Arbeitsgericht Kaiserslautern

Urteil vom - Az: 8 Ca 792/08

Monatsarbeitszeit statt Wochenarbeitszeit; Änderungskündigung ist ungerechtfertigt

Enthält das Änderungsangebot in einer Änderungskündigung die Festlegung einer Monatsarbeitszeit, obwohl die betroffene Arbeitnehmerin bisher eine festgelegte Wochenarbeitszeit an einem einzigen Arbeitstag hat, so ist die Änderungskündigung unverhältnismäßig. Nach der neuen arbeitsvertraglichen Regelung könnte die Arbeitgeberin - trotz Vereinbarung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses - die Arbeitnehmerin eine Woche in Vollzeit arbeiten lassen, zwei Wochen überhaupt nicht und dann eine weitere Woche an wenigen Tagen einige Stunden ableisten lassen. Hierauf muss sich die Arbeitnehmerin aber nicht einlassen.
(Redaktionelle Orientierungssätze)

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 27.05.08 zum 30.11.08 rechtsunwirksam ist.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.048,77 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten sich über die Änderung der Arbeitsbedingungen der Klägerin.

Die 1965 geborene Klägerin (verheiratet, 1 Kind) ist seit 22.08.1987 bei der Beklagten als Buffetkraft beschäftigt. Arbeitsvertraglich ist (Bl. 23 d.A.) eine feste Arbeitszeit donnerstags von 08:00 Uhr - 17:00 Uhr vereinbart. Die Klägerin erzielte zuletzt ein Bruttoeinkommen von 349,59 EUR monatlich. Es gibt bei der Beklagten eine Betriebsvereinbarung für die teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer (Bl. 41 ff. d.A.) aus dem Jahre 2005.

Die Beklagte war bestrebt, den Arbeitseinsatz von Teilzeitkräften flexibler zu gestalten und begehrte in diesem Zusammenhang die Änderung der Arbeitsverträge der Teilzeitkräfte.

Am 16.05.2008 wurde der bei der Beklagten installierte Betriebsrat (Bl. 57 ff. d.A.) angehört. Der Betriebsrat widersprach der Änderungskündigung (Bl. 60 ff. d.A.).

Die Beklagte sprach eine Kündigung vom 27.05.2008 zum 30.11.2008 aus (Bl. 7 d.A.) und bot der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen (Bl. 12 d.A) an.

Die Klägerin nahm dieses Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an.

Die Klägerin trägt vor,

die Betriebsratsanhörung sei nicht ausreichend. Anscheinend habe die Beklagte Dritte damit beauftragt, die Betriebsratsanhörung durchzuführen. Der Betriebsrat kenne aber eine VU-Gastronomiegeschäftsstelle der Beklagten nicht. Der flexiblere Einsatz von Arbeitskräften lasse sich auch anders mit weniger einschneidenden Maßnahmen erreichen. Die Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2005 schließe durch ihre Protokollnotiz außerdem den Ausspruch von Änderungskündigungen aus.

Die Beklagtenseite wolle letztendlich, dass die Klägerin, die nur eine Teilzeitkraft sei und entsprechend vergütet werde, doch in einem Zeitfenster von 65 Stunden in der Woche nach Vorstellung des Arbeitgebers verfügbar sein sollte. Es sei außerdem nicht erkennbar, wie die Flexibilisierung der Teilzeitkräfte die Belastungen der Beklagten reduziere oder die Umsätze in dem Gastronomiebereich erhöhe.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 27.05.2008 unwirksam sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor,

die Beklagte habe am 21.08.2008 eine Unternehmerentscheidung zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten der Teilzeitkräfte beschlossen. Das neue Arbeitskonzept solle ab 01.01.2009 umgesetzt werden. In der Vergangenheit seien Mehrarbeiten angefallen, da manche Teilzeitkräfte lediglich zu bestimmten Zeiten einsetzbar seien. Auch habe man auf Fremdarbeitnehmer zurückgreifen müssen. Die Belastungen für die Klägerin seien gering. Die Beklagte habe weder die Arbeitsmenge noch die Vergütung geändert. Die Klägerin könne bis 10. des Vormonats Wünsche äußern, am 20. werde dann die Planung für den Folgemonat festgestellt.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien vorgelegten Schriftsätze sowie auf die Protokolle zu den mündlichen Verhandlung der Sitzungen vom 11.07. und 16.09.2008 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Änderungskündigung der Beklagten hat die Arbeitsvertragsbedingungen der Klägerin nicht geändert.

1. Die Kündigung ist rechtsunwirksam, da sozial nicht gerechtfertigt (§ 1 Abs. 1 KSchG).

a) Das KSchG ist auf das Arbeitsverhältnis anwendbar, da die Klägerin länger als sechs Monate bei der Beklagten beschäftigt ist und dort mehr als zehn Vollzeitarbeitnehmer tätig sind (§ 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 KSchG).

b) Grundsätzlich kann die Einführung eines flexibleren Arbeitszeitmodels durch eine Betriebsvereinbarung auch Änderungskündigungen der bestehenden Arbeitsverträge sozial rechtfertigen (LAG Berlin, 31.03.1998, 12 Sa 169/97). Allerdings kann die Kammer die Protokollnotiz zu der Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 2005, nach der die einvernehmliche Änderung der Arbeitsverträge nach dieser Betriebsvereinbarung und der Abschluss von neuen Arbeitsverträgen nach dieser Betriebsvereinbarung zulässig sein soll, nur so verstehen, dass eine einseitige Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen durch eine Änderungskündigung ausgeschlossen sein soll. Die Möglichkeit, die Bedingungen aus der Betriebsvereinbarung bei Neueinstellungen und einvernehmlich zu vereinbaren, ist selbstverständlich. Hierfür hätte es keiner Protokollnotiz bedurft. Die Notiz kann deshalb nur den Sinn haben, dass andere Möglichkeiten der Einführung der flexibleren Teilzeitregelungen nicht erlaubt sein sollen.

c) Das kann allerdings offen bleiben, denn die von der Beklagten ausgesprochene Änderungskündigung ist unverhältnismäßig. Das Änderungsangebot enthält eine Monatsarbeitszeit. Die Klägerin hatte bisher eine festgelegte Wochenarbeitszeit an einem einzigen Arbeitstag. Nach der neuen arbeitsvertraglichen Regelung könnte die Beklagte - trotz Vereinbarung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses - die Klägerin eine Woche in Vollzeit arbeiten lassen, zwei Wochen überhaupt nicht und dann eine weitere Woche an wenigen Tagen einige Stunden ableisten lassen. Hierauf muss sich die Klägerin aber nicht einlassen.

d) Aber auch das kann offen bleiben, denn die Beklagte will nach eigenem Bekunden das Schichtsystem ab 01.01.2009 einführen, hat aber das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 30.11.2008 gekündigt. Die Änderungen der in dem neuen Arbeitsvertrag stellen Einschränkungen für die Klägerin dar. Selbst wenn im allgemeinen diese Einschränkungen von der Klägerin hinzunehmen sein sollten, gibt es keinen Grund, dass die Klägerin diese Einschränkungen bereits einen Monat vor der Einführung des geänderten Schichtsystems hinnehmen muss.

2. Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen und der Klage stattzugeben.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 42 Abs. 4 GKG.



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