Bundesverfassungsgericht

Beschluss vom - Az: 1 BvR 471/10; 1 BvR 1181/10

Kein pauschales Kopftuchverbot für Lehrkräfte an öffentlichen Schulen

1. Der Schutz des Grundrechts auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) gewährleistet auch Lehrkräften in der öffentlichen bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule die Freiheit, einem aus religiösen Gründen als verpflichtend verstandenen Bedeckungsgebot zu genügen, wie dies etwa durch das Tragen eines islamischen Kopftuchs der Fall sein kann.

2. Ein landesweites gesetzliches Verbot religiöser Bekundungen (hier: nach § 57 Abs. 4 SchulG NW) durch das äußere Erscheinungsbild schon wegen der bloß abstrakten Eignung zur Begründung einer Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität in einer öffentlichen bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule ist unverhältnismäßig, wenn dieses Verhalten nachvollziehbar auf ein als verpflichtend verstandenes religiöses Gebot zurückzuführen ist. Ein angemessener Ausgleich der verfassungsrechtlich verankerten Positionen - der Glaubensfreiheit der Lehrkräfte, der negativen Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern, des Elterngrundrechts und des staatlichen Erziehungsauftrags - erfordert eine einschränkende Auslegung der Verbotsnorm, nach der zumindest eine hinreichend konkrete Gefahr für die Schutzgüter vorliegen muss.

3. Wird in bestimmten Schulen oder Schulbezirken aufgrund substantieller Konfliktlagen über das richtige religiöse Verhalten bereichsspezifisch die Schwelle zu einer hinreichend konkreten Gefährdung oder Störung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität in einer beachtlichen Zahl von Fällen erreicht, kann ein verfassungsrechtlich anzuerkennendes Bedürfnis bestehen, religiöse Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild nicht erst im konkreten Einzelfall, sondern etwa für bestimmte Schulen oder Schulbezirke über eine gewisse Zeit auch allgemeiner zu unterbinden.

4. Werden äußere religiöse Bekundungen durch Pädagoginnen und Pädagogen in der öffentlichen bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule zum Zweck der Wahrung des Schulfriedens und der staatlichen Neutralität gesetzlich untersagt, so muss dies für alle Glaubens- und Weltanschauungsrichtungen grundsätzlich unterschiedslos geschehen.
(Leitsätze des Gerichts)

Die beiden Beschwerdeführerinnen sind deutsche Staatsangehörige muslimischen Glaubens. Im Verfahren 1 BvR 471/10 ist die Beschwerdeführerin als Sozialpädagogin an einer öffentlichen Gesamtschule des Landes Nordrhein-Westfalen beschäftigt, die Beschwerdeführerin des Verfahrens 1 BvR 1181/10 als Türkischlehrerin an mehreren Schulen. Die Beschwerdeführerin des Verfahrens 1 BvR 471/10 wurde von der Schulbehörde aufgefordert, das Kopftuch während des Dienstes abzulegen. Nachdem sie das Kopftuch durch eine rosafarbene Baskenmütze mit Strickbund und einem gleichfarbigen Rollkragenpullover als Halsbedeckung ersetzte, wurde sie von der Schulbehörde abgemahnt. Der Beschwerdeführerin des Verfahrens 1 BvR 1181/10 wurde nach einer Abmahnung im Anschluss gekündigt, da sie sich weigerte, das Kopftuch während des Dienstes abzulegen. Die Klagen der jeweiligen Beschwerdeführerinnen blieben vor dem ArG erfolglos. In beiden Fällen wurde eine Verfassungsbeschwerde eingelegt. Die Entscheidung des ArbG verletze die Beschwerdeführerinnen in ihrem Grundrecht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG. Zwar dürfen nach §§ 57 Abs. 4 Satz 1, 58 Satz 2 SchulG NRW Lehrkräfte sowie pädagogische und sozialpädagogische Mitarbeiter in der Schule keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnlichen äußeren Bekundungen abgeben, die geeignet seien, die Neutralität des Landes gegenüber Schüler und Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Schulfrieden zu gefährden oder zu stören. Allerdings garantiere Art. 4 GG in Absatz 1 die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses, in Absatz 2 das Recht der ungestörten Religionsausübung. Die Untersagung des Tragens eines islamischen Kopftuchs oder einer anderen Kopf- und Halsbedeckung in Erfüllung eines religiösen Gebots erweise sich als ein schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit. Insoweit seien die Vorschriften im nordrhein-westfälischen Schulrecht verfassungskonform einzuschränken.
(Redaktionelle Zusammenfassung)

G r ü n d e : 

A. 

Die Verfassungsbeschwerden betreffen gerichtliche Entscheidungen über arbeitsrechtliche Sanktionen (Abmahnung und Kündigung), die der Arbeitgeber der Beschwerdeführerinnen, das Land Nordrhein-Westfalen, gegen sie ausgesprochen hat, weil sie sich als Angestellte an öffentlichen Schulen weigerten, im Dienst das sogenannte islamische Kopftuch beziehungsweise eine als Ersatz hierfür getragene Wollmütze abzulegen. Beide Beschwerdeführerinnen sind Musliminnen. Die Beschwerdeführerin zu I.) ist als angestellte Sozialpädagogin, die Beschwerdeführerin zu II.) war als angestellte Lehrerin beschäftigt. Die Verfassungsbeschwerden stellen zugleich mittelbar die in Nordrhein-Westfalen nach der Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 24. September 2003 (BVerfGE 108, 282) erlassene gesetzliche Regelung über die Zulässigkeit und die Grenzen religiöser Bekundungen durch im Schulwesen beschäftigte Personen zur verfassungsrechtlichen Prüfung. Diese ist Grundlage der in den fachgerichtlichen Ausgangsverfahren überprüften arbeitsrechtlichen Maßnahmen. 

I. 

Die in Rede stehende Vorschrift des § 57 Abs. 4 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG NW) vom 15. Februar 2005 (GV.NRW. S. 102) in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes vom 13. Juni 2006 (GV.NRW. S. 270) lautet: 

„(4) 1 Lehrerinnen und Lehrer dürfen in der Schule keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche äußere Bekundungen abgeben, die geeignet sind, die Neutralität des Landes gegenüber Schülerinnen und Schülern sowie Eltern oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Schulfrieden zu gefährden oder zu stören. 2 Insbesondere ist ein äußeres Verhalten unzulässig, welches bei Schülerinnen und Schülern oder den Eltern den Eindruck hervorrufen kann, dass eine Lehrerin oder ein Lehrer gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung nach Artikel 3 des Grundgesetzes, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftritt. 3 Die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags nach Artikel 7 und 12 Abs. 6 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen und die entsprechende Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen widerspricht nicht dem Verhaltensgebot nach Satz 1. 4 Das Neutralitätsgebot des Satzes 1 gilt nicht im Religionsunterricht und in den Bekenntnis- und Weltanschauungsschulen.“ 

Infolge einer am 29. Oktober 2011 in Kraft getretenen Verfassungsänderung findet sich der bisherige Text des Art. 12 Abs. 6 Verf NW, auf den sich § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW bezieht, jetzt in Art. 12 Abs. 3 Verf NW (vgl. Art. 1 Nr. 4 Buchst. e) des Gesetzes zur Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. Oktober 2011, GV.NRW. S. 499). 

In Absatz 6 des § 57 SchulG NW ist überdies bestimmt: 

„(6) 1 Die Einstellung einer Lehrerin oder eines Lehrers setzt als persönliches Eignungsmerkmal voraus, dass sie oder er die Gewähr für die Einhaltung der Bestimmungen des Absatzes 4 in der gesamten voraussichtlichen Dienstzeit bietet. 2 Entsprechendes gilt für die Versetzung einer Lehrerin oder eines Lehrers eines anderen Dienstherrn in den nordrhein-westfälischen Schuldienst. 3 Für Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter können von der Einstellungsbehörde auf Antrag Ausnahmen vorgesehen werden, soweit die Ausübung ihrer Grundrechte es zwingend erfordert und zwingende öffentliche Interessen an der Wahrung der staatlichen Neutralität und des Schulfriedens nicht entgegenstehen.“ 

Die Anwendbarkeit dieser Bestimmungen wird durch § 58 Satz 2 SchulG NW auf das sonstige an Schulen tätige pädagogische und sozialpädagogische Personal erstreckt. § 58 SchulG NW lautet: 

„1 Sonstige im Landesdienst stehende pädagogische und sozialpädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wirken bei der Bildungs- und Erziehungsarbeit mit. 2 § 57 Abs. 4 und 6 gilt entsprechend.“ 

Die in § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW in Bezug genommenen Vorschriften der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen haben folgenden Wortlaut: 

„Artikel 7 

(1) Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor der Würde des Menschen und Bereitschaft zum sozialen Handeln zu wecken, ist vornehmstes Ziel der Erziehung. 

(2) Die Jugend soll erzogen werden im Geiste der Menschlichkeit, der Demokratie und der Freiheit, zur Duldsamkeit und zur Achtung vor der Überzeugung des anderen, zur Verantwortung für Tiere und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, in Liebe zu Volk und Heimat, zur Völkergemeinschaft und Friedensgesinnung.“; 

„Artikel 12 

(...) 

(3) 1 In Gemeinschaftsschulen werden Kinder auf der Grundlage christlicher Bildungs- und Kulturwerte in Offenheit für die christlichen Bekenntnisse und für andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen gemeinsam unterrichtet und erzogen. 2 In Bekenntnisschulen werden Kinder des katholischen oder des evangelischen Glaubens oder einer anderen Religionsgemeinschaft nach den Grundsätzen des betreffenden Bekenntnisses unterrichtet und erzogen. 3 In Weltanschauungsschulen, zu denen auch die bekenntnisfreien Schulen gehören, werden die Kinder nach den Grundsätzen der betreffenden Weltanschauung unterrichtet und erzogen. 

(...)“. 

II. 

1. Das Verfahren 1 BvR 471/10 (der Beschwerdeführerin zu I.) 

a) Die im Jahr 1971 in Deutschland geborene Beschwerdeführerin ist türkischer Abstammung und muslimischen Glaubens; sie gehört weder einer Moscheegemeinde noch sonst einer islamischen Gemeinschaft an. Anders als ihre drei Schwestern trägt sie seit ihrem 17. Lebensjahr aus religiösen Gründen in der Öffentlichkeit ein Kopftuch. Seit März 1999 besitzt sie die deutsche Staatsangehörigkeit. Nach einem abgeschlossenen Studium der Sozialpädagogik ist sie seit dem 7. Oktober 1997 beim Land Nordrhein-Westfalen angestellt und an einer Gesamtschule in D. beschäftigt. Sie wird dort bei der Schlichtung von Schulkonflikten - insbesondere durch Beratung ausländischer Schüler und ihrer Eltern - eingesetzt und kommt mit Schulangehörigen unterschiedlicher Nationalität und Religionszugehörigkeit in Kontakt. 

Nach Inkrafttreten der in Rede stehenden gesetzlichen Bestimmungen (§ 57 Abs. 4, § 58 Satz 2 SchulG NW) forderte die Schulbehörde die Beschwerdeführerin auf, das von ihr bislang auch während des Dienstes getragene islamische Kopftuch abzulegen. Dieser Aufforderung kam die Beschwerdeführerin nach, ersetzte aber das Kopftuch durch eine rosafarbene handelsübliche Baskenmütze mit Strickbund, die ihr Haar, den Haaransatz und die Ohren komplett bedeckt. Dies kombinierte sie mit einer Halsbedeckung, etwa einem gleichfarbigen Rollkragenpullover. Im Rahmen eines Personalgesprächs ließ die Beschwerdeführerin die Frage, warum sie diese Kopfbedeckung trage, gegenüber der Schulleiterin unbeantwortet, bestätigte aber, dass sie das Kopftuch in der Vergangenheit aus religiösen Gründen getragen habe. 

Die Schulbehörde erteilte der Beschwerdeführerin eine Abmahnung und drohte ihr für den Fall unveränderten Verhaltens die Kündigung des Arbeitsverhältnisses an. Das religiös motivierte Tragen einer kopftuchähnlichen Kopfbedeckung in der Schule entfalte Signalwirkung und mache religiöse Zusammenhänge für außenstehende Beobachter sichtbar. So könne der Schulfrieden gefährdet werden. Zudem stelle es ein äußeres Verhalten dar, das bei Schülern und Eltern den Eindruck hervorrufen könne, dass die Beschwerdeführerin gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung von Mann und Frau nach Art. 3 GG, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftrete. Die Beschwerdeführerin verstoße daher gegen § 57 Abs. 4 SchulG NW. 

b) Die Beschwerdeführerin erhob vor dem Arbeitsgericht Klage, mit der sie die Entfernung der Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangte. 

aa) Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: 

Die Einschätzung des Landes, die Beschwerdeführerin habe durch das Tragen der Mütze gegen das Neutralitätsgebot des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW verstoßen und damit zugleich ihre vertraglichen Pflichten verletzt, sei zutreffend. Ob darin auch ein Verhalten zu sehen sei, das bei Schülern oder Eltern den Eindruck hervorrufen könne, dass sie gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung nach Art. 3 GG, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftrete (§ 57 Abs. 4 Satz 2 SchulG NW), könne dahinstehen. Eine Sozialpädagogin, die in der Schule dauerhaft eine Mütze trage, die Haare und Ohren vollständig umschließe, gebe damit zu verstehen, dass sie sich zur Religion des Islam bekenne und sich gehalten sehe, dessen von ihr als verpflichtend empfundene Bekleidungsvorschriften zu beachten. Hierin liege die bewusste, an die Außenwelt gerichtete Kundgabe einer religiösen Überzeugung. Diese Bekundung sei abstrakt geeignet, die Neutralität des Landes oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Schulfrieden zu gefährden oder zu stören. Soweit § 57 SchulG NW hier anzuwenden sei, sei er mit höherrangigem Recht vereinbar. Es sei Sache des demokratisch legitimierten Gesetzgebers zu entscheiden, ob er eine großzügige Lösung wähle, die es ermögliche, die zunehmende religiöse Vielfalt in der Schule aufzunehmen und als Mittel für die Einübung gegenseitiger Toleranz zu nutzen, oder ob er wegen des größeren Konfliktpotentials in der Schule den Weg gehe, der staatlichen Neutralitätspflicht im schulischen Bereich eine striktere und mehr als bisher distanzierende Bedeutung beizumessen und demgemäß auch durch das äußere Erscheinungsbild einer Lehrkraft vermittelte religiöse Bezüge von den Schülern grundsätzlich fernzuhalten, um Konflikte von vornherein zu vermeiden. 

Auch § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW verletze keine Grundrechte. Eine unzulässige Bevorzugung christlicher Konfessionen sei mit der darin enthaltenen Klarstellung nicht verbunden. Der Begriff des „Christlichen“ bezeichne in dieser Vorschrift eine von Glaubensinhalten losgelöste, aus der Tradition der christlich-abendländischen Kultur hervorgegangene Wertewelt, die erkennbar auch dem Grundgesetz zugrunde liege und unabhängig von ihrer religiösen Fundierung Geltung beanspruche. Nonnenhabit und Kippa würden vom Verbot religiöser Bekundungen in § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW ebenfalls erfasst. Insoweit sei kein Vollzugsdefizit zu verzeichnen, da das Land keine mit der Beschwerdeführerin vergleichbare Angestellte mit Ordenshabit oder jüdischer Kippa beschäftige. 

bb) Die hiergegen eingelegte Berufung der Beschwerdeführerin blieb vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos. Dieses schloss sich im Wesentlichen der Auffassung des Arbeitsgerichts an und vertiefte dessen rechtliche Ausführungen. 

cc) Das Bundesarbeitsgericht wies die Revision der Beschwerdeführerin zurück und führte unter anderem aus: Die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte könne in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB unter anderem dann verlangt werden, wenn die Abmahnung unrichtige Tatsachenbehauptungen enthalte. Das sei hier nicht der Fall, da die Beschwerdeführerin gegen das Bekundungsverbot des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW verstoßen habe. Diese Bestimmung verletze kein höherrangiges Recht. 

(1) Eine religiöse Bekundung im Sinne von § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW sei im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Hinweis auf BVerwGE 121, 140) die bewusste, an die Außenwelt gerichtete Kundgabe einer religiösen Überzeugung. Zur Bestimmung des Erklärungswerts einer Kundgabe sei auf diejenige Deutungsmöglichkeit abzustellen, die für eine nicht unerhebliche Zahl von Betrachtern naheliege. Insbesondere komme es auf die Deutung durch Schüler und Eltern aus der Sicht eines objektiven Betrachters an. Dabei seien alle in Betracht kommenden Deutungsmöglichkeiten zu berücksichtigen. 

Der religiöse Symbolcharakter getragener Kleidung müsse sich nicht aus dem Kleidungsstück als solchem ergeben. Eine religiöse Bekundung könne auch darin liegen, dass dem Kleidungsstück für den Träger offensichtlich eine besondere Bedeutung zukomme, etwa weil es erkennbar aus dem Rahmen der in der Schule üblichen Bekleidung falle und ausnahmslos zu jeder Zeit getragen werde. Ein solch weitgehendes Verständnis entspreche dem Zweck des Bekundungsverbots. Dieses solle weltanschaulich-religiöse Konflikte an öffentlichen Schulen schon im Ansatz verhindern und die Neutralität des Landes auch nach außen wahren. Das verbiete eine Differenzierung zwischen Kleidungsstücken, deren religiöse oder weltanschauliche Motivation offen zutage trete, und solchen, deren Tragen in der Schule immerhin einen entsprechenden Erklärungsbedarf auslöse. 

(2) Danach liege im Tragen der Wollmütze eine religiöse Bekundung. Die Beschwerdeführerin trage zwar eine handelsübliche Mütze. Gleichwohl erwecke diese unter den gegebenen Umständen bei Dritten, insbesondere bei Schülern und Eltern, den Eindruck, es handele sich um ein religiöses Symbol, mit dem sich die Beschwerdeführerin zum Islam bekenne. Der religiöse Bedeutungsgehalt ergebe sich daraus, dass die Mütze Haare, Haaransatz und Ohren komplett bedecke und ein stets zugleich getragener gleichfarbiger Rollkragenpullover auch den Hals umschließe. Hinzu komme, dass die Beschwerdeführerin das von ihr bisher aus religiösen Gründen getragene Kopftuch nahtlos durch die Mütze ersetzt habe. Sie sei nicht ein einziges Mal ohne diese Kopfbedeckung in der Schule erschienen und trage die Mütze auch bei großer Hitze und unabhängig von den Jahres- und Tageszeiten. Für einen objektiven Betrachter werde damit die Nähe zu einem islamischen Kopftuch offenbar. 

(3) Das Verhalten der Klägerin sei geeignet, die Neutralität des Landes gegenüber Schülern und Eltern und den religiösen Schulfrieden zu gefährden. Das Verbot in § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW erfasse nicht erst Bekundungen, die die Neutralität des Landes oder den religiösen Schulfrieden konkret gefährdeten oder gar störten. Das Verbot solle schon einer abstrakten Gefahr vorbeugen, um konkrete Gefährdungen gar nicht erst aufkommen zu lassen. Im Gesetzeswortlaut komme dies darin zum Ausdruck, dass religiöse Bekundungen bereits dann verboten seien, wenn sie „geeignet“ seien, die genannten Schutzgüter zu gefährden. Der Landesgesetzgeber habe ersichtlich darauf Bedacht nehmen wollen, dass die Schule ein Ort sei, an dem unterschiedliche politische und religiöse Auffassungen unausweichlich aufeinanderträfen, deren friedliches Nebeneinander der Staat jedoch zu garantieren habe. Die religiöse Vielfalt in der Gesellschaft habe zu einem vermehrten Potenzial von Konflikten auch in der Schule geführt. In dieser Lage sei der religiöse Schulfrieden schon durch die berechtigte Sorge der Eltern vor einer ungewollten religiösen Beeinflussung ihrer Kinder gefährdet. Dazu könne das religiös bedeutungsvolle Erscheinungsbild des pädagogischen Personals Anlass geben. 

(4) Die Regelung des § 57 Abs. 4 SchulG NW verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. 

(a) Das Bekundungsverbot des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW sei nicht verfassungswidrig. Die Regelung liege im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Landesgesetzgebers. Dieser habe die positive Glaubensfreiheit und die Berufsausübungsfreiheit der pädagogischen Mitarbeiter hinter die staatliche Pflicht zur weltanschaulichen Neutralität, das Erziehungsrecht der Eltern und die negative Glaubensfreiheit der Schüler zurücktreten lassen dürfen, um die Neutralität der Schule und den Schulfrieden zu sichern. Die Vermeidung weltanschaulich-religiöser Konflikte in öffentlichen Schulen stelle ein gewichtiges Gemeingut dar. Zu diesem Zweck seien gesetzliche Einschränkungen der Glaubensfreiheit rechtlich zulässig. Es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die landesgesetzliche Regelung religiöse Bekundungen von Lehrern in öffentlichen Schulen ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls untersage. Der Gesetzgeber dürfe Gefährdungen des Schulfriedens dadurch vorbeugen, dass er Lehrern bereits das Tragen religiös bedeutsamer Kleidungsstücke oder Symbole verbiete; er müsse konfliktvermeidende Regelungen nicht an die konkrete Gefahr einer drohenden Auseinandersetzung knüpfen. 

Das Neutralitätsgebot des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Es behandele die verschiedenen Religionen nicht unterschiedlich. Die gesetzliche Regelung erfasse jede Art religiöser Bekundung unabhängig von deren Inhalt. Christliche Glaubensbekundungen würden nicht bevorzugt. Dies gelte auch mit Blick auf § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW. Nach dieser Bestimmung widerspreche die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags nach Art. 7 und Art. 12 Abs. 6 (heute: Art. 12 Abs. 3) der Landesverfassung Nordrhein-Westfalens und die entsprechende Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen nicht dem Verhaltensgebot nach § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW. Gegenstand der Regelung in Satz 3 der Vorschrift sei die Darstellung, nicht die Bekundung christlicher Werte. Bestimmte Werte darzustellen heiße, sie zu erörtern und zum Gegenstand einer Diskussion zu machen. Das schließe die Möglichkeit der Rückfrage und Kritik ein. Die Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte sei nicht gleichzusetzen mit der Bekundung eines individuellen Bekenntnisses. Bei ihr gehe es nicht um die Kundgabe innerer Verbindlichkeiten, die der Darstellende für sich anerkannt habe. Außerdem bezeichne der Begriff des „Christlichen“ - ungeachtet seiner Herkunft aus dem religiösen Bereich - eine von Glaubensinhalten losgelöste, aus der Tradition der christlich-abendländischen Kultur hervorgegangene Wertewelt, die erkennbar auch dem Grundgesetz zugrunde liege und unabhängig von ihrer religiösen Fundierung Geltung beanspruche. Der Auftrag zur Weitergabe christlicher Bildungs- und Kulturwerte verpflichte und berechtige die Schule deshalb nicht zur Vermittlung bestimmter Glaubensinhalte, sondern betreffe Werte, denen jeder Beschäftigte des öffentlichen Dienstes unabhängig von seiner religiösen Überzeugung vorbehaltlos zustimmen könne. 

Die Regelung des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW behandele die Beschwerdeführerin auch nicht wegen ihres Geschlechts ungleich. Die Vorschrift verbiete religiöse Bekundungen unabhängig vom Geschlecht. Sie richte sich nicht etwa speziell gegen das von Frauen getragene islamische Kopftuch oder entsprechende Kopfbedeckungen. 

(b) Das Neutralitätsgebot des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW verstoße nicht gegen Art. 9 EMRK. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe entschieden, dass ein Verbot, während des Unterrichts an öffentlichen Schulen religiöse Symbole zu tragen, eine nach Art. 9 Abs. 2 EMRK notwendige Einschränkung der nach Absatz 1 der Bestimmung gewährleisteten Religionsfreiheit eines Lehrers sei; dieses werde wegen der möglichen Beeinträchtigung der Grundrechte der Schüler und Eltern ausgesprochen, um die Neutralität des Unterrichts zu gewährleisten. Allerdings sei den Konventionsstaaten ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Die Regelungen könnten entsprechend den jeweiligen Traditionen und den Erfordernissen zum Schutz der Rechte anderer und zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung von Staat zu Staat verschieden sein. Auf dieser Grundlage habe der Gerichtshof das an eine Lehrerin adressierte Verbot, an einer Schweizer Grundschule während des Unterrichts ein islamisches Kopftuch zu tragen, ebenso als mit der Religionsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 EMRK vereinbar angesehen wie das generelle, nicht nur für Dozentinnen, sondern auch für Studentinnen geltende Verbot, ein solches Kopftuch an türkischen Hochschulen zu tragen. Darin liege keine Diskriminierung von Frauen, wenn auch Verbotsmaßnahmen gegen Männer vorgesehen seien, falls diese ihre religiöse Überzeugung unter den gleichen Umständen durch das Tragen von Kleidungsstücken bekundeten. 

(c) § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW verletze als landesrechtliche Vorschrift nicht das bundesgesetzliche Diskriminierungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG. Zwar könne das Bekundungsverbot zu einer unmittelbaren Benachteiligung der Lehrkraft aus Gründen der Religion im Sinne von § 7 Abs. 1, §§ 1, 3 Abs. 1 AGG führen. Eine unterschiedliche Behandlung aus religiösen Gründen zur Erfüllung einer wesentlichen beruflichen Anforderung sei nach § 8 Abs. 1 AGG aber zulässig, wenn der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen sei. Dies sei hier der Fall. 

2. Das Verfahren 1 BvR 1181/10 (der Beschwerdeführerin zu II.) 

a) Die im Jahr 1977 geborene Beschwerdeführerin trat 2001 als angestellte Lehrerin in ein zunächst befristetes Arbeitsverhältnis mit dem Land Nordrhein-Westfalen ein, das später in ein unbefristetes umgewandelt wurde. Sie ist ebenfalls Muslimin türkischer Abstammung und besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie erteilte an mehreren Schulen im Bereich des Schulamts R. muttersprachlichen Unterricht in türkischer Sprache. Am Unterricht nahmen ausschließlich muslimische Schüler teil, die diesen Unterricht freiwillig gewählt hatten. Bei ihrer Bewerbung hatte die Beschwerdeführerin ein Lichtbild eingereicht, das sie mit Kopftuch zeigte. Sie verrichtete ihren Dienst stets mit einem Kopftuch, ohne dass es deswegen zu Beanstandungen kam. 

Im August 2006 wurde die Beschwerdeführerin von ihrem Schulleiter davon in Kenntnis gesetzt, dass das Tragen eines Kopftuchs nach islamischem Religionsbrauch mit den neuen gesetzlichen Bestimmungen nicht mehr vereinbar sei. Sie führte daraufhin in einer schriftlichen Stellungnahme aus, sie trage das Kopftuch seit ihrem zwölften Lebensjahr, und zwar aufgrund eigenen Wunsches und aus religiöser Überzeugung.

Nach einer erneuten Anhörung der Beschwerdeführerin sprach das Land Nordrhein-Westfalen im November 2006 schriftlich eine Abmahnung aus. Darin hielt es der Beschwerdeführerin das Tragen des Kopftuchs als Pflichtenverstoß vor und kündigte arbeitsrechtliche Maßnahmen bis hin zur Kündigung an, falls sie nicht künftig dauerhaft ohne Kopftuch in der Schule erscheinen sollte. Das Tragen des islamischen Kopftuchs könne den Schulfrieden gefährden und den Eindruck hervorrufen, dass die Beschwerdeführerin gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung von Mann und Frau nach Art. 3 GG, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftrete. 

Die Beschwerdeführerin kam der Aufforderung nicht nach. Nach Zustimmung des Personalrats erklärte das Land Nordrhein-Westfalen daraufhin im Februar 2007 die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2007. 

b) Die Beschwerdeführerin ging gerichtlich zunächst gegen die Abmahnung und später gegen die Kündigung vor. Das Arbeitsgericht wies beide Klagen ab. Die hiergegen eingelegten Berufungen blieben vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos. Die Gerichte führten übereinstimmend aus, das Tragen eines Kopftuchs im Unterricht verstoße als religiöse Bekundung jedenfalls gegen § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW, gegen dessen Verfassungsmäßigkeit keine Bedenken bestünden. Auch unter Einbeziehung des § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW seien weder das Gleichheitsgebot noch die Religionsfreiheit verletzt. 

c) Die Beschwerdeführerin legte gegen beide Entscheidungen Revision ein. Das Bundesarbeitsgericht verband die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung und wies die Revisionen zurück. Die Kündigung der Beschwerdeführerin sei aus verhaltensbedingten Gründen im Sinne von § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sozial gerechtfertigt. Eine Kündigung sei durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt, wenn dieser mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten eine Vertragspflicht - in der Regel schuldhaft - erheblich verletzt habe, das Arbeitsverhältnis dadurch konkret beeinträchtigt werde, die zumutbare Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung nicht bestehe und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheine. 

Eine solche Pflichtverletzung liege in dem Verstoß der Beschwerdeführerin gegen das Neutralitätsgebot des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW. Dieses habe sie durch die bewusste Wahl einer religiös bestimmten Kleidung verletzt. Es bestehe auch nach ihren eigenen Bekundungen kein Zweifel, dass sie das Kopftuch trage, weil sie einem von ihr als maßgeblich empfundenen religiösen Brauch folgen wolle. In diesem Sinne fasse auch der unbefangene Beobachter das Tragen des Kopftuchs auf. 

Das Verhalten der Beschwerdeführerin sei nach Maßgabe der bisherigen - in dem Verfahren 1 BvR 471/10 angegriffenen - Rechtsprechung geeignet, die Neutralität des Landes gegenüber Schülern und Eltern sowie den religiösen Schulfrieden abstrakt zu gefährden. Dass die Beschwerdeführerin ausschließlich muslimische Schüler unterrichte und diese freiwillig am muttersprachlichen Unterricht teilnähmen, führe zu keiner anderen Bewertung. Vielmehr gewinne die religiöse Neutralität gerade dort Bedeutung, wo ihre Verletzung als religiöse Parteinahme gewertet werden könne. Das sei bei einem von den Anhängern eines Glaubens nicht einhellig befolgten religiös bestimmten Brauch wie dem Tragen eines Kopftuchs in besonderem Maße der Fall, weil der Eindruck entstehen könne, durch die Duldung des Brauchs werde er gewissermaßen offiziell als verbindlich oder vorbildlich anerkannt. Eben diese Parteinahme solle durch das Gesetz vermieden werden. 

Unter Hinweis auf seine in dem Verfahren 1 BvR 471/10 angegriffene Entscheidung führte das Bundesarbeitsgericht weiter aus, die Regelung des § 57 Abs. 4 SchulG NW sei nicht verfassungswidrig und verstoße nicht gegen Art. 9 EMRK oder § 7 Abs. 1 AGG. 

Die Beschwerdeführerin habe auch unter dem von ihr geltend gemachten Gesichtspunkt eines Vollzugsdefizits keinen Anspruch darauf, während des Unterrichts ein Kopftuch zu tragen. Weder ergebe sich aus der von ihr bemängelten Verwaltungspraxis ein Anhaltspunkt dafür, dass im Gesetz bereits eine Ungleichbehandlung angelegt sei, noch sei diese Verwaltungspraxis zu beanstanden. Der Umstand, dass an der Westfälischen Schule für Blinde und Sehbehinderte in Paderborn eine Schwester in Ordenstracht unterrichte, reiche nicht aus, um auf eine einseitig gegen islamische Bekundungen gerichtete, christliche Bekundungen verschonende Verwaltungspraxis des beklagten Landes zu schließen. Vielmehr handele es sich insoweit um eine historisch bedingte Sondersituation. Dass bei dem beklagten Land noch weitere Lehrer beschäftigt würden, die im Unterricht religiösen Kleidungsbräuchen folgten, sei nicht ersichtlich. 

Ohne Erfolg mache die Beschwerdeführerin Vertrauensschutz für sich geltend. Es liege weder eine echte noch eine unechte Rückwirkung vor. Die Vorschrift des § 57 Abs. 4 SchulG NW knüpfe nicht an religiöse Bekundungen vor ihrem Inkrafttreten am 1. August 2006 an. Dass die Beschwerdeführerin Dispositionen in der Erwartung getroffen habe, die Rechtslage werde sich nicht ändern, führe nicht zu einer ihr günstigeren Bewertung. Die bloße Annahme, rechtlich werde alles bleiben, wie es ist, genieße keinen rechtlichen Schutz. 

Die Beschwerdeführerin sei trotz der berechtigten Abmahnung nicht bereit gewesen, bei der Arbeit das Kopftuch abzulegen. Mit einer Änderung ihres Verhaltens sei nicht zu rechnen. Die nach § 1 Abs. 2 KSchG erforderliche umfassende Interessenabwägung führe nicht zur Sozialwidrigkeit der Kündigung. Das Landesarbeitsgericht habe diese Interessenabwägung zutreffend vorgenommen. Es habe zugunsten der Beschwerdeführerin die Dauer der beanstandungsfreien Betriebszugehörigkeit und die soziale Situation in Ansatz gebracht, sei sodann aber - was revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sei - zu dem Schluss gekommen, dass dem beklagten Land eine dauerhafte Missachtung der gesetzlichen Verhaltensregelung des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW gleichwohl nicht zugemutet werden könne. Die Beschwerdeführerin habe danach auch keinen Anspruch auf die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. 

III. 

Die Beschwerdeführerinnen wenden sich mit ihren Verfassungsbeschwerden gegen die sie betreffenden arbeitsgerichtlichen Entscheidungen und mittelbar gegen die zugrunde liegende landesschulgesetzliche Regelung. 

1. Das Verfahren 1 BvR 471/10 (Beschwerdeführerin zu I.) 

Die Beschwerdeführerin zu I.) rügt eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und 3 sowie von Art. 33 Abs. 2 und 3 GG, auch in Verbindung mit Art. 9 und Art. 14 EMRK, durch die mittelbar angegriffenen Vorschriften sowie von Art. 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2 und 3 GG und ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die angegriffenen Gerichtsentscheidungen. Sie beanstandet weiter, das Urteil des Bundesarbeitsgerichts verletze sie wegen einer unterbliebenen Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union auch in ihrem Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). 

a) Die mittelbar angegriffenen gesetzlichen Regelungen seien verfassungswidrig, weil aufgrund des Vorbehalts in § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW zwar die religiös motivierte Kleidung von Muslimen, nicht aber diejenige von Christen oder Juden vom Verbot erfasst sein solle. Die Verfassungswidrigkeit erstrecke sich nicht nur auf die Privilegierungsklausel, sondern auf § 57 Abs. 4 SchulG NW insgesamt, weil der Gesamtregelung ein einheitliches Konzept zugrunde liege. 

Der Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 2 und 3 GG sei eröffnet, da § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW den Zugang zu öffentlichen Ämtern betreffe. Der Begriff des „öffentlichen Amtes“ sei weit zu verstehen und erfasse den gesamten öffentlichen Dienst ungeachtet der Ausgestaltung des Anstellungsverhältnisses. Der Zugang zum öffentlichen Dienst sei betroffen, weil auch bei einem bereits begründeten Dienstverhältnis eine Zuwiderhandlung gegen das Bekundungsverbot eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nach sich ziehen könne. Diese falle jedoch als actus   contrarius  zur Einstellung ebenso in den Schutzbereich des Art. 33 Abs. 2 GG wie die ihr vorgelagerte Abmahnung. 

Der Vorbehalt zugunsten christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte stelle eine Ungleichbehandlung aus Gründen der Religion dar. Die entsprechende Regelung erweise sich jedenfalls unter systematischen Gesichtspunkten als Ausnahmeregelung zum Verbot des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW. Aus dem Verweis in Satz 3 auf den Satz 1 der Vorschrift folge, dass sich „Bekundung“ und „Darstellung“ gerade nicht wechselseitig ausschlössen, sondern jeder Fall des § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW zugleich eine „äußere Bekundung“ darstelle. Mithin komme es für die Auslegung entscheidend auf die Entstehungsgeschichte an, da Wortlaut und Systematik keine eindeutige Sinnermittlung zuließen. Aus den Materialien ergebe sich, dass der Gesetzgeber nicht Bildungsinhalte habe regeln wollen, sondern den Ausdruck individueller Überzeugungen. Dabei habe er das Kopftuch pauschal als mit den Bildungszielen der Verfassung für unvereinbar erachtet, Ordenstracht und Kippa hingegen unabhängig vom Willen des Trägers als Ausdruck bloßer christlich-abendländischer Bildungs- und Kulturwerte angesehen. Diese Ungleichbehandlung sei verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt, was auch bisher von allen damit befassten Gerichten ebenso gesehen worden sei. Die von diesen insoweit vorgenommene verfassungskonforme Auslegung widerspreche jedoch den hierfür durch das Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstäben. An den Absichten des Gesetzgebers gebe es angesichts der Gesetzesbegründung keinen Zweifel. Diese hätten mit dem Verweis in § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW auf Satz 1 dieser Bestimmung hinreichenden Ausdruck im Gesetzeswortlaut gefunden. Im Übrigen führe die im vorliegenden Fall vorgenommene „verfassungskonforme Auslegung“ zwangsläufig zu einer Laizisierung der Schule, ohne dass klar sei, ob der Gesetzgeber diese Konsequenz tatsächlich habe ziehen wollen. Die Materialien zeigten, dass die parlamentarische Mehrheit dies gerade habe vermeiden wollen. Deswegen könne sich die Verfassungswidrigkeit auch nicht allein auf § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW erstrecken, da dies eine strengere Neutralitätskonzeption zur Folge hätte, als sie der Gesetzgeber beabsichtigt habe. Dieser habe ein generelles Verbot religiöser Bekleidung nur erlassen wollen, wenn es zugleich gelinge, Symbole der christlichen und abendländischen Tradition auszunehmen. 

b) Die angegriffenen Gerichtsentscheidungen seien verfassungswidrig, weil die Gerichte § 57 Abs. 4 SchulG NW nicht verfassungskonform dahingehend ausgelegt hätten, dass eine konkrete Abwägung im Rahmen einer Einzelfallprüfung geboten sei. 

aa) Der Eingriff in ihre Religionsfreiheit wiege besonders schwer, da die Verhüllung ihres Haares für sie eine unbedingt zu wahrende religiöse Pflicht sei, die ihr in ihrem Kern unmöglich gemacht werde. Unabhängig davon sei auch der Kern ihrer Persönlichkeitsbildung betroffen, da sie nicht mehr über die Reichweite ihres Schamempfindens bestimmen könne. 

bb) Der Eingriff könne nicht gerechtfertigt werden. Das Gesetz selbst benenne als Ziel der Regelung die Sicherung des Schulfriedens und die Wahrung der staatlichen Neutralität. Der Schulfriede sei allerdings kein unmittelbar geschütztes verfassungsrechtliches Rechtsgut, sondern nur das Ziel eines Ausgleichs mit anderen verfassungsrechtlichen Rechtsgütern. Gleiches gelte für das Prinzip der staatlichen Neutralität. In die Abwägung einzustellen seien jedoch die Grundrechtspositionen von Eltern und Schülern. 

Zentral für die Entscheidung des Landesgesetzgebers sei eine abstrakte und pauschale Gefahrenprognose, derzufolge äußere Zeichen religiöser Zugehörigkeit den Schulfrieden und die staatliche Neutralität gefährdeten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei aber die Kollision eines vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechts mit anderen Verfassungsgütern stets durch eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalls im Wege praktischer Konkordanz aufzulösen. Eine abstrakte Abwägungsentscheidung und damit ein pauschales Verbot werde auch nicht durch das Kopftuch-Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 24. September 2003 (BVerfGE 108, 282) zugelassen. Ein pauschales Verbot sei zudem nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig, weil es sich selbst dann noch durchsetze, wenn im konkreten Einzelfall keinerlei Störungen oder Beeinträchtigungen widerstreitender Verfassungsgüter erkennbar seien. Das sei vorliegend aber angesichts ihrer, der Beschwerdeführerin, zehnjährigen konfliktfreien Dienstzeit der Fall. Sie habe zudem mögliche Konflikte gerade dadurch zu entschärfen versucht, dass sie auf ein Kopftuch verzichte. Die von ihr getragene Wollmütze sei kein aus sich heraus verständliches religiöses Symbol und stelle zudem gerade ein positives Bekenntnis zu religiöser Neutralität und Toleranz dar. Zudem könne durch den Verzicht auf eine Einzelfallabwägung Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht hinreichend Rechnung getragen werden, soweit das Kopftuchverbot Personen betreffe, für die dieses - wie für sie - zum Zeitpunkt der Dienstaufnahme nicht absehbar gewesen sei. 

Eine verfassungskonforme Einschränkung sei geboten und könne daran anknüpfen, dass nach § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW die Bekundung geeignet sein müsse, die geschützten Rechtsgüter zu beeinträchtigen. Diese Beeinträchtigung lasse sich auch konkret verstehen. Das stehe nicht im Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers, sondern reduziere lediglich das von ihm beabsichtigte Verbot auf das verfassungsrechtlich zulässige Maß. 

c) Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts verletze Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Das Gericht habe seine Feststellung, ein abstraktes Kopftuchverbot ohne Einzelfallprüfung sei nach § 8 AGG zulässig, nicht treffen dürfen, ohne die Frage, ob dies mit Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG vereinbar sei, dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Die Vorlagepflicht nach Art. 234 Abs. 3 EGV (jetzt Art. 267 AEUV) sei in unhaltbarer Weise gehandhabt worden, weil der Gerichtshof diese Frage in seiner bisherigen Rechtsprechung noch nicht erschöpfend beantwortet habe und das Bundesarbeitsgericht sich hiermit in keiner Weise auseinandergesetzt habe. 

2. Das Verfahren 1 BvR 1181/10 (Beschwerdeführerin zu II.) 

Die Beschwerdeführerin zu II.) rügt eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und 3, von Art. 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1, sowie von Art. 33 Abs. 2 und 3 GG und Art. 9 und Art. 14 EMRK durch die mittelbar angegriffenen Vorschriften sowie durch die angegriffenen Gerichtsentscheidungen. Überdies macht sie eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts geltend. 

a) Nach den gesetzlichen Bestimmungen sei das Verbot des Tragens eines religiösen Symbols bereits dann gerechtfertigt, wenn ihm nach einer beliebigen Interpretationsmöglichkeit ein Aussagegehalt zugedacht werden könne, der geeignet sei, die staatliche Neutralität oder den Schulfrieden zu stören. Da auf dieser Grundlage muslimischen Lehrerinnen das Tragen eines Kopftuchs untersagt werde, das elementarer Bestandteil einer am Islam ausgerichteten Lebensweise sei, werde hierdurch der Schutz des Grundrechts aus Art. 4 GG stark verkürzt. 

Dies sei jedoch nicht erforderlich. Betrachte man das Kopftuch als ein bloßes Zeichen für eine Religionszugehörigkeit, könne es die staatliche Neutralität nicht gefährden. Diese selbst sei ebenso wie der Schulfriede kein kollidierendes Gut von Verfassungsrang, sondern leite sich lediglich aus dem Schutzgehalt der negativen Religionsfreiheit ab. Sie sei als ein an den Staat adressiertes Abwägungsziel beziehungsweise als Abwägungsgrundsatz zu verstehen, um den Religionsfrieden in der Gesellschaft zu gewährleisten. Auch sei zu berücksichtigen, dass das Tragen des Kopftuchs dem Staat nicht zuzurechnen sei und nicht zwingend den Schulfrieden gefährden müsse. Dies werde am vorliegenden Fall besonders deutlich, da sie, die Beschwerdeführerin, im Rahmen eines freiwilligen Schulangebots unterrichte, alle ihrer Schüler Muslime seien, sie als Kopftuchträgerin eingestellt worden sei und bislang beanstandungsfrei unterrichtet habe. Vor diesem Hintergrund genüge es, wenn bei einer Störung des Schulfriedens im Einzelfall eingegriffen werde. 

Der Eingriff in ihre Grundrechte sei nicht angemessen. Der Verzicht auf das Kopftuch verursache für eine gläubige Muslimin einen starken Gewissenskonflikt. Ihr werde angesonnen, ihren Beruf aufzugeben, was auch einen Eingriff in Art. 12 GG darstelle. Überdies werde sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, weil sie ihr äußeres Erscheinungsbild nicht mehr frei wählen könne. Da es aber in erster Linie um das vorbehaltlose Grundrecht des Art. 4 GG gehe, sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Einzelfallabwägung bei der Herstellung praktischer Konkordanz notwendig. Zu berücksichtigen sei dabei, dass sie als Angestellte nicht den gleichen Loyalitätspflichten unterliege wie Beamte und dass ihr Vertrauensschutz zukomme, weil sie schon bei ihrer Einstellung ein Kopftuch getragen habe. 

b) Darüber hinaus liege eine Verletzung von Art. 3 Abs. 3 und Art. 33 Abs. 3 GG vor, weil § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW abendländische und christliche Kulturwerte privilegiere. Der Gesetzgeber habe klar zum Ausdruck gebracht, dass das Tragen christlicher Ordenskleidung auf dieser Grundlage nicht verboten sein solle. Hierin liege eine Benachteiligung muslimischer Lehrerinnen aus religiösen Gründen, die nicht gerechtfertigt sei. Faktisch werde jeder Schüler in Ansehung einer Lehrerin in Ordenstracht deren Identifikation mit ihrer Religion ebenso ausgesetzt wie im Fall des Tragens eines Kopftuchs. Eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift verbiete sich wegen des ausdrücklich zutage getretenen Willens des Gesetzgebers. 

c) Die angegriffene Regelung verstoße des Weiteren gegen § 7 Abs. 1 AGG, der als bundesrechtliche Regelung dem § 57 Abs. 4 SchulG NW vorgehe (Art. 31 GG). Die unterschiedliche Behandlung sei nicht nach § 8 AGG gerechtfertigt. Es handele sich bei dem Kopftuchverbot nicht um ein entscheidendes Merkmal für die berufliche Tätigkeit einer Lehrerin. Schon ihr bisher beanstandungsfrei gebliebener Unterricht zeige, dass dies nicht der Fall sei. Im Übrigen müsse der Staat ebenso wie die Gesellschaft auch schlichte religiöse Bekundungen hinnehmen. 

d) Das Bundesarbeitsgericht habe die Vorlagepflicht zum Europäischen Gerichtshof verletzt, weil dieser die Frage einer pauschalen oder einzelfallbezogenen Auslegung von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG noch nicht entschieden habe. 

IV. 

Zu den Verfassungsbeschwerden haben Stellung genommen das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen für die Landesregierung, die Niedersächsische Staatskanzlei für die Landesregierung, das Bundesverwaltungsgericht, der Dachverband Freier Weltanschauungsgemeinschaften e.V. (DFW), das Aktionsbündnis muslimischer Frauen e.V. (amf), die Alevitische Gemeinde Deutschland e.V., der Verband Bildung und Erziehung e.V. (VBE), der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten e.V. (IBKA), die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB) und der Zentralrat der Juden in Deutschland K.d.ö.R. 

1. Das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen verweist darauf, dass zu den mittelbar angegriffenen Vorschriften die unterschiedlichsten Rechtsauffassungen vertreten würden. Diese Zerrissenheit habe sich seinerzeit in den Debatten des Landtags im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens abgebildet. Deshalb sei es ausdrücklich zu begrüßen, dass sich das Bundesverfassungsgericht nunmehr mit der Materie befassen und für Rechtsklarheit sorgen werde. 

2. Die Niedersächsische Staatskanzlei geht in ihrer Stellungnahme zunächst auf die Vorschrift des niedersächsischen Schulgesetzes ein, die in § 51 Abs. 3 NSchG das äußere Erscheinungsbild von Lehrkräften regelt und erachtet diese für verfassungsgemäß. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen könne der Gesetzgeber für Kleidungsstücke und äußere Zeichen, die offensichtlich aus weltanschaulich-religiösen Motiven getragen würden, ein generelles Verbot anordnen, so dass eine Einzelfallprüfung entbehrlich sei. Dies ergebe sich aus der Kopftuch-Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 24. September 2003 (BVerfGE 108, 282). Etwas anderes gelte in den Fällen, in denen unklar sei, ob einer Bekleidung oder einem Zeichen ein religiöser oder weltanschaulicher Aussagegehalt zukomme. Dies sei von der Schulbehörde vom objektiven Empfängerhorizont aus zu beurteilen. 

Die Bestimmung löse das unvermeidliche Spannungsverhältnis der in Rede stehenden Grundrechte unter Berücksichtigung des Toleranzgebots in angemessener Weise auf. Der Gesetzgeber habe sich in Anlehnung an die Kopftuch-Entscheidung (BVerfGE 108, 282) daran orientiert, dass einerseits Art. 7 GG im Bereich des Schulwesens weltanschaulich-religiöse Einflüsse unter Wahrung des Erziehungsrechts der Eltern zulasse und dass andererseits Art. 4 GG gebiete, bei der Entscheidung für eine bestimmte Schulform weltanschaulich-religiöse Zwänge so weit wie möglich auszuschalten. Damit sei ein Mittelweg eingeschlagen worden. Den Lehrkräften sei grundsätzlich zugestanden, ihre Glaubensfreiheit auch im Dienst auszuüben. Diese werde erst dort eingeschränkt, wo Zweifel an der neutralen Erfüllung des staatlichen Bildungsauftrags aufkämen. Dies sei etwa dann der Fall, wenn eine Lehrkraft im Dienst ein islamisches Kopftuch oder eine Burka trage. Wären solche religiösen Kultushandlungen zulässig, liefe die negative Glaubensfreiheit der Schüler ins Leere. Da diese verpflichtet seien, am Schulbetrieb teilzunehmen, könnten sie weltanschaulich-religiösen Handlungen der Lehrkräfte nicht aus dem Wege gehen. Das elterliche Erziehungsrecht in religiösen Fragen werde ebenfalls unzulässig verkürzt. Für den weltanschaulich-religiösen Bereich bedeute das Toleranzgebot, dass Schüler an öffentlichen Schulen zwar mit verschiedenen weltanschaulich-religiösen Auffassungen und Bekundungen in Berührung kommen dürften und sollten, aber in einer maßvollen und nicht etwa aufdringlichen oder erdrückenden Weise. Dieses Ergebnis entspreche der praktischen Konkordanz. 

Folglich sei § 57 Abs. 4 SchulG NW grundsätzlich als verfassungsgemäß anzusehen. Soweit allerdings § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW in Rede stehe, werde von einer Stellungnahme abgesehen, da in Niedersachsen auf eine vergleichbare Regelung bewusst verzichtet worden sei. 

3. Die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts hat Stellungnahmen des dortigen 2. und 6. Revisionssenats übermittelt. Der 2. Revisionssenat teilt mit, dass er mit den angegriffenen Regelungen selbst bisher nicht befasst gewesen sei. Im Übrigen verweist er auf seine bisherige Rechtsprechung zu § 38 Abs. 2 SchulG BW und § 59b Abs. 4 BremSchulG (BVerwGE 121, 140; 131, 242). Der 6. Revisionssenat weist auf eine Entscheidung über die Befreiung einer muslimischen Schülerin vom koedukativen Sportunterricht aus Gründen der Befolgung islamischer Bekleidungsvorschriften hin (BVerwGE 94, 82). Die Erwägungen dieser Entscheidung seien auf die hier vorliegende Problematik aber nicht übertragbar. 

4. Der Dachverband Freier Weltanschauungsgemeinschaften e.V. (DFW) hält § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW für verfassungswidrig. Die Ausklammerung christlicher und abendländischer Kulturwerte aus dem Bekundungsverbot verstoße gegen das Neutralitätsgebot des Staates und sei unzulässig gegen den Islam gerichtet. Eine einseitige Hervorhebung christlicher Kulturwerte gründe auf einer ideologisch geprägten Darstellung der europäischen Kulturgeschichte selbst, die auf noch anderen Religionen als allein der christlichen beruhe. Für die Beibehaltung der übrigen Regelungen der Vorschrift sprächen allerdings die Grundrechte von Schülern und Eltern. 

5. Das Aktionsbündnis muslimischer Frauen e.V. (amf) meint, § 57 Abs. 4 SchulG NW sei verfassungswidrig. Er missachte die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus der Kopftuch-Entscheidung des Zweiten Senats (BVerfGE 108, 282). Die Vorschrift verletze die staatliche Neutralitätspflicht, weil sie Religionen ungleich behandele. Das Kopftuch werde - entgegen dem Sinngehalt, den die einzelnen Betroffenen und der Islam ihm gäben - auf eine dem Gesetzgeber genehme, nämlich eine nicht mit der Verfassung kompatible Deutung reduziert. Die notwendigen empirischen Belege für eine beeinflussende und den Schulfrieden störende Wirkung des Kopftuchs seien nicht erbracht worden. Dabei habe in Nordrhein-Westfalen von 1970 bis 2010 eine Grundschullehrerin mit Kopftuch unterrichtet, so dass ein solcher Nachweis möglich gewesen wäre. 

Das Kopftuchverbot habe eine diskriminierende Wirkung. Es treffe ausschließlich Frauen und unter ihnen wiederum nur diejenigen, die ein Kopftuch trügen. Auch habe das Gesetz dazu geführt, dass die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung für Kopftuch tragende Frauen nicht nur im Schulbereich unmöglich geworden sei und dass Nachteile geschaffen worden seien, die es zuvor nicht in dieser Ausprägung gegeben habe. Schließlich seien muslimische Frauen insoweit benachteiligt, als anderen Religionen das Kopftuch als Teil der Religionsausübung unbekannt sei. Das Kopftuchverbot habe aus selbstbewussten, integrierten und ökonomisch unabhängigen Frauen verunsicherte, ausgegrenzte und abhängige Frauen gemacht; es habe solche, die ein nicht-traditionelles Rollenbild gelebt hätten, in ein traditionelles gezwungen und muslimischen Schülerinnen, die ein Kopftuch tragen wollten, gezeigt, dass sie sich zwischen Kopftuch und Karriere entscheiden müssten. 

Die Erfahrungen, die Kopftuch tragende Lehrerinnen nach Inkrafttreten des Gesetzes gemacht hätten, beschreibt das Aktionsbündnis wie folgt: Zu Beginn sei das Kopftuchverbot im schulischen Umfeld weitgehend auf Unverständnis gestoßen. Das Klima habe sich im Laufe der Zeit aber als Folge der emotionalen Diskussion eingetrübt. Die Situation der Lehrerinnen, die wegen der laufenden Verfahren noch mit Kopftuch unterrichten dürften, gestalte sich auch dann schwieriger, wenn eine vermeintlich muslimische Lehrerin in das Kollegium eintrete, die kein Kopftuch trage, weil diese ihnen als „Vorbild“ vorgehalten werde. Auch laizistisch geprägte türkische Lehrerinnen reagierten oft ablehnend. Das soziale Umfeld der betroffenen Frauen sei hingegen bereit, jede ihrer Entscheidungen zu unterstützen, auch das Ablegen des Kopftuchs. Zuweilen werde durch Familienangehörige darauf sogar gedrängt, damit das Einkommen der Frauen nicht wegfalle. 

Unverständlich und mit dem Gesetz unvereinbar sei es, wenn die Schulverwaltung das Tragen einer Mütze als Kompromiss nicht zulasse. Denn eine verfassungsrechtlich bedenkliche Signalwirkung könne von dieser nicht ausgehen. Gleiches gelte für alternative Bindetechniken des Kopftuchs. Geduldet werde von den Behörden allenfalls das alternative Tragen einer Perücke, wenn diese aus echtem Haar sei und deshalb nicht künstlich wirke, die Ohren nicht bedecke und dazu kein Schal oder Rollkragen getragen werde; allerdings sei unklar, ob tatsächlich alle diese Bedingungen durchgesetzt würden. Die Lehrerinnen, die sich hierzu bereiterklärt hätten, hätten dies nur getan, weil der Verlust des Arbeitsplatzes für sie zu inakzeptablen ökonomischen Konsequenzen geführt hätte. 

Die Lehrerinnen, die ihre Tätigkeit hätten aufgeben müssen, hätten zuvor verschiedentlich Ausweichversuche unternommen. Im schulnahen Bereich hätten sie dabei jedoch oft die Erfahrung gemacht, dass das Kopftuchverbot wohl mit Rücksicht auf die vermeintlich im Gesetz zum Ausdruck kommende Mehrheitsmeinung auch dort faktisch angewendet werde, wo es eigentlich nicht gelte. Selbst Privatschulen seien nicht bereit, Ausnahmen zuzulassen. 

6. Die Alevitische Gemeinde Deutschland e.V. erklärt, sie sei gegen das Kopftuchtragen von Lehrerinnen oder Angestellten des öffentlichen Dienstes, da der Staat in diesem Bereich seine strikte Neutralität wahren müsse. Mädchen sollten sich frei entscheiden können, ob sie ein Kopftuch tragen wollten oder nicht. Trage eine Lehrerin als Autoritätsperson ein Kopftuch, könne das Schülerinnen unter Druck setzen und ihre Entscheidungsfreiheit beeinträchtigen. Diese Vorbildwirkung könne auch dazu führen, dass die Familie Druck auf die Schülerinnen ausübe. Alevitische Mädchen, für die das Kopftuch keine religiöse Pflicht sei, erlebten das Kopftuch in der Schule oft als diskriminierend, weil ihnen von muslimischen Mitschülerinnen die Verletzung religiöser Regeln vorgeworfen werde. Schon der Druck, der hier von anderen Schülerinnen ausgeübt werde, sei groß. Insofern werde die Wahlfreiheit von Schülerinnen durch Kopftuch tragende Lehrerinnen enorm beeinträchtigt. 

7. Der Verband Bildung und Erziehung e.V. (VBE) hält die Verfassungsbeschwerden für unbegründet. § 57 Abs. 4 SchulG NW sei eine vertretbare und praxisorientierte Regelung, deren Bestand befürwortet werde. Gerade in Nordrhein-Westfalen zeige sich, dass die Schule vermehrt zu einem Ort werde, der mit unterschiedlichen politischen, religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen konfrontiert werde. Es sei wichtig, dass der Staat eine neutrale Haltung einnehme, um das Recht aller Schüler auf Erziehung wahrnehmen zu können. Aus der praktischen Erfahrung wisse man, dass das Kopftuch einer Lehrerin bei Schülern und deren Eltern oft ablehnende Reaktionen hervorrufe. Dass es den Zugang zu bestimmten Gruppen von Schülern und Eltern erleichtere, sei nicht von Bedeutung; denn es gehe gerade um die Neutralität des Lehrers gegenüber allen Gruppen. Geringere Anforderungen an angestellte Lehrkräfte seien diesbezüglich nicht angezeigt, zumal auch der Tarifvertrag die Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber enthalte. Auch Sozialpädagogen übernähmen sensible hoheitliche Aufgaben und verträten den öffentlichen Dienst nach außen. Die Frage einer Privilegierung anderer Religionen bedürfe noch der Klärung. Allerdings gehe es, wie die praktische Erfahrung zeige, einer Nonne im Habit nicht um eine persönliche religiöse Bekundung, sondern um das Tragen einer althergebrachten Tracht. Das Kopftuch sei hingegen stets eine persönliche religiöse Bekundung. 

8. Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten e.V. (IBKA) ist der Ansicht, ein allgemeines Verbot religiöser Bekundungen durch Lehrer sei verfassungskonform. Der hierin liegende Grundrechtseingriff sei gerechtfertigt. Der mit der Religionsfreiheit gewährleistete staatsfreie Raum finde seine Schranken jedenfalls dort, wo durch den Grundrechtsträger der Staat selbst handele. Dem Freiheitsrecht des Lehrers trete nicht ein Anspruch des Staates auf Neutralität entgegen, sondern jene grundrechtlichen Ansprüche Dritter, die den Staat verpflichteten. Als Repräsentant des Staates dürfe der Lehrer nicht in einer Weise in Grundrechte eingreifen, die dem Staat selbst verboten sei. Dies gelte unabhängig von der Art des Dienstverhältnisses. Der Staat sei berechtigt, seine Organisation so zu gestalten, dass die Einhaltung der ihm auferlegten Grenzen durch die einzelnen Amtsträger möglich sei. Da auch der Amtsträger grundrechtsberechtigt sei, dürfe nicht jede religiöse Äußerung verboten werden, sondern nur jene, die geeignet sei, den Schulfrieden zu stören. Eine Einzelfallprüfung sei dabei nicht zwingend, auch nicht im Lichte der bisherigen Rechtsprechung zu schrankenlosen Grundrechten; denn diese beziehe sich nicht auf die Grundrechtsausübung im Amt, so dass hier eine engere Grenzziehung nicht ausgeschlossen sei. 

Mit Blick auf die Feststellung einer Eignung der religiösen Bekundung, den religiösen Frieden zu stören, müsse gewährleistet sein, dass nicht jede religiöse Äußerung verboten werde; ein friedlicher Diskurs müsse möglich bleiben. Überdies dürfe die Friedensgefährdung nicht demjenigen zur Last gelegt werden, der die Intoleranz anderer auf sich ziehe. 

Die Ausnahmeregelung des § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW sei verfassungswidrig; eine verfassungskonforme Interpretation scheide aus. Schon die in Bezug genommenen Vorschriften des Landesverfassungsrechts seien verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht sei aufgefordert, seine Rechtsprechung zur Anerkennung des Christentums als prägendem Kultur- und Bildungsfaktor aufzugeben. Die Werteordnung des Grundgesetzes beruhe nicht auf dem Christentum. Soweit kulturelle Elemente christlichen Ursprungs seien, seien sie heute gänzlich säkularisiert und dürften deshalb nicht als Grundlage einer Privilegierung herangezogen werden. Schließlich habe sich die Gesellschaft in den letzten Jahren so sehr entkirchlicht, dass niemand mehr gezwungen sei, mit Elementen christlichen religiösen Lebens umzugehen. 

Die Anwendung des Kopftuchverbots auf sonstige pädagogische Mitarbeiter sei unbedenklich. Denn diese hätten durch ihre Schiedsfunktion sogar eine höhere Autorität als Lehrer. Insofern sei es bedenklich, wenn geltend gemacht werde, dass gerade durch das Kopftuch eine höhere Akzeptanz bestehe. Denn der schulische Erziehungsauftrag bestehe auch darin, Respekt für Frauen ohne Kopftuch zu erwirken. Es sei zu befürchten, dass die Kehrseite dieser besonderen Akzeptanz in einer Bestärkung der Ablehnung von Frauen ohne Kopftuch liege. Auch könne nicht eingewandt werden, dass das Angebot für Schüler freiwillig sei. Auf diese Weise würden Schüler diskriminiert, die das Kopftuch als Beeinträchtigung ihrer Rechte ansähen. Gleiches gelte für den muttersprachlichen Ergänzungsunterricht. Hier könne weder davon ausgegangen werden, dass alle potentiellen Schüler Muslime seien, noch dass alle muslimischen Schülerinnen mit der Wirkung, die von einer kopftuchtragenden Lehrerin ausgehe, einverstanden seien. 

9. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. (DITIB) hat folgende theologische Bewertung ihres Obersten Religionsrates mitgeteilt: Muslimische Frauen müssten ab Eintritt der Pubertät in Gegenwart von Männern, mit denen sie nicht verwandt seien und die zu ehelichen ihnen religionsrechtlich erlaubt sei, ihren Körper - mit Ausnahme von Gesicht, Händen und Füßen - mit Kleidung derart bedecken, dass die Konturen und Farbe des Körpers nicht zu sehen seien. Der Kopf gelte dabei als bedeckt, wenn Haare und Hals vollständig bedeckt seien. Dies sei ein nach den Hauptquellen der Rechtsfindung im Islam (Koran, Sunna, Gelehrtenkonsens und allgemeiner Übereinkunft der Gemeinden) bestimmtes religiöses Gebot definitiver Qualität. In welcher Weise die vorgeschriebene Bedeckung erfolge, sei allein die Entscheidung der muslimischen Frau. Das Tragen des Kopftuchs diene demnach ausschließlich der Erfüllung eines religiösen Gebots und habe darüber hinaus für die Trägerin weder einen symbolischen Charakter noch diene es der Bekundung nach außen. 

10. Der Zentralrat der Juden in Deutschland K.d.ö.R. erachtet das Verbot des Tragens einer Mütze durch eine Lehrerin für verfassungswidrig. Mit Blick auf Art. 4 GG sei nicht ersichtlich, welche konkrete Gefahr durch das Tragen einer Mütze oder eines Kopftuchs in Bezug auf Rechte Dritter gegeben sein könne. Es sei äußerst bedenklich, wenn es in Deutschland tatsächlich nicht möglich sein solle, in allen Bereichen erkennbar zeigen zu dürfen, welcher Religion man angehöre. Im vorliegenden Fall sei keinerlei Verhalten erkennbar, durch das Schüler oder Eltern gefährdet worden seien. 

Was § 57 Abs. 4 SchulG NW angehe, sei unabdingbar, dass aufgrund der gravierenden Beeinträchtigung der Religionsfreiheit jeder Einzelfall geprüft werde. Die Anerkennung der „christlichen und abendländischen Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen“ sei zu begrüßen. Dies dürfe aber nicht zu einer „Rangfolge“ von Religionen und Anschauungen führen. Keinesfalls dürfe ohne genaue individuelle Prüfung pauschal abstrakt angenommen werden, dass jemand allein deshalb, weil er sichtbar einer bestimmten Kultur oder Religion angehöre, als Gefährdung der Menschenwürde, der Gleichberechtigung oder der freiheitlich-demokratischen Grundordnung angesehen werde. 

B. 

Die zulässigen Verfassungsbeschwerden sind im Wesentlichen begründet. 

Die Vorschriften des § 57 Abs. 4 Satz 1 und 2 und des § 58 Satz 2 SchulG NW sind in den Fällen religiöser Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild von Pädagoginnen und Pädagogen nur nach Maßgabe einer der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) gerecht werdenden einschränkenden Interpretation mit dem Grundgesetz vereinbar. Die von den Beschwerdeführerinnen beanstandeten arbeitsgerichtlichen Entscheidungen werden diesen Anforderungen nicht gerecht und verletzen sie deshalb in ihrem Grundrecht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit. Der als Privilegierungsvorschrift zugunsten christlich-abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen konzipierte § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW steht nicht im Einklang mit dem Verbot der Benachteiligung aus religiösen Gründen (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 und Art. 33 Abs. 3 GG). Das lässt jedoch den Bestand der Regelung im Übrigen und die Möglichkeit der verfassungskonformen Auslegung der Sätze 1 und 2 des § 57 Abs. 4 SchulG NW unberührt. 

I. 

Gegenstand der verfassungsrechtlichen Prüfung sind die angegriffenen Entscheidungen der Arbeitsgerichte und die ihnen zugrunde liegende Verbotsbestimmung des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW, soweit diese religiöse Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild des pädagogischen Personals betrifft. Die Prüfung der Norm ist auch auf Satz 2 und Satz 3 des § 57 Abs. 4 SchulG NW zu erstrecken, obgleich sich die Arbeitsgerichte ausdrücklich nur auf das Bekundungsverbot des Satzes 1 gestützt haben. Der Regelung liegt ein einheitliches Konzept zugrunde. Dies kommt auch in der sprachlichen Anknüpfung des Satzes 2 an Satz 1 („Insbesondere …“) zum Ausdruck. Der von den Beschwerdeführerinnen beanstandete Satz 3 knüpft gleichfalls an Satz 1 an und ist in die Prüfung einzubeziehen, weil seine Privilegierung christlicher und jüdischer Religionen den Beschwerdeführerinnen bei der Anwendung des Satzes 1 gleichheitswidrig nicht zugute kommt. Die den Anwendungsbereich der Norm auf sonstige, bei der Bildungs- und Erziehungsarbeit mitwirkende pädagogische und sozialpädagogische Mitarbeiter erweiternde Vorschrift des § 58 Satz 2 SchulG NW ist Gegenstand der Prüfung, weil sie im Fall der Beschwerdeführerin zu I.) unverzichtbarer Teil der von den Arbeitsgerichten angewandten Rechtsgrundlage ist. 

II. 

Die in den Ausgangsverfahren ergangenen Urteile der Arbeitsgerichte beruhen auf einer gesetzlichen Grundlage, die der einschränkenden verfassungskonformen Auslegung bedarf. Deren Anforderungen genügen die Urteile nicht. Ein Verbot religiöser Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild, das bereits die abstrakte Gefahr einer Beeinträchtigung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität ausreichen lässt, ist im Blick auf die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Pädagogen jedenfalls unangemessen und damit unverhältnismäßig, wenn die Bekundung nachvollziehbar auf ein als verpflichtend empfundenes religiöses Gebot zurückführbar ist. Erforderlich ist vielmehr eine hinreichend konkrete Gefahr. Eine entsprechende gebietsbezogene, möglicherweise auch landesweite Untersagung kommt von Verfassungs wegen für öffentliche bekenntnisoffene Gemeinschaftsschulen nur dann in Betracht, wenn eine hinreichend konkrete Gefahr für die genannten Schutzgüter im gesamten Geltungsbereich der Untersagung besteht. 

Das Bundesarbeitsgericht hat in beiden Ausgangsverfahren - wie im Ergebnis schon die Vorinstanzen - angenommen, das Verhalten der Beschwerdeführerinnen sei im Sinne von § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW geeignet, die Neutralität des Landes gegenüber Schülern und Eltern sowie den religiösen Schulfrieden zu gefährden. Das Verbot erfasse nicht erst Bekundungen, die die Neutralität des Landes oder den religiösen Schulfrieden konkret gefährdeten oder gar störten. Es solle schon einer abstrakten Gefahr vorbeugen, um konkrete Gefährdungen gar nicht erst aufkommen zu lassen. 

Ein so weit greifendes Verständnis des Verbots führt für Fälle der vorliegenden Art zu einem erheblichen Eingriff in das Grundrecht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des pädagogischen Personals, der in dieser Allgemeinheit verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt werden kann, weil er sich als unverhältnismäßig erweist. 

1. Der Schutz des Grundrechts auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) gewährleistet auch den Pädagoginnen und Pädagogen in der öffentlichen bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule die Freiheit, den Regeln ihres Glaubens gemäß einem religiösen Bedeckungsgebot zu genügen, wie dies etwa durch das Tragen eines islamischen Kopftuchs der Fall sein kann, wenn dies hinreichend plausibel begründet wird. 

a) Die Beschwerdeführerinnen können sich auch als Angestellte im öffentlichen Dienst auf ihr Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen (ebenso für Beamte BVerfGE 108, 282 <297 f.>). Die Grundrechtsberechtigung der Beschwerdeführerinnen wird durch ihre Eingliederung in den staatlichen Aufgabenbereich der Schule nicht von vornherein oder grundsätzlich in Frage gestellt. Der Staat bleibt zudem auch dann an die Grundrechte gebunden, wenn er sich zur Aufgabenerfüllung zivilrechtlicher Instrumente bedient, wie das hier durch den Abschluss privatrechtlicher Arbeitsverträge mit den zur Erfüllung seines Erziehungsauftrags von ihm angestellten Pädagoginnen der Fall ist (Art. 1 Abs. 3 GG; vgl. BVerfGE 128, 226 <245>).   

b) Art. 4 GG garantiert in Absatz 1 die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses, in Absatz 2 das Recht der ungestörten Religionsausübung. Beide Absätze des Art. 4 GG enthalten ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht (vgl. BVerfGE 24, 236 <245 f.>; 32, 98 <106>; 44, 37 <49>; 83, 341 <354>; 108, 282 <297>; 125, 39 <79>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 -, juris, Rn. 98). Es erstreckt sich nicht nur auf die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, das heißt einen Glauben zu haben, zu verschweigen, sich vom bisherigen Glauben loszusagen und einem anderen Glauben zuzuwenden, sondern auch auf die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und zu verbreiten, für seinen Glauben zu werben und andere von ihrem Glauben abzuwerben (vgl. BVerfGE 12, 1 <4>; 24, 236 <245>; 105, 279 <294>; 123, 148 <177>). Umfasst sind damit nicht allein kultische Handlungen und die Ausübung und Beachtung religiöser Gebräuche, sondern auch die religiöse Erziehung sowie andere Äußerungsformen des religiösen und weltanschaulichen Lebens (vgl. BVerfGE 24, 236 <245 f.>; 93, 1 <17>). Dazu gehört auch das Recht der Einzelnen, ihr gesamtes Verhalten an den Lehren ihres Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln, also glaubensgeleitet zu leben; dies betrifft nicht nur imperative Glaubenssätze (vgl. BVerfGE 108, 282 <297> m.w.N.; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 -, juris, Rn. 88). 

Bei der Würdigung dessen, was im Einzelfall als Ausübung von Religion und Weltanschauung zu betrachten ist, darf das Selbstverständnis der jeweils betroffenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften und des einzelnen Grundrechtsträgers nicht außer Betracht bleiben (vgl. BVerfGE 24, 236 <247 f.>; 108, 282 <298 f.>). Dies bedeutet jedoch nicht, dass jegliches Verhalten einer Person allein nach deren subjektiver Bestimmung als Ausdruck der Glaubensfreiheit angesehen werden muss. Die staatlichen Organe dürfen prüfen und entscheiden, ob hinreichend substantiiert dargelegt ist, dass sich das Verhalten tatsächlich nach geistigem Gehalt und äußerer Erscheinung in plausibler Weise dem Schutzbereich des Art. 4 GG zuordnen lässt, also tatsächlich eine als religiös anzusehende Motivation hat. Dem Staat ist es indes verwehrt, derartige Glaubensüberzeugungen seiner Bürger zu bewerten oder gar als „richtig“ oder „falsch“ zu bezeichnen; dies gilt insbesondere dann, wenn hierzu innerhalb einer Religion divergierende Ansichten vertreten werden (vgl. BVerfGE 24, 236 <247 f.>; 33, 23 <29 f.>; 83, 341 <353>; 104, 337 <354 f.>; 108, 282 <298 f.>). 

c) Die Musliminnen, die ein in der für ihren Glauben typischen Weise gebundenes Kopftuch tragen, können sich dafür auch bei der Ausübung ihres Berufs in der öffentlichen bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule, aber auch für das Tragen einer sonstigen Bekleidung, durch die Haare und Hals nachvollziehbar aus religiösen Gründen bedeckt werden, auf den Schutz der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen (vgl. BVerfGE 108, 282 <298>). 

Die beiden Beschwerdeführerinnen machen mit ihren Verfassungsbeschwerden eine religiöse Motivation für das Tragen ihrer Kopfbedeckungen geltend. Sie bezeichnen deren Tragen als unbedingte religiöse Pflicht und als elementaren Bestandteil einer am Islam orientierten Lebensweise. 

Diese religiöse Fundierung der Bekleidungswahl ist auch mit Rücksicht auf die im Islam vertretenen unterschiedlichen Auffassungen zum sogenannten Bedeckungsgebot nach geistigem Gehalt und äußerer Erscheinung hinreichend plausibel. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der genaue Inhalt der Bekleidungsvorschriften für Frauen unter islamischen Gelehrten durchaus umstritten ist. Es genügt, dass diese Betrachtung unter den verschiedenen Richtungen des Islam verbreitet ist und insbesondere auf zwei Stellen im Koran (Sure 24, Vers 31; Sure 33, Vers 59) zurückgeführt wird (vgl. Asad, Die Botschaft des Koran - Übersetzung und Kommentar, 2009, S. 676 f., 810; vgl. auch Heine, Kleiderordnung, in: Handbuch Recht und Kultur des Islams in der deutschen Gesellschaft, 2000, S. 184 <186 f.>). Ein Bedeckungsgebot wird im Islam teilweise auch als unbedingte Pflicht eingeordnet (vgl. Khoury, Das islamische Rechtssystem, in: Handbuch Recht und Kultur des Islams in der deutschen Gesellschaft, 2000, S. 37 <52>). Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, dass andere Richtungen des Islam ein als verpflichtend geltendes Bedeckungsgebot für Frauen nicht kennen (vgl. BVerfGE 108, 282 <298 f.>). 

2. Die auf § 57 Abs. 4 (im Fall der Beschwerdeführerin zu I.) i.V.m. § 58 Satz 2) SchulG NW gestützte, von den angegriffenen Gerichtsentscheidungen bestätigte Untersagung des Tragens der in Rede stehenden Kopfbedeckungen erweist sich angesichts des von den Beschwerdeführerinnen als verpflichtend empfundenen religiösen Bedeckungsgebots als schwerwiegender Eingriff in ihr Grundrecht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit. 

a) Die Einordnung des Tragens von Kleidungsstücken als äußere religiöse Bekundung im Sinne des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW beruht auf einer zunächst den Fachgerichten obliegenden Auslegung des einfachen Rechts, die für sich genommen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. 

Das Tatbestandsmerkmal der „äußeren Bekundung“ im Sinne der einfachgesetzlichen Eingriffsgrundlage des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW ist nicht auf verbale Äußerungen beschränkt. Das Bundesarbeitsgericht lässt insoweit nachvollziehbar jede „bewusste, an die Außenwelt gerichtete Kundgabe einer religiösen Überzeugung“ genügen und stellt zur Ermittlung des Erklärungswerts einer Kundgabe auf diejenigen Deutungsmöglichkeiten ab, die für eine nicht unerhebliche Zahl von Betrachtern nahe liegt. Dieses auf den kommunikativen Charakter einer „äußeren Bekundung“ im Sinne des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW und auf den objektiven Betrachterhorizont abstellende Normverständnis steht in Einklang mit dem in dieser Vorschrift angelegten Wirkzusammenhang zwischen den dort genannten äußeren Bekundungen einerseits und den davon betroffenen Schutzgütern, also der staatlichen Neutralität und des Schulfriedens, andererseits. 

Allerdings kommt Kopfbedeckungen und anderen Kleidungsstücken nicht ohne Weiteres die Bedeutung eines nonverbalen Kommunikationsmittels im Sinne des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW zu. Dies ist ausgehend vom objektiven Betrachterhorizont vielmehr nur dann der Fall, wenn das Kleidungsstück seiner Art nach typischerweise von vornherein Ausdruck eines politischen, weltanschaulichen, religiösen oder ähnlichen Bekenntnisses ist oder aber ein an sich neutrales Kleidungsstück nach einer Gesamtwürdigung der konkreten Begleitumstände ohne vernünftigen Zweifel als eine solche äußere Bekundung verstanden werden kann. 

Namentlich ein Kopftuch ist nicht aus sich heraus religiöses Symbol. Eine vergleichbare Wirkung kann es erst im Zusammenwirken mit anderen Faktoren entfalten (vgl. BVerfGE 108, 282 <304>). Insofern unterscheidet es sich etwa vom christlichen Kreuz (vgl. dazu BVerfGE 93, 1 <19 f.>). Auch wenn ein islamisches Kopftuch nur der Erfüllung eines religiösen Gebots dient und ihm von der Trägerin kein symbolischer Charakter beigemessen wird, sondern es lediglich als Kleidungsstück angesehen wird, das die Religion vorschreibt, ändert dies nichts daran, dass es in Abhängigkeit vom sozialen Kontext verbreitet als Hinweis auf die muslimische Religionszugehörigkeit der Trägerin gedeutet wird. In diesem Sinne ist es ein religiös konnotiertes Kleidungsstück. Wird es als äußeres Anzeichen religiöser Identität verstanden, so bewirkt es das Bekenntnis einer religiösen Überzeugung, ohne dass es hierfür einer besonderen Kundgabeabsicht oder eines zusätzlichen wirkungsverstärkenden Verhaltens bedarf. Dessen wird sich die Trägerin eines in typischer Weise gebundenen Kopftuchs regelmäßig auch bewusst sein. Diese Wirkung kann sich - je nach den Umständen des Einzelfalls - auch für andere Formen der Kopf- und Halsbedeckung ergeben. 

b) Der Eingriff, der mit der Untersagung des Tragens eines islamischen Kopftuchs oder einer anderen Kopf- und Halsbedeckung in Erfüllung eines religiösen Gebots verbunden ist, wiegt schwer. 

Die Beschwerdeführerinnen berufen sich nicht nur auf eine religiöse Empfehlung, deren Befolgung für die einzelnen Gläubigen disponibel oder aufschiebbar ist. Vielmehr haben sie plausibel dargelegt, dass es sich für sie - entsprechend dem Selbstverständnis von Teilen im Islam (dazu Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen <Hrsg.>, Muslimisches Leben in Nordrhein-Westfalen, 2010, S. 95 ff.) - um ein imperatives religiöses Bedeckungsgebot in der Öffentlichkeit handelt, das zudem nachvollziehbar ihre persönliche Identität berührt (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG), so dass ein Verbot dieser Bedeckung im Schuldienst für sie sogar den Zugang zum Beruf verstellen kann (Art. 12 Abs. 1 GG). Dass auf diese Weise derzeit faktisch vor allem muslimische Frauen von der qualifizierten beruflichen Tätigkeit als Pädagoginnen ferngehalten werden, steht zugleich in einem rechtfertigungsbedürftigen Spannungsverhältnis zum Gebot der tatsächlichen Gleichberechtigung von Frauen (Art. 3 Abs. 2 GG). Vor diesem Hintergrund greift das gesetzliche Bekundungsverbot in ihr Grundrecht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit trotz seiner zeitlichen und örtlichen Begrenzung auf den schulischen Bereich mit erheblich größerem Gewicht ein, als dies bei einer religiösen Übung ohne plausiblen Verbindlichkeitsanspruch der Fall wäre. 

3. Dieser Eingriff in die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Beschwerdeführerinnen erweist sich auf der Grundlage der Auslegung der Norm durch die Arbeitsgerichte als unverhältnismäßig und ist deshalb nicht gerechtfertigt. 

a) Einschränkungen dieses Grundrechts müssen sich aus der Verfassung selbst ergeben, weil Art. 4 Abs. 1 und 2 GG keinen Gesetzesvorbehalt enthält. Zu solchen verfassungsimmanenten Schranken zählen die Grundrechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang (vgl. BVerfGE 28, 243 <260 f.>; 41, 29 <50 f.>; 41, 88 <107>; 44, 37 <49 f., 53>; 52, 223 <247>; 93, 1 <21>; 108, 282 <297>). Als mit der Glaubensfreiheit in Widerstreit tretende Verfassungsgüter kommen hier neben dem staatlichen Erziehungsauftrag (Art. 7 Abs. 1 GG), der unter Wahrung der Pflicht zu weltanschaulich-religiöser Neutralität zu erfüllen ist, das elterliche Erziehungsrecht (Art. 6 Abs. 2 GG) und die negative Glaubensfreiheit der Schüler (Art. 4 Abs. 1 GG) in Betracht (vgl. BVerfGE 108, 282 <299>). Das normative Spannungsverhältnis zwischen diesen Verfassungsgütern unter Berücksichtigung des Toleranzgebots zu lösen, obliegt dem demokratischen Gesetzgeber, der im öffentlichen Willensbildungsprozess einen für alle zumutbaren Kompromiss zu suchen hat. Die genannten Grundgesetz-Normen sind zusammen zu sehen, ihre Interpretation und ihr Wirkungsbereich sind aufeinander abzustimmen (vgl. BVerfGE 108, 282 <302 f.>). 

b) Der nordrhein-westfälische Landesschulgesetzgeber verfolgt mit dem Verbot äußerer religiöser Bekundungen im Sinne des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW, auch soweit er solche durch religiös konnotierte Bekleidung und insbesondere durch das in typischer Weise getragene islamische Kopftuch erfasst wissen will, legitime Ziele. Sein Anliegen ist es, den Schulfrieden und die staatliche Neutralität zu wahren, so den staatlichen Erziehungsauftrag abzusichern, gegenläufige Grundrechte von Schülern und Eltern zu schützen und damit Konflikten in dem von ihm in Vorsorge genommenen Bereich der öffentlichen Schule von vornherein vorzubeugen (vgl. LTDrucks 14/569, S. 7 ff.). Gegen diese Zielsetzungen ist von Verfassungs wegen offensichtlich nichts zu erinnern. Sie lassen sich ohne Weiteres dem staatlichen Erziehungsauftrag, dem Neutralitätsgrundsatz, der negativen Glaubensfreiheit der Schüler sowie dem elterlichen Erziehungsrecht und damit verfassungsimmanenten Schranken der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des pädagogischen Personals zuordnen. 

c) Die Erforderlichkeit der Regelung in § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW, die in der Interpretation der Fachgerichte schon die abstrakte Eignung äußerer religiöser Bekundungen durch das Tragen einer religiös konnotierten Kopfbedeckung zur Gefährdung der Schutzgüter genügen lässt, erscheint bereits fraglich. Es bedarf hier indes keiner Entscheidung, ob angesichts des mittlerweile zu verzeichnenden Verbreitungsgrades des islamischen Kopftuchs in der deutschen Gesellschaft und des gängigen Verständnisses von seiner Bedeutung, aber auch in Anbetracht der durchaus unterschiedlichen Deutungsmöglichkeiten der Beweggründe seiner Trägerinnen, insbesondere in einem flächengroßen und bevölkerungsreichen Land wie Nordrhein-Westfalen, ausnahmslos in allen öffentlichen bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschulen und Schüleraltersgruppen schon einer abstrakten Gefahr für die Schutzgüter des Schulfriedens und der staatlichen Neutralität vorgebeugt werden muss, um konkrete Gefährdungen für sie gar nicht erst aufkommen zu lassen. Denn die Erfordernisse einer im engeren Sinne verhältnismäßigen gesetzlichen Regelung gebieten jedenfalls ein einschränkendes Verständnis des Merkmals einer Eignung zur Gefährdung der Schutzgüter. 

d) Das landesweite Verbot religiöser Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild, namentlich das Tragen religiös konnotierter Kleidung, schon wegen der bloß abstrakten Eignung zu einer Gefährdung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität in einer bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule erweist sich jedenfalls als unverhältnismäßig im engeren Sinne, wenn dieses Verhalten nachvollziehbar auf ein als verpflichtend verstandenes religiöses Gebot zurückzuführen ist. Ein angemessener, der Glaubensfreiheit der sich auf ein religiöses Bedeckungsgebot berufenden Pädagoginnen hinreichend Rechnung tragender Ausgleich mit gegenläufigen verfassungsrechtlich verankerten Positionen erfordert für die vorliegende Fallgestaltung eine einschränkende Auslegung der schulfriedens- und neutralitätswahrenden Verbotsnorm dergestalt, dass zumindest eine hinreichend konkrete Gefahr für die Schutzgüter vorliegen muss. 

aa) Für die Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten und Entwicklungen, von der abhängt, ob gegenläufige Grundrechtspositionen von Schülern und Eltern oder andere Werte von Verfassungsrang eine Regelung rechtfertigen, die Lehrkräfte aller Bekenntnisse zu äußerster Zurückhaltung in der Verwendung von Kennzeichen mit religiösem Bezug verpflichtet, verfügt der Gesetzgeber über eine Einschätzungsprärogative (vgl. BVerfGE 108, 282 <310 f.>). Allerdings muss er, zumal bei einem weitgehend vorbeugend wirkenden Verbot äußerer religiöser Bekundungen, ein angemessenes Verhältnis zu dem Gewicht und der Bedeutung des Grundrechts des pädagogischen Personals auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ebenso wahren wie er bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des Eingriffs mit dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit beachten muss (vgl. BVerfGE 83, 1 <19>; 90, 145 <173>; 102, 197 <220>; 104, 337 <349>). 

bb) Das Einbringen religiöser oder weltanschaulicher Bezüge in Schule und Unterricht durch pädagogisches Personal kann den in Neutralität zu erfüllenden staatlichen Erziehungsauftrag, das elterliche Erziehungsrecht und die negative Glaubensfreiheit der Schüler beeinträchtigen. Es eröffnet zumindest die Möglichkeit einer Beeinflussung der Schulkinder sowie von Konflikten mit Eltern, was zu einer Störung des Schulfriedens führen und die Erfüllung des Erziehungsauftrags der Schule gefährden kann. Auch die religiös motivierte und als Kundgabe einer Glaubensüberzeugung interpretierbare Bekleidung von Lehrkräften kann diese Wirkungen haben (vgl. BVerfGE 108, 282 <303>). Allerdings kommt keiner der gegenläufigen verfassungsrechtlich verankerten Positionen ein solches Gewicht zu, als dass bereits die abstrakte Gefahr ihrer Beeinträchtigung ein Verbot zu rechtfertigen vermöchte, wenn auf der anderen Seite das Tragen religiös konnotierter Bekleidung oder Symbole nachvollziehbar auf ein als imperativ verstandenes religiöses Gebot zurückzuführen ist. 

(1) Die negative Glaubensfreiheit der Schülerinnen und Schüler (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) gewährleistet die Freiheit, kultischen Handlungen eines nicht geteilten Glaubens fernzubleiben; das bezieht sich auch auf Riten und Symbole, in denen ein Glaube oder eine Religion sich darstellen. Die Einzelnen haben in einer Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen Raum gibt, allerdings kein Recht darauf, von der Konfrontation mit ihnen fremden Glaubensbekundungen, kultischen Handlungen und religiösen Symbolen verschont zu bleiben. Davon zu unterscheiden ist aber eine vom Staat geschaffene Lage, in welcher der Einzelne ohne Ausweichmöglichkeiten dem Einfluss eines bestimmten Glaubens, den Handlungen, in denen sich dieser manifestiert, und den Symbolen, in denen er sich darstellt, ausgesetzt ist (vgl. BVerfGE 93, 1 <15 f.>). In einer unausweichlichen Situation befinden sich Schülerinnen und Schüler zwar auch dann, wenn sie sich infolge der allgemeinen Schulpflicht während des Unterrichts ohne Ausweichmöglichkeit einer vom Staat angestellten Lehrerin gegenüber sehen, die ein islamisches Kopftuch trägt. Im Blick auf die Wirkung religiöser Ausdrucksmittel ist allerdings danach zu unterscheiden, ob das in Frage stehende Zeichen auf Veranlassung der Schulbehörde oder aufgrund einer eigenen Entscheidung von einzelnen Pädagoginnen und Pädagogen verwendet wird, die hierfür das individuelle Freiheitsrecht des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG in Anspruch nehmen können. Der Staat, der eine mit dem Tragen eines Kopftuchs verbundene religiöse Aussage einer einzelnen Lehrerin oder einer pädagogischen Mitarbeiterin hinnimmt, macht diese Aussage nicht schon dadurch zu seiner eigenen und muss sie sich auch nicht als von ihm beabsichtigt zurechnen lassen (vgl. BVerfGE 108, 282 <305 f.>). 

Zwar trifft die für das Tragen eines islamischen Kopftuchs in der Schule in Anspruch genommene Glaubensfreiheit der Lehrerin auf die negative Glaubensfreiheit der Schülerinnen und Schüler (vgl. BVerfGE 108, 282 <301 f.>). Doch ist das Tragen eines islamischen Kopftuchs, einer vergleichbaren Kopf- und Halsbedeckung oder sonst religiös konnotierten Bekleidung nicht von vornherein dazu angetan, die negative Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Schülerinnen und Schüler zu beeinträchtigen. Solange die Lehrkräfte, die nur ein solches äußeres Erscheinungsbild an den Tag legen, nicht verbal für ihre Position oder für ihren Glauben werben und die Schülerinnen und Schüler über ihr Auftreten hinausgehend zu beeinflussen versuchen, wird deren negative Glaubensfreiheit grundsätzlich nicht beeinträchtigt. Die Schülerinnen und Schüler werden lediglich mit der ausgeübten positiven Glaubensfreiheit der Lehrkräfte in Form einer glaubensgemäßen Bekleidung konfrontiert, was im Übrigen durch das Auftreten anderer Lehrkräfte mit anderem Glauben oder anderer Weltanschauung in aller Regel relativiert und ausgeglichen wird. Insofern spiegelt sich in der bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule die religiös-pluralistische Gesellschaft wider. 

(2) Aus dem Elterngrundrecht ergibt sich nichts anderes. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert den Eltern die Pflege und Erziehung ihrer Kinder als natürliches Recht und umfasst zusammen mit Art. 4 Abs. 1 und 2 GG auch das Recht zur Kindererziehung in religiöser und weltanschaulicher Hinsicht; daher ist es zuvörderst Sache der Eltern, ihren Kindern diejenigen Überzeugungen in Glaubens- und Weltanschauungsfragen zu vermitteln, die sie für richtig halten (vgl. BVerfGE 41, 29 <44, 47 f.>; 52, 223 <236>; 93, 1 <17>). Dem entspricht das Recht, die Kinder von Glaubensüberzeugungen fernzuhalten, die den Eltern als falsch oder schädlich erscheinen (vgl. BVerfGE 93, 1 <17>). Jedoch enthält Art. 6 Abs. 2 GG keinen ausschließlichen Erziehungsanspruch der Eltern. Eigenständig und in seinem Bereich gleichgeordnet neben den Eltern übt der Staat, dem nach Art. 7 Abs. 1 GG die Aufsicht über das gesamte Schulwesen übertragen ist, in der Schule einen eigenen Erziehungsauftrag aus (vgl. BVerfGE 34, 165 <183>; 41, 29 <44>; 108, 282 <301>). 

Ein etwaiger Anspruch, die Schulkinder vom Einfluss solcher Lehrkräfte fernzuhalten, die einer verbreiteten religiösen Bedeckungsregel folgen, lässt sich aus dem Elterngrundrecht danach nicht herleiten, soweit dadurch die negative Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Schülerinnen und Schüler nicht beeinträchtigt ist. Auch die negative Glaubensfreiheit der Eltern, die hier im Verbund mit dem elterlichen Erziehungsrecht ihre Wirkung entfalten kann, garantiert keine Verschonung von der Konfrontation mit religiös konnotierter Bekleidung von Lehrkräften, die nur den Schluss auf die Zugehörigkeit zu einer anderen Religion oder Weltanschauung zulässt, von der aber sonst kein gezielter beeinflussender Effekt ausgeht. Das gilt in Fällen der vorliegenden Art gerade deshalb, weil nicht ein dem Staat zurechenbares glaubensgeleitetes Verhalten in Rede steht, sondern eine erkennbar individuelle Grundrechtsausübung. 

(3) Darüber hinaus steht auch der staatliche Erziehungsauftrag (Art. 7 Abs. 1 GG), der unter Wahrung der Pflicht zu weltanschaulich-religiöser Neutralität zu erfüllen ist, der Betätigung der positiven Glaubensfreiheit der Pädagoginnen durch das Tragen eines islamischen Kopftuchs nicht generell entgegen. Er vermag ein Verbot solchen äußeren Verhaltens, das auf ein nachvollziehbar als imperativ verstandenes Glaubensgebot zurückgeht, erst dann zu rechtfertigen, wenn eine hinreichend konkrete Gefahr für den zur Erfüllung des Erziehungsauftrags notwendigen Schulfrieden oder die staatliche Neutralität feststellbar ist. 

Das Grundgesetz begründet für den Staat als Heimstatt aller Staatsbürger in Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 3 GG sowie durch Art. 136 Abs. 1 und 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG die Pflicht zu weltanschaulich-religiöser Neutralität. Es verwehrt die Einführung staatskirchlicher Rechtsformen und untersagt die Privilegierung bestimmter Bekenntnisse ebenso wie die Ausgrenzung Andersgläubiger (vgl. BVerfGE 19, 206 <216>; 24, 236 <246>; 33, 23 <28>; 93, 1 <17>). Der Staat hat auf eine am Gleichheitssatz orientierte Behandlung der verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu achten (vgl. BVerfGE 19, 1 <8>; 19, 206 <216>; 24, 236 <246>; 93, 1 <17>; 108, 282 <299 f.>) und darf sich nicht mit einer bestimmten Religionsgemeinschaft identifizieren (vgl. BVerfGE 30, 415 <422>; 93, 1 <17>; 108, 282 <300>). Der freiheitliche Staat des Grundgesetzes ist gekennzeichnet von Offenheit gegenüber der Vielfalt weltanschaulich-religiöser Überzeugungen und gründet dies auf ein Menschenbild, das von der Würde des Menschen und der freien Entfaltung der Persönlichkeit in Selbstbestimmung und Eigenverantwortung geprägt ist (vgl. BVerfGE 41, 29 <50>; 108, 282 <300 f.>). 

Die dem Staat gebotene weltanschaulich-religiöse Neutralität ist indessen nicht als eine distanzierende im Sinne einer strikten Trennung von Staat und Kirche zu verstehen, sondern als eine offene und übergreifende, die Glaubensfreiheit für alle Bekenntnisse gleichermaßen fördernde Haltung. Art. 4 Abs. 1 und 2 GG gebietet auch im positiven Sinn, den Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung und die Verwirklichung der autonomen Persönlichkeit auf weltanschaulich-religiösem Gebiet zu sichern (vgl. BVerfGE 41, 29 <49>; 93, 1 <16>). Der Staat darf lediglich keine gezielte Beeinflussung im Dienste einer bestimmten politischen, ideologischen oder weltanschaulichen Richtung betreiben oder sich durch von ihm ausgehende oder ihm zuzurechnende Maßnahmen ausdrücklich oder konkludent mit einem bestimmten Glauben oder einer bestimmten Weltanschauung identifizieren und dadurch den religiösen Frieden in einer Gesellschaft von sich aus gefährden (vgl. BVerfGE 93, 1 <16 f.>; 108, 282 <300>). Auch verwehrt es der Grundsatz weltanschaulich-religiöser Neutralität dem Staat, Glauben und Lehre einer Religionsgemeinschaft als solche zu bewerten (vgl. BVerfGE 33, 23 <29>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 - juris, Rn. 88). 

Dies gilt auch für den vom Staat in Vorsorge genommenen Bereich der Schule, für den seiner Natur nach religiöse und weltanschauliche Vorstellungen von jeher relevant waren (vgl. BVerfGE 41, 29 <49>; 52, 223 <241>). Danach sind etwa christliche Bezüge bei der Gestaltung der öffentlichen Schule nicht ausgeschlossen; die Schule muss aber auch für andere weltanschauliche und religiöse Inhalte und Werte offen sein (vgl. BVerfGE 41, 29 <51>; 52, 223 <236 f.>). Weil Bezüge zu verschiedenen Religionen und Weltanschauungen bei der Gestaltung der öffentlichen Schule möglich sind, ist für sich genommen auch die bloß am äußeren Erscheinungsbild hervortretende Sichtbarkeit religiöser oder weltanschaulicher Zugehörigkeit einzelner Lehrkräfte - unabhängig davon, welche Religion oder Weltanschauung im Einzelfall betroffen ist - durch die dem Staat gebotene weltanschaulich-religiöse Neutralität nicht ohne Weiteres ausgeschlossen. In dieser Offenheit bewahrt der freiheitliche Staat des Grundgesetzes seine religiöse und weltanschauliche Neutralität (vgl. BVerfGE 41, 29 <50>). 

(4) (a) Davon ausgehend ist das - nach der Auslegung durch die Arbeitsgerichte in den angefochtenen Entscheidungen - an eine bloß abstrakte Gefährdung der in § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW genannten Schutzgüter anknüpfende strikte und landesweite Verbot einer äußeren religiösen Bekundung jedenfalls für die hier gegebenen Fallkonstellationen den betroffenen Grundrechtsträgerinnen nicht zumutbar und verdrängt in unangemessener Weise deren Grundrecht auf Glaubensfreiheit. Denn mit dem Tragen eines Kopftuchs durch einzelne Pädagoginnen ist - anders als dies beim staatlich verantworteten Kreuz oder Kruzifix im Schulzimmer der Fall ist (vgl. BVerfGE 93, 1 <15 ff.>) - keine Identifizierung des Staates mit einem bestimmten Glauben verbunden. Auch eine Wertung in dem Sinne, dass das glaubensgeleitete Verhalten der Pädagoginnen schulseits als vorbildhaft angesehen und schon deshalb der Schulfrieden oder die staatliche Neutralität gefährdet oder gestört werden könnte, ist einer entsprechenden Duldung durch den Dienstherrn nicht beizulegen. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerinnen einem nachvollziehbar als verpflichtend empfundenen Glaubensgebot Folge leisten. Dadurch erhält ihre Glaubensfreiheit in der Abwägung mit den Grundrechten der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern, die der weltanschaulich-religiös neutrale Staat auch im schulischen Bereich schützen muss, ein erheblich größeres Gewicht als dies bei einer disponiblen Glaubensregel der Fall wäre. 

(b) Anders verhält es sich dann, wenn das äußere Erscheinungsbild von Lehrkräften zu einer hinreichend konkreten Gefährdung oder Störung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität führt oder wesentlich dazu beiträgt. Dies wäre etwa in einer Situation denkbar, in der - insbesondere von älteren Schülern oder Eltern - über die Frage des richtigen religiösen Verhaltens sehr kontroverse Positionen mit Nachdruck vertreten und in einer Weise in die Schule hineingetragen würden, welche die schulischen Abläufe und die Erfüllung des staatlichen Erziehungsauftrags ernsthaft beeinträchtigte, sofern die Sichtbarkeit religiöser Überzeugungen und Bekleidungspraktiken diesen Konflikt erzeugte oder schürte. Bei Vorliegen einer solchermaßen begründeten hinreichend konkreten Gefahr ist es den grundrechtsberechtigten Pädagoginnen und Pädagogen mit Rücksicht auf alle in Rede und gegebenenfalls in Widerstreit stehenden Verfassungsgüter zumutbar, von der Befolgung eines nachvollziehbar als verpflichtend empfundenen religiösen Bedeckungsgebots Abstand zu nehmen, um eine geordnete, insbesondere die Grundrechte der Schüler und Eltern sowie das staatliche Neutralitätsgebot wahrende Erfüllung des staatlichen Erziehungsauftrags sicherzustellen. Aber auch dann wird die Dienstbehörde im Interesse des Grundrechtsschutzes der Betroffenen zunächst eine anderweitige pädagogische Verwendungsmöglichkeit mit in Betracht zu ziehen haben. 

(c) Wird in bestimmten Schulen oder Schulbezirken aufgrund substantieller Konfliktlagen über das richtige religiöse Verhalten bereichsspezifisch die Schwelle zu einer hinreichend konkreten Gefährdung oder Störung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität in einer beachtlichen Zahl von Fällen erreicht, kann ein verfassungsrechtlich anzuerkennendes Bedürfnis bestehen, äußere religiöse Bekundungen nicht erst im konkreten Einzelfall, sondern etwa für bestimmte Schulen oder Schulbezirke über eine gewisse Zeit auch allgemeiner zu unterbinden. Einer solchen Situation kann der Gesetzgeber insoweit auch vorbeugend (vgl. BVerfGE 108, 282 <306 f.>) durch bereichsorientierte Lösungen Rechnung tragen. Dabei hat er, gerade in großen Ländern, die Möglichkeit, differenzierte, beispielsweise örtlich und zeitlich begrenzte Lösungen vorzusehen, gegebenenfalls etwa unter Zuhilfenahme einer hinreichend konkretisierten Verordnungsermächtigung. Auch im Fall einer solchen Regelung wird im Interesse der Grundrechte der Betroffenen zunächst eine anderweitige pädagogische Verwendungsmöglichkeit in Betracht zu ziehen sein. 

Solange der Gesetzgeber dazu aber keine differenziertere Regelung trifft, kann eine Verdrängung der Glaubensfreiheit von Lehrkräften nur dann als angemessener Ausgleich der in Rede stehenden Verfassungsgüter in Betracht kommen, wenn wenigstens eine hinreichend konkrete Gefahr für die staatliche Neutralität oder den Schulfrieden belegbar ist. Das gilt zumal vor dem Hintergrund, dass es gerade die Aufgabe namentlich der als „bekenntnisoffen“ bezeichneten Gemeinschaftsschule ist, den Schülerinnen und Schülern Toleranz auch gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen zu vermitteln, da Schule offen zu sein hat für christliche, für muslimische und andere religiöse und weltanschauliche Inhalte und Werte. Dieses Ideal muss im Interesse einer ausgleichenden, effektiven Grundrechtsverwirklichung in der Gemeinschaftsschule auch gelebt werden dürfen. Das gilt folgerichtig auch für das Tragen von Bekleidung, die mit Religionen in Verbindung gebracht wird, wie neben dem Kopftuch etwa der jüdischen Kippa oder dem Nonnen-Habit oder auch für Symbole wie das Kreuz, das sichtbar getragen wird. 

4. Das Gewicht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des pädagogischen Personals in der bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule erfordert demnach jedenfalls für die hier gegebenen Fallkonstellationen eine reduzierende verfassungskonforme Auslegung des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW, soweit er äußere religiöse Bekundungen untersagt. Hierfür ist das Merkmal der Eignung, den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität zu gefährden oder zu stören, dahin einzuschränken, dass von der äußeren religiösen Bekundung nicht nur eine abstrakte, sondern eine hinreichend konkrete Gefahr für die in § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW genannten Schutzgüter ausgehen muss. Das Vorliegen der konkreten Gefahr ist zu belegen und zu begründen. Das Tragen eines islamischen Kopftuchs begründet eine hinreichend konkrete Gefahr im Regelfall nicht. Vom Tragen dieser Kopfbedeckung geht für sich genommen noch kein werbender oder gar missionierender Effekt aus. Ein islamisches Kopftuch ist in Deutschland nicht unüblich, auch wenn es von der Mehrheit muslimischer Frauen nicht getragen wird (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge <Hrsg.>, Muslimisches Leben in Deutschland - im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz, 2009, S. 194 f.; Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen <Hrsg.>, Muslimisches Leben in Nordrhein-Westfalen, 2010, S. 93). Es spiegelt sich im gesellschaftlichen Alltag und der Schülerschaft vielfach wieder. Die bloß visuelle Wahrnehmbarkeit ist in der Schule als Folge individueller Grundrechtsausübung ebenso hinzunehmen, wie auch sonst grundsätzlich kein verfassungsrechtlicher Anspruch darauf besteht, von der Wahrnehmung anderer religiöser oder weltanschaulicher Bekenntnisse verschont zu bleiben. 

Eine einschränkende Auslegung des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW ist möglich und von Verfassungs wegen geboten. Sie dient der Vermeidung einer Normverwerfung und ist damit dem Gesichtspunkt der größtmöglichen Schonung der Gesetzgebung geschuldet. Sie nimmt Rücksicht darauf, dass die Norm auch andere Anwendungsbereiche hat, die sich von der hier vorliegenden Fallgestaltung unterscheiden. Dabei kann es sich etwa um verbale Äußerungen und ein offen werbendes Verhalten handeln. Hier kann die Untersagungsvorschrift auch in einer Interpretation, die schon die abstrakte Gefahr erfasst, ihre Bedeutung haben. Der einschränkenden Auslegung steht nicht entgegen, dass dem Gesetzgeber entstehungsgeschichtlich ein Kopftuchverbot als typischer Anwendungsfall der Vorschrift vorgeschwebt hat. Der Norm wird lediglich ein weniger weit reichender Anwendungsbereich zuerkannt. 

5. Diese Auslegungsmaßgaben gelten entsprechend für § 57 Abs. 4 Satz 2 SchulG NW. Die darin geforderte Eignung des äußeren Verhaltens, bei Schülerinnen und Schülern sowie Eltern den Eindruck hervorzurufen, dass eine Pädagogin oder ein Pädagoge gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung nach Art. 3 GG, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftritt, kann allein im Blick auf das äußere Erscheinungsbild nur bei Vorliegen hinreichend konkreter Anhaltspunkte aus der Sicht eines objektiven Betrachters bejaht werden. Allerdings ist mit Rücksicht auf die grundrechtlichen Gewährleistungen des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG die Annahme verfehlt, schon das Tragen eines islamischen Kopftuchs oder einer anderen, auf eine Glaubenszugehörigkeit hindeutenden Kopfbedeckung sei schon für sich genommen ein Verhalten, das gemäß § 57 Abs. 4 Satz 2 SchulG NW bei den Schülern oder den Eltern ohne Weiteres den Eindruck hervorrufen könne, dass die Person, die es trägt, gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung nach Art. 3 GG, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung auftrete. Diese pauschale Schlussfolgerung verbietet sich. Wenn das Tragen des Kopftuchs etwa als Ausdruck einer individuellen Kleidungsentscheidung, von Tradition oder Identität (vgl. BVerfGE 108, 282 <303 ff.>) erscheint, oder die Trägerin als Muslimin ausweist, die die Regeln ihres Glaubens, insbesondere das von ihr als verpflichtend verstandene Bedeckungsgebot, strikt beachtet, lässt sich das ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht als Distanzierung von den in § 57 Abs. 4 Satz 2 SchulG NW genannten verfassungsrechtlichen Grundsätzen interpretieren. Auch den Glaubensrichtungen des Islam, die das Tragen des Kopftuchs zur Erfüllung des Bedeckungsgebots verlangen, aber auch genügen lassen, kann nicht unterstellt werden, dass sie von den Gläubigen ein Auftreten gegen die Menschenwürde, die Gleichberechtigung nach Art. 3 GG, die Freiheitsgrundrechte oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung fordern, erwarten oder auch nur erhoffen. 

6. Das Erfordernis einer einschränkenden Auslegung der Sätze 1 und 2 des § 57 Abs. 4 SchulG NW besteht auch, soweit diese gemäß § 58 Satz 2 SchulG NW auf sonstiges pädagogisches und sozialpädagogisches Personal entsprechend anzuwenden sind. Da das sonstige pädagogische und sozialpädagogische Personal den Lehrkräften vergleichbar in den schulischen Alltag und die Erfüllung des staatlichen Erziehungsauftrags eingebunden ist, kann für dieses nichts anderes gelten.

7. Die angegriffenen Entscheidungen der Fachgerichte, namentlich die des Bundesarbeitsgerichts, werden den Erfordernissen der gebotenen verfassungskonformen einschränkenden Auslegung nicht gerecht; sie haben eine solche nicht für erforderlich gehalten. Die rechtliche Würdigung des Bundesarbeitsgerichts geht davon aus, dass das Bekundungsverbot des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW bereits bei einer abstrakten Gefahr greift. Die Annahme, dass schon die „berechtigte Sorge“ der Eltern vor einer ungewollten religiösen Beeinflussung ihrer Kinder den Schulfrieden gefährde, trägt der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Pädagoginnen in der bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule nicht in angemessener Weise Rechnung. Sie vernachlässigt das Gewicht der positiven Glaubensfreiheit des pädagogischen Personals im Zusammenhang mit einem plausibel dargestellten imperativen religiösen Bedeckungsgebot. Die bislang getroffenen Feststellungen geben im Übrigen keinerlei Anhalt für eine hinreichend konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität durch das Auftreten der Beschwerdeführerinnen in ihren Schulen. 

In beiden Ausgangsverfahren sind die Fachgerichte nicht von einem zutreffenden, auf das Grundrecht der Glaubensfreiheit der Beschwerdeführerinnen hinreichend Bedacht nehmenden Verständnis der gesetzlichen Regelung ausgegangen. Weder die Feststellungen der Arbeitsgerichte in den Tatsacheninstanzen noch die rechtliche Würdigung auch durch das Bundesarbeitsgericht lassen Umstände erkennen, die eine hinreichend konkrete Gefahr für die Schutzgüter der Norm verdeutlichen könnten. Im Gegenteil: Die Beschwerdeführerin zu II.) hatte sich bereits um ihre Einstellung mit einem Lichtbild beworben, das sie mit Kopftuch zeigte. Ihr zunächst befristetes Arbeitsverhältnis wurde später in ein unbefristetes umgewandelt. Sie verrichtete ihren Dienst - so ihr unwidersprochen gebliebener Vortrag - stets mit einem das Haar bedeckenden Kopftuch, ohne dass es deswegen zu Beanstandungen kam. Unter diesen Umständen sind die von den Arbeitsgerichten gebilligte Abmahnung sowie die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Beschwerdeführerin zu II.) mit der gegebenen Begründung und dem zugrunde liegenden Verständnis des § 57 Abs. 4 SchulG NW verfassungsrechtlich nicht haltbar. Auch im Ausgangsverfahren der Beschwerdeführerin zu I.) ist nicht ansatzweise erkennbar, inwieweit sich aus dem Tragen einer Wollmütze und eines Rollkragenpullovers eine hinreichend konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität ergeben könnte. 

Damit verletzen die angegriffenen Entscheidungen die Beschwerdeführerinnen in ihrem Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG. 

III. 

Die weitere von den Beschwerdeführerinnen erhobene verfassungsrechtliche Beanstandung von Satz 3 des § 57 Abs. 4 SchulG NW ist begründet. Die vom Gesetzgeber als Privilegierungsbestimmung zugunsten der Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen gewollte Teilregelung in Satz 3 der Vorschrift stellt eine gleichheitswidrige Benachteiligung aus Gründen des Glaubens und der religiösen Anschauungen dar (Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 3 GG). Dieser Verfassungsverstoß hat sich in den angegriffenen Entscheidungen niedergeschlagen. Zwar sind diese nicht auf Satz 3 des § 57 Abs. 4 SchulG NW gestützt, weil Satz 3 auf die beiden muslimischen Beschwerdeführerinnen keine Anwendung findet. Gerade der Ausschluss von der in Satz 3 vorgesehenen Privilegierung führt aber dazu, dass auch die beiden konkret zu beurteilenden Entscheidungen die Beschwerdeführerinnen in verfassungswidriger Weise benachteiligen. Kämen die Beschwerdeführerinnen in den Genuss der Privilegierung, wären sie den arbeitsrechtlichen Sanktionen aufgrund des § 57 Abs. 4 Satz 1 und 2 SchulG NW nicht ausgesetzt gewesen. Die Regelung des § 57 Abs. 4 Satz 1 und 2 SchulG NW sowie die angegriffenen Entscheidungen bleiben davon jedoch unberührt; § 57 Abs. 4 SchulG NW ist in der hier vorgenommenen verfassungskonformen Auslegung nicht insgesamt verfassungswidrig. 

1. § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW führt zu einer Benachteiligung anderer als christlicher und jüdischer Religionsangehöriger, die verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen ist. 

a) Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG verlangt, dass niemand wegen seines Glaubens oder seiner religiösen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt wird. Die Norm verstärkt den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und die durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützte Glaubensfreiheit. 

Nach Art. 33 Abs. 3 Satz 2 GG darf keinem Träger eines öffentlichen Amtes aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnis oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen. Der Begriff des öffentlichen Amtes in Art. 33 Abs. 3 GG ist im selben Sinne zu verstehen, wie er auch in Art. 33 Abs. 2 GG verwendet wird; er erfasst mithin auch Angestellte des öffentlichen Dienstes (vgl. BVerwGE 61, 325 <330>; BAGE 104, 295 <299>; Jachmann, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Bd. 2, Art. 33 Rn. 25; Kunig, in: von Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 33 Rn. 37). Die Regelung enthält ein Benachteiligungsverbot für den öffentlichen Dienst auch über die Frage der Zulassung zu öffentlichen Ämtern hinaus (vgl. dazu § 57 Abs. 6 SchulG NW), die in Satz 1 der Vorschrift angesprochen ist. Die Bestimmung verbietet es, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern aus Gründen zu verwehren, die mit der in Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützten Glaubensfreiheit unvereinbar sind (vgl. BVerfGE 79, 69 <75>). Dies schließt die Begründung von Dienstpflichten nicht aus, die in die Glaubensfreiheit von Amtsinhabern und Bewerbern um öffentliche Ämter eingreifen und damit für glaubensgebundene Bewerber den Zugang zum öffentlichen Dienst erschweren oder gar ausschließen. Solche etwaigen Pflichten sind jedoch den strengen Rechtfertigungsanforderungen unterworfen, die für Einschränkungen der vorbehaltlos gewährleisteten Glaubensfreiheit gelten; außerdem ist das Gebot strikter Gleichbehandlung der verschiedenen Glaubensrichtungen sowohl in der Begründung als auch in der Praxis der Durchsetzung solcher Dienstpflichten zu beachten (vgl. BVerfGE 108, 282 <298>). 

b) Die Gesamtkonzeption des § 57 Abs. 4 SchulG NW sollte nach den Vorstellungen, die im Gesetzgebungsverfahren hervorgetreten sind (vgl. LTDrucks 13/4564, S. 8; 14/569, S. 9), in Satz 3 der Regelung eine Freistellung vom Verbot äußerer religiöser Bekundungen des Satzes 1 und damit eine unmittelbare Ungleichbehandlung aus Gründen der Religion bewirken. Die Beschwerdeführerinnen machen in nachvollziehbarer Weise geltend, die Regelung des § 57 Abs. 4 SchulG NW habe die aus religiösen Gründen getragene Kopfbedeckung einer Muslimin anders behandeln sollen als religiös konnotierte Kleidungsstücke, die von Angehörigen christlicher Bekenntnisse und solcher des Judentums getragen werden. Diese Bewertung wird durch die genannten Materialien des Gesetzgebungsverfahrens belegt (siehe sogleich d). 

c) Eine solche Ungleichbehandlung ist verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen. Werden äußere religiöse Bekundungen durch das pädagogische Personal in der Schule untersagt, so muss dies grundsätzlich unterschiedslos geschehen. 

Tragfähige Gründe für eine Benachteiligung äußerer religiöser Bekundungen, die sich nicht auf christlich-abendländische Kulturwerte und Traditionen zurückführen lassen, sind nicht erkennbar. Soweit von einem bestimmten äußeren Verhalten etwa eine besondere indoktrinierende Suggestivkraft ausgehen kann, wird dem ohne Weiteres durch das Verbot des Satzes 1 des § 57 Abs. 4 SchulG NW in der von Verfassungs wegen gebotenen einschränkenden Auslegung Rechnung getragen. Wenn vereinzelt in der Literatur geltend gemacht wird, im Tragen eines islamischen Kopftuchs sei vom objektiven Betrachterhorizont her ein Zeichen für die Befürwortung einer umfassenden auch rechtlichen Ungleichbehandlung von Mann und Frau zu sehen und deshalb stelle es auch die Eignung der Trägerin für pädagogische Berufe infrage (vgl. etwa Bertrams, DVBl 2003, S. 1225 <1232 ff.>; Hufen, NVwZ 2004, S. 575 <576>; Kokott, Der Staat 2005, S. 343 <355 ff.>; Rademacher, Das Kreuz mit dem Kopftuch, 2005, S. 24), so verbietet sich eine derart pauschale Schlussfolgerung (siehe oben B. II. 5.). Ein solcher vermeintlicher Rechtfertigungsgrund muss darüber hinaus schon daran scheitern, dass er bei generalisierender Betrachtung keineswegs für alle nicht-christlich-abendländischen Kulturwerte und Traditionen einen Differenzierungsgrund anbieten kann. 

Ebenso wenig ergeben sich für eine Bevorzugung christlich und jüdisch verankerter religiöser Bekundungen tragfähige Rechtfertigungsmöglichkeiten. Die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags, wie er in Art. 7 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 3 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen umschrieben ist, rechtfertigt es nicht, Amtsträger einer bestimmten Religionszugehörigkeit bei der Statuierung von Dienstpflichten zu bevorzugen. Soweit diesen landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen ein christlicher Bezug des staatlichen Schulwesens entnommen werden kann, soll sich dies auf säkularisierte Werte des Christentums beziehen. Zudem wird das landesverfassungsrechtliche Erziehungsziel in Art. 7 Abs. 1 Verf NW („Ehrfurcht vor Gott“) nach wohl überwiegender Auffassung nicht nur auf den christlichen Glauben bezogen; es soll offen sein für ein persönliches Gottesverständnis, also nicht nur das christliche, sondern auch das islamische Gottesverständnis ebenso umfassen wie polytheistische oder unpersönliche Gottesvorstellungen (vgl. Ennuschat, in: Löwer/Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2002, Art. 7 Rn. 23 m.w.N., Art. 12 Rn. 22; Dästner, Die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 2002, Art. 7 Rn. 3; Söbbeke, in: Heusch/Schönenbroicher, Die Landesverfassung Nordrhein-Westfalen, 2010, Art. 12 Rn. 10; Häberle, in: Festschrift für Wolfgang Zeidler, Bd. 1, 1987, S. 3 <14>). Schließlich beziehen sich die landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen, die in § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW in Bezug genommen werden, vornehmlich auf die Gestaltung des Unterrichts und seiner Rahmenbedingungen, sind aber keine tragfähige Grundlage für eine differenzierte Statuierung von Dienstpflichten für Pädagogen. Deshalb kommt es auch nicht mehr darauf an, dass auch Art. 31 GG einer Einschränkung der durch das Grundgesetz verbürgten religiösen Gleichheitsrechte durch Landesverfassungsrecht Grenzen setzt (vgl. auch Art. 142 GG; BVerfGE 96, 345 <364 f.>). 

d) Eine verfassungskonforme einschränkende Auslegung des Satzes 3 von § 57 Abs. 4 SchulG NW, wie sie das Bundesarbeitsgericht zur Vermeidung einer verfassungswidrigen Benachteiligung aus religiösen Gründen seinen Entscheidungen zugrunde gelegt hat, ist nicht möglich. Sie würde die Grenzen verfassungskonformer Norminterpretation überschreiten und wäre mit der richterlichen Gesetzesbindung nicht vereinbar (Art. 20 Abs. 3 GG).    

Die verfassungskonforme Auslegung findet ihre Grenze dort, wo sie zum Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch treten würde. Der Respekt vor dem demokratisch legitimierten Gesetzgeber verbietet es, im Wege der Auslegung einem nach Sinn und Wortlaut eindeutigen Gesetz einen entgegengesetzten Sinn beizulegen oder den normativen Gehalt einer Vorschrift grundlegend neu zu bestimmen (vgl. BVerfGE 90, 263 <274 f.>; 119, 247 <274>; 128, 193 <209 ff.>; 132, 99 <127 ff.>). 

Das Bundesarbeitsgericht hat darauf abgestellt, dass die „Darstellung“ christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte im Sinne des Satzes 3 nicht gleichzusetzen sei mit der „Bekundung“ eines individuellen Bekenntnisses im Sinne des Satzes 1. Zudem bezeichne der Begriff des „Christlichen“ eine von Glaubensinhalten losgelöste, aus der Tradition der christlich-abendländischen Kultur hervorgegangene Wertewelt, die erkennbar auch dem Grundgesetz zugrunde liege und unabhängig von ihrer religiösen Fundierung Geltung beanspruche. 

Zwar mag der unterschiedliche Sprachgebrauch in Satz 1 („Bekundungen“) und Satz 3 („Darstellung“) einen Ansatz für die vom Bundesarbeitsgericht gefundene Auslegung bieten. Auch dem Landesgesetzgeber war im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsvorhabens die Möglichkeit einer einschränkenden Auslegung in diesem Sinne bewusst. Denn noch vor dem endgültigen Gesetzesbeschluss des Landtags hatte das Bundesverwaltungsgericht zu einer vergleichbaren landesgesetzlichen Regelung in Baden-Württemberg (§ 38 Abs. 2 SchulG BW) ein ähnliches Auslegungsergebnis gewonnen (vgl. BVerwGE 121, 140 <147, 150>). In einer Stellungnahme gegenüber dem Landtag vertrat die nordrhein-westfälische Landesregierung damals den Standpunkt, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei nicht so zu verstehen, dass Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Entwurfs insgesamt bestünden. Infrage stehe lediglich eine verfassungskonforme Auslegung der Bestimmung (LT-Vorlage 14/463, S. 2). 

Gleichwohl wurde ebenso wie von den Gesetzesinitiatoren auch im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens die Absicht gehegt, jedenfalls keine Regelung zu treffen, die beispielsweise Lehrerinnen das Unterrichten in einem Ordenshabit verbietet oder das Tragen der jüdischen Kippa untersagen sollte (LTDrucks 14/569, S. 9). Insofern folgerichtig hat der Gesetzgeber die Regelung des § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW ausdrücklich auf das Bekundungsverbot des Satzes 1 bezogen und diese gesetzgebungstechnisch als Ausnahme konstruiert. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass Satz 3 in seinem Wortlaut zwar den Erziehungsauftrag der Landesverfassung insgesamt erwähnt, dann aber nur die entsprechende Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen vom Verhaltensgebot des Satzes 1 ausnimmt. Die im Wortlaut der Verfassungsbestimmung des Art. 12 Abs. 3 Satz 1 Verf NW daneben ausdrücklich erwähnte Offenheit auch für andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen wird indessen außer Acht gelassen und nicht mehr aufgeführt. All das verdeutlicht, dass die vom Bundesarbeitsgericht gefundene einschränkende Auslegung der Vorschrift deren normativen Gehalt im Grunde neu bestimmt und damit auch den im Gesetzgebungsverfahren klar erkennbar hervorgetretenen Willen des Gesetzgebers nicht mehr trifft. Dieser Wille hat sich nicht durch die vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens erfolgte Erörterung der Möglichkeit einer anderen Auslegung verändert; diese lässt lediglich erkennen, dass der Landtag sich des verfassungsrechtlichen Risikos bewusst war. 

In der vom Bundesarbeitsgericht gewählten Auslegung kommt der Regelung des § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW allenfalls noch klarstellende Funktion zu. Die Darstellung christlicher und abendländischer Kulturwerte erweist sich in dieser Auslegung schon wesensmäßig als etwas von vornherein anderes als die in Satz 1 untersagte äußere Bekundung einer individuellen religiösen Auffassung. Dann bedurfte es aber nicht der in Satz 3 getroffenen Ausnahmeregelung, dass eine solche Darstellung nicht dem Verhaltensgebot des Satzes 1 widerspreche. Die gesetzliche Feststellung der Zulässigkeit solcher bloßen Darstellung von Glaubensinhalten losgelöster Lehrgehalte fügt sich systematisch nicht in den Regelungskontext des Satzes 1. Satz 3 kommt in dem Verständnis des Bundesarbeitsgerichts in dem gegebenen Normzusammenhang kein sinnvoll erscheinender Regelungsgehalt mehr zu. Dessen ungeachtet bleibt bei dieser Auslegung eine Norm in Kraft, die bei einem ihrem Wortlaut nach möglichen weiteren Verständnis als Öffnung für eine diskriminierende Verwaltungspraxis verstanden werden könnte und deren diesbezügliche Unschärfe im Gesetzgebungsverfahren bewusst hingenommen wurde. 

Verfehlt der Ansatz des Bundesarbeitsgerichts damit aber die Grenzen verfassungskonformer Auslegung, so erweist sich, dass § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW zu einer gleichheitswidrigen Benachteiligung aus Glaubensgründen führt, die nicht zu rechtfertigen ist. 

2. § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW ist hiernach für mit Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 3 GG unvereinbar und nichtig zu erklären. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auch auf dieser Vorschrift (dazu III., vor 1.). 

IV. 

In der hier verfassungsrechtlich gebotenen Auslegung verstößt die Regelung des § 57 Abs. 4 (gegebenenfalls i.V.m. § 58 Satz 2) SchulG NW, soweit sie religiöse Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild von Lehrkräften betrifft, nicht gegen weitere Grundrechte oder sonstiges Bundesrecht (Art. 31 GG); sie ist insbesondere mit den einschlägigen Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) vereinbar.

1. Unter der Maßgabe der im Lichte der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Lehrkräfte gebotenen Auslegung des Verbots religiöser Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild begegnet die mittelbar zur Prüfung stehende Regelung (§ 57 Abs. 4, § 58 Satz 2 SchulG NW) insoweit keinen weiteren durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. 

a) Andere Grundrechte gewährleisten hier keinen weitergehenden Schutz als er aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG sowie aus Art. 3 Abs. 3 Satz 1 und Art. 33 Abs. 3 GG folgt. Selbst unter der Annahme, dass im Einzelfall die Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) betroffen wäre, wenn ein als verpflichtend empfundenes religiöses Gebot in Frage steht, wären die vom Landesgesetzgeber verfolgten Ziele mittels einer auf eine hinreichend konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität begrenzten Untersagungsnorm besonders gewichtige Gemeinschaftsbelange, die die Regelung rechtfertigen (vgl. BVerfGE 119, 59 <83>).

b) § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW verstößt in der gebotenen einschränkenden Auslegung nicht gegen das Gebot der Gleichbehandlung wegen des Geschlechts. In der angegriffenen Auslegung durch das Bundesarbeitsgericht wäre die Regelung, soweit sie entsprechend der den Gesetzgeber bestimmenden Intention religiöse Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild betrifft, hingegen nicht mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar. 

Soweit § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW nach der angegriffenen Auslegung durch das Bundesarbeitsgericht religiöse Bekundungen im Schuldienst allein durch das äußere Erscheinungsbild unabhängig von einer konkreten Gefahr unterbindet, benachteiligt die Regelung Frauen, weil sie die pädagogische Tätigkeit im Schuldienst von Voraussetzungen abhängig macht, die tatsächlich ganz überwiegend Frauen nicht erfüllen können. Zwar handelt es sich um eine geschlechtsneutral formulierte Regelung. Intendierte Bedeutung des § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW ist aber, das Tragen von Kleidungsstücken, die christlichen und abendländischen Bildungs- und Kulturwerten oder Traditionen entsprechen, vom Bekundungsverbot auszunehmen. Auf dieser Grundlage erfasst jedoch auch das unabhängig von einer konkreten Gefahr eingreifende Bekundungsverbot gegenwärtig Männer nur in verschwindend geringer Zahl, wie beispielsweise im Fall Turban tragender Sikhs. Die angegriffene Regelung trifft unter diesen Voraussetzungen derzeit in Deutschland faktisch ganz überwiegend muslimische Frauen, die aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen. 

Das Grundgesetz bietet Schutz auch vor faktischen Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts (vgl. BVerfGE 97, 35 <43>; 104, 373 <393>; 113, 1 <15>; 121, 241 <254 f.>; 126, 29 <53>; 132, 72 <97 f. Rn. 57>). Eine Rechtfertigung faktischer Benachteiligungen kommt zwar grundsätzlich in Betracht. Ein hinreichender Rechtfertigungsgrund ist hier jedoch mit Blick auf die angegriffene Regelung in der auch vom Gesetzgeber intendierten Fassung (vgl. LTDrucks 13/4564, S. 8; 14/569, S. 9; dazu bereits oben C. III.) nicht ersichtlich. Die für ein Bekundungsverbot aufgeführten Gründe (oben B. II. 3. a) rechtfertigen ein unabhängig von einer konkreten Gefahr eingreifendes Bekundungsverbot gegenüber dem Schutz vor faktischer Benachteiligung ebenso wenig wie gegenüber der Religionsfreiheit der Pädagoginnen (oben B. II. 3. d). Auch soweit argumentiert wird, ein Kopftuchverbot schütze Frauen vor derjenigen Diskriminierung, die einem religiösen Bedeckungsgebot selbst innewohne, trägt dies nicht, denn dieser Schutz wirkt sich hier tatsächlich als Benachteiligung aus (vgl. BVerfGE 85, 191 <209>). Die Benachteiligung lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, das Kopftuch signalisiere eine ablehnende Haltung zur Gleichberechtigung von Männern und Frauen, denn dies ist weder automatisch noch durchgängig der Fall (dazu oben B. II. 5.). 

Soweit die Norm auch in der gebotenen einschränkenden Auslegung zu faktischen Benachteiligungen von Frauen führt, ist dies hingegen aus den Gründen zu rechtfertigen, die auch einen Eingriff in Art. 4 GG tragen können (oben B. II. 3. d) bb) <4>). 

c) Die Berufung der Beschwerdeführerinnen auf einen bei ihrer Einstellung in den Schuldienst begründeten Vertrauensschutz zeigt keinen verfassungsrechtlich erheblichen Mangel auf. Das Bundesarbeitsgericht hat - im Verfahren 1 BvR 1181/10 - jede Rückwirkung verneint. Die beanstandete Regelung ergreife keine äußeren religiösen Bekundungen, die vor dem Inkrafttreten der Bestimmung erfolgt seien. Unbeschadet der Frage, ob diese Bewertung die verfassungsrechtliche Fragestellung vollständig erfasst, trifft es zu, dass die Vorschrift nicht substantiell ändernd in die Rechte und Pflichten eingreift, die bis zu ihrer Verkündung am 29. Juni 2006 bestanden haben. Eine echte Rückwirkung scheidet deshalb von vornherein aus. Gegen eine unechte Rückwirkung - weil die Vorschrift auch bestehende arbeitsvertragliche Dauerschuldverhältnisse betrifft - wäre verfassungsrechtlich nichts zu erinnern. Die zu prüfende gesetzliche Vorschrift sieht zwar einen Eingriff in die Glaubensfreiheit auch derjenigen Lehrkräfte vor, die vor der Verkündung der Regelung angestellt worden sind und bei denen dahinstehen kann, ob diese damit rechnen mussten. Jedenfalls ist deren etwaiges Vertrauen in die alte Rechtslage nicht schutzwürdiger als die mit dem Gesetz verfolgten Anliegen, wenn hinsichtlich religiöser Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild eine hinreichend konkrete Gefahr für die gesetzlichen Schutzgüter belegbar ist (vgl. zum Maßstab: BVerfGE 68, 287 <307>; 89, 48 <66>; 101, 239 <263>; 103, 392 <403>). 

d) § 57 Abs. 4 (gegebenenfalls i.V.m. § 58 Satz 2) SchulG NW ist in der hier verfassungsrechtlich gebotenen Auslegung als landesrechtliche Norm mit sonstigem Bundesrecht vereinbar und deshalb auch unter diesem Gesichtspunkt von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden (Art. 31 GG; vgl. BVerfGE 80, 137 <153>). Eine weitergehende Verletzung der Grundrechte der Beschwerdeführerinnen unter diesem Gesichtspunkt scheidet mithin aus. Die Regelung steht in dieser Auslegung mit Art. 9 und Art. 14 EMRK ebenso im Einklang wie mit § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AGG. 

aa) Eine Verletzung von Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention liegt nicht vor. 

(1) Innerhalb der deutschen Rechtsordnung stehen die Europäische Menschenrechtskonvention und ihre Zusatzprotokolle - soweit sie für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sind - im Range eines Bundesgesetzes (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>; 120, 180 <200>; 128, 326 <367>). Diese Rangzuweisung führt dazu, dass deutsche Gerichte die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden haben. Die Europäische Menschenrechtskonvention ist zudem - im Rahmen des methodisch Vertretbaren - als Auslegungshilfe bei der Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes heranzuziehen (vgl. BVerfGE 111, 307 <315 ff.>; 128, 326 <366 ff.>; 131, 268 <295 f.>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 22. Oktober 2014 - 2 BvR 661/12 - juris, Rn. 128 f.). Auch Gesetze sind im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik aus der Menschenrechtskonvention auszulegen und anzuwenden (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>; 127, 132 <164>). Die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle sind allerdings in der deutschen Rechtsordnung kein unmittelbarer verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab (vgl. Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG). Ein Beschwerdeführer kann daher vor dem Bundesverfassungsgericht nicht unmittelbar die Verletzung eines in der Europäischen Menschenrechtskonvention enthaltenen Menschenrechts mit einer Verfassungsbeschwerde rügen (vgl. BVerfGE 74, 102 <128>; 74, 358 <370>; 82, 106 <120>; 111, 307 <317>). Anders verhält es sich jedoch, wenn eine Verfassungsbeschwerde sich mittelbar auch gegen Landesrecht richtet. Diesem geht die Konvention aufgrund ihres Ranges als Bundesgesetz vor. Sie findet deshalb über Art. 31 GG Eingang in den Prüfungsmaßstab (vgl. BVerfGK 10, 234 <239>).   

(2) Die konventionsrechtlich garantierte Religionsfreiheit (Art. 9 EMRK) und das Diskriminierungsverbot (Art. 14 EMRK) sind in ihrer Auslegung durch die hierzu ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) offensichtlich nicht verletzt. Der Gerichtshof hat im Zusammenhang mit Bekleidungsvorschriften für Lehrkräfte, namentlich dem Verbot des Tragens des islamischen Kopftuchs, den Vertragsstaaten im Blick auf das in dem betreffenden Land geltende weltanschaulich-religiöse Neutralitätsprinzip und den Schutz der negativen Religionsfreiheit Dritter, die er der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung zugeordnet hat (Art. 9 Abs. 2 EMRK), einen erheblichen Spielraum eingeräumt (vgl. EGMR, Dahlab v. Schweiz, Entscheidung vom 15. Februar 2001, Nr. 42393/98, NJW 2001, S. 2871 <2873>; EGMR <GK>, Sahin v. Türkei, Urteil vom 10. November 2005, Nr. 44774/98, NVwZ 2006, S. 1389 <1392 ff.>, § 107 ff.; EGMR, Kurtulmus v. Turkey, Entscheidung vom 24. Januar 2006, Nr. 65500/01; zu Grenzen des Spielraums vgl. EGMR, Eweida u.a. v. UK, Urteil vom 15. Januar 2013, Nr. 48420/10 u.a., NJW 2014, S.1935 <1940 Rn. 95>). Auch im Blick auf ein etwaiges Verbot von „Kopftuchsurrogaten“ durch sogenannte Umgehungstatbestände hat der Gerichtshof den Einschätzungsspielraum der Vertragsstaaten betont (vgl. EGMR, Aktas v. France, Entscheidung vom 30. Juni 2009, Nr. 43563/08). 

Ein Verbot religiöser Symbole, das sich nicht direkt gegen eine bestimmte Religionszugehörigkeit richtet, ist auch im Lichte des Diskriminierungsverbots von Art. 14 EMRK jedenfalls aus denjenigen Gründen unbedenklich, aus denen auch ein darin liegender Eingriff in Art. 9 EMRK gerechtfertigt werden kann (vgl. EGMR <GK>, Sahin v. Türkei, Urteil vom 10. November 2005, Nr. 44774/98, NVwZ 2006, S. 1389 <1396>, § 165). Das ist hier der Fall, weil die Untersagungsregelung alle religiösen Bekundungen gleichermaßen trifft und weit über solche durch äußeres Auftreten hinausgreift, vor allem auch verbale Bekundungen erfasst. 

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des Gerichtshofs, von der die Bewertung auszugehen hat (vgl. BVerfGE 111, 307 <319>; 128, 326 <368 ff.>), ergibt sich, dass die den angegriffenen Entscheidungen zugrunde liegenden landesschulgesetzlichen Bestimmungen in der oben von Verfassungs wegen vorgegebenen einschränkenden Interpretation keinen weitergehenden, aus der Europäischen Menschenrechtskonvention folgenden Bedenken begegnet. 

bb) Ebenso wenig verletzen die in Rede stehenden landesschulgesetzlichen Regelungen in der hier gebotenen einschränkenden Auslegung die Benachteiligungsverbote des bundesrechtlichen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. 

Die Beschränkung religiöser Bekundungen auf der Grundlage des § 57 Abs. 4 SchulG NW stellt nach den Maßstäben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes eine unmittelbare, normativ vorgegebene Benachteiligung aus Gründen der Religion dar, die die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen betrifft (§§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1 AGG). Sie ist als eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung jedenfalls dann gerechtfertigt (§ 8 Abs. 1 AGG), wenn das äußere Erscheinungsbild zu einer hinreichend konkreten Gefährdung oder Störung des Schulfriedens oder der staatlichen Neutralität führt oder wesentlich dazu beiträgt (oben B. II. 3. d) bb) <4> <b>). 

Auch unter dem Gesichtspunkt einer mittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts (§ 3 Abs. 2 Satz 1 AGG) lässt sich ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG durch die Regelung in der gebotenen verfassungskonformen Auslegung aus den auch für das verfassungsrechtliche Gebot der Gleichbehandlung geltenden Gründen nicht feststellen. 

2. Es bedarf keiner näheren Befassung mit der Frage, ob das Bundesarbeitsgericht als letztinstanzliches Fachgericht den Beschwerdeführerinnen ihren gesetzlichen Richter vorenthalten hat (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), indem es von einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV abgesehen hat. Die vom Bundesarbeitsgericht getroffenen Entscheidungen erweisen sich bereits aus anderen Gründen als mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

V. 

Danach ist die Vorschrift des § 57 Abs. 4 Satz 3 SchulG NW mit Art. 3 Abs. 3 und Art. 33 Abs. 3 GG unvereinbar und nichtig (§ 95 Abs. 3 BVerfGG). Die angegriffenen Urteile der Arbeitsgerichte verletzen die Beschwerdeführerinnen jeweils in ihrem Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG. Die Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte und des Bundesarbeitsgerichts sind aufzuheben. Der Senat verweist die Sachen jeweils an das Landesarbeitsgericht zurück (§ 95 Abs. 2 BVerfGG). Auf diese Weise wird in der Tatsacheninstanz die Möglichkeit ergänzender Feststellungen eröffnet, um diese auf der Grundlage einer verfassungskonformen Auslegung des § 57 Abs. 4 SchulG NW einer erneuten fachrechtlichen Bewertung unterziehen zu können. 

C. 

Die Auslagenentscheidung beruht auf § 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG. 

Die Entscheidung ist mit 6 : 2 Stimmen ergangen. 

Gaier  Eichberger  Schluckebier 

Masing  Paulus  Hermanns  

Baer  Britz 

Abweichende Meinung des Richters Schluckebier und der Richterin Hermanns 

zum Beschluss des Ersten Senats vom 27. Januar 2015 

- 1 BvR 471/10 -

- 1 BvR 1181/10 - 

Die Entscheidung vermögen wir in weiten Teilen des Ergebnisses und der Begründung nicht mitzutragen. 

Die vom Senat geforderte einschränkende Auslegung des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW dahin, dass nur eine hinreichend konkrete Gefahr für den Schulfrieden und die staatliche Neutralität ein Verbot religiöser Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild von Pädagogen zu rechtfertigen vermag, wenn es um die Befolgung eines imperativ verstandenen religiösen Gebots geht, misst den zu dem individuellen Grundrecht der Pädagogen gegenläufigen Rechtsgütern von Verfassungsrang bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu geringes Gewicht bei. Sie vernachlässigt die Bedeutung des staatlichen Erziehungsauftrags, der unter Wahrung der Pflicht zu weltanschaulich-religiöser Neutralität zu erfüllen ist, sowie den Schutz des elterlichen Erziehungsrechts und der negativen Glaubensfreiheit der Schüler. Damit beschneidet der Senat zugleich in nicht akzeptabler Weise den Spielraum des Landesschulgesetzgebers bei der Ausgestaltung des multipolaren Grundrechtsverhältnisses, das gerade die bekenntnisoffene öffentliche Schule besonders kennzeichnet. Der Senat entfernt sich so auch von den Maßgaben und Hinweisen der sogenannten Kopftuch-Entscheidung des Zweiten Senats vom 24. September 2003 (BVerfGE 108, 282), die dem Landesschulgesetzgeber gerade für den Bereich der öffentlichen Schule die Aufgabe zuschreibt, gesetzlich zu regeln, inwieweit er religiöse Bezüge in der Schule zulässt oder wegen eines strikteren Neutralitätsverständnisses aus der Schule heraushält. Nach unserer Auffassung ist die vom nordrhein-westfälischen Landesschulgesetzgeber gewollte Untersagung schon abstrakt zur Gefährdung des Schulfriedens und der staatlichen Neutralität geeigneter Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild von Pädagogen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Allerdings muss es sich bei Bekundungen durch das Tragen religiös konnotierter Bekleidung, die geeignet zur Gefährdung der Schutzgüter sind, um solche von starker religiöser Ausdruckskraft handeln (dazu I.). 

Anders als der Senat meint, ist Satz 3 des § 57 Abs. 4 SchulG NW, wonach die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags der Schulen nach der nordrhein-westfälischen Landesverfassung und die entsprechende Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen dem Verhaltensgebot nach Satz 1 nicht widerspricht, in der Auslegung durch das Bundesarbeitsgericht verfassungsrechtlich unbedenklich. Diese Interpretation, die an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anknüpft, hält sich in den Grenzen richterlicher Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG). Liegt damit für christliche und jüdische Religionen keine Freistellung vom Bekundungsverbot des Satzes 1 in § 57 Abs. 4 SchulG NW und damit keine Privilegierung vor - eine solche wäre auch unserer Ansicht nach gleichheitswidrig -, so besteht auch kein Grund, die Teilregelung des Satzes 3 für verfassungswidrig und nichtig zu erklären (dazu II.). 

In der Folge bestehen gegen die angegriffene Vorschrift des § 57 Abs. 4 SchulG NW auch keine durchgreifenden Bedenken, die sich aus anderen Grundrechten der Beschwerdeführerinnen, aus den Vorschriften der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie den bundesrechtlichen Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ergeben könnten (dazu III.). Im Ergebnis wäre deshalb allenfalls die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu I.) als begründet zu erachten gewesen, weil die von ihr getragene Kopfbedeckung (Wollmütze und gleichfarbiger Rollkragenpullover) im gegebenen Umfeld der Schule nicht ohne Weiteres als religiöse Bekundung deutbar ist. Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu II.) erscheint dagegen nach den vorgenannten Maßstäben unbegründet (dazu IV.). 

I. 

Die vom nordrhein-westfälischen Landesschulgesetzgeber gewollte Untersagung religiöser Bekundungen auch durch das äußere Erscheinungsbild von Pädagogen nach § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW, wenn diese geeignet sind, den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität zu gefährden oder zu stören, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Bekundungswirkung hinreichend stark ist. Eine einschränkende Auslegung der Bestimmung, wonach die Untersagung in der hier gegebenen Konstellation eine hinreichend konkrete Gefahr für die Schutzgüter erfordert, ist von Verfassungs wegen nicht geboten. Im Gegenteil: Sie misst dem elterlichen Erziehungsrecht und der negativen Glaubensfreiheit der Schüler sowie dem staatlichen Erziehungsauftrag, der unter Wahrung der Pflicht zu weltanschaulich-religiöser Neutralität zu erfüllen ist, im Verhältnis zu der Glaubensfreiheit der Pädagogen in dem zu einem schonenden Ausgleich zu bringenden multipolaren Grundrechtsverhältnis in der Schule zu geringes Gewicht bei und verkürzt den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Es steht dem Gesetzgeber im Rahmen dieses Gestaltungsspielraums offen, solche Bekundungen schon bei nur abstrakter Gefahr für die Schutzgüter zu untersagen. 

1. Die bekenntnisoffene öffentliche Gemeinschaftsschule ist durch das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Glaubensüberzeugungen von Pädagogen, Schülern und Eltern gekennzeichnet, deren Freiheitsgewährleistung im Alltag auch das Tragen religiös konnotierter Bekleidung umfasst. Der Erziehungsauftrag des Staates, den er in fördernder und wohlwollender Neutralität gegenüber den unterschiedlichen religiösen und weltanschaulichen Richtungen wahrzunehmen hat, erfordert im Blick auf Pädagogen, die in der Schule von ihrer individuellen Glaubensfreiheit Gebrauch machen, in der Ausgestaltung einen angemessenen und schonenden Ausgleich zwischen den betroffenen verfassungsrechtlichen Positionen. Diesen Ausgleich hat in den wesentlichen Fragen der Gesetzgeber vorzugeben. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts war davon auszugehen, dass das Grundgesetz den Ländern im Schulwesen umfassende Gestaltungsfreiheit belässt; auch in Bezug auf die weltanschaulich-religiöse Ausprägung der öffentlichen Schulen hat Art. 7 GG danach die weitgehende Selbstständigkeit der Länder und im Rahmen von deren Schulhoheit die grundsätzlich freie Ausgestaltung der Pflichtschule im Auge (so zuletzt BVerfGE 108, 282 <302, 310 ff.>; siehe auch BVerfGE 41, 29 <44 f.>; 52, 223 <242 f.>). Diese den Ländern bisher zugestandene weitgehende Gestaltungsfreiheit für das Schulwesen schließt nach dem Urteil des Zweiten Senats vom 24. September 2003 (BVerfGE 108, 282) bei der Ausgestaltung des Erziehungsauftrags die Möglichkeit ein, der staatlichen Neutralität im schulischen Bereich eine striktere und mehr als bisher distanzierende Bedeutung beizumessen und demgemäß auch durch das äußere Erscheinungsbild einer Lehrkraft vermittelte religiöse Bezüge von den Schülern grundsätzlich fernzuhalten, um Konflikte mit Schülern, Eltern oder anderen Lehrkräften von vornherein zu vermeiden (vgl. BVerfGE 108, 282 <310>). Es ist demnach zunächst Sache des Landesgesetzgebers, darüber zu befinden, wie er den schonenden Ausgleich bei der Gestaltung des Erziehungsauftrags im multipolaren Grundrechtsverhältnis der Schule findet. Dabei kann er religiöse Bezüge in der bekenntnisoffenen Gemeinschaftsschule in weitgehendem Maße zulassen (vgl. BVerfGE 52, 223 - Schulgebet); er kann sie aber auch - abgesehen von der Garantie des Religionsunterrichts (Art. 7 Abs. 3 GG) - weitgehend aus der Schule heraushalten. Entscheidet sich der Landesgesetzgeber - etwa in Ansehung wachsender kultureller und religiöser Vielfalt - für eine Beschränkung des zulässigen Ausmaßes religiöser Bezüge in der Gemeinschaftsschule, so steht es ihm - gerade bezogen auf das Verhalten seiner Pädagogen - offen, schon vorbeugend möglichen Beeinflussungen der Schülerinnen und Schüler entgegenzuwirken, um nicht fernliegende Konflikte zwischen Pädagogen und Schülern sowie deren Eltern, aber auch innerhalb der Schülerschaft von vornherein zu vermeiden (vgl. BVerfGE 108, 282 <307, 309, 310>). 

Diese Maßgaben, die der Zweite Senat in der zitierten Entscheidung mindestens nahe gelegt hat, auch wenn der hier zur Entscheidung berufene Erste Senat sie jetzt unausgesprochen als nicht entscheidungstragend bewertet, wären der verfassungsrechtlichen Beurteilung unseres Erachtens auch im Interesse einer berechenbaren Verfassungsrechtsprechung zugrunde zu legen gewesen. Denn die Landesschulgesetzgeber, die wie vorliegend in Nordrhein-Westfalen die Entscheidung des Zweiten Senats aus dem Jahr 2003 (BVerfGE 108, 282) zum Anlass für eine entsprechende gesetzliche Regelung genommen haben, sind von genau diesem Verständnis jener Entscheidung ausgegangen. In verschiedenen Anhörungen durch Landtagsausschüsse auch anderer Länder, die sich damals mit den Folgen der Entscheidung des Zweiten Senats befasst haben, ist dementsprechend ein generelles und für alle Religionen geltendes Verbot des Tragens religiös konnotierter Kleidungsstücke im Schuldienst für verfassungsrechtlich statthaft erachtet worden (vgl. etwa Muckel, Landtag Nordrhein-Westfalen, Ausschussprotokoll 14/137, S. 12 ff.; Oebbecke, Landtag Nordrhein-Westfalen, Zuschrift 13/3910, S. 5 sowie Stellungnahme 14/0184, S. 1; ferner Baer/Wrase, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 15/4513, S. 5; Masing, Bayerischer Landtag, 15. Wahlperiode, Ausschüsse, Wortprotokoll vom 15. Juni 2004, S. 12 bis 14). 

Das vom Gesetzgeber beabsichtigte Verständnis der Norm, das das Bundesarbeitsgericht mit seiner Auslegung in den Ausgangsverfahren aufgenommen hat und wonach schon eine abstrakte Gefahr für den Schulfrieden und die staatliche Neutralität für die Untersagung einer religiösen Bekundung genügt, steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Dieser hat den Mitgliedstaaten einen erheblichen Beurteilungsspielraum zugestanden und zu sogenannten Kopftuchverboten unterstrichen, aufgrund des besonderen Status einer Lehrperson als „representative of the state“ komme deren Religionsfreiheit in der Abwägung ein geringeres Gewicht zu. Auch hat er es für nicht relevant befunden, ob aus der Situation des Einzelfalls heraus konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Rechte der Schüler bestünden. Ausreichend sei vielmehr, dass sich solche Effekte nicht ausschließen ließen. Bezogen auf das Tragen religiöser Symbole könne dies dann angenommen werden, wenn es sich dabei um starke äußerliche Zeichen handele (vgl. nur EGMR, Dahlab v. Schweiz, Entscheidung vom 15. Februar 2001, Nr. 42393/98, NJW 2001, S. 2871 <2873>).   

2. Die vom Senat seiner Verhältnismäßigkeitsprüfung zugrunde gelegte Würdigung halten wir auf dieser Grundlage, namentlich den Ausführungen im Urteil des Zweiten Senats vom 24. September 2003 (BVerfGE 108, 282), für nicht überzeugend. Vielmehr kann der Landesschulgesetzgeber gute und tragfähige Gründe für sich in Anspruch nehmen, die schon die abstrakte Gefahr für den Schulfrieden und die staatliche Neutralität für das in Rede stehende generelle Verbot religiöser Bekundungen auch durch das äußere Erscheinungsbild genügen lassen. Auch eine solche Lösung für die Umsetzung des vom Gesetzgeber verfolgten legitimen Ziels ist als angemessen und zumutbar zu beurteilen. 

a) Der Senat geht davon aus, das Tragen einer religiös konnotierten Bekleidung durch Pädagogen, die im sozialen Umfeld als religiöse Bekundung wahrgenommen wird, sei als individuelle Grundrechtsausübung erkennbar. Die Betrachtung erschöpfe sich in der visuellen Wahrnehmung und sei nicht von vornherein dazu angetan, die negative Glaubensfreiheit und das Elterngrundrecht zu beeinträchtigen. Auch könne das Tragen etwa eines islamischen Kopftuchs durch Pädagoginnen nicht als vorbildhaft bewertet werden. Zudem gebe es keinen Anspruch auf Verschonung vor der individuellen Grundrechtsausübung anderer, solange damit kein gezielt beeinflussender Effekt einhergehe. 

Damit ist die Betroffenheit von Schülerinnen und Schülern sowie von Eltern in ihrer negativen Glaubensfreiheit sowie im Elterngrundrecht nur unzureichend erfasst und gewichtet. Diese Bewertung halten wir für nicht realitätsgerecht. Sie vernachlässigt, dass das Schüler-Pädagogen-Verhältnis ein spezifisches Abhängigkeitsverhältnis ist, dem Schüler und Eltern unausweichlich und nicht nur flüchtig ausgesetzt sind. Das Maß der Betroffenheit unterscheidet sich grundlegend von dem, das beim Zusammentreffen verschiedener religiöser Bekenntnisse und Bekundungen im gesellschaftlichen Alltag gegeben ist, und mit dem Menschen in einer pluralistischen Gesellschaft umgehen und das sie dulden müssen, auch wenn sie dem im Einzelfall, etwa im öffentlichen Raum nur begrenzt entgehen können. In jedem Falle sind solche Berührungen in der Regel nur punktuell und nicht von nennenswerter Dauer. Schon das unterscheidet sie von der Begegnung und Konfrontation in der Schule, der die Schüler sich nicht entziehen können und bei der die Nichtteilnahme am Unterricht sogar sanktioniert ist. Schüler können also hier den Lehrpersonen und ihren Überzeugungen nicht aus dem Weg gehen. Darüber hinaus ist es Aufgabe der Lehrpersonen, Schülerinnen und Schüler zu unterrichten, zu erziehen, zu beraten, zu beurteilen, zu beaufsichtigen und zu betreuen (§ 57 Abs. 1 SchulG NW). Daraus erhellt sich auch das besondere Abhängigkeitsverhältnis zwischen Schülern und Pädagogen, die über die Versetzung und einen erfolgreichen Schulabschluss mitbefinden. Sie können schon deshalb nicht mit beliebigen Personen aus der Gesellschaft verglichen werden, die von den Schülerinnen und Schülern lediglich angeschaut werden und deren Auffassung diese ertragen müssen; vielmehr treten sie in der Schule als Autoritätsperson auf. Das gilt auch für sozialpädagogische Mitarbeiter, die mit der Lösung von Schulkonflikten betraut sind (vgl. § 58 Satz 2 SchulG NW). Dies bedingt ein weitaus stärkeres Ausgesetztsein gegenüber religiösen Bekundungen als es bei Begegnungen im gesellschaftlichen Alltag der Fall ist. Beides ist nicht vergleichbar. 

b) Den Pädagogen kommt in der Schule im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern zudem eine Vorbildfunktion zu. Die gewollte erzieherische Einwirkung löst in der Regel bei Schülern und mittelbar auch bei deren Eltern irgendeine Form der Reaktion aus. Von religiösen Bekundungen durch das Tragen religiös konnotierter Bekleidung geht - abhängig auch von dem Alter der betroffenen Schülerinnen und Schüler - nicht zwingend, aber jedenfalls nicht ausschließbar eine gewisse appellative Wirkung aus, sei es in dem Sinne, dass dieses Verhalten als vorbildhaft und befolgungswürdig verstanden und aufgenommen, sei es, dass es entschieden abgelehnt wird. Dabei ist zu bedenken, dass die schulische Erziehung nicht nur der Erlangung der grundlegenden Kulturtechniken und der Entwicklung kognitiver Fähigkeiten dient. Sie soll auch die emotionalen und affektiven Anlagen der Schüler zur Entfaltung bringen. Das Schulgeschehen ist darauf angelegt, ihre Persönlichkeitsentwicklung umfassend zu fördern, insbesondere auch das Sozialverhalten zu beeinflussen. Die Umsetzung dessen ist Aufgabe der Pädagogen (vgl. § 57 Abs. 1 SchulG NW). Deren Verhalten, aber auch die Befolgung bestimmter religiöser Bekleidungsregeln trifft auf Personen, die aufgrund ihrer Jugend in ihren Anschauungen noch nicht gefestigt sind, Kritikvermögen und Ausbildung eigener Standpunkte erst erlernen sollen und daher auch einer mentalen Beeinflussung besonders leicht zugänglich sind (so der Senat in BVerfGE 93, 1 <20> - Kruzifix; vgl. auch BVerfGE 52, 223 <249>). Eine wirklich offene Diskussion über die Befolgung religiöser Bekleidungsregeln und -praktiken wird, wenn Lehrpersonen persönlich betroffen sind, in dem spezifischen Abhängigkeitsverhältnis der Schule allenfalls begrenzt möglich sein. 

Das Tragen religiös konnotierter Kleidung durch Pädagogen kann schließlich zu Konflikten innerhalb der Schülerschaft und unter den Eltern führen und sie befördern, zumal wenn die Betroffenen möglicherweise ähnlichen, aber hinsichtlich bestimmter religiöser Regeln - wie etwa dem Bedeckungsgebot - verschiedenen Glaubensrichtungen angehören, in denen unterschiedliche Anschauungen über das „richtige“ glaubensgeleitete Verhalten herrschen. Auch wenn solche religiösen Bekundungen nicht zwingend zu einer Beeinträchtigung der negativen Glaubensfreiheit und des Elterngrundrechts führen müssen, so besteht doch in dieser Hinsicht ein erhebliches Risiko. Der Gesetzgeber darf deshalb den Schutz dieser Grundrechte mit beträchtlichem Gewicht in die Abwägung einstellen. 

c) Die Pädagogen genießen zwar ihre individuelle Glaubensfreiheit. Zugleich sind sie aber Amtsträger und damit der fördernden Neutralität des Staates auch in religiöser Hinsicht verpflichtet. Denn der Staat kann nicht als anonymes Wesen, sondern nur durch seine Amtsträger und seine Pädagogen handeln. Diese sind seine Repräsentanten. Die Verpflichtung des Staates auf die Neutralität kann deshalb keine andere sein als die einer Verpflichtung seiner Amtsträger auf Neutralität. Für den Pädagogen in der Schule als Individuum ist es deshalb anders als für das Individuum in ausschließlich gesellschaftlichen Zusammenhängen geboten, bei religiösen Bekundungen Zurückhaltung zu üben, wenn seine Überzeugung bei der Wahrnehmung des staatlichen Erziehungsauftrags mit den Grundrechten anderer kollidieren kann. Das gilt für äußere religiöse Bekundungen gleichermaßen wie für politische Bekundungen, die freilich den unter Gesetzesvorbehalt stehenden Grundrechten auf Meinungsfreiheit und allgemeine Handlungsfreiheit zuzuordnen sind. 

d) Der Gesetzgeber konnte sich bei seiner Entschließung für ein weitgehend schon vorbeugendes Verbot auch auf die damals - im Anschluss an die Kopftuch-Entscheidung des Zweiten Senats (BVerfGE 108, 282) - bei den Anhörungen in verschiedenen Landtagen hervorgetretene, weitgehend übereinstimmende Einschätzung sachkundiger Pädagogen stützen. So hat etwa bei einer vorangegangenen Anhörung zu einer ähnlichen landesschulgesetzlichen Regelung im Landtag von Baden-Württemberg der Vorsitzende der Vereinigung von Schulleitern betont, durch die Persönlichkeit der Lehrkraft, zu der auch das äußere Erscheinungsbild gehöre, würden Schülerinnen und Schüler bestimmter Altersgruppen angesprochen und direkt oder indirekt beeinflusst. Er hat dabei eine Erklärung des Landesschulbeirats vorgetragen und hervorgehoben, dass bei der zuvor stattgefundenen Bundestagung aller Schulleitungen eine einmütige Erklärung in dieser Hinsicht gefasst worden sei. Diese habe auch zum Inhalt gehabt, dass die Problematik keinesfalls bei den einzelnen Schulen „abgeladen“ werden solle, sondern der Gesetzgeber eine generelle Lösung finden möge (Rainer Mack, 13. Landtag von Baden-Württemberg, Ausschuss für Schule u.a., 12. März 2004, S. 101 ff.). Diese Sichtweise entsprach Stellungnahmen des Schulleiterverbandes Schleswig-Holstein und der Vereinigung der Schulaufsichtsbeamten des Landes Hessen in den dortigen Gesetzgebungsverfahren. Darin wurde unmissverständlich hervorgehoben, falls eine Regelung getroffen werde, sei es Konsens, dass keine Einzelfallentscheidung der Schule vor Ort vorgesehen werden dürfe, weil dies erhebliches Konfliktpotenzial in sich berge (Hessischer Landtag, Ausschussvorlage KPA/16/14, S. 283; Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 15/4472). In gleicher Weise finden sich Stellungnahmen in dem Anhörungsverfahren des Landtags Nordrhein-Westfalen, in denen insbesondere auch auf die Probleme in Grund- und Hauptschulen im Blick auf die verschiedenen Richtungen und Einstellungen islamischer Schüler und Eltern im Verhältnis zur Lehrkraft hingewiesen wurde. Gerade unter diesen Schülerinnen und Schülern und ihren Eltern gebe es auch Diskussionen über „die richtige Frömmigkeit“. Eine einheitliche landesweite Regelung sei notwendig, damit nicht jede betroffene Schule derartige Konflikte selbst lösen müsse (vgl. etwa Landtag Nordrhein-Westfalen, Hauptausschuss u.a., Ausschussprotokoll 13/1218 vom 6. Mai 2004, S. 43, 44, 46 ff. <Klaus Thören, Felizitas Reinert>; Zuschrift 13/3912 vom 29. April 2004, S. 1 <Felizitas Reinert>; Hauptausschuss u.a., Ausschussprotokoll 14/137 vom 9. März 2006, S. 40 f. <Klaus Thören>). 

Diese Stellungnahmen verdeutlichen die Bedeutung eines generellen, etwa auch landesweiten und -einheitlichen Verbots religiöser Bekundungen schon bei abstrakter Gefahr für den Schulfrieden und die staatliche Neutralität. Zudem liegt auf der Hand, dass mit einer Einschränkung des Verbots auf Fälle einer hinreichend konkreten Gefahr für die Schutzgüter in der Schulpraxis in stärkerem Maße Befunderhebungs- und Beweisführungsprobleme erwachsen. Diese sind von der Schulverwaltung notwendig unter Beteiligung der Schüler und Eltern auszutragen und verstärken eine dem Erziehungsauftrag eher abträgliche Personalisierung des etwaigen Konflikts. Vor diesem Hintergrund ist das Bestreben des Gesetzgebers anzuerkennen, eine einheitliche allgemeine Regelung zu schaffen, um weltanschaulich-religiöse Konflikte möglichst weitgehend aus den Schulen herauszuhalten und das zulässige Maß an religiösen Bekundungen berechenbar und unabhängig von einzelfallbezogenem Konfliktpotenzial zu regeln. 

e) Die spezifische Situation in der Schule ist, wie dargelegt, zum einen durch die Unausweichlichkeit, zum anderen durch den appellativen Charakter entsprechend starker religiöser Bekundungen sowie durch das besondere Abhängigkeitsverhältnis geprägt. In dieser Situation liegt nicht fern, dass Zweifel von Schülern und Eltern an der gebotenen Neutralität der betreffenden Pädagogen aufkommen können. Diese Umstände tragen die Einschätzung des Gesetzgebers, dass in einer vielgestaltigen Gesellschaft, in der eine weitgehende religiöse Homogenität nicht länger unterstellt werden kann, zum Schutz der positiven und negativen Glaubensfreiheit von Schülerinnen und Schülern sowie des entsprechenden Elterngrundrechts und zur Wahrung der gebotenen staatlichen Neutralität bei der Wahrnehmung des Erziehungsauftrags ein Verbot jedweder religiösen Bekundung mit starker Wirkung durch Pädagogen in der Schule erforderlich und angemessen ist, wenn diese auch nur abstrakt eine Gefahr für die genannten Schutzgüter darstellt. Die Würdigung des Senats, nach der es allein angemessen und zumutbar ist, wenn den Pädagogen im Schulverhältnis bei der Wahrnehmung des staatlichen Erziehungsauftrags die Inanspruchnahme ihres individuellen Grundrechts auf Glaubensfreiheit in einem Maße zugestanden wird, die erst an der Schwelle zur gezielten Beeinflussung und zu einer hinreichend konkreten Gefahr für den Schulfrieden und die staatliche Neutralität halt macht, vernachlässigt demgegenüber die spezifische Situation in der Schule. Denn der Staat verlangt von Schülern und Eltern die Teilnahme an der „Veranstaltung Schule“ zur Heranbildung und Erziehung junger Menschen. Die Schüler sind ihm damit zur Erziehung anvertraut. Die Teilnahme ist in weiten Teilen verpflichtend. Das bedingt eine Garantenstellung des Staates. Eine Bewertung, die allein darauf abstellt, dass der Staat eine ihm unmittelbar nicht zuzurechnende individuelle Grundrechtsausübung seiner Pädagogen nur dulde und die Schüler lediglich eine bestimmte Bekleidung der Pädagogen anzuschauen hätten, die erkennbar auf deren individuelle Entscheidung zurück gehe, greift deshalb zu kurz. Eine solche vereinfachende Differenzierung zwischen dem Staat zurechenbaren Symbolen und individueller religiös konnotierter Bekleidung von Pädagogen blendet die Wirkung  aus, die auch die individuelle Grundrechtsausübung einer Lehrperson auf Schülerinnen und Schüler haben kann. 

3. Zusammengefasst ist nach unserem Dafürhalten die Untersagung religiöser Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild von Pädagogen schon bei einer abstrakten Gefahr für den Schulfrieden und die staatliche Neutralität verfassungsrechtlich unbedenklich. Mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist einschränkend allerdings zu verlangen, dass es sich für die Untersagung des Tragens religiös konnotierter Kleidung um eine solche von starker Ausdruckskraft handeln muss. Es steht dem Landesschulgesetzgeber von Verfassungs wegen jedoch auch offen, religiöse Bezüge in weitem Maße zuzulassen, etwa wenn er dies im Interesse einer Erziehung zu Toleranz und Verständnis für angemessen erachtet. Verpflichtet ist er dazu von Verfassungs wegen indessen nicht. 

4. Eine Erstreckung der verfassungsrechtlichen Prüfung auf Satz 2 des § 57 Abs. 4 SchulG NW war nicht geboten. Diese Bestimmung hat zwar die Schulverwaltung in den Ausgangsfällen mit herangezogen. Die angegriffenen arbeitsgerichtlichen Entscheidungen sind darauf jedoch nicht mehr gestützt. Allerdings ist dem Senat darin zuzustimmen, dass allein das Tragen eines sogenannten islamischen Kopftuchs keinen Schluss darauf zulässt, dass die Voraussetzungen dieser Untersagungsbestimmung erfüllt sind. 

II. 

Das vom Bundesarbeitsgericht zugrunde gelegte Normverständnis des Satzes 3 des § 57 Abs. 4 SchulG NW, wonach die Wahrnehmung des Erziehungsauftrags der Schule nach der nordrhein-westfälischen Landesverfassung und die entsprechende Darstellung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen dem Verhaltensgebot nach Satz 1 nicht widerspricht, wahrt die Grenzen richterlicher Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG) und ist verfassungsrechtlich in dieser Interpretation nicht zu beanstanden. Dieser Teil der Vorschrift war deshalb nicht für verfassungswidrig zu erklären. 

Dem Senat ist darin zuzustimmen, dass ein Verständnis des Satzes 3 von § 57 Abs. 4 SchulG NW im Sinne einer echten Freistellungs- und Privilegierungsklausel zum Bekundungsverbot des Satzes 1 wegen Verstoßes gegen das Gleichbehandlungsgebot verfassungswidrig wäre. Die vom Bundesarbeitsgericht gefundene Auslegung hingegen, die derjenigen des Bundesverwaltungsgerichts zu einer entsprechenden Regelung im baden-württembergischen Schulgesetz folgt (BVerwGE 121, 140 <147, 150>), vermeidet ein solches Ergebnis jedoch. Diese Auslegung ist naheliegend, steht mit dem Wortlaut des Gesetzes im Einklang, widerspricht - entgegen der Auffassung des Senats - keineswegs dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers und bestimmt auch den normativen Gehalt der Regelung nicht grundlegend neu. 

Es trifft zwar zu, dass die Gesetzesinitiatoren sowohl in der 13. als auch in der 14. Wahlperiode des nordrhein-westfälischen Landtags ausweislich der Gesetzentwurfsbegründungen mit Satz 3 der Vorschrift die Vorstellung verbanden, anders als das islamische Kopftuch etwa könnten bestimmte traditionelle, im christlichen oder jüdischen Glauben wurzelnde Bekleidungsformen zugelassen werden (vgl. Gesetzentwurfsbegründungen LTDrucks 13/4564, S. 8 zum damaligen Schulordnungsgesetz NW; LTDrucks 14/569, S. 9). Dabei kann die Beurteilung aus der Entstehungsgeschichte jedoch nicht stehen bleiben. Denn am Beginn des Gesetzesvorhabens ging die Fassung des heutigen Satzes 3 noch dahin, dass die äußere „Bekundung“ christlicher Bildungs- und Kulturwerte zulässig bleiben sollte. Es wurde also derselbe Begriff gebraucht wie in dem heutigen Satz 1 (LTDrucks 13/4564, S. 4). Später wurde die Formulierung in Satz 3 hingegen in „Darstellung“ abgeändert (so der Entwurf LTDrucks 14/569, S. 4). Für eine differenzierte Auslegung findet sich deshalb objektiv und losgelöst von den Vorstellungen der Gesetzesinitiatoren ein tragfähiger Ansatz im Wortlaut der Regelung. Denn eine „religiöse Bekundung“ (Satz 1) ist etwas anderes als die „Darstellung von Bildungs- und Kulturwerten oder Traditionen“ (Satz 3). 

Die Ursprungsvorstellungen bei der Abfassung der Begründungen zu den Gesetzentwürfen haben im weiteren Verlauf des von vielfältigen Einflüssen bestimmten Gesetzgebungsverfahrens einen Wandel erfahren. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht - noch vor den letzten Anhörungen in dem zuständigen Ausschuss des Landtags von Nordrhein-Westfalen und vor dem endgültigen Gesetzesbeschluss des Landtags - die entsprechende baden-württembergische schulgesetzliche Regelung bereits einschränkend ausgelegt hatte, und auch bei den Sachverständigen-Anhörungen im nordrhein-westfälischen Landtagsausschuss Entsprechendes vertreten worden war (vgl. etwa Muckel, LT-Stellungnahme 14/0188, LT-Ausschussprotokoll 14/137, S. 9 ff., S. 53 f.; Stephan, LT-Stellungnahme 14/0174), wurde die Landesregierung vom Hauptausschuss des Landtags um eine verfassungsrechtliche Bewertung des Ergebnisses der Sachverständigen-Anhörungen gebeten. Deren schriftliche Äußerung zur Anhörung ging - wie der Senat zutreffend hervorhebt - im Blick auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts dahin, die bei den Anhörungen geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken zu Satz 3 bezögen sich nicht auf die gesetzliche Regelung als solche, sondern allein auf die Frage, wie die Norm verfassungskonform auszulegen und anzuwenden sei (LT-Vorlage 14/0463, S. 2). In Verbindung mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts war daher vor dem endgültigen Gesetzesbeschluss des Landtags klar, dass eine solche einschränkende Auslegung, wie sie später auch das Bundesarbeitsgericht seinen hier angegriffenen Urteilen zugrunde gelegt hat, im Raum stand und nahe lag. Hätte der Gesetzgeber jedoch eine wirkliche Privilegierung und eine Ausnahme für christliche und jüdische Religionen konsequent verfolgen wollen, wäre es ihm ohne Weiteres möglich gewesen, dies durch eine geänderte Formulierung des Gesetzestextes - etwa im Sinne des ersten Entwurfs aus der vorangegangenen Landtagslegislaturperiode - sicherzustellen. Das ist jedoch gerade nicht geschehen. Der Landtag hat also nicht - wie der Senat meint - im Bewusstsein des verfassungsrechtlichen Risikos, sondern allenfalls unter billigender Inkaufnahme der einschränkenden Auslegung, wie sie das Bundesverwaltungsgericht schon damals vorgenommen hatte, das Gesetz beschlossen, so gesehen also gerade „mit Wissen“ und „mit Eventual-Wollen“ gehandelt. Ihm etwas anderes zu unterstellen, ist bei verständiger Lesart aller Materialien unter Berücksichtigung der Erörterungen während des Gesetzgebungsverfahrens nicht tragfähig. Deshalb kann keine Rede davon sein, die vom Senat verworfene Auslegung des Satzes 3 durch das Bundesarbeitsgericht laufe dem vom Gesetzgeber Gewollten zuwider oder messe der Norm einen grundlegend neuen Gehalt bei und überschreite somit die Grenzen richterlicher Auslegung des Gesetzesrechts. 

Die vom Senat zur Begründung seiner Ansicht weiter angeführten Erwägungen rechtfertigen keine andere Beurteilung: Dass Satz 3 in der Interpretation des Bundesarbeitsgerichts lediglich noch klarstellende Funktion zukomme und sich nicht in den Regelungskontext füge, ist ohne Bedeutung für die Frage, ob er verfassungswidrig ist. Im Übrigen können regelungstechnisch durchaus auch lediglich klarstellende, ergänzende Vorschriften für die Abgrenzung einer Hauptnorm und für deren Interpretation hilfreich und sinnvoll sein. Sie sind in der Rechtsordnung vielfach anzutreffen, ohne dass sie deshalb in die Nähe der Verfassungswidrigkeit gerückt würden. Unerheblich ist weiter, dass Satz 3 des § 57 Abs. 4 SchulG NW den Bezug auf Art. 12 Abs. 3 Satz 1 Verf NW inhaltlich unvollständig aufnimmt, weil in ihm - anders als in der Landesverfassung - nur die christlich-abendländischen Bildungs- und Kulturwerte oder Traditionen, nicht dagegen die Offenheit für die christlichen Bekenntnisse und für andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen ausdrücklich erwähnt werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob bei der Erwähnung tradierter, in einem säkularen Sinne zu verstehender Werte die erst seit wenigen Jahrzehnten in Deutschland breiter in Erscheinung getretenen weiteren Religionen und religiösen Richtungen ebenfalls in die schulgesetzliche Bestimmung hätte aufgenommen werden müssen. Gerade wenn Satz 3 klarstellende Bedeutung zukommt, liegt es auf der Hand, dass die daraus folgende Interpretations- und Abgrenzungshilfe für die Wahrnehmung des Erziehungsziels des Art. 12 Abs. 3 Satz 1 Verf NW gegebenenfalls auch die dort festgelegte Offenheit für andere religiöse und weltanschauliche Überzeugungen umfasst. 

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass der Senat dem für die Auslegung maßgeblichen, in der Norm zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 1, 299 <312>; 11, 126 <132>; 105, 135 <157>; 110, 226 <248>; stRspr) ebenso wenig gerecht wird wie den im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens zutage getretenen subjektiven Vorstellungen der Gesetzgebungsorgane. Bei zutreffender Würdigung ist gegen Satz 3 des § 57 Abs. 4 SchulG NW in der Auslegung des Bundesarbeitsgerichts von Verfassungs wegen nichts zu erinnern. 

III. 

Auf der Grundlage der hier vertretenen verfassungsrechtlichen Würdigung nach dem Maßstab des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG lässt sich aus den (oben unter I.) angeführten Gründen auch kein Verstoß gegen weitere Grundrechte, die Europäische Konvention für Menschenrechte und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz als bundesrechtliche Vorschrift (vgl. Art. 31 GG) feststellen. Das soll im Rahmen dieser abweichenden Meinung nicht weiter ausgeführt werden. Anzumerken bleibt allerdings: 

Die Annahme einer Ungleichbehandlung aus Gründen des Geschlechts (Art. 3 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 GG), die der Senat erst auf der Rechtfertigungsebene auflöst, ist unseres Erachtens nicht tragfähig. 

Auf der Grundlage unserer abweichenden Auffassung zur Würdigung des Satzes 3 von § 57 Abs. 4 SchulG NW ergibt sich das schon daraus, dass das vom Senat angenommene Verständnis der Vorschrift als echte Ausnahmeklausel für das Tragen von Kleidungsstücken, die christlichen und abendländischen Bildungs- und Kulturwerten entsprechen, nach unserem Dafürhalten auch bei der Prüfung einer geschlechtsspezifischen Benachteiligung nicht  zugrunde zugelegt werden kann (siehe dazu oben II.). Damit gilt das Verbot religiöser Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild für weibliche wie männliche Angehörige aller  Religionen und Weltanschauungen. 

Aber auch auf der Grundlage der Beurteilung durch die Senatsmehrheit, wonach es sich bei Satz 3 um eine Freistellungs- und Privilegierungsklausel zu Satz 1 zugunsten christlicher und jüdischer Religionen handeln soll, liegt keine Benachteiligung wegen des Geschlechts vor. Entgegen der Ansicht des Senats betrifft das Verbot auch dann nicht ganz überwiegend nur muslimische Frauen. Die Vorschrift des § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW in der Variante des Verbots religiöser Bekundungen erfasst nicht nur Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild. Sie greift sehr viel weiter und untersagt vor allem auch verbale und sonstige religiöse Bekundungen. Deshalb betrifft sie mit dem Tatbestandsmerkmal „religiöser Bekundungen“ Männer und Frauen gleichermaßen. Der Senat kommt zur Annahme einer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts nur dadurch, dass er nicht die Norm in der hier maßgeblichen Alternative als Ganzes - als Verbot religiöser Bekundungen -, sondern nur eine ihrer tatsächlichen Anwendungsfallgruppen zum Ausgangspunkt seiner Beurteilung nimmt, nämlich die Bekundung durch das äußere Erscheinungsbild. Nur eine  ihrer tatsächlichen Anwendungsfallgruppen kann jedoch nicht die Grundlage für die Beurteilung einer gesetzlichen Vorschrift dahin sein, sie betreffe tatsächlich ganz überwiegend Frauen. Mit ihrem gesamten Anwendungsbereich erfasst § 57 Abs. 4 Satz 1 SchulG NW in der Variante des Verbots religiöser Bekundungen vielmehr das Verhalten der Pädagogen beider Geschlechter. Selbst innerhalb der Anwendungsfallgruppe von Bekundungen durch das äußere Erscheinungsbild erscheint die Annahme des Senats fragwürdig; denn die Zahl der Fälle, in denen bereits die präventive Wirkung des Bekundungsverbots dazu führt, dass auch Männer sich religiös konnotierter Kleidung und Symbolik enthalten, ist nicht bekannt. 

IV. 

Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu I.) wäre auch nach unserer Auffassung im Ergebnis für begründet zu erachten gewesen. Die von ihr getragene Bedeckung, eine Wollmütze und ein gleichfarbiger Rollkragenpullover, ist nicht aus sich heraus religiös konnotiert und wird auch im gegebenen Umfeld der Schule nicht ohne Weiteres als religiöse Bekundung von starker Ausdruckskraft deutbar sein. Hierzu fehlt in den angegriffenen Entscheidungen eine vertretbare, tragfähige Begründung. Diese wäre nach dem Wechsel der Kopfbedeckung von einem in typischer Weise gebundenen Kopftuch zu einer Wollmütze umso mehr erforderlich gewesen, als dieser Zusammenhang mit zunehmendem Zeitablauf sukzessive verblasst. 

Die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin zu II.) erscheint dagegen nach den oben unter I. bis III. dargelegten Maßstäben unbegründet. Vorstellbar wäre allenfalls gewesen, aufgrund ihres Eintritts in den Schuldienst lange vor der Verkündung der in Rede stehenden Regelung, der unter Offenlegung ihrer glaubensgeleiteten Bekleidungspraxis erfolgt war, und wegen der langdauernden, im Blick auf die Schutzgüter unbeanstandet gebliebenen Lehrtätigkeit unter dem Gesichtspunkt rechtsstaatlich gebotenen Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) eine differenziertere gesetzliche Lösung für solche Altfälle einzufordern. 



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