr durch Freizeitausgleich ausgeglichen werden konnte, nachträglich als Mehrarbeit zu genehmigen, ergäbe sich vorliegend kein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung. Dem steht entgegen, dass das von der verstorbenen Beamtin erworbene Zeitplus – wie bereits ausgeführt – nicht den für die Gewährung einer Vergütung erforderlichen Umfang erreicht und Mehrarbeitsvergütung nur nach Maßgabe der Mehrarbeitsvergütungsverordnung gezahlt werden darf. Es bedarf angesichts dessen keiner weiteren Prüfung, ob eine nachträgliche Genehmigung von Mehrarbeit überhaupt bzw. im konkreten Fall möglich ist (vgl. dazu Bayerischer Ver- waltungsgerichtshof, Beschluss vom 10. Mai 2019 – 3 ZB 17.275 –, juris 6).

b) Ein Anspruch der Kläger auf finanziellen Ausgleich der Überstunden ergibt sich auch nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB – i. V. m. § 88 BBG). Dieser Rechtsgrundsatz gilt auch im öffentlichen Recht, insbesondere im Beamtenrecht, und vermag in dem engen, auf Dauer angelegten Rechtsverhältnis, in dem Dienstherr und Beamtin oder Beamter verbunden sind, die nach der jeweiligen Interessenlage gebotenen Nebenpflichten zu begründen, zu denen auch die Pflicht zum Ausgleich von Zuvielarbeit gehören kann. Voraussetzung ist aber in jedem Fall, dass der Dienstherr die Beamtin oder den Beamten in rechtswidriger Weise über die regelmäßige Dienstzeit zum Dienst heranzieht (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 – BVerwG 2 C 28.02 –, juris Rn. 19 f.). Daran fehlt es im vorliegenden Fall, weil die Beklagte – wie bereits ausgeführt – die verstorbene Beamtin nicht zu einer Mehrarbeit über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus herangezogen hat, sondern diese das Zeitplus im Rahmen der Serviceorientierten Arbeitszeit selbst erworben hat.

c) Auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn vermag keinen Anspruch der Kläger auf finanziellen Ausgleich der Überstunden zu begründen. Aus der Fürsorgepflicht ergeben sich nämlich nur dann Leistungsansprüche, wenn sie andernfalls in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Den Wesenskern der Fürsorgepflicht können allenfalls an- dauernde unzumutbare Belastungen der Beamtin oder des Beamten berühren (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 – BVerwG 2 C 28.02 –, juris Rn. 16). Derartige Belastungen stehen vorliegend nicht in Rede. Der Umfang des Zeitguthabens von 40 Stunden und 28 Minuten überschreitet das gemäß § 7 Abs. 3 DV SoA unbedenkliche Maß der Überschreitung der regelmäßigen täglichen Sollarbeitszeit nur geringfügig. Zudem ist – wie bereits ausgeführt – die Mindeststundenzahl, die nach § 88 Satz 2 BBG, § 3 Abs. 1 Nr. 4 BMVergV eine Ausgleichspflicht auslöst, nicht erreicht. Dies spricht ebenfalls gegen eine andauernde unzumutbare Belastung.

d) Für einen Schadensersatzanspruch fehlt es an einem zu ersetzenden Schaden. Zusätzlicher Dienst einer Beamtin oder eines Beamten ist kein Schaden im Sinne des allgemeinen Schadenersatzrechts. Für beamtenrechtliche Schadensersatzansprüche ist der Schadensbegriff maßgebend, der auch den §§ 249 ff. BGB zugrunde liegt. Danach ist mangels besonderer Vorschriften Geldersatz nur bei einem Vermögensschaden, nicht bei einem immateriellen Schaden zu leisten. Der Aufwand von Zeit und Arbeitskraft zur Leistung zusätzlichen Dienstes und der damit verbundene Verlust von Freizeit als solche sind kein durch Geld zu ersetzender materieller Schaden (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 – BVerwG 2 C 28.02 –, juris Rn. 17). Darüber hinaus fehlt es an einer rechtswidrigen und schuldhaften Pflichtverletzung des Dienstherrn oder seiner Organe und Amtswalter.

e) Ein dem Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB –) entspringender öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch besteht ebenfalls nicht, weil die Besoldung nicht in einem Austauschverhältnis von Leistung und Gegenleistung steht und die zusätzliche Arbeitsleistung der verstorbenen Beamtin keine rechtsgrundlos erfolgte Bereicherung des Dienstherrn darstellt (vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. April 2018 – 6 A 1422/16 –, juris Rn. 76 f.).

f) Ein Folgenbeseitigungsanspruch kann nicht auf Schadensersatz oder Entschädigung in Geld für rechtswidriges Verwaltungshandeln, sondern allein auf die Wiederherstellung des durch einen rechtswidrigen hoheitlichen Eingriff veränderten rechtmäßigen Zustandes gerichtet sein, der im Zeitpunkt des Eingriffs bestand (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 – BVerwG 2 C 35.02 –, juris Rn. 16). Im Übrigen liegt nach den obigen Ausführungen kein rechtswidriges Verwaltungshandeln vor. Der Erwerb des Arbeitszeitguthabens erfolgte im Rahmen des geltenden Rechts.

g) Ein Anspruch der Kläger auf die geltend gemachte Vergütung für 40 Überstunden folgt auch nicht aus dem unionsrechtlichen oder dem beamtenrechtlichen Ausgleichsanspruch wegen Zuvielarbeit. Voraussetzung für diese Ansprüche ist, dass die Beamtin oder der Beamte (unions-)rechtswidrig Zuvielarbeit geleistet hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2020 – BVerwG 2 C 8.19 –, juris Rn. 13, und Urteil vom 26. Juli 2012 – BVerwG 2 C 29.11 –, juris Rn. 13 f., 26). Daran fehlt es im vorliegen- den Fall. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die verstorbene Beamtin im Rahmen ih- rer individuellen Arbeitsgestaltung beim Aufbau des Arbeitszeitguthabens die unionsrechtlich nach Art. 6 Buchstabe b der Richtlinie 2003/88/EG zulässige durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden überschritten hätte. Dies wurde im Übrigen jedenfalls nicht seitens des Dienstherrn von ihr verlangt.

h) Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs über die finanzielle Abgeltung von nicht genommenem Jahresurlaub ist auf die Unmöglichkeit der Inanspruchnahme eines durch Mehrarbeit erworbenen Freizeitausgleichsanspruchs nicht übertragbar. Denn ein Freizeitausgleich erfolgt nicht zu einem dem Erholungsurlaub vergleichbaren Zweck, sondern dient allein der Einhaltung der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2016 – BVerwG 2 C 23.15 –, juris Rn. 18).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).



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