Arbeitsgericht Kaiserslautern

Urteil vom - Az: 5 Ca 316/01

Zur Erstattungsfähigkeit der erforderlichen Kosten einer Bildschirmarbeitsbrille

Ein Arbeitnehmer kann die Aufwendungen ersetzt verlangen, die aus medizinischer Sicht erforderlich waren (hier: Anschaffung einer Brille für einen Bildschirmarbeitsplatz).
(Redaktioneller Orientierungssatz)

Tatbestand:

Die Klägerin ist seit 1985 bei der Beklagten zuletzt als Verwaltungsgruppenleiterin tätig. Sie arbeitet 7,5 Stunden arbeitstäglich und davon zumindest einen Teil an einem Computerbildschirm. Die Klägerin erwarb nach ärztlicher Verordnung eine Sehhilfe. Von den 853,00 DM Kosten für die Sehhilfe übernahm die Krankenkasse 180,00 DM. 

Die Klägerin trägt vor: Die von ihr erworbene Brille entspreche genau den medizinischen Verordnungen und sei notwendig gewesen. Ihr seien daher die Kosten von noch 673,00 DM von der Beklagten zu erstatten.

Der Betrag sei folgendermaßen aufzuschlüsseln:

Für die Fassung 215,00 DM, für die Gläser (Bifokal): rechts 85,00 DM, links 85,00 DM, Gleitsicht (mineral): rechts 70,00, 50,00 DM, links 70,50 DM, Kunststoff: rechts 31,50 DM, links 31,50 DM, Entspiegelung: rechts 83,00 DM, links 83,00 DM, Hartschicht: rechts 49,00 DM, links 49,00 DM, in der Summe gesamt: 853,00 DM.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hatte nur teilweise Erfolg.

Die Klägerin hat lediglich einen Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von 176,00 DM zuzüglich Zinsen aus §§ 683, 670 BGB i.V. mit § 6 BildschirmarbeitsplatzVO. Nach den oben genannten Vorschriften des BGB kann derjenige, der als Geschäftsführer ohne Auftrag für einen anderen handelt, die Aufwendungen ersetzt bekommen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach § 6I der Bildschirmarbeitsplatzverordnung (im Folgenden: BildschirmarbeitsplatzVO) hat der Arbeitgeber regelmäßig Untersuchungen an Arbeitnehmern vorzunehmen, die an Bildschirmarbeitsplätzen arbeiten. Die Klägerin arbeitet am Bildschirm. Das ist unstreitig. Die Klägerin hat den Umfang mit ungefähr fünf Stunden täglich angegeben. Das wurde von der Beklagten nicht substanziiert bestritten. Insbesondere hat die Beklagte keine eigene - andere - Verteilung der Arbeitszeit am Bildschirm und mit anderen Tätigkeiten vorgetragen. Somit ist die Arbeitszeit von zumindest fünf Stunden arbeitstäglich vor dem Bildschirm zu Grunde zu legen. Die Anschaffung einer Sehhilfe dient dem Interesse der Beklagten, denn es ist davon auszugehen, dass sie ihren Verpflichtungen aus der BildschirmarbeitsplatzVO grundsätzlich nachkommen will. Die Klägerin hat damit ein Geschäft im Interesse der Beklagten mit der Untersuchung und dem Erwerb der Sehhilfe ausgeführt. Im Rahmen dieser Geschäftsführung ohne Auftrag kann sie die Aufwendungen ersetzt verlangen, die sie für erforderlich halten durfte (§ 670 BGB).

Das sind nach Auffassung der Kammer:

Die Gläser von je 85,00 DM, gesamt 170,00 DM, die Entspiegelung zu 166,00 DM, die Kosten für ein einfaches Gestell zu 20,00 DM. Dies ergibt in der Summe 356 DM.

Diese Hilfsmittel wurden eindeutig von der ärztlichen Verordnung erfasst. Nicht erforderlich war hingegen, dass die Klägerin ein Gestell von mehr als 200,00 DM angeschafft hat. Die Motive hierin liegen mehr in dem Wunsch, selbst ansprechend auszusehen, und nicht allein, eine Sehhilfe für die Arbeit am Computer zu haben. Die Erforderlichkeit der Kunststoffgläser hat die Klägerin ebenfalls nicht dargelegt. Grund für die Verordnung von Kunststoffgläsern ist das Gewicht, das bei hoher Dioptrienzahl die Gläser sehr dick macht. Das ist hier unstreitig nicht der Fall. Die Klägerin hat lediglich eine sehr schwache Brille für die Bildschirmarbeit verschrieben bekommen. Für die Anschaffung einer Gleitsichtbrille bestand auch keine medizinische Notwendigkeit. Bereits die einfachen Standardgläser waren bifokal, d.h. sie hatten unterschiedliche Brennweiten für den Blick auf den Bildschirm und den Blick auf ein Blatt Papier, das vor der Klägerin liegt. Mit dieser Brille kann man bereits Tabellen oder Formulare ablesen. Eine Gleitsichtbrille kaschiert im Wesentlichen die Übergänge zwischen den verschiedenen Brennweiten in der Brille. Das ist aber für die Arbeit am Bildschirm nicht erforderlich. Ebenso sind die Kosten für die so genannte „Hartschicht“ nicht erforderlich. Sie sind lediglich dazu da, dass die kratzempfindlichen Kunststoffgläser härter werden. Wenn aber schon die Kunststoffgläser selbst nicht erforderlich waren, dann kann es auch die Hartschicht zur Festigung der Kunststoffgläser nicht sein. 



Sie kennen die Kanzlei Labisch aus folgenden Medien:

Logo SWR1
Logo SWR4
Logo RPR1
Logo Wiesbadener Kurier
Logo Geißener Anzeiger
Logo Wormser Zeitung
Logo Wiesbadener Tagblatt
Logo Main Spitze
Logo Frankfurter Rundschau
Logo Handelsblatt
Logo Allgemeine Zeitung
Logo Darmstädter Echo
Logo Focus
Logo NTV
Logo ZDF WISO
Lexikon schließen
Schließen