Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die am 00.00.1992 geborene Klägerin verlangt von der Beklagten die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII (Sozialgesetzbuch – Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung) und die Gewährung von Entschädigungsleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen dieses Ereignisses.
Sie zog sich am 20.04.2016 während ihrer beruflichen Tätigkeit erhebliche Verbrennungen zu. Laut Unfallanzeige ihres Arbeitgebers hat sie im Aussenbereich die Müllrunde gemacht, dabei fing ein Ersatzakku, den sie in der Hosentasche trug Feuer und explodierte, sie fing Feuer, verbrannte. Die Klägerin gab auf Anfrage der Beklagten an, sie sei am 20.04.2016 um 06:30 Uhr zur Arbeit gefahren und habe dort die Filiale mit dem Firmenschlüssel aufgeschlossen und diesen dann wieder in die Hosentasche gesteckt; ihre Tätigkeit liege auch darin, den Müll auf dem Firmenhof im Container zu entsorgen; auf dem Weg zum Container habe ihre Hose angefangen zu brennen, da der Firmenschlüssel an eine Batterie, die sie zusammen in der Hosentasche getragen habe, gekommen sei.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 07.06.2016 eine "Entschädigung des Ereignisses als Arbeitsunfall” ab, unabdingbare Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls sei, dass sich der Unfall infolge der versicherten Tätigkeit ereigne; für die Entschädigungspflicht genüge es nicht, wenn sich der Gesundheitsschaden nur gelegentlich einer mit dem versicherten Unternehmen zusammenhängenden Tätigkeit einstelle; Voraussetzung sei vielmehr, ein in Verbindung mit der betrieblichen Tätigkeit auftretender Unfall als Ursache der Schädigung; sei ein Körperschaden nur anlässlich der Tätigkeit aufgetreten und wäre er nach menschlichem Ermessen auch bei jedem anderen Anlass außerhalb der versicherten Tätigkeit offenkundig geworden, so fehle es an dem geforderten ursächlichen Zusammenhang; die versicherte Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt (Müllentsorgung) habe das Entflammen ihres Kleidungsstücks nicht verursacht, der versicherten Tätigkeit könne kein hinreichender Verursachungsanteil zugeordnet werden.
Aufgrund des Widerspruchs der Klägerin (Schreiben vom 13.06.2015) forderte die Beklagte noch den entsprechenden polizeilichen Ermittlungsvorgang an. Danach habe vermutlich der Kontakt mit dem Schlüsselbund zu einem Kurzschluss des Akkus einer E-Zigarette geführt; da es sich um einen Lithium-Ionen-Akku gehandelt habe, entwickle dieser bei einem Kurzschluss extrem hohe Temperaturen und fange u. U. an zu brennen. Hierauf gestützt wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.09.2016 zurück; das Führen einer mitgebrachten Gefahr, die sich zu jedem Zeitpunkt hätte auswirken können, sei dem unversicherten privaten Bereich zuzuordnen.
Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 22.09.2016 erhobene und mit Schriftsatz vom 26.10.2016 näher begründete Klage. Die Klägerin hält die Entscheidung für rechtswidrig und ist der Meinung, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall seien erfüllt, bei der Entsorgung des Mülls handele es sich nicht um eine aus-schließlich der privaten Sphäre zuzurechnende Gefahr; es handele sich auch nicht um eine selbstgeschaffene Gefahrenlage, auch wenn sie die E-Zigarette in der Tasche mitgeführt habe, denn sie habe zu keiner Zeit davon ausgehen können, dass der Akku durch den Kontakt mit den Betriebsschlüsseln in der Hosentasche einen Kurzschluss erleide mit der Folge, dass die Kleidung in Brand gerate; selbst der Umstand, dass es in der Öffentlichkeit in der letzten Zeit zu Informationen gekommen sei, dass Akkus von Mobiltelefonen oder auch teilweise von E-Zigaretten in Brand geraten seien, führe nicht dazu, dass das Mitführen der E-Zigarette zusammen mit dem Firmenschlüssel in so hohem Maße vernunftwidrig wäre, dass die Klägerin damit rechnen musste, dass der Akku und damit auch ihre Kleider in Brand geraten. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei es ihrer Meinung nach nicht unerheblich, dass der Brand durch den Kontakt mit dem Firmenschlüssel ausgelöst worden sei; allein der Umstand, dass der Kurzschluss auch durch jeden anderen beliebigen metallischen Gegenstand hätte ausgelöst werden könne, lasse das Kriterium des § 8 Abs. 1 SGB VII der versicherten Tätigkeit nicht entfallen; entscheidend sei dabei, dass der Unfall nicht eingetreten wäre, wenn die versicherte Tätigkeit die Versicherten nicht in die jeweilige Gefahrensituation gebracht hätte; außer den Schlüssel habe die Klägerin keine weiteren metallischen Gegenstände in der Tasche mit sich geführt, so dass allein der Umstand, dass die Klägerin die Firmenschlüssel in der Tasche mit sich geführt habe, die sie in die spezielle Gefahrensituation gebracht habe (Schriftsatz vom 30.11.2016).
Wegen der näheren Einzelheiten ihres Vortrags wird ergänzend auf den weiteren Inhalt der Schriftsätze vom 26.10.2016 und vom 28.10.2016 sowie vom 30.11.2016 verwiesen.
Die Klägerin stellt folgenden Antrag:
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 07.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.09.2016 verurteilt, das Ereignis vom 25.04.2016 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die sich daraus ergebenden Entschädigungsleistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu erbringen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält die von ihr getroffene Entscheidung für rechtmäßig und hält daran fest; es sei unstrittig, dass die Klägerin den Unfall während der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit erlitten habe; Ursache des Unfalls bzw. der Unfallfolgen sei jedoch nicht die Betriebstätigkeit, sondern die aus rein privaten Gründen mitgeführte E-Zigarette gewesen; es handel sich also nicht um eine mit der versicherten Tätigkeit verbunden betriebliche Gefahr, vielmehr seien für den Unfall ausschließlich und somit rechtlich wesentlich nur betriebsfremde, allein in der unversicherten privaten Sphäre der Klägerin liegende Umstände verantwortlich, wobei es unerheblich sei, ob der Brand des Akkus tatsächlich durch den Kontakt mit dem Firmenschlüssel ausgelöst worden sei. Wegen der näheren Einzelheiten wird auch hier ergänzend auf den weiteren Inhalt des Schriftsatzes vom 10.11.2016 Bezug genommen.
Das Gericht hat die den Unfall betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen und ausgewertet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den restlichen Inhalt der Streit- und Verwaltungsakten Bezug genommen; auch dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung sowie der anschließenden Beratung der Kammer gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Entscheidung der Beklagte ist weder rechtlich noch tatsächlich zu beanstanden, sie ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung, ein Arbeitsunfall liegt nicht vor.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich die Kammer vorbehaltlos anschließt, voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität).
Die Klägerin hat zwar einen Unfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII bei ihrer grundsätzlich versicherten Tätigkeit als Beschäftigte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII erlitten. Die zum Unfallzeitpunkt ausgeübte Verrichtung hat allerdings – wie die Beklagte zutreffend entschieden hat – nicht zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis geführt. Die rechtlich wesentlich und entscheidende Ursache für die Verletzung ist nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Die in die betriebliche Risikosphäre fallenden Schädigungen sind von solchen aus dem persönlichen Verantwortungsbereich abzugrenzen (Palsherm in: jurisPK-SGB I, 2. Aufl. 2011, § 22 SGB I, Rn. 33).
Eine Einstandspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung besteht nämlich nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung "allgemein”, sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll (LSG Hessen, Urteil vom 17.09.2013 – L 3 U 122/11 – juris Rn. 22).
Wenn bei der Ausübung einer Verrichtung, die im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, ein Unfallereignis eintritt, muss grundsätzlich vom Vorliegen der Unfallkausalität ausgegangen werden, es sei denn, eine konkurrierende Ursache – wie z.B. eine innere Ursache oder eine eingebrachte Gefahr – ist feststellbar (LSG Hessen, a.a.O., Rn. 24 m.w.N.). Im hier vorliegenden Fall ist als konkurrierende Ursache die mitgeführte E-Zigarette als eingebrachte Gefahr (nicht selbstgeschaffene Gefahr) zu berücksichtigen. Zu prüfen ist nun, in einem zweiten wertenden Schritt, ob die versicherte Ursache nach der hier maßgenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. dazu BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R – juris Rn. 13 ff.) wesentlich ist.
Die versicherte Verrichtung muss zunächst im Sinne einer "conditio-sine-qua-non" eine erforderliche Bedingung des Erfolges (stets neben anderen Bedingungen) sein, sie muss Wirkursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur als (bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare) zufällige Randbedingung anzusehen sein; ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache für die festgestellte Einwirkung war, ist eine rein tatsächliche Frage; auf der 2. Stufe ist sodann festzustellen, ob sich die durch die versicherte Tätigkeit objektiv verursachte Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der 1. Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr darstellt und deshalb die versicherte Tätigkeit "wesentlich" war, ob also sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll; die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers wird nur begründet, wenn die durch die versicherte Verrichtung objektiv mitverursachte Einwirkung auf den Versicherten eine Gefahr mitverwirklicht hat, gegen die die begründete Versicherung schützen soll (LSG Hessen, a.a.O., Rn. 26 m.w.N.).
Für die zur Beurteilung der Wesentlichkeit der versicherten Ursache erforderliche Abwägung zwischen der versicherten Ursache und der nichtversicherten Ursache ist zu beachten, dass "wesentlich" nicht gleichzusetzen ist mit "gleichwertig" oder "annähend gleichwertig"; auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat und als rechtlich allein wesentliche Ursache anzusehen ist; eine naturwissenschaftliche Ursache, die nicht als wesentlich anzusehen ist und damit keine Ursache iS der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als Auslöser oder als Gelegenheitsursache bezeichnet werden (BSG, a.a.O., Rn. 15 m.w.N.).
Nach Auffassung des Gerichts ist der Verursachungsbeitrag für den Unfall durch das Mitführen einer E-Zigarette von derart überregender Bedeutung, dass die versicherte Tätigkeit (wenn man sie nicht ohnehin schon als lediglich zufällige Randbedingung ansehen mag) demgegenüber vollkommen in den Hintergrund tritt. Wenn auch das Mitführen der Firmenschlüssel vorliegend als nicht hinwegzudenkende Wirkursache vorliegt, so kommt dem nach Auffassung der Kammer aber keine rechtlich wesentliche Bedeutung zu. Von den Schlüsseln ging nämlich keine Gefahr aus; sie können sich nicht entzünden. Ihr Verursachungsbeitrag ist daher unbeachtlich. Die sich hier realisierte Gefahr ging rechtlich wesentlich allein von der mitgeführten E-Zigarette aus.
Im Übrigen schließt sich die Kammer den überzeugenden Ausführungen der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid vom 07.06.2016 an und sieht hier daher – wie es in § 136 Abs. 3 SGG (Sozialgerichtsgesetz) zur Vermeidung überflüssiger Schreibarbeit gesetzlich vorgesehen ist – von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193.