Bundessozialgericht
Urteil vom - Az: B 11 AL 17/08 R
Widerspruch zu Betriebsübergang begründet keine Sperrzeit
2. An der Rechtsprechung, dass ein wichtiger Grund zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag nur besteht, wenn dem Arbeitnehmer anderenfalls objektiv rechtmäßig zum selben Zeitpunkt gekündigt worden und ihm die Hinnahme der Kündigung nicht zumutbar gewesen wäre, wird festgehalten (Anschluss an und Weiterführung von BSG vom 12.7.2006 - B 11a AL 47/05 R = BSGE 97, 1 = SozR 4-4300 § 144 Nr 13). (Leitsätze)
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe vom 1. Februar bis 25. April 2002.
Der am 1. November 1946 geborene Kläger war von 1975 bis 31. Januar 2002 bei der Firma E als Außendienstmitarbeiter zuletzt mit einem Monatsverdienst von 4.500 Euro beschäftigt und mit einer Frist von sieben Monaten zum Monatsende ordentlich kündbar. Der Betriebsteil I, in dem der Kläger neben 15 weiteren Mitarbeitern als Medical-Referent beschäftigt war, wurde zum 5. Juni 2001 an die Firma M verkauft. Dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses aus Anlass des Betriebsübergangs widersprach der Kläger am 31. Mai 2001 schriftlich ohne Angabe von Gründen. Daraufhin wurde das Arbeitsverhältnis mit der Firma E durch Aufhebungsvertrag vom 18. Juni 2001 zum 31. Januar 2002 ohne Freistellung des Klägers gegen Zahlung einer Abfindung von 362.839 DM brutto beendet. Nach Angaben des Klägers liegt der Abfindung der Sozialplan der Firma J vom 5. November 1998 zugrunde, der für alle Mitarbeiter Geltung beansprucht, die durch den Wegfall oder die durch Betriebsübergang herbeigeführte Verlegung ihres Arbeitsplatzes aufgrund betriebsbedingter Kündigung wirtschaftliche oder sonstige Nachteile erleiden.
Am 27. Dezember 2001 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte zum 1. Februar 2002 Arbeitslosengeld (Alg). Die Firma E teilte zu den näheren Umständen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit, der Arbeitsplatz des Klägers sei ersatzlos weggefallen und wäre bei mangelnder Einigung zum selben Zeitpunkt arbeitgeberseitig ordentlich gekündigt worden. Die Beklagte bewilligte Alg ab dem 26. April 2002 (Bescheid vom 6. März 2002). Für die Zeit vom 1. Februar bis 25. April 2002 stellte sie hingegen den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen fest, ferner das Ruhen des Alg-Anspruchs in dieser Zeit und die Minderung des Alg-Anspruchs um ein Viertel der Anspruchsdauer. Dem Kläger sei es zumutbar gewesen, eine betriebsbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber abzuwarten (Bescheid vom 4. März 2002; Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2002).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7. Dezember 2004). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 11. Mai 2007). Das LSG hat in den Entscheidungsgründen ua ausgeführt, eine Sperrzeit sei eingetreten. Ein wichtiger Grund zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses habe nicht vorgelegen. Ein wichtiger Grund könne nicht ohne weiteres darin gesehen werden, dass der Arbeitnehmer dem Ausspruch einer drohenden Kündigung zuvor gekommen sei. Unabhängig von der Rechtmäßigkeit einer andernfalls ausgesprochenen Kündigung habe der Kläger durch seinen ohne Angabe von Gründen erhobenen Widerspruch gegen den Übergang des Betriebsteils I das dringende betriebliche Erfordernis einer Kündigung wenn nicht ermöglicht, so doch erheblich erleichtert. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) unterliege das Kündigungsrecht eines Betriebsveräußerers im Anschluss an den Widerspruch des Arbeitnehmers der Sozialauswahl (§ 1 Abs 3 Kündigungsschutzgesetz <KSchG>) und seien die Gründe für den Widerspruch - bzw deren Fehlen - im Rahmen der Sozialauswahl zu berücksichtigen. Wenn dem Betriebsübergang bzw dem Übergang des Arbeitsverhältnisses daher ohne Angabe von Gründen widersprochen werde, rechtfertige dies die Feststellung einer Sperrzeit.
Mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 144 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Weder durch Zeichnung des Aufhebungsvertrages noch durch den Widerspruch gegen den Übergang des Betriebsteils I habe er schuldhaft und ohne wichtigen Grund die Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Die neuere Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) lasse im Falle eines ohnehin nicht zu vermeidenden Eintritts von Beschäftigungslosigkeit als wichtigen Grund ausreichen, dass der Aufhebungsvertrag zur Vermeidung der typischerweise mit einer - andernfalls drohenden - Kündigung einhergehenden Nachteile geschlossen werde. Die Annahme einer Sperrzeit mangels Begründung des Widerspruchs erscheine verfehlt. § 613a Abs 6 Bürgerliches Gesetzbuch <BGB> verlange kein Begründungserfordernis, sodass er - der Kläger - sich nicht arbeitsvertragswidrig verhalten habe. Führe der unbegründete Widerspruch im Einzelfall zu einer verkürzten Sozialauswahl, sei es Sache der Beklagten nachzuweisen, dass ihm kein wichtiger Grund zur Seite stehe.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 11. Mai 2007 und des Sozialgerichts Stuttgart vom 7. Dezember 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. März 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juni 2002 aufzuheben, den Bescheid vom 6. März 2002 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 1. Februar bis 25. April 2002 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beklagte macht sich den Standpunkt der Vorinstanz zu eigen. Nach früheren Angaben des Klägers gegenüber einem ihrer Mitarbeiter fehle es zudem schon an einer mit Bestimmtheit in Aussicht gestellten Arbeitgeberkündigung. Eine solche betriebsbedingte Kündigung wäre im Übrigen angesichts des Lebensalters des Klägers auch sozial nicht zu rechtfertigen gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>).
Eine Sperrzeit lässt sich entgegen der Auffassung des LSG nicht schon deshalb feststellen, weil der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses bei Übergang des Betriebsteils I ohne Angabe von Gründen widersprochen hat (s unter 1.). Entscheidend ist vielmehr, ob dem Kläger eine rechtmäßige Arbeitgeberkündigung aus nicht verhaltensbedingten Gründen zum selben Zeitpunkt gedroht hätte, wenn er den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen hätte (s unter 2.). Hierzu fehlen bisher ausreichende Feststellungen der Vorinstanz.
Streitgegenständlich ist neben dem Sperrzeitbescheid vom 4. März 2002 und dem Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 2002 auch der - im Widerspruchsbescheid erwähnte - Bewilligungsbescheid vom 6. März 2002. Denn alle Bescheide korrespondieren hinsichtlich der Ablehnung von Alg für den streitigen Zeitraum und bilden insoweit eine einheitliche Regelung (vgl ua BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17 mwN), welche zudem die Verfügungen zur Sperrzeit und zu dem hieran anschließenden Ruhen des Alg sowie zur Minderung der Anspruchsdauer erfasst.
Rechtsgrundlage einer - allein in Betracht kommenden - Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ist § 144 SGB III idF des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10. Dezember 2001 (BGBl I 3443). Nach dessen Abs 1 Nr 1 tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.
1. Dem LSG ist zu folgen, soweit es davon ausgegangen ist, dass der Kläger, der keine konkreten Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz hatte, durch seine vertragliche Mitwirkung an der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses bei der Firma E sein Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit zum 1. Februar 2002 herbeigeführt hat.
a) Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass der Kläger am 31. Mai 2001 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses im Zusammenhang mit dem Übergang des Betriebsteils I zum 5. Juni 2001 widersprochen hat. Nach der anzustellenden wertenden Gesamtbetrachtung des tatsächlichen Geschehensablaufs (vgl BSGE 92, 74 = SozR 4-4300 § 144 Nr 6 RdNr 9 ff; BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17 RdNr 31 ff) wird kein Lösungssachverhalt begründet, wenn der Arbeitnehmer von seinem Widerspruchsrecht aus Anlass eines Betriebsübergangs Gebrauch macht (ebenso Voelzke in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 282; Niesel in Niesel, SGB III, 4. Aufl, § 144 RdNr 15; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, Stand März 2007, § 144 RdNr 42; Klumpp, NZA 2009, 354, 356; auch SG Frankfurt am Main, Urteil vom 26. Februar 1992 - S 14 Ar 1747/88). Der Senat folgt insoweit nicht der in Teilen des Schrifttums geäußerten Auffassung, der Widerspruch sei für die nachfolgende Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mitursächlich, weil der widersprechende Arbeitnehmer nicht nur in Fällen des Erlöschens des alten Arbeitgebers (zu umwandlungsbedingten Betriebsübergängen s insbesondere Altenburg/Leister, NZA 2005, 15, 23), sondern auch bei dessen Fortbestand die anschließende Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des dadurch hervorgerufenen Personalüberhangs gleichsam herausfordere (Pottmeyer, NZA 1988, 521, 526; Commandeur, NJW 1996, 2537, 2544; C. Meyer, NJW 2002, 1615, 1620 f; Kühl, Die Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe, Dissertation 2007, S 108 ff; Engesser Means/Klebeck, NZA 2008, 143, 145). Denn der Widerspruch ist seiner Intention nach gerade darauf gerichtet, das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber zu erhalten.
b) Nach der Rechtsprechung des BAG ist das Widerspruchsrecht ein Gestaltungsrecht, welches auch schon vor seiner Kodifizierung in § 613a Abs 6 BGB durch das Gesetz vom 23. März 2002 (BGBl I 1163) dem Arbeitnehmer in verfassungskonformer Auslegung des § 613a Abs 1 Satz 1 BGB unter Berücksichtigung der Menschenwürde, des Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf freie Wahl des Arbeitsplatzeszugebilligt wurde (hierzu BAGE 70, 238 = AP Nr 96 zu § 613a BGB). Seiner Zielrichtung nach ist es als "Rechtsfolgenverweigerungsrecht" ausgestaltet und darauf angelegt, die in § 613a BGB für den Fall eines Betriebsübergangs angeordnete Rechtsfolge des Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber zu verhindern und stattdessen das Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsveräußerer fortbestehen zu lassen (vgl BAGE 108, 199 = AP Nr 262 zu § 613a BGB; BAGE 112, 124 = AP Nr 275 zu § 613a BGB; BAGE 119, 91 = AP Nr 312 zu § 613a BGB mwN, stRspr; zur Gemeinschaftsrechtskonformität EuGHE I 1992, 6577 - Katsikas). Zumindest im hier streitigen Zeitraum vor Inkrafttreten des § 613a Abs 6 Satz 1 BGB konnte der Widerspruch formfrei (BAGE 80, 74 = AP Nr 128 zu § 613a BGB) und darüber hinaus ohne Begründung (BAGE 108, 199 = AP Nr 262 zu § 613a BGB; vgl auch BAGE 112, 124 = AP Nr 275 zu § 613a BGB für die Zeit nach Inkrafttreten des § 613a Abs 6 BGB) wirksam erklärt werden.
c) Sperrzeitrechtlich bedeutet dies zunächst, dass - jedenfalls bei der gegebenen Konstellation eines vor Betriebsübergang erklärten Widerspruchs - nicht nur das Arbeitsverhältnis, sondern auch das Beschäftigungsverhältnis (zur Notwendigkeit der Unterscheidung im Rahmen der Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe vgl BSGE 92, 74 = SozR 4-4300 § 144 Nr 6 RdNr 9 mwN) mit dem Betriebsveräußerer fortbesteht (vgl Klumpp, NZA 2009, 354, 356). Darüber hinaus schließen es der Zweck des Widerspruchs wie auch der Sinn der Sperrzeitregelung entgegen den Ausführungen der Vorinstanz aus, dem damit verbundenen mittelbaren Beitrag an der anschließenden Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses eine nennenswert kausale Relevanz beizumessen. Der Schutz des Arbeitnehmers vor einem Zwangsverkauf seiner eigenen Person (vgl BAGE 112, 124 = AP Nr 275 zu § 613a BGB) wäre lückenhaft, bestünde er nur um den Preis partieller Versicherungsleistungen oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes (so aber Kühl, aaO, S 111). Vor allen Dingen bliebe unberücksichtigt, dass die Ausübung des Widerspruchsrechts sich primär lediglich als Reaktion der alleinigen unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers darstellt, einen Betriebsübergang ganz oder teilweise durchzuführen (Klumpp, NZA 2009, 354, 357), und sie deshalb nicht zwangsläufig als Ausdruck der manipulativen Herbeiführung des Versicherungsfalls der Arbeitslosigkeit verstanden werden kann, den es mit Hilfe der Sperrzeitregelung zu vermeiden gilt (vgl zum Aspekt der Manipulation BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17). Diese Überlegungen schließen es regelmäßig aus, die Ausübung des Widerspruchsrechts als sperrzeitrechtlich bedeutsamen Lösungssachverhalt zu begreifen.
d) Unerheblich ist im Kontext der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zudem, ob die Arbeitslosigkeit anstelle des allein maßgeblichen Aufhebungsvertrags im Zuge des Widerspruchs durch eine ansonsten ausgesprochene Arbeitgeberkündigung eingetreten wäre. Für die Frage, ob eine Lösung des Beschäftigungsverhältnisses kausal die anschließende Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, kommt es allein auf den tatsächlichen Geschehensablauf an. Hypothetische Geschehensabläufe finden in diesem Zusammenhang keine Berücksichtigung (vgl ua BSGE 97, 1 = SozR 4-4300 § 144 Nr 13 RdNr 12 mwN).
2. Dem LSG ist nicht beizupflichten, soweit es auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen angenommen hat, dem Kläger habe für sein Verhalten kein wichtiger Grund zur Seite gestanden, weil er dem Betriebsübergang bzw dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses ohne Angabe von Gründen widersprochen habe und allein in der Zahlung einer Abfindung oder ähnlichen Leistung noch kein besonderer Umstand liege, der es rechtfertige, einer drohenden Kündigung durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags zuvorzukommen. Über das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist nach der Rechtsprechung des BSG unter Berücksichtigung des Ziels der Sperrzeitregelung zu entscheiden. Diese dient dem Schutz der Versichertengemeinschaft vor Risikofällen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat. Eine Sperrzeit soll nur eintreten, wenn dem Versicherten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (zuletzt BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17 RdNr 35 mwN).
a) Im Falle der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag hat das BSG seine Rechtsprechung dahingehend konkretisiert, dass sich ein Arbeitnehmer auf einen wichtigen Grund berufen kann, wenn ihm der Arbeitgeber mit einer nach Arbeitsrecht objektiv rechtmäßigen betriebsbedingten Kündigung zu dem Zeitpunkt droht, zu dem er das Arbeitsverhältnis löst, und ihm die Hinnahme dieser Kündigung nicht zuzumuten ist (BSGE 89, 243, 246 ff = SozR 3-4300 § 144 Nr 8; BSG SozR 3-4300 § 144 Nr 12; BSGE 92, 74 = SozR 4-4300 § 144 Nr 6; BSGE 95, 232 = SozR 4-4300 § 144 Nr 11). Der erkennende Senat hat zudem darauf hingewiesen, dass er erwägt, für Streitfälle ab dem 1. Januar 2004 unter Heranziehung der Grundsätze des § 1a KSchG, welcher dem von einer betriebsbedingten Kündigung betroffenen Arbeitnehmer im Interesse einer effizienten und kostengünstigen vorgerichtlichen Klärung für den Fall des Verzichts auf eine gerichtliche Überprüfung ohne weiteres einen Anspruch auf eine Abfindung zubilligt, eine weitere "Öffnung" in Betracht zu ziehen und auf eine ausnahmslose Prüfung der Rechtmäßigkeit der Arbeitgeberkündigung zu verzichten, wenn die Abfindungshöhe die in § 1a Abs 2 KSchG vorgesehene Höhe von 0,5 Monatsverdiensten für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses nicht überschreitet (BSGE 97, 1 = SozR 4-4300 § 144 Nr 13 RdNr 19). Jenseits des durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I 3002) eingefügten § 1a KSchG und den von dieser Regelung erfassten Abfindungen hat er indessen an der Prüfung der Rechtmäßigkeit der anderenfalls drohenden Kündigung festgehalten, jedoch des Weiteren deutlich gemacht, dass der Nachweis eines besonderen Interesses an der einvernehmlichen Lösung regelmäßig nicht mehr erforderlich ist bzw bereits das Interesse der Arbeitnehmers an der angebotenen Abfindungsregelung auch außerhalb des Personenkreises der leitenden Angestellten (vgl BSGE 95, 232 = SozR 4-4300 § 144 Nr 11 RdNr 21) ein Abwarten der Arbeitgeberkündigung unzumutbar machen kann (BSGE 97, 1 = SozR 4-4300 § 144 Nr 13 RdNr 17; zum arbeitsgerichtlichen Vergleich vgl BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17). Der Sachverhalt bietet keinen Anlass, abschließend Stellung zu beziehen, ob und inwieweit eine Differenzierung bei dem Personenkreis der 58jährigen angezeigt ist, der von der Regelung des § 428 SGB III erfasst wird (hierzu BSGE 89, 243 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8;BSG, Urteil vom 25. April 2002 - B 11 AL 100/01 R; BSG SozR 3-4300 § 144 Nr 12). Denn der Kläger gehörte im Zeitpunkt der Lösung seines Beschäftigungsverhältnisses noch nicht zu der Altersgruppe der mindestens 58jährigen, für die der Gesetzgeber allgemein von Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in das Arbeitsleben ausgeht und deshalb von diesen Leistungsbeziehern nicht fordert, alle Möglichkeiten zu nutzen und nutzen zu wollen, um die Beschäftigungslosigkeit zu beenden (§ 428 Abs 1 SGB III).
b) Hiervon ausgehend hätte das LSG die Rechtmäßigkeit einer betriebsbedingten Kündigung nicht unterstellen dürfen, sondern hätte prüfen müssen, ob eine rechtmäßige betriebsbedingte Kündigung des bisherigen Arbeitgebers zum 31. Januar 2002 sicher gedroht hätte, wenn der Aufhebungsvertrag nicht geschlossen worden wäre. An einer solchen mutmaßlichen Erklärung der Kündigung bestehen nach den wiederholten Angaben der Firma E wohl keine Zweifel. Entgegen den - nicht abschließenden - Überlegungen der Vorinstanz steht einer solchen fiktiven Arbeitgeberkündigung auch nicht von vornherein das Kündigungsverbot des § 613a Abs 4 Satz 1 BGB entgegen, welches die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Betriebsveräußerers bzw Betriebserwerbers aus Anlass des Betriebsübergangs untersagt. Denn die Kündigung wäre nicht "wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils", sondern im Anschluss an den vom Kläger erhobenen Widerspruch ausgesprochen worden (vgl BAGE 91, 129 = AP Nr 41 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; BAG AP Nr 47 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl).
Prüfmaßstab ist stattdessen vorrangig der Maßstab der sozialen Rechtfertigung nach § 1 KSchG, und zwar nach den Umständen des Falles in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung des Korrekturgesetzes vom 19. Dezember 1998 (BGBl I 3843). In der Zeit des Korrekturgesetzes vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2003 unterlag der Maßstab der sozialen Rechtfertigung verschärften Bedingungen. Die ursprüngliche Beschränkung der Sozialauswahl auf die Kerndaten der Betriebszugehörigkeit, des Lebensalters und der Unterhaltspflichten (§ 1 Abs 3 Satz 1 KSchG) war bis zur erneuten Einführung - und Erweiterung um das Merkmal der Schwerbehinderung - am 1. Januar 2004 durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I 3002) zugunsten einer umfassend durchzuführenden Sozialauswahl vorübergehend aufgegeben worden. Entsprechendes galt für die Vermutung der einer Weiterbeschäftigung entgegenstehenden dringenden betrieblichen Erfordernisse und der auf grobe Fehler beschränkten Prüfung der Sozialauswahl bei namentlicher Nennung im Interessenausgleich für den Fall einer Betriebsänderung iS des § 111 Betriebsverfassungsgesetz (vgl auch Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 10. Aufl, § 132 RdNr 11 ff). Die in dieser Zeit umfassende Sozialauswahl konnte nicht mehr bei bloßem betrieblichen Interesse, sondern nur noch bei betrieblich bedingter Weiterbeschäftigung vergleichbarer Arbeitnehmer überwunden werden (§ 1 Abs 3 Satz 2 KSchG, sog Leistungsträgerklausel, hierzu Kittner/Däubler/Zwanziger, KSchG, 7. Aufl, § 1 RdNr 494).
Unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten des Korrekturgesetzes wird es nach der genannten Vorschrift für die Rechtmäßigkeit einer hypothetischen Arbeitgeberkündigung zum 31. Januar 2002 daher vornehmlich darauf ankommen, ob diese Kündigung durch dringende betriebliche, einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehende Erfordernisse bedingt gewesen wäre (§ 1 Abs 2 Satz 1 KSchG), die nach umfassenden sozialen Gesichtspunkten durchzuführende Sozialauswahl (§ 1 Abs 3 Satz 1 KSchG) einer betriebsbedingten Kündigung entgegengestanden hätte oder eine Korrektur der Sozialauswahl über das Erfordernis der Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer hätte vorgenommen werden müssen (§ 1 Abs 3 Satz 2 KSchG). Von der hiernach durchzuführenden Interessenabwägung wäre nur dann abzusehen, wenn ein absoluter Sozialwidrigkeitsgrund (vgl Kittner/Däubler/Zwanziger, KSchG, 7. Aufl, § 1 RdNr 353 ff) in Erwägung gezogen werden könnte, insbesondere eine Weiterbeschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz in demselben (Rest-)Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens hätte erfolgen können (§ 1 Abs 2 Satz 2 Nr 1 Buchst b KSchG) oder die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen bzw unter geänderten Arbeitsbedingungen mit Einverständnis des Klägers bestanden hätte (§ 1 Abs 2 Satz 3 KSchG). Feststellungen hierzu hat die Vorinstanz - von ihrem Standpunkt aus zu Recht - nicht getroffen. Unklar ist nach den aktenkundigen Äußerungen der Firma E indessen schon, ob nicht doch eine Weiterverwendungsmöglichkeit bestand, da auch nach dem Übergang des Teilbetriebs, in dem der Kläger beschäftigt war, keine Notwendigkeit der Freistellung bestand. Auch fehlen nachvollziehbare Angaben des Arbeitgebers zur Sozialauswahl und in diesem Zusammenhang des Weiteren Feststellungen zu den näheren Umständen der Abfindung und der behaupteten Grundlage im Sozialplan der mit der Firma E nicht identischen Firma J Bei Anwendbarkeit der Sozialplanregelungen dürfte allerdings ein von der Versichertengemeinschaft nicht mehr zu tolerierender "Freikauf" auszuschließen sein (vgl BSGE 99, 154 = SozR 4-4300 § 144 Nr 17 RdNr 42).
c) Keinesfalls ist die Sozialauswahl - wovon die Vorinstanz offenbar ausgeht - schlicht entbehrlich, weil der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses wegen des Übergangs des Betriebsteils I widersprochen hat, ohne seinem schriftlichen Widerspruch eine Begründung beizufügen. Selbst im Falle eines Widerspruchs ohne vernünftigen Grund gäbe das Gesetz keine Rechtfertigung, von einer Sozialauswahl ganz abzusehen. Nach der Rechtsprechung des BAG kann sich daher jeder Arbeitnehmer, dem ohne seinen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses bei dem Betriebsübernehmer der Arbeitsplatz erhalten geblieben wäre, im Rahmen einer betrieblichen Kündigung durch den Betriebsveräußerer auf eine mangelhafte Sozialauswahl (§ 1 Abs 3 KSchG) berufen (vgl BAGE 91, 129 = AP Nr 41 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl; BAGE 123, 1 = AP Nr 94 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl). Dass diese im Falle des Übergangs des ganzen Betriebs praktisch uU an der fehlenden Vergleichbarkeit der Sozialdaten scheitert (vgl zur Stilllegung BAGE 87, 221 = AP Nr 4 zu § 1 KSchG 1969 Wiedereinstellung; C. Meyer NJW 2002, 1615, 1618), ändert nichts an ihrem Erfordernis bei Teilbetriebsübergängen der vorliegenden Art. Überdies werden nach der Rechtsprechung des BAG die Gründe für den Widerspruch auch bei der Prüfung der sozialen Auswahlgesichtspunkte nicht berücksichtigt, der Verdrängungswettbewerb zwischen den Arbeitnehmern des übergegangenen Betriebsteils und des restlichen, vom Übergang nicht betroffenen Betriebs aus Gründen der Rechtssicherheit stattdessen in Kauf genommen (BAGE 123, 1 = AP Nr 94 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl).
Richtig ist allerdings, dass nach früherer, zur Rechtslage bis 31. Dezember 2003 ergangener Rechtsprechung des BAG die Gründe für den Widerspruch in die Prüfung der sozialen Auswahlgesichtspunkte mit einzubeziehen waren, die Sozialauswahl im Interesse drittbetroffener Arbeitnehmer also - entgegen den Vorstellungen der Beklagten durchaus auch bei höherem Lebensalter - zu Lasten des Widersprechenden ausfallen konnte, wenn dieser keine beachtlichen Gründe für den Widerspruch vorzuweisen hatte (BAGE 91, 129 = AP Nr 41 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl). Für den hier streitigen Zeitpunkt der fiktiven Arbeitgeberkündigung zum 31. Januar 2002 hat danach die Prüfung der sozialen Schutzwürdigkeit ausnahmsweise noch die Tatsache zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer seinen bisherigen Arbeitsplatz aus freien Stücken aufgegeben und - möglicherweise - erst dadurch ein dringendes betriebliches Bedürfnis für die Kündigung geschaffen hat. Zu berücksichtigen sind deshalb etwa die berechtigte Befürchtung eines baldigen Arbeitsplatzverlustes oder einer baldigen wesentlichen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen beim Erwerber (BAGE 91, 129 = AP Nr 41 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl). Deren Fehlen lässt sich nicht mit der - fehlenden - Formalbegründung ("ohne Angabe von Gründen") gleichsetzen. Vielmehr sind die Gründe im sozialgerichtlichen Verfahren - anders als im arbeitsgerichtlichen Verfahren - vom Tatsachengericht zu ermitteln (vgl BSGE 89, 243 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8). Insoweit wird die Vorinstanz etwa dem Umstand nachzugehen haben, dass der Kläger sich ausweislich des Vermerks eines Mitarbeiters der Beklagten vom 4. März 2004 in Richtung eines Arbeitsplatzverlustes geäußert hat. Sollte sich der Sachverhalt nicht erschöpfend aufklären lassen, trifft im streitigen Zeitraum - worauf die Revision zutreffend hingewiesen hat - grundsätzlich die Beklagte die Beweislast, dass der die Sperrzeit ausschließende wichtige Grund nicht vorliegt (BSGE 71, 256 = SozR 3-4100 § 119 Nr 7; BSGE 89, 243 = SozR 3-4300 § 144 Nr 8).
Der Senat verkennt nicht, dass sich unter den besonderen Umständen des Falles die - hypothetische - Kündigung umso eher als rechtswidrig erweisen kann, je gewichtiger die Widerspruchsgründe sind. Anlass für eine Korrektur der sperrzeitrechtlichen Konsequenzen dieser inzwischen überholten arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung bietet der vorliegende Sachverhalt indessen nicht. Wären die Widerspruchsgründe nämlich so gewichtig, dass sich eine betriebsbedingte Kündigung sozial nicht rechtfertigen ließe, wäre es dem widersprechenden Arbeitnehmer umso eher zumutbar gewesen, von einer einvernehmlichen Lösung des Beschäftigungsverhältnisses abzusehen und eine Kündigung abzuwarten.
Lässt sich im Anschluss an die durchzuführenden Ermittlungen eine Sperrzeit nicht feststellen, wird abschließend der geltend gemachte Alg-Anspruch zudem nach Grund und ggf Höhe zu überprüfen sein.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.