Arbeitsgericht Kaiserslautern

Urteil vom - Az: 1 Ca 1872/09

Lohnerhöhung durch Aushang

Ein Aushang im Betrieb des Arbeitgebers verpflichtet diesen, im Wege der Gesamtzusage, die Grundvergütung zu erhöhen.
(Redaktioneller Orientierungssatz)

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 275,24 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.05.2010 zu zahlen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 275,24 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob dem Kläger eine Lohnerhöhung zusteht. er Kläger ist seit dem Jahr 1988 bei der Beklagten beschäftigt. Bei einer monatlichen Arbeitszeit von 160,95 Stunden erhielt der Kläger zuletzt eine Vergütung von 2.928,00 Euro brutto. Er ist Betriebsratsmitglied. Nach einem Umsatz- und Gewinneinbruch gelang es der Beklagten mit der weit überwiegenden Anzahl ihrer Mitarbeiter im Werk E. zu vereinbaren, dass diese ab dem Jahr 2005 statt bisher 37 künftig 40 Stunden pro Woche ohne Lohnausgleich arbeiteten. Lediglich der Kläger und sechs weitere Mitarbeiter waren mit dieser Regelung nicht einverstanden, so dass es für ihn bei der bisherigen Arbeitszeit verblieb. In den Jahren 2006 bis 2008 gewährte die Beklagte allen im Betrieb E. beschäftigten Mitarbeitern jeweils eine einheitliche Lohnerhöhung. Per Aushang vom 03.09.2009 (Bl. 11 d. A.) gab die Beklagte folgendes bekannt: „Wir freuen uns ihnen mitteilen zu können, dass wir nunmehr die Genehmigung für die Entgelterhöhungen (Lohn und Gehalt) aus dem Headquarter in L. erhalten haben. Für alle Lohn- und Gehaltsempfänger (...) wird grundsätzlich eine allgemeine Erhöhung der jeweiligen monatlichen Grundvergütung von 2% vorgenommen. Von dieser Regelung kann nur in begründeten Fällen abgewichen werden. Diese Erhöhung wird wirksam ab Oktober 2009 und gelangt erstmalig mit der Oktoberabrechnung zur Auszahlung. Die nächste Überprüfung der Entgelte erfolgt gegen Ende des Jahres 2010. (...) Ihre Personalabteilung“. Um zu ergründen, in welchen Fällen seitens der Beklagten eine Abweichung von der angekündigten 2%-igen Lohnerhöhung angestrebt werde, führte der Betriebsrat am 07.09.2009 ein Telefonat mit dem „HR-Director worldwide“ ... Herr ... erklärte dem Betriebsrat, die Ausnahmeregelung sei lediglich für die 0,1% Mitarbeiter gedacht, die zusätzlich etwas bekommen würden, da man sie aus strategischen Gründen anpassen müsse, um sie zu halten. Der Betriebsrat ging daraufhin davon aus, dass alle im Werk E. beschäftigten Mitarbeiter der Beklagten die angekündigte Lohnerhöhung ab Oktober 2009 erhalten würden. Entgegen dieser Erwartung erhielt der Kläger jedoch keine Lohnerhöhung.

Er trägt vor, die Beklagte sei nicht berechtigt, ihn von der allgemeinen Lohnerhöhung auszunehmen. Sie habe ihm deshalb für die Monate Oktober 2009 bis Januar 2010 jeweils 2% aus 2.928,00 Euro, sowie zusätzlich für das Weihnachtsgeld 2009 2% aus 2.050,00 Euro, insgesamt also 275,24 Euro brutto, nebst Prozesszinsen nachzuzahlen. Da die Entscheidung über die Lohnund Gehaltserhöhung ab Oktober 2009 am Unternehmenssitz in den USA getroffen worden sei, müsse sich die Beklagte an der Aussage des HR-Managers worldwide Herrn ... gegenüber dem Betriebsratvorsitzenden festhalten lassen, wonach alle Mitarbeiter in E. eine Gehaltserhöhung bekommen sollten.

Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 275,24 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor:
Im Zusammenhang mit der Vergütungserhöhung 2009 habe sie sich entschlossen die Vergütungserhöhung dazu zu verwenden, die Schlechterstellung der Mitarbeiter, die im Jahr 2005 einer Erhöhung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich zugestimmt hatten, zu kompensieren. Der Kläger könne keine Ansprüche aus der Mitarbeiterinformation vom 03.09.2010 herleiten. Wie sich aus dem Aushang ergebe, könne von der allgemein zugesagten 2%-igen Lohnerhöhungen in begründeten Fällen, wie dem vorliegenden, von der Vergütungserhöhung abgewichen werden. Der Kläger könne sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf die Aussage des HR-Director worldwide stützen. Der hier maßgebliche Aushang stamme von dem HR-Manager Europe, der zurzeit die Aufgaben des HR-Managers im Werk E. mit wahrnehme. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Beklagte ist aufgrund ihrer mit Aushang vom 03.09.2009 gegenüber den Mitarbeitern im Werk E. gegebenen Gesamtzusage verpflichtet, auch die Grundvergütung des Klägers ab Oktober 2010 einschließlich des im November 2009 fällig gewordenen Weihnachtsgeldes um jeweils 2% zu erhöhen. Die maßgebliche Mitarbeiterinformation richtet sich - abgesehen von hier nicht interessierenden Ausnahmen - an alle Lohn- und Gehaltsempfänger am Standort E., also auch an den Kläger. Die Beklagte ist in diesem Zusammenhang auch nicht berechtigt, sich auf den in der Mitarbeiterinformation angesprochenen Ausnahmetatbestand zu berufen, wonach von der allgemeinen Erhöhung der Grundvergütung um 2% „in begründeten Fällen abgewichen werden“ kann. Nachdem die Beklagte in den Jahren 2006, 2007 und 2008 die jeweiligen Lohnerhöhungen nicht zum Anlass genommen hatte, die Schlechterstellung derjenigen Mitarbeiter, die in 2005 der Erhöhung ihrer Arbeitszeit ohne Lohnausgleich zugestimmt hatten, zu kompensieren, durfte der Kläger darauf vertrauen, dass dies auch 2009 nicht geschehen würde. Dies gilt erst recht, nachdem der Betriebsrat, dem der Kläger angehört, von dem HR-Manager worldwide, Herrn ..., in Erfahrung gebracht hatte, dass keine Mitarbeiter von der angekündigten Lohnerhöhung ausgenommen werden sollten. An dieser Auskunft des Personalleiters muss sich die Beklagte festhalten lassen. Der Einwand der Beklagten, der hier maßgebliche Aushang vom 03.09.2009 sei von dem für das Werk E. zuständigen HR-Manager Europe, Herrn ..., gefertigt worden mit der Folge, dass sich der Kläger nicht auf die Aussage des HR-Directors worldwide stützen könne, überzeugt nicht. In der Mitarbeiterinformation vom 03.09.2009 wird ausdrücklich mitgeteilt, dass die Genehmigung für die Entgelterhöhungen „aus dem Headquarter in L.“ gekommen sei. Mithin wandte sich der Betriebsrat durchaus folgerichtig zur Klärung der Ausnahmeregelung nicht an den HR-Manager Europe, sondern an den HR-Director worldwide, dessen Aussage sich die Beklagte zurechnen lassen muss. 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.  Der Wert des Streitgegenstandes wurde gem. § 61 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 3 ZPO festgesetzt. Diese Entscheidung ist unanfechtbar, weil der Wert des Streitgegenstandes 600,00 Euro nicht übersteigt. Nach den Kriterien des § 64 Abs. 3 ArbGG bestand kein Anlass, die Berufung zuzulassen.



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