Arbeitsgericht Mainz

Urteil vom - Az: 2 Ca 1786/05

Zur Hinweispflicht bei Altersteilzeitverträgen

Beim Abschluss eines Altersteilzeitvertrages trifft den Arbeitgeber nicht die Pflicht, den Arbeitnehmer über die für ihn beste Versorgung hinzuweisen und eine andere Vertragsgestaltung nahezulegen.
Das Urteil wurde in der Berufungsinstanz bestätigt, wobei das Bundesarbeitsgericht in der Revision auf die Pflicht des Arbeitgebers abstellte, er müsse dem Arbeitnehmer das Stellen von zweckgerichteten Anfragen ermöglichen.
(Redaktioneller Orientierungssatz)

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf € 15.323,40 festgesetzt.

IV. Soweit die Berufung nicht schon kraft Gesetzes zulässig ist, wird sie nicht zugelassen. 

 

Tatbestand 

Die Klägerin verlangt Ersatz wegen eines Versorgungsschadens, den diese durch Abschluss eines Altersteilzeitvertrages hinsichtlich ihrer Versicherung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) erlitten hat. Die Klägerin ist am ... 1945 geboren und seit 18.06.1990 bei dem beklagten Land als Verwaltungsangestellte im Finanzamt E-Stadt-Süd beschäftigt gewesen. Im Jahr 1998 erhielten die Beschäftigten im Bereich der OFD C-Stadt Informationen über die Möglichkeiten, Altersteilzeitverträge abzuschließen. Auf die von der Klägerin mit Schriftsatz vom 16.10.2005 zur Akte gereichten Kopien wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 01.02.2000 wandte sich die Klägerin über den Vorsteher des Finanzamtes E-Stadt-Süd an die OFD C-Stadt und beantragte ab dem 01.07.2000 Altersteilzeit. Deren Arbeitsphase sollte vom 01.07.2000 bis 30.11.2002 und die arbeitsfreie Phase im Anschluss daran bis zum 30.04.2005 dauern. Ab dem 01.05.2005 - also mit Vollendung des 60. Lebensjahres - wollte die Klägerin Regelaltersrente beziehen. Am 30.03.2000 fand sodann ein Gespräch zwischen der Klägerin und dem Geschäftsstellenleiter des Finanzamtes E-Stadt-Süd, dem Zeugen Seibel, statt, dessen Inhalt in Einzelheiten zwischen den Parteien streitig ist. 

Dem Antrag der Klägerin auf Altersteilzeit gab die OFD unter dem 07.04.2000 statt. Am 27.04.2000 unterschrieben die Parteien den Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag. Die Klägerin unterzeichnete eine Erklärung über die Freistellung ihres Arbeitgebers „von weiteren Hinweis- und Aufklärungspflichten“ (Kopie als Anlage zur Klageschrift, Bl. 114 d. A.). Mit dem 30.04.2005 schied sie vereinbarungsgemäß bei dem beklagten Land aus. Mit dem ebenfalls von der Klägerin mit der Klageschrift zur Akte gereichten Schreiben vom 15.05.2000, das auf ein dem Gericht nicht vorliegendes Schreiben der Klägerin vom 02.03.2000 Bezug nimmt, hatte die VBL ihr die Mitteilung über eine Versorgungsanwartschaft in Höhe von DM 855,71 gemacht. Eine ähnliche Auskunft enthält ein Schreiben vom 25.06.2000. Unter dem 01.02.2005 beziffert die VBL die Anwartschaft der Klägerin auf Betriebsrente wegen Alters zum 31.12.2003 auf monatlich € 865,68. Im Schreiben vom 31.01.2005 - wie die soeben Genannten als Anlage zur Klageschrift von der Klägerin zur Akte gereicht - heißt es schließlich, dass die Startgutschrift zum 31.12.2001 noch einmal berechnet worden sei, da die Klägerin bis zum 30.04.2005 lediglich 179 Umlagemonate zurückgelegt habe. Die Rentenanwartschaft wird nunmehr mit € 261,44 beziffert. Die Klägerin erhält seit 01.05.2005 € 270,68 Rente von der BfA und € 261,44 von der VBL sowie von der Maschinenbau- und Metallberufsgenossenschaft (MMBG) die Hinterbliebenenrente ihres verstorbenen Ehemannes in Höhe von € 1.228,19. Bezöge die Klägerin eine VBL-Rente in Höhe von € 865,68, würde diese teilweise auf die Rente der MMBG angerechnet werden, sich aber dennoch ein Gesamteinkommen der Klägerin in Höhe von € 2.885,49 ergeben, mithin eine Differenz € 425,63 zu ihrem derzeitigen Gesamteinkommen. 

Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe die Initiative für die Altersteilzeitvereinbarung ergriffen. Sie - die Klägerin - habe von der Möglichkeit, mit 55 in Altersteilzeit zu gehen, von der Beklagten selbst mittels der zur Akte gereichten Verfügung erfahren. Aufgrund der ihr seinerzeit vorliegenden Informationen sei sie auf den Zeugen Seibel zugegangen. Dieser habe sie dann am 30.03.2000 „zu sich hoch“ gebeten. Es sei ihr nicht darauf angekommen, unbedingt ab 01.05.2005 Regelaltersrente zu erlangen. Für sie sei nicht dieses Datum entscheidend gewesen, sondern vielmehr, dass sie unter den bestmöglichen Umständen möglichst früh in Regelaltersrente gehen konnte. Sie habe gegenüber dem Zeugen Seibel lediglich erklärt, dass sie in Altersteilzeit gehen wolle. Der Beginn 01.07.2000 sei vom Zeugen Seibel bzw. der OFD eingesetzt worden. Warum dieses Datum gewählt worden sei, entziehe sich ihrer Kenntnis. Hätte sie gewusst, dass für die Erzielung der maximalen Rente bei der VBL ein einziger weiterer Beitragsmonat erforderlich gewesen wäre, hätte sie selbstverständlich niemals den Vertrag vom 27.04.2000 mit Beginn 01.07.2000 und Ende 30.04.20005 unterzeichnet, sondern darauf bestanden, dass das Ganze um einen Monat verschoben werde. Im Hinblick auf die Sachkenntnis der Beklagten habe sie auf die von der Beklagten festgesetzten Zeit vom 01.07.2000 bis 30.04.2005 vertraut. Spätestens die OFD als übergeordnete Behörde hätte den Antrag sorgfältig prüfen und das Problem der 180 Beitragsmonate kennen und erkennen müssen. Ihre Erklärung vom 27.04.2000 könne ihr nicht entgegen gehalten werden. 

Die Klägerin beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen, an sie € 1.276,89 netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 425,65 vom 01.05. bis 31.05.2005, aus € 851,26 vom 01.06. bis 30.06. und aus € 1.276,89 ab dem 01.07.2005 zu zahlen,

II. die Beklagte zu verurteilen (hilfsweise: festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist), ihr sämtlichen ab dem 01.08.2005 entstehenden weiteren Schaden in Höhe der Differenz zwischen der - jetzt grundsätzlich errechneten - und künftig monatlich tatsächlich gezahlten Rente und der vollen Betriebsrente, welche der Klägerin zustehen würde, wenn Sie einen Monat länger gearbeitet und damit 180 Umlagemonate hätte, lebenslang monatlich, fällig zum Ende des jeweiligen Monats, beginnend mit dem Monat August 2005 nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem jeweiligen Monatsbetrag ab jeweiliger Fälligkeit zu zahlen (hilfsweise: zu ersetzen), 

hilfsweise:

die Beklagte zu verurteilen (hilfsweise: festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist), ihr sämtlichen ab dem 01.08.2005 entstehenden Schaden in Höhe der Differenz zwischen der - jetzt grundsätzlich errechneten - und künftig monatlich tatsächlich gezahlten Rente und der vollen Betriebsrente, welche der Klägerin zustehen würde, wenn sie einen Monat länger gearbeitet und damit 180 Umlagemonate hätte, lebenslang monatlich, fällig zum Ende des jeweiligen Monats, nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem jeweiligen Monatsbetrag ab jeweiliger Fälligkeit, zu zahlen (hilfsweise: zu ersetzen), gegenwärtig € 425,65 im Monat, 

hilfsweise: 

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin monatlich beginnend mit dem 01.08.2005 monatlich € 452,65 nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz ab jeweiliger Fälligkeit zu zahlen, die Beklagte weiterhin zu verurteilen, an die Klägerin zusätzlich einen über die € 452,56 hinausgehenden Betrag der sich aus Differenz zwischen der - jetzt grundsätzlich errechneten - und künftig monatlich tatsächlich gezahlten Rente und der vollen Betriebsrente, welche der Klägerin zustehen würde, wenn sie einen Monat länger gearbeitet und damit 180 Umlagemonate hätte, ergibt, an diese monatlich nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus dem jeweiligen Monatsbetrag ab jeweiliger Fälligkeit zu zahlen, hilfsweise zu I.) und II.): die Beklagte zu verurteilen, zuzustimmen, dass die Klägerin einen Monat bei ihrem Arbeitgeber, dem Finanzamt E-Stadt-Süd, nacharbeiten kann, um die erforderliche Anzahl an Umlagemonaten zur Erreichung der vollen Entgeltpunktzahl zu erreichen und um damit Anspruch auf die volle Regelaltersrente zu haben. 

hilfsweise hierzu:

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, zuzustimmen, dass die Klägerin einen Monat bei ihrem Arbeitgeber, dem Finanzamt E-Stadt-Süd, nacharbeiten kann, um die erforderliche Anzahl an Umlagemonaten zur Erreichung der vollen Entgeltpunktzahl und um damit Anspruch auf die volle Regelaltersrente zu haben. 

Das beklagte Land beantragt Klageabweisung. 

Das beklagte Land trägt vor, im Vorfeld des Antrages auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages habe am 30.03. 2000 das von der Klägerin erwähnte Gespräch mit dem Zeugen Seibel stattgefunden. Die Klägerin habe erklärt, dass sie die in ihrem Antrag enthaltenen Zeiten unbedingt wünsche und in Kauf nehme, gegebenenfalls von der VBL geringere Zahlungen zu erhalten. Ihr sei es darauf angekommen, ab 01.05.2005 Regelaltersrente zu erhalten und am 01.07.2002 mit der Altersteilzeit zu beginnen, wobei die Initiative von ihr ausgegangen sei. Beschäftigte des Landes hätten aufgrund der ihr vorgegebenen Daten lediglich die Zeiträume für die Arbeits- und Freistellungsphase der Altersteilzeitbeschäftigung festgelegt, indem die zur Verfügung stehende Restarbeitszeit nach dem Blockmodell im Arbeitsvertrag aufgeführt worden sei. Aufgrund der Erklärung vom 27.04.2005 habe man bei der Arbeitgeberin davon ausgehen können, dass seitens der Klägerin kein weiterer Klärungsbedarf durch die Arbeitgeberin bestanden habe. Kenntnisse von den schwierigen Rechtsfragen nach der VBL-Satzung könnten im Übrigen nach der Rechtsprechung von einem Personalsachbearbeiter des beklagten Landes nicht erwartet werden. Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens und der Verfahrensgeschichte wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe 

Die Klage hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gegen das beklagte Land und kann auch nicht verlangen, dort noch einmal für einen Monat beschäftigt zu werden. I.Der Antrag zu I.) ist unbegründet. Es kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass ihr aufgrund der Tatsache, dass sie die erforderlichen 180 Umlagemonate nicht erreicht hat, eine Einbuße von zunächst € 425,65 monatlich entstanden ist. Allerdings kann ihr ein entsprechender Schaden frühestens mit dem 01.06.2005 entstanden sein. Denn die Klägerin macht ja gerade geltend, sie hätte einen Monat länger im Arbeitsverhältnis verbleiben müssen. Von daher kann eine Einbuße für den Monat Mai 2005 von vorn herein nicht in Betracht kommen. Die Klägerin kann aber auch für die Monate Juni und Juli 2005 nicht insgesamt € 851,26 vom beklagten Land verlangen. Das beklagte Land hat sich nicht schadensersatzpflichtig gemacht. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus positiver Vertragsverletzung. Es liegt im Zusammenhang mit dem Abschluss des Altersteilzeitvertrages zwischen den Parteien keine Pflichtverletzung in Form der Verletzung arbeitsvertraglicher Informationspflichten vor. Insoweit ist von den von der Klägerin zitierten Rechtsprechungsgrundsätzen auszugehen. Danach gilt, dass ein Arbeitgeber, der einer Arbeitnehmerin Auskünfte erteilt, diese richtig und vollständig erteilen muss. Auch beschränken sich die Nebenpflichten eines Arbeitgebers nicht darauf, keine falschen Auskünfte zu erteilen. Den Arbeitgeber können bei einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses vielmehr auch Hinweis- und Aufklärungspflichten treffen. Voraussetzungen und Umfang der Hinweis- und Aufklärungspflichten ergeben sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Sie beruhen auf den besonderen Umständen des Einzelfalles und sind das Ergebnis einer umfassenden Interessenabwägung. Jeder Vertragspartner hat grundsätzlich selbst für die Wahrnehmung seiner Interessen zu sorgen. Der jeder Partei zuzubilligende Eigennutz findet seine Grenzen jedoch an dem schutzwürdigen Lebensbereich des Vertragspartners. Die erkennbaren Informationsbedürfnisse des Arbeitnehmers einerseits und die Beratungsmöglichkeiten des Arbeitgebers anderseits sind stets zu beachten. Gesteigerte Hinweispflichten können den Arbeitgeber vor allem dann treffen, wenn der Aufhebungsvertrag auf seine Initiative hin und in seinem Interesse zustande kommt. Durch das Angebot eines Aufhebungsvertrages kann der Arbeitgeber auch den Eindruck erwecken, er werde bei der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch die Interessen des Arbeitnehmers wahren und ihn nicht ohne ausreichende Aufklärung erheblichen, atypischen Versorgungsrisiken aussetzen. Eine Belehrungspflicht entsteht bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf Veranlassung des Arbeitgebers nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts schließlich dann, wenn der Arbeitnehmer wegen besonderer Umstände darauf vertrauen durfte, der Arbeitgeber werde sich um die Versorgung kümmern, oder wenn er darauf vertrauen darf, der Arbeitgeber werde bei der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch den Interessen des Arbeitnehmers an einer optimalen Versorgung Rechnung tragen (vgl. nur BAG 12.12.2002 - 8 AZR 497/01 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 25, juris Rz 41).

Von diesen Grundsätzen ausgehend ergibt sich keine Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin auf die Auswirkungen des von ihr geschlossenen Vertrages auf ihre Zusatzversorgung hinzuweisen und ihr etwa eine andere Vertragsgestaltung nahe zu legen. Das beklagte Land hat der Klägerin keine falschen Auskünfte erteilt. Nach dem übereinstimmenden Vortrag beider Parteien ist die Frage, welche VBL-Rente die Klägerin nach ihrem Ausscheiden erzielen würde, nicht Thema der Gespräche gewesen. Wenn ausgehend vom Wunsch der Klägerin, vorgezogene Altersrente im Alter von 60 Jahren in Anspruch zu nehmen, von Seiten des beklagten Landes die Daten für den Beginn der Altersteilzeit und der so genannten Freizeitphase ausgerechnet wurden, geht es nicht um eine Information für die hier interessierende Frage des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis. Auch ist die Initiative zum Abschluss des Vertrages vom 27.04.2000 nicht vom beklagten Land ausgegangen. Das beklagte Land hat lediglich mit den Unterlagen, die sich die Klägerin nach ihren Angaben aufgehoben hat, Informationen an die Mitarbeiter/innen weitergeleitet. Die Unterlagen enthalten keinerlei Empfehlung oder gar Aufforderung, Altersteilzeitverträge abzuschließen. Es wird an keiner Stelle irgendein Interesse des beklagten Landes am Abschluss derartiger Verträge bekundet oder auch nur suggeriert. Auch an die Klägerin persönlich ist der Abschluss eines Altersteilzeitvertrages bzw. die Bitte, doch schon mit 60 Jahren aus dem Dienst auszuscheiden, nicht herangetreten worden. Die Klägerin selbst trägt vor, dass der Hinweis auf die tariflich vorgesehenen Möglichkeiten der Altersteilzeit sie veranlasst habe, auf Herrn Seibel zuzugehen. Dass es sich im Einzelnen dann tatsächlich so abgespielt hat, dass der Zeuge Seibel die Klägerin zu sich gebeten hat tatt umgekehrt, lässt sich nicht als Initiative des beklagten Landes verstehen, die diesem erhöhte Sorgfalts- und Informationspflichten auferlegte. Auch aus dem Gesichtspunkt erkennbarer Informationsbedürfnisse einerseits und den Beratungsmöglichkeiten auf Seiten des Arbeitgebers andererseits ergibt sich nichts zugunsten der Klägerin. Im Zusammenhang mit dem zuletzt genannten Gesichtspunkt hat das beklagte Land zutreffend darauf hingewiesen, dass einerseits von nicht ausdrücklich mit Fragen der VBL vertrauten und befassten Arbeitnehmern nicht erwartet werden kann, dass diese sich mit Fragen der Zusatzversorgung auskennen. Im Übrigen hat die Klägerin keinerlei Bedürfnis nach Information deutlich werden lassen, da sie ja gerade Fragen zur Zusatzversorgung gestellt hat. Von Seiten ihres ehemaligen Arbeitgebers konnte man - zumal sie ja auch noch die Erklärung vom 27.04.2000 abgegeben hat - erwarten, dass sie sich über die versorgungsrechtlichen Folgen Informationen eingeholt hatte. Dies gilt unabhängig vom konkreten Inhalt dieses Schreibens und umso mehr deshalb, weil Fragen der Zusatzversorgung, wie sie in Rede stehen, nichts mit den Besonderheiten eines Altersteilzeitvertrages zu tun haben. Nach der eigenen Darstellung der Klägerin hätte sie einen weiteren Umlagemonat gebraucht, um die erforderliche Zahl von 180 Umlagemonaten - das sind 15 ganze Jahre - gebraucht, um die zuletzt von der VBL mitgeteilte Versorgung zu erreichen. Die Klägerin ist im Juni 1990 in die Dienste des beklagten Landes eingetreten, hätte also von diesem Zeitpunkt an 15 Jahre im Arbeitsverhältnis stehen müssen, um die 180 Umlagemonate zu erreichen. Die nunmehr eingetretene Situation ist also durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.04.2005 entstanden. Dass das Arbeitsverhältnis zuvor als Altersteilzeitvertrag geführt wurde, hat sich nicht ausgewirkt. 

Nicht zuletzt aus diesem Grund kann die Klägerin schließlich auch nicht mit Erfolg geltend machen, in der Broschüre über die Möglichkeiten, einen Altersteilzeitvertrag abzuschließen, hätte auch auf die Regelung in der VBL-Satzung hingewiesen werden müssen, die die 180 Monate zur Voraussetzung bestimmter Ansprüche macht. Diese Unterlagen stellen in erster Linie die Regeln über die Altersteilzeit vor, also die Regelungen, die es ermöglichen, in höherem Alter vor Eintritt in den Ruhestand Teilzeit - gegebenenfalls in Blöcken von Arbeit und Freizeit - zu arbeiten. Sie erheben schon in diesem Zusammenhang keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dies betont ausdrücklich der Hinweis im von der Klägerin zur Akte gereichten „Leitfaden für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung im öffentlichen Dienst des Landes Rheinland-Pfalz“ mit dem Stand 1998, den das Ministerium der Finanzen des Landes Rheinland-Pfalz herausgegeben hat. In einem Informationsblatt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über Altersteilzeit im öffentlichen Dienst des Landes Rheinland-Pfalz, das das geologische Landesamt Rheinland-Pfalz ausgeteilt hat, wird in Ziffer 14 ausdrücklich empfohlen, eine Entscheidung für einen Altersteilzeitvertrag nur auf der Grundlage detaillierter Rentenauskünfte (BfA, LVA, VBL) zu treffen (siehe Bl. 156 d. A.). Darüber hinaus dienen sie ersichtlich nicht dem Zweck, noch umfassend darüber Auskunft zu geben, unter welchen Voraussetzungen ein früheres Ausscheiden versorgungsunschädlich ist. Abgesehen davon, dass es allgemein bekannt ist, dass sich ein weniger an Umlagemonaten versorgungsschädlich auswirken kann (BAG a. a. O. 8 AZR 497/01 Rz 45) und es auch nicht unbekannt ist, dass die Wahl eines falschen Zeitpunkts für das Ausscheiden aus dem Arbeitsleben unter Umständen erhebliche Folgen haben kann, sind Auskünfte in diesem Zusammenhang bei der VBL einzuholen. Diese ist Ansprechpartnerin für konkrete Fragen zur Zusatzversorgung. An diese wird sich die Klägerin, so sie denn tatsächlich falsche Auskünfte auf zutreffend gestellte Fragen von dort erhalten hat, auch mit ihrem Begehren auf Ersatz der ihr entstandenen Einbuße wenden müssen. 

Mit den Anträgen zu II.) hat die Klägerin ebenfalls keinen Erfolg. 

Die Kammer versteht diese Anträge so, dass die Klägerin in abgewandelten Formulierungen stets dasselbe begehrt, nämlich Ersatz der ihr zukünftig entstehenden Versorgungseinbuße, weil sie einen Monat zu früh bei dem beklagten Land ausgeschieden ist. Dieses Begehren ist als Leistungsantrag nicht hinreichend bestimmt, da es einen vollstreckbaren Inhalt nicht hat. Als Feststellungsantrag, für den das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse und damit die Zulässigkeit zu bejahen ist, ist der Antrag unbegründet. Es kann auf die vorhergehenden Ausführungen verwiesen werden. Das beklagte Land hat im Zusammenhang mit dem Abschluss des Vertrages vom 27.04.2000 keine Vertragsverletzungen begangen.

Auch mit den Hilfsanträgen, die nach Abweisung der Anträge zu I.) und II.) zur Entscheidung angefallen sind, hat die Klägerin keinen Erfolg. Die Kammer hat den Hauptantrag dahin verstanden, dass das beklagte Land als Arbeitgeber der Klägerin verpflichtet werden soll, diese noch für einen Monat im Finanzamt E-Stadt-Süd zu beschäftigen. Dies erschien der Kammer das einzig sinnvolle Verständnis des Antrages. Denn Vertragspartner des Arbeitsvertrages mit der Klägerin und damit Arbeitgeber ist das beklagte Land, nicht das Finanzamt E-Stadt-Süd. Von daher müsste, um dem Interesse der Klägerin zu genügen, das beklagte Land verpflichtet werden, die Klägerin noch einen weiteren Monat zu beschäftigen. Der Antrag ist aber unbegründet. Die Klägerin kann vom beklagten Land Weiterbeschäftigung nicht etwa nach § 249 BGB als Naturalrestitution verlangen. Das beklagte Land hat sich nach dem schon Ausgeführten nicht schadensersatzpflichtig gemacht und schuldet deshalb keinen Ersatz. Es kann dahin stehen, ob möglicherweise das beklagte Land unabhängig von einer Pflichtverletzung aus nachwirkender Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin verpflichtet werden könnte, diese einen weiteren Monat zu beschäftigen, um ihr so die Möglichkeit einzuräumen, die fehlerhafte Vertragsgestaltung „ungeschehen“ zu machen. Eine solche Pflicht kommt aber vorliegend schon deshalb nicht in Betracht, weil nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin eine solche Nacharbeit nicht dazu führen würde, dass die Klägerin 180 Umlagemonate nach der VBL-Satzung aufzuweisen hätte. Für den in diesem Zusammenhang gestellten Hilfsantrag der  Klägerin gilt Entsprechendes. Insgesamt ergibt sich damit, dass die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen war. Gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG war der Wert des Streitgegenstandes im Urteil festzusetzen. Gemäß § 42 Abs. 3 GKG war er auf die 36-fache Differenz zwischen der von der Klägerin erzielten und der von ihr als Schadensersatz begehrten monatlichen VBL-Versorgung festzusetzen. 



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