Arbeitsgericht Mainz

Urteil vom - Az: 3 Ca 905/07

Zur Arbeitgebereigenschaft: Umstände des Vertragsschlusses

Wenn streitig ist, ob der Arbeitsvertrag mit einer Organisation oder deren Unterorganisation geschlossen wurde, so stehen die Umstände, dass der schriftliche Vertrag im Sitz der Hauptorganisation und in Gegenwart dessen Geschäftsführer geschlossen wurde, der Annahme, dass die Unterorganisation Arbeitgeber wurde, nicht entgegen.
(Redaktioneller Orientierungssatz)

I. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Beklagten zu 2) nicht durch die Kündigung vom 20.04.2008 beendet worden ist.

II. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 04.02.2008 beendet worden ist. 

III. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 08.02.2008 beendet worden ist.

IV. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 

V. Von den Gerichtskosten haben der Kläger und die Beklagte zu 2) jeweils die Hälfte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers hat die Beklagte zu 2) zur Hälfte sowie der Kläger zur Hälfte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) hat der Kläger, die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) hat diese selbst zu tragen. 

VI. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 22.667,00 festgesetzt.

 

Tatbestand  

Die Parteien streiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses nach dem Ausspruch mehrerer arbeitgeberseitiger Kündigungen.

Der am ... geborene Kläger ist verheiratet und Vater dreier unterhaltsberechtigter Kinder, die sich noch in der Schule/Ausbildung befinden. Aufgrund eines Anstellungsvertrages vom 20.06.1996 ist er seit dem 01.09.1996 als Geschäftsführer der Sportjugend angestellt. Er erzielt ein Bruttojahresgehalt in Höhe von € 68.000,00. Bei dem Beklagten zu 1) handelt es sich um den C. Dieser ist ein eingetragener Verein. Die Beklagte zu 2) ist eine Untergliederung dieses Vereins mit der Bezeichnung E. Sie hat keine eigene Eintragung. Seit dem 27.10.1961 hat die Beklagte zu 2) eine eigene Satzung. Oberstes Beschlussorgan ist ihre Vollversammlung. Sie unterhält ein eigenes Bankkonto und eine eigene Mittelverwaltung. Im Jahre 2005 hatte sie Gesamteinnahmen in Höhe von € 2.465.488,39, wovon € 381.500,00 aus einer Zuweisung des Beklagten zu 1) rührten. Beide Beklagten nutzen Räumlichkeiten unter derselben Anschrift. Der Beklagte zu 1) nimmt für die Beklagte zu 2) Buchhaltungsaufgaben und die Lohnabrechnung vor und verwaltet die Personalakten. Das Maß der Einflussnahme auf Entscheidungen und Finanzen der Beklagten zu 2) seitens des Beklagten zu 1) ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger war als Geschäftsführer der Sportjugend tätig. Der schriftliche Arbeitsvertrag des Klägers weist als Vertragspartner die Sportjugend (Beklagte zu 2) aus und ist von dem damaligen Vorsitzenden der Beklagten zu 2) unterzeichnet worden.

Einen Antrag auf  Eingehung eines Altersteilzeitvertragsverhältnisses stellte der Kläger zunächst bei dem Beklagten zu 1), geschlossen wurde der schriftliche Altersteilzeitvertrag von Ende 2006 vom Kläger einerseits und auf der anderen Seite im Namen der Beklagten zu 2) durch ihren Vorstand. Eine im Laufe des Arbeitsverhältnisses ausgesprochene Abmahnung vom 08.12.2004 wurde dem Kläger unter dem Briefkopf des Präsidenten des Beklagten zu 1) mit den Unterschriften des Präsidenten des ... sowie des Vorsitzenden der E. erteilt (Bl. 297 ff. d. A.). Die erste streitgegenständliche Kündigung vom 20.04.2007 weist im Briefkopf den Beklagten zu 1) aus und enthält im Text das Subjekt „wir“ ohne nähere Bestimmung und zwei Unterschriften mit jeweiligen Untertiteln, die unterhalb des Unterschriftfeldes auf der linken Seite ausweisen: „..., geschäftsführender Vizepräsident des ...“ sowie auf der rechten Seite „... Vorsitzender E.“. Es handelt sich um eine außerordentliche Kündigung (Bl. 5 d. A.). Weitere Kündigungserklärungen gingen dem Kläger wie folgt zu: Eine außerordentliche Kündigung der Beklagten zu 2) vom 04.02.2008, zugegangen am 05.02.2008, zwei identische Kündigungsschreiben des Beklagten zu 1) mit außerordentlicher Kündigungserklärung vom 06.02.2008, zugegangen am 11.02.2008, zwei identische Kündigungsschreiben der Beklagten zu 2) vom 08.02.2008, ordentlich zum 30.09.2008, zugegangen am 11.02.2008, sowie zwei identische Kündigungsschreiben des Beklagten zu 1) vom 08.02.2008, ordentlich zum 30.09.2008, zugegangen am 11.02.2008 (Bl. 385 ff. d. A.).

Anlass für den Ausspruch der Kündigungen gegenüber dem Kläger waren Untreuehandlungen der Buchhalterin ... in den Jahren 2000 bis 2006, die im Frühling 2007 entdeckt wurden. Frau ... hatte zu Lasten der Beklagten 2) Barschecks abgehoben, Verrechnungsschecks auf das eigene Konto einzahlen lassen sowie Bargeld aus der Bargeldkasse entnommen und durch fingierte Belege hierüber getäuscht. Im Auftrag des Beklagten zu 1) führte die Wirtschaftsprüfergesellschaft ... im Zeitraum 20.03.2007 bis 05.04.2007 eine Unterschlagungsprüfung durch und legte einen Bericht vor. Im Zusammenhang mit den Unterschlagungen Frau ... wirft die Beklagtenseite dem Kläger die Unterzeichnung von Barschecks und Verrechnungsschecks vor, wie auch einen Kontrollmangel. Der Kläger wurde in diesem Zusammenhang am 17.04.2007 angehört. Dabei ist zwischen den Parteien streitig, ob eine Anhörung lediglich zum Unterschlagungssachverhalt erfolgte oder zum Verdacht eigener Pflichtverletzungen durch den Kläger. Eine Anhörung des Betriebsrates, der für den ... unter Einbeziehung der bei der Sportjugend beschäftigten Arbeitnehmer gebildet ist, erfolgte am 17.04.2007 zur beabsichtigten Kündigung gegenüber dem Kläger. In seiner Stellungnahme vom 20.04.2007, gerichtet an den Beklagten zu 1), widersprach der Betriebsrat der Kündigung.

Der Kläger rügt die Ordnungsmäßigkeit dieser Betriebsratsanhörung mit dem zuletzt unstreitigen Sachvortrag, das Präsidium des Beklagten zu 1) habe bereits vor Durchführung des Anhörungsverfahrens eine Entscheidung zum Ausspruch der Kündigung getroffen. Der Kläger rügt die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung vor Ausspruch der Kündigungen aus dem April 2008 mit dem Vortrag, eine Betriebsratsanhörung vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung der Beklagten zu 2) vom 04.02.2008 sei unterblieben, die Anhörungsverfahren wegen der weiteren ausgesprochenen Kündigungen litten an Mängeln im Hinblick auf die hinreichende Mitteilung der Kündigungsgründe. Der Kläger trägt weiterhin zu der Frage der Arbeitsvertragsparteien vor, bei der Beklagten zu 2) handele es sich um eine unselbstständige Untergliederung ohne Außenrechtsfähigkeit, die vollständig von dem Beklagten zu 1) abhängig sei, deren Stellen in einem einheitlichen Stellenplan enthalten seien, die Räume unter der einheitlichen Adresse ohne Raummiete nutze. Die Einstellung des Klägers habe auf einem Präsidiumsbeschluss des Beklagten zu 1) beruht. Der schriftliche Vertrag sei vom Vorstand der Beklagten zu 2) in Anwesenheit des Hauptgeschäftsführers des Beklagten zu 1) in dessen Büro unterzeichnet worden. In dem Gespräch bei Einstellung habe der damalige ehrenamtliche Vorsitzende der Beklagten zu 2), Herr ... dem Kläger gegenüber erklärt, er sei seitens des Präsidiums des Beklagten zu 1) beauftragt, die Position des Geschäftsführers der Beklagten zu 2) im Auftrag des Beklagten zu 1) zu besetzen. Auch die Entscheidung über den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages habe der Beklagte zu 1) getroffen. Direktionsanordnungen im Rahmen des Arbeitsverhältnisses hätten der Beklagte zu 1) und dessen Organe, insbesondere der Hauptgeschäftsführer des Beklagten zu 1), erteilt. Das Präsidium des Beklagten zu 1) habe entschieden, dem Kläger eine Kündigung auszusprechen. Auch die Betriebsratsanhörung sei durch den Beklagten zu 1) vorgenommen worden. Er trägt zu den Kündigungsgründen vor, der Kläger selbst habe die Aufklärung betrieben. Jährlich seien 20.000 Buchungen auf dem Konto der Beklagten zu 2) erfolgt, eine lückenlose Kontrolle durch den Kläger sei nicht möglich gewesen. Der Kläger habe Stichproben gemacht, dadurch seien aber Manipulationen nicht zu verhindern. Weiterhin bestehe ein Mitschulden der Sparkasse B.-Stadt, die auch eine Ersatzleistung in Höhe von € 45.000,00 an die Beklagtenseite geleistet habe. Zur Auffüllung der Barkasse habe der Kläger Barschecks ausgestellt, allerdings nicht in dem ihm vorgeworfenen Umfang. Die Kasse habe er alle zwei Monate überprüft. Weiterhin sei die Überprüfung der Belege dadurch erschwert, dass die Belege zur Buchung in die Zentralkasse des Beklagten zu 1) weitergegeben würden. Von dort habe auch eine Zweitzeichnung eines jeden Auszahlungsbelegs erfolgen müssen, die offenbar ohne jede Kontrolle erfolgt sei. Er verweist auf einen Organisationsfehler wegen der Auszahlung durch die Zentralkasse ohne Kontrolle. Verrechnungsschecks habe der Kläger weder wissentlich auf Frau ... ausgestellt, noch habe er solche Schecks blanko unterzeichnet. Es sei deshalb von Fälschungen auszugehen. Weiterhin seien weitaus mehr Verrechungsschecks von dem stellvertretenden Geschäftsführer Gr. unterzeichnet gewesen als vom Kläger, diesem gegenüber habe die Beklagtenseite aber keine Konsequenzen gezogen. Die Abmahnung sei ungerechtfertigt, hierzu verweist er auf seine Stellungnahme zur Abmahnung (Bl. 330 d. A.). Zur Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung trägt der Kläger vor, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe den Betriebsrat gebeten, die Stellungnahme Frist nicht auszuschöpfen und als Fristbeginn für die Zwei- Wochen-Frist den 05.04.2007, den Zeitpunkt des Abschlusses des Überprüfungszeitraums durch die Wirtschaftsprüferkanzlei, genannt. Zu diesem Zeitpunkt habe bereits ein Bericht mit einer Handlungsempfehlung vorgelegen. Danach habe die Beklagtenseite keine neuen Erkenntnisse gewonnen. Für die im Februar 2008 ausgesprochenen Kündigungen habe die Zwei-Wochen-Frist spätestens am 16./17.01.2008 begonnen, da der Betriebsrat in seiner Stellungnahme vom 01.02.2008 auf ein graphologisches Gutachten eingegangen sei, dessen Eingang laut Aussage des Geschäftsführers der Beklagten zu 2) gegenüber dem Betriebsrat am 16.01.2008 erfolgt sei, und welches bereits am 16. oder 17.01.2008 mit dem Vizepräsidenten und dem Hauptgeschäftsführer des Beklagten zu 1) besprochen worden sei (Bl. 387 d. A.). Der Kläger trägt zur Betriebsratsanhörung vor Ausspruch der Kündigung vom 20.04.2007 vor, der Prozessbevollmächtigte der Beklagten sowie der Geschäftsführer des Beklagten zu 1) hätten ausdrücklich gegenüber dem Betriebsrat geäußert, dieser könne beschließen „was er wolle, der Beschluss des Präsidiums stehe bereits fest und würde in jedem Fall umgesetzt“.

Im Zusammenhang mit der Rüge der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung vom 04.02.2008 trägt der Kläger vor, eine Anhörung sei nicht erfolgt. Der Betriebsrat sei zu den außerordentlichen Kündigungen vom 06.02.2008 sowie zu den ordentlichen Kündigungen der beiden Beklagten vom 08.02.2008 angehört worden, diese Anhörung sei allerdings nicht ordnungsgemäß erfolgt und der Betriebsrat sei lediglich darüber informiert worden, dass durch die Beklagten beabsichtigt sei, neuerliche Kündigungen auszusprechen, da sich aufgrund eines vorliegenden graphologischen Gutachtens der von den Beklagten gehegte Verdacht erhärtet habe, der Kläger habe die von den Beklagten in Bezug genommenen Schecks unterschrieben. Weitergehende Informationen, insbesondere über den Inhalt des Gutachtens, seien dem Betriebsrat nicht mitgeteilt worden. Eine Absicht, das Arbeitsverhältnis des Klägers nunmehr aufgrund erwiesener Pflichtverletzungen zu kündigen, sei dem Betriebsrat nicht mitgeteilt worden und der Betriebsrat sei auch nicht über den wesentlichen Inhalt der Ermittlungsakten informiert worden. Entlastende Umstände aus den Ermittlungsakten im Verfahren ... seien dem Betriebsrat vorenthalten worden, so die Aussage der Zeugin ... die gegenüber der Polizei die Angabe gemacht habe, dass sich Frau ... der Zeugin gegenüber darüber beklagt habe, dass zwar der stellvertretender Geschäftsführer der Beklagten zu 2), Herr ... niemals aber der Kläger, Blankoschecks zur Verfügung gestellt habe. Der Kläger hat die ursprünglich ausschließlich gegenüber dem Beklagten zu 1) erhobene Kündigungsschutzklage am 27.04.2007 bei Gericht eingereicht. Der Beklagte zu 1) hat sich auf mangelnde Passivlegitimation berufen und vorgetragen, Arbeitgeber sei die Sportjugend als nicht rechtsfähiger Verein. Am 26.06.2007 hat der Kläger einen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage gegenüber der Beklagten zu 2) erhoben und gleichzeitig eine Klageschrift mit einer gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Kündigungsschutzklage eingereicht (beides datierend vom 22.06.2007). Das Verfahren hat das Aktenzeichen 3 Ca 1258/07 erhalten und ist durch das Gericht mit Verbindungsbeschluss vom 20.07.2007 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu vorliegendem Verfahren hinzu verbunden worden. Dem Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage hat das Arbeitsgericht Mainz mit rechtskräftigem Beschluss vom 24.01.2008 stattgegeben (Bl. 369 ff. d. A.). 

Der Kläger beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 20.04.2007, dem Kläger am gleichen Tag zugegangen, beendet wurde.

 2. Es wird festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 20.04.2007, dem Kläger am gleichen Tag zugegangen, beendet wurde.

3. Es wird festgestellt, dass das durch den Anstellungsvertrag vom 20.06.1996 begründete Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 04.02.2008 nicht beendet wird.

4. Es wird festgestellt, dass das durch den Anstellungsvertrag vom 20.06.1996 begründete Arbeitsverhältnis des Klägers nicht durch die Kündigungen des Beklagten zu 1) vom 06.02.2008 beendet wird.

5. Es wird festgestellt, dass das durch den Anstellungsvertrag vom 20.06.1996 begründete Arbeitsverhältnis des Klägers nicht durch die Kündigungen der Beklagten zu 2) vom 08.02.2008 zum 30.09.2008 beendet wird.

6. Es wird festgestellt, dass das durch den Anstellungsvertrag vom 20.06.1996 begründete Arbeitsverhältnis des Klägers nicht durch die Kündigungen des Beklagten zu 1) vom 08.02.2008 zum 30.09.2008 beendet wird.

7. Es wird festgestellt, dass das durch den Anstellungsvertrag vom 20.06.1996 begründete Arbeitsverhältnis des Klägers über den 30.09.2008 hinaus ungekündigt fortbesteht. 

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen. 

Die Beklagten hatten zunächst vorgetragen, ausweislich des schriftlichen Arbeitsvertrages sei Arbeitgeber die Sportjugend als selbstständige Untergliederung und zur Selbstständigkeit vorgetragen, die Beklagte zu 2) unterhalte eine im Wesentlichen unabhängige Finanzierung und autonome Mittelverwaltung, bei dem gemeinsamen Stellenplan handele es sich um den des Landes, nach Antrag des Klägers gegenüber dem Beklagten zu 1) auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages habe der Hauptgeschäftsführer die Unterschrift für den Beklagten zu 1) ausdrücklich abgelehnt und den Kläger an die Beklagte zu 2) verwiesen, die dann auch den Vertrag Ende 2006 mit dem Kläger geschlossen habe, das Direktionsrecht im Arbeitsverhältnis sei durch den Vorstand der Sportjugend ausgeübt worden, eine Delegation einzelner Arbeitgeberfunktionen habe keinen Einfluss auf die Arbeitgebereigenschaft, die Abmahnung sei dem Kläger erteilt worden durch die Beklagte zu 2) und - als Dachverband und wegen dessen wirtschaftlichen Schadens - durch den Beklagten zu 1), es bestehe ein gemeinsamer Betriebsrat. Die Beklagten hatten weiterhin die Gespräche bei Einstellung des Klägers bestritten mit dem Vortrag, es habe keine Vertretungsmacht im Verhältnis zum Beklagten zu 1) bestanden und es sei auch keine Genehmigung erteilt worden. Demgegenüber tragen die Beklagten nunmehr vor, Arbeitgeberin sei die Beklagte zu 2), zuvor mit Nichtwissen bestrittener Vortrag des Klägers im Zusammenhang mit der Einstellung werde nun nicht mehr bestritten. Zu der zuvor bestrittenen Entscheidung über die Kündigung durch das Präsidium des Beklagten zu 1) mit dem Vortrag, es habe sich nur um eine Empfehlung gehandelt, tragen die Beklagten nunmehr unter Aufgabe des früheren Vortrages vor, die Entscheidung sei konsequenterweise durch das Präsidium des Beklagten zu 1) erfolgt. Die Beklagten tragen zu den Kündigungsgründen vor, die Kündigung vom 20.04.2007 sei wegen des starken Verdachts erheblicher Pflichtverletzungen erfolgt, die Kündigungen aus dem Februar 2008 seien wegen erwiesener Pflichtverletzungen erfolgt.

Die Führung der wirtschaftlichen Angelegenheiten sei eine vornehmliche arbeitsvertragliche Aufgabe des Klägers. Die Barkasse habe sich erst auf Veranlassung des Klägers ab dem Jahre 2000 bei Frau ... befunden. Nach dem Wirtschaftsprüferbericht vom 20.04.2007 (die Beklagten legen die dritte Fassung dieses Berichts vor, Bl. 545 ff. d. A.) habe sich der Schaden durch Untreuehandlungen von Frau ... auf € 386,338,44 belaufen, daraus hätten sich bereits vom Kläger unterzeichnete Barschecks im Gesamtwert von € 77.000,00 ergeben, nunmehr sei von Barschecks in Höhe von insgesamt € 97.000,00 auszugehen. Weiterhin sei dem Kläger ein Kontrollmangel vorzuwerfen, soweit der stellvertretende Geschäftsführer ... Schecks im Gesamtwert in Höhe von € 115.000,00 ausgestellt habe, deren Einlösung dem Kläger nicht aufgefallen sei. Weiterhin seien nach der Prüfung vom Kläger Verrechnungsschecks im Gesamtwert von € 71.377,12 unterzeichnet worden, die von Frau ... eingelöst worden seien. Bei Anhörung des Klägers am 17.04.2007 sei ihm zuvor mitgeteilt worden, dass es sich um eine Anhörung zum Verdacht eigener Pflichtverletzungen handele. Der Kläger habe erklärt, es müsse sich um Fälschungen handeln. Weiterhin habe er erklärt, er habe Frau ... blind vertraut und keine Kontrollen gemacht. Zur Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist tragen die Beklagten vor, Grundlage für die Verdachtskündigung sei der Rohentwurf des Wirtschaftsprüferberichts gewesen, hiervon habe der Präsident des Beklagten zu 1) Kenntnis erhalten am 16.04.2007. An diesem Tag sei auch ein Arbeitsexemplar des vorläufigen Berichts in dem Verfahren des Rechtsstreits von Frau ... an das Arbeitsgericht übermittelt worden. Ebenfalls am 16.04.2007 habe der Vorsitzende der Beklagten zu 2) ein Exemplar erhalten.

Vor Ausspruch der Kündigungen aus dem Februar 2008 hätten die Beklagten durch ihren Prozessbevollmächtigten am 22.01.2008 Einsicht in die Ermittlungsakten im Verfahren ... genommen. Von den Erkenntnissen aus dieser Einsichtnahme seien der Vorstand der Beklagten zu 2) am 24.01.2008 und das Präsidium des Beklagten zu 1) am 29.01.2008 durch den Prozessbevollmächtigten informiert worden. Zur Betriebsratsanhörung vor Ausspruch der Kündigungen vom Februar 2008 tragen die Beklagten vor, der Vorstand der Beklagten zu 2) habe am 24.01.2008 den Ausspruch einer außerordentlichen und hilfsweise einer ordentlichen Kündigung beschlossen. Der Geschäftsführer der Beklagten zu 2), Herr ..., habe sodann im Anschluss den Betriebsrat - bestehend aus den Zeugen ... - von der Kündigungsabsicht der Beklagten zu 2) informiert. Der Betriebsrat habe der außerordentlichen Kündigung mit Schreiben vom 01.02.2008 (soweit streitig) und der ordentlichen Kündigung mit Schreiben vom 05.02.2008 (vom Kläger unbestritten) widersprochen. Das Präsidium des Beklagten zu 1) habe am 29.01.2008 beschlossen, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos, hilfsweise fristgerecht, zu kündigen. Im Anschluss habe der Beklagte zu 1) das Betriebsratsanhörungsverfahren in Bezug auf diese beiden Kündigungen auch für den Beklagten zu 1) eingeleitet, der Betriebsrat sei ohnehin bereits durch den Geschäftsführer der Beklagten zu 2) sachlich informiert gewesen. Die Beklagten haben zu Protokoll im Rahmen der Kammerverhandlung vom 28.08.2008 vorgetragen, der Geschäftsführer der Beklagten zu 2) habe freitags am 25.01.2008 mit dem Betriebsrat gesprochen und dem Betriebsrat gegenüber mitgeteilt, dass der Vorstand der Sportjugend die Kündigung beschlossen habe am Abend des 24., dass der Anwalt die Ermittlungsakte zitiert habe, und dass sich aus dem dort vorhandenen Gutachten ergebe, dass die Sportjugend nunmehr davon ausgehe, dass es sich bei den Unterschriften um Originale handele.

Weiterhin ergebe es sich aus dem Ermittlungsakten, dass Frau ... in ihrer Aussage ausgeführt habe, dass sie regelmäßig Blankoschecks zur Verfügung gehabt habe, deshalb gehe die Sportjugend davon aus, dass eine mangelhafte Kontrolle seitens des Klägers stattgefunden habe. Wesentliche Aspekte für die Sportjugend und den Ausspruch der Kündigung seien, dass der Kläger Blankoschecks ausgestellt und die Fehlbeträge insgesamt nicht bemerkt habe. Der Kläger hat diesen Sachvortrag wegen Verspätung gerügt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages beider Parteien wird auf die in mündlicher Verhandlung vorgetragenen Schriftsätze sowie die zu Protokoll genommenen Erklärungen der Parteien verwiesen. 

 

Entscheidungsgründe  

Die Klage ist hinsichtlich der Anträge 1. bis 6. zulässig, im Übrigen unzulässig.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gegeben. Dies gilt im Verfahren im Verhältnis zu der Beklagten zu 2) auch in Ansehung des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG und der satzungsmäßigen Vertreterstellung des Klägers für die Beklagte zu 2), jedenfalls im Hinblick auf eine Zusammenhangklage mit der bereits anhängigen Klage des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1). Die Zulässigkeit des Rechtswegs folgt deshalb im Verhältnis zu der Beklagten zu 2) aus § 2 Abs. 3 ArbGG.

Eine Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges gemäß § 17 a Absatz 3 GVG war mangels Rüge einer der Parteien nicht veranlasst. Die Kammer hat deshalb der Beschleunigung des Verfahrens den Vorzug gegeben. Die erforderliche Parteifähigkeit der Beklagten zu 2) als nichtrechtsfähiger Verein besteht gemäß § 50 Abs. 2 ZPO. Dieser begründet die passive Parteifähigkeit auch von Unterorganisationen von Hauptverbänden, sofern eine eigene körperschaftliche Verfassung, das Führen eines Gesamtnamens, eine Unabhängigkeit vom Wechsel der Mitglieder und die Wahrnehmung von eigenständigen Aufgaben gegeben sind. Eine eigene Satzung ist nicht erforderlich, die Regelung in der Satzung des Hauptverbandes ist ausreichend (vgl. Weth in Musielak ZPO § 50 Rz. 28). Weiterhin ist die unbedingte subjektive sowie objektive Klagehäufung gemäß §§ 59, 260 ZPO zulässig und es besteht das für die Erhebung der Feststellungsanträge zu Ziffer 1. bis 6. erforderliche besondere Feststellungsinteresse gemäß § 256 ZPO. Dieses folgt für die Kündigungsschutzanträge bereits aus der Fristgebundenheit der Kündigungsschutzklage (§§ 13, 4, 7 KSchG). Demgegenüber ist der allgemeine Feststellungsantrag zu Ziffer 7. der Klageanträge unzulässig. Es fehlt am erforderlichen Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO).

Danach kann auf Feststellung eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Für die Erhebung eines allgemeinen Feststellungsantrages neben einem Kündigungsschutzantrag im Prozess ist es deshalb erforderlich, dass über das Interesse am Kündigungsschutzantrag hinaus ein weitergehendes Feststellungsinteresse besteht. Dies setzt die Einführung weiterer in Betracht kommender Beendigungstatbestände im Prozess oder wenigstens deren Möglichkeit voraus (BAG vom 27.01.1994 - 2 AZR 484/93 - AP Nr. 28 zu § 4 KSchG 1969). In vorliegendem Fall wurden dem Kläger keine weiteren Kündigungen über diejenigen hinaus ausgesprochen, die Gegenstand der Anträge zu 1. bis 6. sind. Auch sind im Verfahren keine solchen Umstände dargelegt worden, aus denen sich die Möglichkeit des weiteren Beendigungstatbestandes ergeben hätte. Deshalb ist eine hinreichende Darlegung des Feststellungsinteresses nicht erfolgt und der Antrag als unzulässig abzuweisen. Die Klage ist, soweit sie zulässig ist, im Verhältnis zur Arbeitgeberin, der Beklagten zu 2), insgesamt begründet, im Übrigen in Ermangelung eines bestehenden Rechtsverhältnisses unbegründet. Keine der ausgesprochenen Kündigungen führt zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Im Einzelnen gilt Folgendes: Ziffer 1. der Klageanträge ist bereits deshalb unbegründet, da nicht antragsgemäß das (Fort-)Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) festgestellt werden kann. Zwischen diesen Parteien ist ein Arbeitsverhältnis nicht begründet worden. Vielmehr sind ausweislich des ausdrücklichen schriftlichen Arbeitsvertrages vom 20.06.1996 der Kläger einerseits und die Beklagte zu 2) andererseits Parteien des Arbeitsverhältnisses geworden. Dies entspricht der Parteibezeichnung im ersten Satz des schriftlichen Vertrages sowie bei der Unterschrift.

Der schriftliche Arbeitsvertrag weist diese Parteibezeichnung auf Arbeitgeberseite durchgängig aus, sie findet sich insbesondere nochmals bei der Tätigkeitsbeschreibung in Ziffer 1. und bei der Vereinbarung einer Altersversorgung in Ziffer des Vertragstextes (Bl. 4 d. A.). Der Vorsitzende der Sportjugend hat bei Abschluss des Vertrages als Vertreter und ausdrücklich im Namen der Beklagten zu 2) gehandelt, nicht aber im Namen des Beklagten zu 1). Aus den nunmehr von Beklagtenseite unstreitig gestellten Umständen bei der Einstellung, der Anwesenheit des Hauptgeschäftsführers des Beklagten zu 1) und der Unterzeichnung des schriftlichen Vertrages in dessen Büro, folgt nichts anderes. Vielmehr stehen diese Umstände einem Redaktionsversehen entgegen.

Es kann ausgeschlossen werden, dass bei Abschluss des schriftlichen Vertrages der satzungsmäßige Vertreter im ausdrücklichen Namen der von ihm vertretenen Organisation in Wirklichkeit nicht für diese, sondern für eine andere Organisation, deren Vertreter er nicht ist, handelt, obwohl der satzungsmäßige Vertreter jener Organisation bei dem schriftlichen Vertragsschluss zugegen ist. Auch ein zuvor erfolgter Präsidiumsbeschluss seitens des Beklagten zu 1) zur Einstellung des Klägers erfordert keine andere Bewertung, da dies kein Vertretungsverhältnis belegt, sondern lediglich eine Einflussnahme. Diese Bewertung hat auch die Beklagtenseite noch im Schriftsatz vom 13.08.2007 so vorgenommen und vorgetragen, selbst wenn Herr Hö. bei der Einstellung mitgeteilt haben würde, er sei seitens des Präsidiums des ... e. V. beauftragt, so bedeute dies noch nicht, dass der Arbeitsvertrag im Namen des ... e. V. geschlossen worden wäre. Die Arbeitgebereigenschaft der Beklagten zu 2) ist nicht aufgrund ihrer Unselbstständigkeit als nicht eingetragener Verein ausgeschlossen. Die Untergliederungen eines Gesamtvereins können rechtlich unselbstständig sein, aber auch die Rechtsstellung eines rechtsfähigen oder nicht rechtsfähigen Vereins besitzen. Wie sie einzustufen sind, kann im Einzelfall zweifelhaft sein.

Eine Qualifizierung als nicht rechtsfähiger Verein setzt voraus, dass die Unterorganisation eigene Aufgaben selbstständig wahrnimmt, eine körperschaftliche Verfassung besitzt, einen eigenen Namen führt und vom Wechsel der Mitglieder unabhängig ist. Nicht notwendig ist, dass die Untergliederung über eine eigene Satzung verfügt; ihre Verfassung kann sich aus der Satzung des gesamten Vereins ergeben. Eigene, nicht vom Gesamtverein eingesetzte Organe, selbstständige Kassenführung und besonders formalisierte Mitgliederversammlungen sind Merkmale, die für eine Einstufung als nicht rechtsfähiger Verein sprechen (Heinrichs in Palandt, Einführung vor § 21 Rz. 21 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). In vorliegendem Fall ergibt sich aus dem unstreitigen Sachverhalt, insbesondere der eigenen Aufgaben und Zielsetzung, den eigenen satzungsmäßig bestimmten, handelnden Organen, bestehend aus Vorstand und Mitgliederversammlung, und aus der im Wesentlichen unabhängigen Finanzierung, dass es sich bei der Beklagten zu 2) um eine hinreichend selbstständige Untergliederung handelt, die ihrerseits Arbeitsverhältnisse begründen kann und die ihrerseits - wie unter I. bereits ausgeführt - auch parteifähig im Sinne der ZPO ist. In Anbetracht der weitgehenden Autonomie durch eigene handelnde Organe und eigene Mittelverwaltung handelt es sich bei der Beklagten zu 2) auch unter Berücksichtigung der zahlreichen Sachleistungen im Rahmen der Lohnabrechnung, Buchungsvorgänge und gegebenenfalls Gestellung von Räumlichkeiten sowie der Einflussnahmen auf Entscheidungen der Beklagten zu 2) in Personalangelegenheiten durch den Beklagten zu 1) um eine hinreichend selbstständige Untergliederung, die ihrerseits Verträge schließen kann. Dass die Beklagten von der Vertretung des Vorsitzenden der Beklagten zu 2) für die Beklagte zu 2) im Rahmen des Abschlusses des Arbeitsverhältnisses ausgegangen sind und nicht von einem unausgesprochenen Vertretungsverhältnis zum Beklagten zu 1), wurde erneut bestätigt bei Abschluss des den ursprünglichen Anstellungsvertrag ändernden Altersteilzeitvertrags aus dem Jahre 2006, der erneut von dem handelnden Organ der Beklagten zu 2) auf Arbeitgeberseite und in deren ausdrücklichen Namen abgeschlossen wurde und mithin eine Auslegung dahingehend, es sei ein Vertragsschluss im Namen des Beklagten zu 1) gegeben, nicht zulässt. Demgegenüber hat der Kläger mit dem Kündigungsschutzantrag gegenüber der Beklagten zu 2) wegen der unter dem 20.04.2007 ausgesprochenen Kündigung Erfolg.

Die Beklagte zu 2) hat sich im Verhältnis zum Kläger auf diese Kündigung berufen. Eine Kündigungserklärung im Namen der Beklagten zu 2) als Arbeitgeberin liegt aber nicht vor. Eine solche Zuordnung ist nach der gebotenen Auslegung dieses Schreibens nicht möglich. Bei der Kündigung handelt es sich um eine einseitige, empfangsbedürftige und rechtsgestaltende Willenserklärung, die gemäß §§ 133, 157 BGB der Auslegung bedarf. Gemäß § 133 BGB ist die Erklärung so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger unter Würdigung der ihm bekannten Umstände nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte. Danach ergibt sich ausgehend vom Wortlaut aus dem Kündigungsschreiben der deutliche Wille, im Namen und mit Wirkung für den Beklagten zu 1) eine Kündigung zu erklären. Dies folgt aus der Verwendung des Briefkopfes und der linken Unterschrift mit Untertitelung, die den Unterzeichner benennt und das Vertretungsverhältnis zum Beklagten zu 1) angibt. Hierauf berufen sich die Beklagten auch zuletzt im Prozess, die diese Kündigungserklärung als wirksame Kündigungserklärung des nach ihrer zuletzt vorgetragenen Auffassung maßgeblichen Arbeitgebers - des Beklagten zu 1) - gewertet wissen wollen. Demgegenüber kommt nicht erkennbar im Kündigungsschreiben zum Ausdruck, dass hiermit statt der Kündigung im Namen des Beklagten zu 1) vielmehr eine Kündigung im Namen der Beklagten zu 2) erklärt worden wäre. Hierfür reicht die Unterschrift rechts durch den Vorsitzenden der Beklagten zu 2) nicht aus, auch unter Berücksichtigung der oben ausgeführten Feststellungen, in welchem Verhältnis tatsächlich ein Arbeitsverhältnis besteht. Zwar haben die Beklagten zur Unterstützung ihrer inzwischen aufgegebenen Rechtsauffassung, die Kündigung sei von der Beklagten zu 2) als Arbeitgeberin ausgesprochen worden, auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 31.01.1996 verwiesen (2 AZR 273/95 - NZA 96, 649 ff.), wonach die Kündigung regelmäßig dem Arbeitgeber zuzurechnen sei, wenn auf seinen Seiten ein Bevollmächtigter kündige, auch wenn bei Ausspruch der Kündigung auf das Vertretungsverhältnis nicht ausdrücklich hingewiesen werde.

Ein Vertretungsverhältnis des Beklagten zu 1) für die Beklagte zu 2) ist aber nicht schlüssig behauptet worden. Der geschäftsführende Vizepräsident des Beklagten zu 1) hat im Gütetermin vom 12.06.2007 vielmehr zu Protokoll erklärt: „... Wir haben, um sicher zu gehen, beide unterschrieben wegen der Unsicherheit der Frage des Arbeitgebers.“ Sofern insoweit von den Unterzeichnern beabsichtigt worden sein sollte, vorsorglich zwei Kündigungserklärungen jeweils als möglicher Arbeitgeber abzugeben, so kommt dies an keiner Stelle im Kündigungsschreiben zum Ausdruck und eine dahingehende Auslegung des Schreibens ist damit ausgeschlossen. Da eine Kündigungserklärung im Namen der Beklagten zu 2) insgesamt nicht vorliegt, hat der Antrag auf Feststellung, dass diese Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat, Erfolg.

Der Antrag zu Ziffer 3. der Klageanträge ist ebenfalls begründet. Antragsgemäß war festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 04.02.2008 nicht beendet wird. Die Unwirksamkeit der Kündigung folgt aus § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Danach ist eine ohne Anhörung des Betriebsrates ausgesprochene Kündigung unwirksam. Die für die Voraussetzung des § 102 Abs. 1 BetrVG darlegungs- und beweispflichtige Beklagte zu 2) hat in vorliegendem Verfahren nicht schlüssig und unter Beweisantritt vorgetragen, den Betriebsrat zur außerordentlichen Kündigung vom 04.02.2008 angehört zu haben. Ein im Anhörungsverfahren zuständiger Betriebsrat ist gebildet. Von keiner der Parteien ist im Verfahren in Zweifel gezogen worden, dass der bestehende Betriebsrat einheitlich für den Beklagten zu 1) und seine Untergliederung, die Beklagte zu 2), gewählt und gebildet worden ist. Auch der Kläger hat lediglich die Arbeitgebereigenschaft der Beklagten zu 2) in Zweifel gezogen, nicht aber die Zuständigkeit des im Betrieb gebildeten Betriebsrates. Dieser ist mithin auch im Gemeinschaftsbetrieb für die Arbeitnehmer der Beklagten zu 2) zuständig. Die von den Beklagten behauptete Anhörung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung der Beklagten zu 2) vom 04.02.2008 ist zwischen den Parteien streitig und von der Beklagten nicht schlüssig unter Beweisantritt vorgetragen worden. Fristgerecht haben die Beklagten im Schriftsatz vom 14.07.2008 lediglich vorgetragen: „Der Geschäftsführer der Beklagten zu 2), Herr ..., informierte sodann im Anschluss den Betriebsrat - bestehend aus den Zeugen ..., und ... - von der Kündigungsabsicht der Beklagten zu 2).“ Diesen Vortrag haben die Beklagten zu Protokoll der Kammerverhandlung vom 28.08.2008 ergänzt durch Angaben zum Zeitpunkt und Inhalt. Weiterhin hat die Beklagtenseite aber nicht konkret vorgetragen, inwieweit der Betriebsrat zu zwei Kündigungserklärungen, nämlich einer außerordentlichen Kündigungserklärung sowie einer ordentlichen Kündigung angehört worden ist. Die Beklagten sind daher nicht erheblich dem Vortrag des Klägers entgegen getreten, es sei zur außerordentlichen Kündigung keine Anhörung erfolgt.

Auffällig ist auch, dass in allen anderen in engem zeitlichen Zusammenhang im Februar 2008 ausgesprochenen Kündigungserklärungen beider Beklagter, die sich auch in den Formulierungen und im Erscheinungsbild weitgehend entsprechen, als letzter Absatz der Hinweis enthalten ist: „Der Betriebsrat hat der Kündigung widersprochen. Die Stellungnahme des Betriebsrates fügen wir bei.“, nicht aber in der streitgegenständlichen Kündigung vom 04.02.2008. Auch die wörtlich identischen ordentlichen Kündigungserklärungen der Beklagten zu 2) vom 08.02.2008 führen nicht zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses, da sie gemäß § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG unwirksam sind. Die Kammer geht mit der einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (BAG vom 28.02.1974 - AP Nr. 2 zu § 102 BetrVG 1972, BAG vom 16.09.1993 AP Nr. 62 zu § 102 BetrVG 1972, Kania in Erfurter Kommentar § 102 BetrVG Rn. 29, Koch in Ascheid/Preiss/Schmidt, Kündigungsrecht 3. Auflage, § 102 BetrVG V 2 a m. w. N.) davon aus, dass die Kündigung nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nicht nur dann unwirksam ist, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Betriebsrat zuvor überhaupt beteiligt zu haben, sondern auch dann, wenn der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht ausführlich genug nachkommt. Um seiner Unterrichtungspflicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG zu genügen, muss der Arbeitgeber den zu kündigenden Arbeitnehmer unter Angabe seiner Sozialdaten benennen, die Art der beabsichtigten Kündigung mitteilen, insbesondere, ob der Ausspruch einer ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung beabsichtigt ist, sowie Kündigungsfrist und Kündigungstermin angeben. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat diejenigen Gründe mitteilen, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und für seinen Kündigungsentschluss maßgebend sind.

Der Umfang der Mitteilung wird durch den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsatz der subjektiven Determinierung bestimmt. Danach ist der Betriebsrat bereits ordnungsgemäß gehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat (BAG vom 15.11.1995 - 2 AZR 974/94 - AP Nr. 73 zu § 102 BetrVG 1972, Urteil vom 22.09.1994 - 2 AZR 31/94 - AP Nr. 68 zu § 102 BetrVG 1972). Aus dem Sinn und Zweck der Anhörung folgt für den Arbeitgeber die Verpflichtung, die Gründe für seine Kündigungsabsicht derart mitzuteilen, dass er dem Betriebsrat eine nähere Umschreibung des für die Kündigung maßgeblichen Sachverhalts gibt. Diese Kennzeichnung des Sachverhalts muss einerseits so genau und umfassend sein, dass der Betriebsrat ohne eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen. Der Arbeitgeber genügt daher der ihm obliegenden Mitteilungspflicht nicht, wenn er den Kündigungssachverhalt nur pauschal, schlagwort- oder stichpunktartig umschreibt oder lediglich ein Werturteil abgibt, ohne die für seine Bewertung maßgeblichen Tatsachen mitzuteilen (BAG vom 22.09.1994 a. a. O.). Demgegenüber beschränkt sich der Vortrag der Beklagten, soweit er fristgerecht und mit Beweisantritt erfolgt ist, auf das Wort „Kündigungsabsicht“.

Der Vortrag zur Anhörung enthält auch nach der Ergänzung im Kammertermin vom 28.08.2008 Lücken zur der Frage der Kündigungsart, der Kündigungsfrist und des Kündigungstermins sowie zu den Sozialdaten des Klägers wie auch zur Angabe der Kündigungsgründe. Es kann auch dem gesamten Vortrag der Beklagten nicht entnommen werden, inwieweit diese notwendigen Inhalte im Anhörungsverfahren deshalb nicht mitzuteilen waren, da sie dem Betriebsrat ohnehin bekannt waren. Dies mag in Anbetracht der Stellungnahmen des Betriebsrates hinsichtlich der Sozialdaten des Klägers gelten, gilt aber nicht für die weiteren Lücken im Anhörungsverfahren. Ob die im Kammertermin verspätet vorgetragene inhaltliche Anhörung zu den Kündigungsgründen den Grundsätzen der subjektiven Determinierung entsprechend ausreicht, kann nach diesen Ausführungen letztlich dahinstehen, zumal dieser streitige Sachvortrag der Beklagten mangels Beweisführung keine Berücksichtigung finden kann. Die weitergehenden Klageanträge, die Kündigungsschutzanträge, gerichtet gegen den Beklagten zu 1), wegen der von diesem erklärten Kündigungen vom 06.02.2008 sowie vom 08.02.2008 unterliegen demgegenüber aus den zu Ziffer II. 1. genannten Gründen der Abweisung. In diesem Verhältnis kann das (Fort-)Bestehen eines Arbeitsverhältnisses nicht festgestellt werden, da es an der Arbeitgebereigenschaft des Beklagten zu 1) fehlt, wie bereits ausgeführt. Der Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses ungeachtet einer konkreten Kündigung ist aber Gegenstand eines jeweiligen Kündigungsschutzantrages, ausgehend von dem maßgebenden punktuellen Streitgegenstandsbegriff der Kündigungsschutzklage (§ 4 Satz 1 KSchG). Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO und berücksichtigt das jeweilige Unterliegen der Parteien bei Festsetzung der Quote. Die Streitwertfestsetzung im Urteil erfolgt gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG. Der Wert wird festgesetzt auf insgesamt vier Bruttomonatsgehälter. Dabei hat die Kammer die Höchstgrenze nach § 42 Abs. 4 GKG berücksichtigt und eine Erhöhung wegen der weiteren ausgesprochenen Kündigungen wegen des veränderten Beendigungstermins mit dem Höchstmaß von einem Monatsentgelt berücksichtigt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschlüsse vom 06.06.2007 - 1 Ta 105/07 und vom 11.06.2007 - 1 Ta 103/07).   



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