Arbeitsgericht Ludwigshafen

Urteil vom - Az: 5 Ca 1077/99

Über die Wirksamkeit einer ordentlichen, verhaltensbedingten Arbeitgeberkündigung

Für eine verhaltensbedingte Kündigung genügen dabei solche im Verhalten des Arbeitnehmers liegende Umstände, die bei verständiger Würdigung in Abwägung der Interessen der Vertragsparteien und Betriebes die Kundigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen.

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Streitwert wird auf DM 13.500,- festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, verhaltensbedingten Arbeitgeberkündigung.

Die Beklagte ist eine kommunale Gebietskörperschaft. Der Kläger ist seit dem 01.07.1989 als Hausmeister der Berufsbildenden Schule ..., für die die Beklagte die Trägerschaft übernommen hat, beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien ist der Arbeitsvertrag vom 14.06.1989, den der Kläger in Abschriften zur Gerichtsakte gereicht hat (vgl. Bl. 3-5 d. A.). Für seine Tätigkeit erzielt der Kläger ein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt in Höhe von DM 4.500,-.

An der Berufsbildenden Schule ... ist der Kläger mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 32,5 Stunden eingesetzt. Daneben ist der Kläger noch dreimal in der Woche zwischen 17.00 und 22.00 Uhr in der Realschule ... einsatzverpflichtet. Hierfür sowie für zusätzlich Wochenenddienste werden dem Kläger wöchentlich weitere 8,73 Stunden vergütet. In der Vergangenheit wurde die Arbeitsleistung des Klägers von der Beklagten wiederholt kritisiert. In der Folge kam es zu zunächst 8 Hausbegehungen, bei denen die notwendigen Arbeiten festgestellt und deren Erledigung mit dem Kläger unter Angabe eines hierfür vorgesehenen Zeitpunktes besprochen wurde. Desweiteren mahnte die Beklagte den Kläger mit den Schreiben vom 28.10.1994 (vgl. Bl. 20 d. A.), vom 27.01.1998 (vgl. Bl. 22 d. A.) sowie schließlich mit Schreiben vom 04.03.1998 (vgl. Bl. 24 d. A.) ab. Am 18.02.1999 fand um 15.00 Uhr die neunte Hausbegehung in Anwesenheit des Klägers und von Vertretern der Beklagten statt. Das Ergebnis der Hausbegehung hielt die Zeugin ... in einem Vermerk fest, der als Anlage 2 zur Gerichtsakte gereicht worden ist (vgl. Bl.41 u. 42 d. A.). Im Einzelnen wurde festgelegt, dass der Kläger die folgenden Arbeiten zu erledigen habe: 

- Die Flurtür zum Baulabor war bis zum 01.04.1999 zu streichen,
- die Notausgangstür aus dem Heizungsraum war durch einen Rost o.ä. bis zum 01.04.1999 zu sichern,
- das Treppengeländer und die Einfassungsbalken waren bis zum 01.04.1999 blau zu streichen,
- an den Wandeinbauregalen waren die Glaseinlegeböden bis zum 01.04.1999 gegen Holzböden auszutauschen,
- die Regale waren bis zum 01.04.1999 gegen Umkippen zu sichern,
- im Chemieraum hatte der Kläger bis zum 01.04.1999 Feuerlöscher und Handbrausen am Waschbecken anzubringen und Löschdecken zu deponieren.

Am 29.06.1999 kam es dann zur zehnten Hausbegehung durch Vertreter der Beklagten. Dabei wurde festgestellt, dass der Kläger die ihm am 18.02.1999 übertragenen Arbeiten sämtlich nicht erledigt hatte. Schließlich fand dann am 10.08.1999 eine elfte Hausbegehung statt. Bei dieser Hausbegehung wurde festgestellt, dass der Kläger den Einfassungsbalken im 3. Geländer der Eingangshalle noch immer nicht gestrichen hatte, dass im Chemieraum noch immer Feuerlöscher, Löschdecken und Handbrause am Waschbecken fehlten und dass nur eines von mehreren Standregalen gegen Umkippen gesichert war.

Die Beklagte leitete daraufhin die Anhörung des bei ihr gebildeten Personalrates zur beabsichtigten Kündigung des Klägers mit Schreiben vom 29.09.1999 ein und kündigte dann mit Schreiben vom 18.10.1999 (vgl. Bl. 6 u. 7 d. A.) nach Durchführung des Anhörungsverfahrens das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.03.2000. 

Gegen diese ihm am 19.10.1999 zugegangene Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 29.10.1999 beim Arbeitsgericht eingereichten und der Beklagten am 02.11.1999 zugestellten Kündigungsschutzklage.

Zu deren Begründung macht der Kläger im Wesentlichen geltend:
Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seien in diesem Umfang unberechtigt. Berücksichtige man daneben die Beschäftigungsdauer und sein Lebensalter, dann erweise sich zumindest in dieser Gesamtsicht die Kündigung als sozial ungerechtfertigt. Bereits der Ausgangspunkt der Überlegungen der Beklagten, dass nämlich seine Arbeitszeit großzügig bemessen sei, sei unrichtig. Er verweise insoweit auf seine Berechnungen im Schriftsatz vom 04.01.2000 und die entsprechenden Anlagen (vgl. Bl. 61 d. A. ff). Lege man allein die von ihm dargestellte Außenreinigungsfläche von über 9.500 qm zurgrunde, dann zeige sich dass diese auch anhand der von der Beklagten zitierten Empfehlung der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) für einen vollbeschäftigten Hausmeister ausreiche. Außerdem verkenne die Beklagte, dass er nicht nur die „Sonderaufgaben“, die ihm bei den Hausbegehungen aufgegeben werden, zu erfüllen habe, sondern dass er daneben auch noch das „laufende Geschäft“, nämlich Einräumen, Ausräumen, Grundreinigung, tägliche Reinigung überwachen, kleine Instandsetzungsarbeiten, Hilfestellung bei technischen Problemen der Lehrer und, und, und ... zu erbringen habe. Er füge in der Anlage seine Arbeitsberichte für den Zeitraum vom 15.02. bis zum 20.08.1999 bei (vgl. Bl. 81-103 d. A.). Diese zeigten, dass er nicht „geschlafen“ habe, sondern dass er seine gesamte Arbeitszeit dazu verwendet habe, die „Sonderaufgaben“ der Beklagten und auch das laufende Geschäft zu erledigen. 

Es müsse auch berücksichtigt werden, dass seine Ehefrau am 24.02.1999 mit einer schweren Herzerkrankung in das Krankenhaus eingeliefert worden sei, wo sie bis zum 12.05.1999 verblieben sei. Er sehe selbst, dass ihn dieses unerwartete Geschehen psychisch so belastet habe, dass er die einseitig von der Beklagten gemachten Vorgaben damals neben anderen Arbeiten, die seine Arbeitskraft aufgebraucht hätten, nicht termingerecht habe erledigen können. Er habe sich außerdem auch ein wenig darauf verlassen, dass ihm nach der Hausbegehung vom 18.02.1999 die von der Zeugin ... aufgestellte Liste kurzfristig als Arbeitsanleitung zur Verfügung gestellt werde. Dies sei nicht der Fall gewesen.

Bei den Aufgabenstellungen „Flurtürstreichen“ und „Treppengeländer und Einfassungsbalken neu streichen“ sei er der Auffassung gewesen, dass er diese Arbeiten in den Ferien erledigen solle, weil er bei laufendem Schulbetrieb die Störungen beim Streichen des Treppengeländers und/oder der Flurtür für so störend gehalten habe, dass er diese Arbeiten aufgeschoben habe, zumal er wegen seiner anderen Aufgaben es ohnehin nicht hätte erledigen können. Bei derart großen Aufgabestellungen sei nämlich zu berücksichtigen, dass er im laufenden Schulbetrieb immer wieder mit Störungen rechnen müsse, weil z.B. Lehrer, die technisch seine Hilfe benötigten und Schüler nach ihm schickten, um z.B. einen technischen Defekt an einem Overhead-Projektor zu beheben. Ab dem 09.08.1999 - also einen Tag vor der elften Hausbegehung - sei er unstreitig damit beschäftigt gewesen, das Treppengeländer zu streichen. Am 12.08.1999 sei dann - auch dies unstreitig - die Betoneinfassung, d.h. der Einfassungsbalken in der Eingangshalle gestrichen gewesen. Die im Begehungsbericht vom 10.08.1999 genannten Aufgaben seien dann - auch dies unstreitig - zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung sämtlich und umfassend erledigt gewesen. Zu der Abmahnung vom 27.01.1998 habe er mit Schreiben vom 09.02.1998 (vgl. Bl. 80 d. A.) Stellung genommen. Er habe in diesem Schreiben daraufhingewiesen, dass zum Zeitpunkt der damaligen Hausbegehung am 18.12.1997 er bereits zwei noch angemahnte Arbeiten bereits erledigt gehabt habe. Bereits dieser Umstand der Unrichtigkeit mache die Abmahnung unwirksam. Er schulde nach seinem Arbeitsvertrag eine seinen individuellen Kräften und Fähigkeiten entsprechende Arbeitsleistung. Der Umfang dieser Arbeitsleistung werde von der Beklagten verkannt. Diese fordere von ihm neben den ihm in der Dienstanweisung übertragenen Aufgaben die Erfüllung besonderer Leistungen, die ihm zudem auch noch fristgebunden und zusätzlich aufgegeben würden. 

Der Kläger beantragt,
es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung vom 18.10.1999 nicht zum 31.03.1000 beendet wird.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend:
Die Kündigung sei wirksam. Der Kläger sei mit seinen zu erledigenden Arbeiten erheblich im Rückstand, obgleich ihm genug Zeit für die Erledigung der Arbeiten eingeräumt worden sei. Sein Verhalten sei bereits mehrfach abgemahnt worden. Mit - insoweit unstreitig - 32,5 Stunden pro Woche stünde dem Kläger hinreichende Arbeitszeit zur Verfügung. Sie verweise auf ihren Schriftsatz vom 03.12.1999 nebst Anlagen, in dem sie einen Bedarf von ca. 20,5 Stunden pro Woche Hausmeistertätigkeit des Klägers errechnet habe. Aufgrund einer nochmaligen Überprüfung errechne sich ein wöchentlicher Gesamtbedarf von 22,2 Stunden. Dabei sei davon abgesehen worden, die Arbeitszeit des Klägers im Hinblick auf den gesunkenen Bedarf anzupassen. Dem Kläger seien nachwievor wöchentliche Arbeitszeiten von 32,5 Stunden zugestanden. Die Anzahl der durchgeführten Hausbegehungen sei - unstreitig - unüblich und nur auf die mangelhafte Arbeitserledigung und Eigeninitiative des Klägers zurückzuführen. Die Schulleitung habe sich gezwungen gesehen, zur Beaufsichtigung der Arbeiten des Klägers einen Lehrer abzustellen. Normalerweise sei allerdings von einem Hausmeister zu erwarten, dass er die anfallenden Arbeiten selbständig erledige. Soweit sich der Kläger darauf berufe, dass seine Frau erkrankt sei, befreie ihn das nur für einen Arbeitstag im Kalenderjahr von seiner Arbeitspflicht, § 29 Abs. 1 e aa BMT-G II. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Wegen der Verfahrensgeschichte wird insbesondere auf die Sitzungsniederschriften verwiesen. 

 

Entscheidungsgründe

Die insgesamt zulässigerweise zu den Gerichten für Arbeitssachen erhobenen Kündigungsschutzklage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Kläger kann die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten durch die Kündigung vom 18.10.1999 nicht zum 31.03.2000 beendet wird, nicht verlangen. Diese Kündigung ist als verhaltensbedingte im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt, sodass das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.03.2000 sein Ende finden wird.

Unstreitig findet das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Außerdem hat der Kläger die Rechtsunwirksamkeit der streitbefangenen Kündigung rechtzeitig im Sinne des § 7 KSchG geltend gemacht, sodass diese Rechtsunwirksamkeit vom Arbeitsgericht zu überprüfen ist. Die erkennende Kammer ist dabei nach eingehender Beratung zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Kündigung sozial gerechtfertigt ist.

Derart sozial gerechtfertigt ist gem. § 1 Abs. 2 KSchG eine Kündigung, wenn sie durch Gründe, die in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Für eine verhaltensbedingte Kündigung genügen dabei solche im Verhalten des Arbeitnehmers liegende Umstände, die bei verständiger Würdigung in Abwägung der Interessen der Vertragsparteien und Betriebes die Kundigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen. Dabei ist nicht von dem Standpunkt des jeweiligen Arbeitgebers auszugehen. Vielmehr gilt ein objektiver Maßstab. Als verhaltensbedingter Grund ist insbesondere eine rechts- (Vertrags) widrige Pflichtverletzung aus dem Arbeitsverhältnis geeignet, wobei regelmäßig Verschulden erforderlich ist; die Leistungsstörung muss dem Arbeitnehmer vorwerfbar sein (BAG, 21.11.1996, NZA 1997, S. 487 ff m.w.N.). 

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger bei der Hausbegehung am 18.02.1999 die in dem zu dieser Hausbegehung erstellten Vermerk (wie Bl. 41 u. 42 d. A.) enthaltenen Arbeitsanweisungen erhalten hat. Diese Arbeitsanweisungen waren sämtlich vom Direktionsrecht der Beklagten abgedeckt, sodass der Kläger die Erledigung dieser Aufgaben aus seinem Arbeitsvertrag schuldete. Weiter wurde dem Kläger zur Erledigung dieser Aufgaben hinreichend Zeit eingeräumt. Trotzdem hat der Kläger bis zu den gesetzten Terminen nicht eine einzige dieser Aufgaben erfüllt. Selbst bis zu der 10. Hausbegehung am 29.06.1999, also etwa ein Vierteljahr nach dem vorgegebenen Termin zum 01.04.1999, zu dem spätestens sämtliche Aufgaben hätten erledigt sein sollen, waren diese immer noch nicht erledigt. Erst kurz vor der 11. Hausbegehung am 10.08.1999 hat der Kläger dann damit begonnen, den ihm gestellten Aufgabenkatalog abzuarbeiten. 

Nach in eingehender Beratung gewonnener Überzeugung der Kammer grenzt das Verhalten des Klägers an eine beharrliche Arbeitsverweigerung. Es war nicht erkennbar, weswegen der Kläger nicht im Stande gewesen sein soll, bis zum 01.04.1999 auch nur einen Teil der ihm gestellten Aufgaben zu erledigen. Weder ist erkennbar, dass der Kläger aufgrund seiner individuellen Fähigkeit nicht im Stande gewesen wäre, die Aufgaben innerhalb der gesetzten Fristen zu erledigen, noch dass ihm dies aus objektiven Gründen nicht möglich gewesen sein sollte. 

Das Bundesarbeitsgericht (vgl. etwa BAG, 12.07.1984, 2 AZR 290/83; BAG, 31.01.1985, AP-Nr. 6 zu § 8 a MSchG 1968; BAG, 17.06.1992, 2 AZR 568/91 sowie BAG, 09.05.96 NZA 1996, 1085) geht davon aus, die beharrliche Arbeitsverweigerung setze in der Person des Arbeitnehmers im Willen eine Nachhaltigkeit voraus; der Arbeitnehmer müsse die ihm übertragene Arbeit bewußt und nachhaltig nicht leisten wollen, wobei es nicht genüge, dass der Arbeitnehmer eine Weisung unbeachtet lasse, sondern die beharrliche Arbeitsverweigerung setze voraus, dass eine intensive Weigerung des Arbeitnehmers vorliege. Allerdings könne das Moment der Beharrlichkeit auch darin zu sehen sein, dass in einem einmaligen Falle der Arbeitnehmer eine Anweisung nicht befolge, das müsse dann aber zum Beispiel durch eine vorhergehende, erfolglose Abmahnung verdeutlicht werden. 

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze rechtfertigt im Streitfall die beharrliche Nichterbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung eine ordentliche Kündigung. Bei der Beurteilung von arbeitsvertraglichen Leistungsstörungen ist zwar - insoweit ist dem Kläger noch zu folgen - grundsätzlich von einem individuellen Leistungsmaßstab des Arbeitnehmers auszugehen. Der Arbeitnehmer hat aber die ihm übertragenen Arbeiten unter Anpassung der ihm möglichen Fähigkeiten ordnungsgemäß zu verrichten (vgl. BAG, 21.05.1992, NZA 1992 S. 1029 m.w.N.). Im Streitfall ist noch nicht einmal erkennbar, dass der Kläger dies wenigstens im Ansatz versucht hätte. Die Kammer unterstellt dabei dem Kläger keinen bösen Willen. Gleichwohl kann aber die Nichterbringung der geschuldeten Arbeitsleistung im Streitfall nur als Arbeitsverweigerung qualifiziert werden, nachdem sich der Kläger entschieden hat, die Arbeiten nicht zu verrichten. 

Dabei kommt es streitentscheidend nicht darauf an, ob der Kläger - wie dieser meint - bereits mit seinen allgemeinen und Ordnungsaufgaben, Sicherheitsaufgaben und den Aufgaben zur Instandhaltung und Wartung im Sinne der §§ 7 ff. der Dienstanweisung für die Hausmeister der kreiseigenen Schulen (vgl. Bl. 74 d.A. ff.) derart ausgelastet gewesen wäre, dass er die ihm am 18.02.1999 übertragenen Aufgaben nicht auch noch hätte erfüllen können. Insoweit hat die Kammer auch die von den Parteien mit unterschiedlichen Ansätzen durchgeführten Bedarfsberechnungen dahinstehen lassen. Der Kläger räumt selbst ein, dass ihm am 18.02.1999 „Sonderaufgaben“ übertragen worden sind. Genau hiervon mußte der Kläger aufgrund der vorangegangenen Abmahnung vom 27.01.1998 und insbesondere der vorausgegangenen 8 Hausbegehungen auch ausgehen. Die Beklagte hat daher bei der Übertragung dieser Aufgaben unmißverständlich die Anweisung erteilt, dass diesen gegenüber der Erledigung der allgemeinen Aufgaben Priorität einzuräumen war. Der Kläger hätte daher diese Aufgaben zunächst erledigen und ggf. die allgemeinen Aufgaben hintenanstellen müssen. Dabei ist aber aufgrund des dem Kläger eingeräumten erheblichen Zeitraumes bis zum 01.04.1999 noch nicht einmal erkennbar, weshalb der Kläger innerhalb dieses Zeitraumes nicht im Stande gewesen sein soll, die ihm am 18.02.1999 übertragenen Aufgaben und daneben die allgemeinen Aufgaben zu erledigen. Der Kläger hat nämlich noch nicht einmal eine Tätigkeit von mittlerer Art und Güte (vgl. zu diesem Ansatz KR-Etzel, 5. Auflage, § 1 KSchG Rd-Nr. 470 m.w.N.) erbracht, sondern schlicht überhaupt gar keine der gestellten Aufgaben erledigt. 

Es ist bezeichnend, wenn der Kläger geltend macht, bei „derart großen Aufgabenstellungen“ habe er mit Störungen rechnen müssen wenn er etwa einen technischen Defekt aus einem Overhead-Projektor hätte beheben müssen. Allein die Befürchtung solcher „Störungen“ hat den Kläger also ersichtlich von seinen Arbeiten abgehalten. Ein objektives Hindernis war dies nicht. In diesen Fällen von Minderleistung liegt nach der Rechtsprechung des BAG, der sich die Kammer nach eingehender Beratung anschließt, eine konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses vor, die eine ordentliche Kündigung grundsätzlich rechtfertigen kann (vgl. nur BAG, 17.03.1988, NZA 1989, S. 261; BAG, 17.01.1991, NZA 1991, S. 557). 

Die Beklagte hat den Kläger auch vor Ausspruch der Kündigung - ersichtlich in Kenntnis der Rechtsprechung des BAG (BAG, 18.01.1980, AP-Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 verhaltensbedingte Kündigung; und BAG, 17.01.1991, AP-Nr. 25 zu § 1 KSchG 1969 verhaltensbedingte Kündigung) - unter dem 27.01.1998 einschlägig abgemahnt. Das Bundesarbeitsgericht verlangt bei Störungen im Leistungsbereich regelmäßig vor Ausspruch einer Kündigung eine solche Abmahnung. Unter dem 27.01.1998 wurde der Kläger abgemahnt, weil er nach der Hausbegehung am 21.10.1997 die dabei angeordneten Aufgaben bzw. Arbeiten nicht erledigt hatte. Eine Überprüfung im Form einer weiteren Hausbegehung am 18.12.1997 hatte ergeben, dass von dem Kläger nur wenige, weniger arbeitsintensive Arbeiten erledigt worden waren. 

Der Kläger irrt, wenn er meint, dass diese Abmahnung unwirksam sei, weil er zwei der angemahnten Arbeiten bereits erledigt hatte. Dabei kann dahinstehen, dass allein aufgrund des Zurückweisungsschreibens des Klägers vom 09.02.1998 (vgl. Bl. 80 d.A.) nicht erkennbar ist, welche zwei angemahnte Arbeiten er bereits erledigt hatte; eine Aufklärung dieses Gesichtspunktes war nicht erforderlich. Die Abmahnung vom 27.01.1998 hat nämlich ihre kündigungsrechtliche Warnfunktion auch dann nicht eingebüßt, wenn der Kläger tatsächlich zwei der in der Abmahnung aufgeführten Arbeiten bereits erledigt gehabt haben sollte. Die Abmahnung ist weder die Wahrnehmung eines Gestaltungsrechtes noch eine förmliche Willenserklärung, sondern nur eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung, nämlich die Ausübung eines Rügerechts, die die rein faktische Warnfunktion unabhängig von rechtlichen Formvorschriften auszufüllen in der Lage ist (vgl. etwa BAG, 21.05.1992, NZA 1992 S. 1030 m.w.N.). Daher hat das Bundesarbeitsgericht auch eine rechtsunwirksame Kündigung als Abmahnung mit Warnfunktion fortbestehen lassen (vgl. BAG, 31.08.1989, NZA 1990 S. 434 m.w.N.). Dort wurde ausgeführt, im individuellen Bereich fordere der Arbeitgeber mit der Abmahnung in kündigungsrechtlicher Hinsicht für die Zukunft vertragsgerechtes Verhalten und stelle für den Fall weitere Vertragsverletzungen individualrechtliche Konsequenzen in Aussicht (Warnfunktion); durch das Erfordernis einer Abmahnung vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung solle der mögliche Einwand des Arbeitnehmers ausgeräumt werden, er habe die Pflichtwidrigkeit seines Verhaltens nicht gekannt oder jedenfalls nicht damit rechnen müssen, der Arbeitgeber sehe dieses Verhalten als so schwerwiegend an, dass er zu kündigungsrechtlichen Konsequenzen greifen werde. Gerade diese Funktion ist aber auch durch die Abmahnung vom 27.01.1998 erfüllt, nachdem der Kläger unstreitig nach der Hausbegehung am 21.10.1997 nur wenige, weniger arbeitsintensive Arbeiten erledigt hatte. Den wesentlichen Teil des damaligen Aufgabenkataloges hatte der Kläger gerade nicht abgearbeitet, selbst wenn er - wie er geltend macht - zwei der in der Abmahnung vom 27.01.1998 bezeichneten Arbeiten bereits erledigt gehabt haben sollte. Der Kläger wurde dann im Schreiben vom 27.01.1998 aufgefordert, künftig seine Arbeit mit dem für einen Hausmeister zwingend erforderlichen Engagement zu erledigen und seine Arbeit so zu organisieren und auszuführen, dass keine nachhaltigen Klagen mehr registriert werden müßten. Er wurde weiter darauf hingewiesen, dass er mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechnen müssen, wenn sein Verhalten erneut Anlaß zu Beanstandungen geben sollte. Dem Kläger wurde daher - nachdem bereits am 28.10.1994 eine Abmahnung ausgesprochen worden war -deutlich gemacht, dass die Beklagte das Nichterfüllen des gestellten Aufgabenkataloges als so schwerwiegend angesehen hat, dass sie im Wiederholungsfalle zu kündigungsrechtlichen Konsequenzen greifen werde.

Jedenfalls wurde durch die Abmahnung vom 27.01.1998 eine weitere Abmahnung vor Ausspruch der streitbefangenen Kündigung entbehrlich. Derart entbehrlich ist eine Abmahnung immer dann, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, aufgrund derer eine Abmahnung als nicht erfolgsversprechend angesehen werden darf. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer gar nicht gewillt ist, sich vertragsgerecht zu verhalten. Kannte der Arbeitnehmer diese Vertragswidrigkeit seines Verhaltens, setzt er aber trotzdem hartnäckig und uneinsichtig seine Pflichtverletzungen fort, dann läuft die Warnfunktion der Abmahnung leer. Da der Arbeitnehmer erkennbar nicht gewillt ist, sein Verhalten zu ändern, müßte der Arbeitgeber auch bei Ausspruch einer (weiteren) Abmahnung mit weiteren erheblichen Pflichtverletzungen rechnen (vgl. BAG, 18.05.1994, NZA 1995, S. 65 m.w.N.). Gerade diese Uneinsichtigkeit ist im Fall des Klägers zu konstatieren, nachdem er sich auch im Laufe des Verfahrens noch auf den Standpunkt zurückgezogen hat, ihm sei die Erfüllung der „Sonderaufgaben“ vom 18.02.1999 nicht möglich gewesen, weil er bereits durch seine laufenden Aufgaben ausgelastet gewesen sei. Der Kläger hat also schon die von der Beklagten vorgegebenen Prioritäten schlicht nicht akzeptiert. Darüberhinaus lassen die von dem Kläger als Anlage wie Bl. 81 ff. zur Gerichtsakte gereichten Arbeitsberichte nicht erkennen, dass die vom Kläger behauptete vollständige Auslastung mit laufenden Aufgaben tatsächlich gegeben war. Die Kammerer mochte etwa nicht zu erkennen, weswegen der Kläger den ganzen 22.02.1999 im Wesentlichen damit zugebracht hat, Türen und Schlösser zu ölen und zu kontrollieren, obwohl im beispielsweise bei der Hausbegehung am 18.02.1999 der Auftrag erteilt worden war, den Chemieraum mit einem Feuerlöscher, einer Löschdecke und einer Handbrause am Waschbecken auszustatten. Gerade dieses exemplarisch herausgegriffene Verhältnis der dem Kläger gestellten Aufgaben und der nach seinen Ausführungen erledigten zeigt, dass der Kläger nicht etwa wegen Zeitmangels nicht im Stande gewesen wäre, die Aufgaben zu erledigen, sondern sich der Aufgabenstellung - aus welchen Gründen auch immer - schlicht entzogen hat. Diese tatsächliche Verweigerung der Aufgabenerfüllung wiegt um so schwerer, als etwa mit der den Chemieraumetreffenden Anweisung auch die Erfüllung von Unfallverhütungsvorschriften und im weiteren Verkehrssicherungspflichten der Beklagten im Raum stand. Es bedarf keiner Vertiefung, dass der Kläger diesen Aufgaben auch ohne besondere Anweisung Priorität gegenüber den von ihm ausweislich der Arbeitsberichte erledigten Aufgaben hätte einräumen müssen (exemplarisch: Türen und Schlösser ölen und kontrollieren; Hausmeisterwerkstatt aufräumen und säubern; Klausurarbeiten und alte Neonröhren entsorgen; etc. etc.). 

Auch die anzustellende Interessenabwägung führt dazu, dass bei verständiger Würdigung in Abwägung der Interessen der Vertragsparteien und des Betriebes die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheint.Zutreffend ist allerdings, dass der Verlust des Arbeitsplatzes für den 50jährigen Kläger nach 10jähriger Beschäftigung bei der Beklagten einen erheblichen sozialen Einschnitt bedeutet. Dies allein reicht jedoch nicht aus, der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zuzumuten. Denn das Arbeitsverhältnis war - jedenfalls gegen Ende - nicht mehr unbelastet. Die Beklagte verweist zurecht darauf, dass es unüblich ist, eine derartige Anzahl von Hausbegehungen durchzuführen. Allein dies zeigt, dass das Arbeitsverhältnis erheblich belastet war. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass die jetzt zur Kündigung geführten Schwierigkeiten damit begonnen hätten, dass er 1994 einen Wechsel ins Schulzentrum Annweiler abgelehnt hatte, hat er sich mit bloßen Spekulationen begnügt. Schließlich blieb zwischen den Parteien nämlich unstreitig, dass jedenfalls auch die ungenügende Arbeitserbringung des Klägers Anlaß für die zahlreichen Hausbegehungen war. Weiter zeigen die vor Ausspruch der Kündigung ergangenen drei Abmahnungen, dass die Beklagte über einen verhältnismäßig langen Zeitraum erhebliche Vertragsverletzungen des Klägers hingenommen hat. Dies zeigt sich auch darin, dass die Beklagte nicht etwa im Anschluß an die am 29.06.1999 durchgeführte 10. Hausbegehung, bei der die am 18.02.1999 erteilten Aufgaben, die bis zum 01.04.1999 erledigt hätten sein müssen, sämtlich immer noch nicht erledigt waren, gekündigt hat; vielmehr hat die Beklagte zunächst am 10.08.1999 eine weitere - dann die elfte - Hausbegehung durchgeführt und erst danach, nachdem die Aufgaben zum überwiegenden Teil immer noch nicht erledigt waren, das Kündigungsverfahren eingeleitet. Die Beklagte hatte sämtliche milderen Maßnahmen, die den Kläger zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung hätten anhalten können, ausgeschöpft. Es war damit schlechterdings nicht mehr zu erwarten, der Kläger werde in Zukunft sein Fehlverhalten abstellen. Es hilft dem Kläger deswegen auch nicht, wenn er anführt, dass er dann jedenfalls vor Ausspruch der Kündigung die geschuldeten Aufgaben erledigt gehabt habe. Kündigungssachverhalt ist nämlich nicht, dass der Kläger die betroffenen Aufgaben gar nicht, sondern innerhalb der gesetzten Fristen und auch nach erheblichem weiteren Zuwarten noch nicht erledigt hatte. Daher war hier zu besorgen, dass der Kläger auch in Zukunft nicht bereit sein werde, die geschuldete und ihm konkret zugewiesene Arbeit zu erbringen (zum Prognoseprinzip vgl. etwa BAG, 21.11.1996, NZA 1997 S. 487, 490 m.w.N.). Dass die Ehefrau des Klägers am 24.02.1999 erkrankt war und dies den Kläger psychisch belastet haben soll, ist sicherlich zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Dies erklärt aber nicht weshalb der Kläger auch vorher schon seine Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und weshalb er nicht wenigstens nach Entlassung seiner Frau aus dem Krankenhaus die versäumten Aufgaben unverzüglich nachgeholt hat. Schließlich war im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, dass die Beklagte ordentlich gekündigt hat, obwohl seitens des Bundesarbeitsgerichtes in den Fällen einer sogenannten beharrlichen Arbeitsverweigerung in aller Regel sogar eine außerordentliche Kündigung als gerechtfertigt angesehen wird. Das Fehlverhalten des Klägers führte auch zu Betriebsablaufstörungen, die im Rahmen der Interessenabwägung zum Nachteil des Klägers zu berücksichtigen sind (vgl. BAG, 17.01.1991, a.a.O.). Die Beklagte hat mit den durchgeführten 11 Hausbegehungen einen erheblichen zusätzlichen Personaleinsatz geleistet, um den Kläger zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Arbeitsvertragspflichten anzuhalten. Es konnte daher dahinstehen, ob die Beklagte sogar zur Beaufsichtigung der Arbeiten des Klägers einen Lehrer abgestellt hat, weil bereits die unstreitigen Mehrbelastungen durch ständige Hausbegehungen der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen. Nach alledem war die Kündigungsschutzklage abzuweisen.

Dem Kläger waren die Kosten des Verfahrens als der unterlegenen Partei gem. § 91 Abs. 1 ZPO aufzuerlegen.

Die Streitwertfestsetzung im Tenor orientiert sich an den Wertvorgaben des § 12 Abs. 7 ArbGG.



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