Arbeitsgericht Kaiserslautern

Urteil vom - Az: 8 Ca 1187/08

Nachweispflicht für das Vorliegen einer Krankheit beim Anspruch auf Lohnfortzahlung

Arbeitnehmer haben ihrer Nachweispflicht für das Vorliegen einer Krankheit durch die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen genüge getan. Der Arbeitgeber kann den hohen Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung jedoch erschüttern und damit dann wieder eine Beweislast für das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit auf den Arbeitnehmer zurückverlagern, wenn er objektive Anhaltspunkte für das vortäuschen einer Krankheit darlegt.
(Redaktionelle Orientierungssätze)

I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 965,44 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5%- Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 15.07.08 zu zahlen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 965,44 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten sich über Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall. Die Klägerin war vom 06.06.1994 bis 30.04.2008 bei der Beklagten beschäftigt (8,62 € Stundenlohn bei 40 Stunden in der Woche). Die Beklagte sprach wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten eine Kündigung aus. Nach der Kündigung war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt bis auf vier Tage, bei denen das Kind erkrankt war und ihre Urlaubstage. Im auf das die Kündigung folgenden Kündigungsschutzverfahren (2 Ca 1789/07) schlossen die Parteien einen schriftlichen Vergleich, dessen Wirksamkeit am 07.03.2008 festgestellt wurde und der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.04.2008 und die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 9.000,00 € vorsah. Die Klägerin legte von einem Dr. ... ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 10.03.2008 bis Ende März 2008 vor. Vom 01. bis 10. April 2008 befand sich die Klägerin in Erholungsurlaub, und danach war sie durch eine Psychiaterin bis 30.04.2008 arbeitsunfähig geschrieben. Ab 1. Mai 2008 war sie wieder arbeitsfähig, denn sie bezog Arbeitslosengeld. 

Die Klägerin trägt vor:
Sie sei arbeitsunfähig gewesen, der Sachvortrag der Beklagten erschüttere auch nicht den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Die Beklagtenseite habe außerdem genug Zeit gehabt, bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit die Klägerin zu einer Begutachtung zum medizinischen Dienst der Krankenkassen zu schicken.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 965,44 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 15.07.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor:
Man habe Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit, deren Beweiswert erschüttert sei. Die Beklagtenseite habe bei Abschluss des Vergleiches darauf hingewiesen, dass man bei der großzügigen Abfindungszahlung in Höhe von 9.000,00 € davon ausgehe, dass die Klägerin bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses ihre Arbeitskraft erbringe. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien vorgelegten Schriftsätze sowie auf die Protokolle zu den mündlichen Verhandlungen vom 10.10. und 16.12.2008 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I. Die Klägerin hat Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz. Danach haben Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer von sechs Wochen im Fall der Arbeitsunfähigkeit. Dabei haben die Arbeitnehmer ihrer Nachweispflicht zunächst einmal durch die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, wie hier durch die Klägerin geschehen, erfüllt. Der Arbeitgeber kann den hohen Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern und damit dann wieder eine Beweislast für das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit auf den Arbeitnehmer zurückverlagern (vgl. LAG Hamm, 11.06.2008, 18 Sa 2146/07). Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist hier nicht erschüttert. Es sind keine objektiven Anhaltspunkte erkennbar, dass die Arbeitsunfähigkeit nach Abschluss des Vergleiches nur vorgetäuscht war. Die Klägerin wurde aus krankheitsbedingten Gründen gekündigt, da sie bereits erhebliche Fehlzeiten in der Vergangenheit hatte. Sie war vor der Kündigung und nach der Kündigung während des Laufs der Kündigungsfrist bis auf wenige Tage arbeitsunfähig erkrankt. Dieser Zustand mit überwiegend Arbeitsunfähigkeit unterbrochen durch Urlaubszeiten hat sich nach Abschluss des schriftlichen Vergleiches weiter fortgesetzt. Es war also in diesem Arbeitsverhältnis nichts Ungewöhnliches an dem Verhalten vor und nach dem Vergleichsabschluss. Insofern ist auch nicht verständlich, wie - ohne dass sich das in dem Vergleich niedergeschlagen hätte - die Beklagtenseite davon ausgehen konnte, dass nach Einigung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Zahlung einer Abfindung die Klägerin nun nicht mehr arbeitsunfähig erkrankt sein werde, obwohl das die Monate vorher der Fall gewesen ist. Allein aufgrund der Beschwer ist gegen diese Entscheidung die Berufung möglich. Sollte die Berufung hinsichtlich eines Betrages eingelegt werden, der unterhalb der Berufungssumme liegt, so bestand kein Anlass angesichts der Kriterien des § 64 Abs. 3 ArbGG die Berufung ausdrücklich zuzulassen. 

II.Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 4 ArbGG, 3 ZPO.



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