Arbeitsgericht Ludwigshafen

Urteil vom - Az: 8 Ca 2155/05

Zur Beweislast im Falle einer Abmahnung

Wer sich jedoch auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch eine ihn betreffende unwahre Tatsachenbehauptung beruft, hat den Beweis der Unwahrheit zu erbringen, wenn der Äußernde in solchen Fällen darlegt, dass er die Behauptung nicht ins Blaue hinein aufgestellt hat.

I. Die Klage wird abgewiesen. 

II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. 

III. Der Streitwert wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt aus seiner Personalakte die Entfernung folgender unter dem Datum des 15.08.2005 erteilten Abmahnung.

Am 02.08.2005 kann es zwischen Ihnen und Ihrem Hauptorganisationsleiter, Herrn Roth, zu einer Auseinandersetzung bezüglich einer Arbeitsanweisung. Als die Differenzen auch beim nächsten Treffen in der Vertriebsdirektion am 05.08.02005 nichtausgeräumt werden konnten, forderte Herr Roth Sie auf, gemeinsam mit dem Vertriebsdirektor eine Klärung herbeizuführen. Sie lehnten dieses Gespräch mit den Worten „Das mach ich nicht, ich habe keine Lust auf Gespräche“ ab, ließen Herrn Roth stehen und verließen die Vertriebsdirektion. Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass wir Ihr erneutes Fehlverhalten nicht einfach so hinnehmen. Wir teilen Ihnen nochmals mit, dass Sie Ihrem Vorgesetzten gegenüber weisungsgebunden sind. Wir fordern Sie letztmalig auf, ab sofort den Weisungen Ihres Vorgesetzten Folge zu leisten, ansonsten werden wir das zwischen Ihnen und unserem Unternehmen bestehende Arbeitsverhältnis kündigen.

Zur Begründung seiner am 15. 9. 2005 erhobenen Klage trägt der Kläger vor,
er habe auf die Aufforderung, sofort mit zum Vertriebsdirektor zu kommen, entgegnet, dass er hierzu im Moment keine Zeit habe, da er einen dringenden Außendiensttermin terminiert habe. Er habe daher vorgeschlagen, dass man ihm einen baldigen Gesprächstermin beim Vertriebsdirektor bekannt gebe. Es sei daher unerklärlich, wie hierin eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung gesehen werden sollte. Folglich enthalte die streitgegenständliche Abmahnung unrichtige Tatsachenbehauptungen, wodurch er in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt werde. Die Abmahnung verstoße zudem auch gegen das Übermaßverbot. 

Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die dem Klöger mit Schreiben vom 15.08.2005 erteilte Abmahnung aus dessen Personalakte zu entfernen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gem. § 313 II ZPO auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst ihren Anlagen verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Roth. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift vom 12. 12. 2005 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe 

Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (z.B. Urteil vom 30. 5. 1996, 6 AZR 537/95 = NZA 1997, 145; Urteil vom 11. 12. 2001, 9 AZR 464/00 = NZA 2002, 966) kann ein Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB die Entfernung einer zu unrecht erteilten Abmahnung unter anderem dann verlangen, wenn sie unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält. Hierfür ist nach allgemeinem Grundsätzen der Arbeitnehmer beweispflichtig (richtig daher: LAG Köln, Urteil vom 28. 10. 1987, 7 Sa 629/87). Die Gegenansicht, die auffallender Weise zumeist nicht begründet wird (etwa Schaub-Link, Arbeitsrechts-Handbuch, 10. Aufl., § 61, Rn 80; LAG Berlin, Urteil vom 14. 11. 2002, 16 Sa 970/02), vermag demgegenüber nicht zu überzeugen. Denn wenn der Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung allgemein auf eine analoge Anwendung der §§ 242, 1004 BGB bzw. §§ 12, 1004 BGB (so LAG Köln, Urteil vom 4. 8. 2003, 2 Sa 461/03) gegründet und hierfür das allgemeine Persönlichkeitsrecht als absolutes Recht i.S. von § 823 I BGB bemüht wird, ist nicht ersichtlich, weshalb die Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast sich von denjenigen unterscheiden sollen, welche im unmittelbaren Anwendungsbereich dieser Vorschriften gelten. Der lapidare Verweis auf die Darlegungs- und Beweislast im Kündigungsschutzprozess (etwa LAG Bremen, Urteil vom 6. 3. 1992, 4 Sa 295/91) verfängt schon deshalb nicht, weil insoweit die spezielle Regelung des § 1 II S. 4 KSchG gilt und der Abmahnungsentfernungsanspruch nicht auf eine analoge Anwendung des § 1 KSchG, sondern der genannten Vorschriften des BGB gestützt wird. Wer sich jedoch auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch eine ihn betreffende unwahre Tatsachenbehauptung beruft, hat den Beweis der Unwahrheit zu erbringen, wenn der Äußernde in solchen Fällen darlegt, dass er die Behauptung nicht ins Blaue hinein aufgestellt hat (Palandt-Thomas, BGB, 65. Aufl., § 823, Rn 101; ebenso im Rahmen des § 824 BGB, aaO., § 824, Rn 13). Ebenso trägt der Eigentümer, der einen Beseitigungsanspruch nach § 1004 I BGB geltend macht, die Beweislast für eine Beeinträchtigung seines Eigentums (aaO., § 1004, Rn 52), der Namensträger für die Verletzung seines Namensrechts (aaO., § 12, Rn 37), und für einen vertraglichen Anspruch, auch wenn er eine (aus § 242 BGB abzuleitende) Nebenpflicht betrifft, hat der Begehrende nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen die anspruchsbegründenden Tatsachen zu beweisen. Vorliegend ist folglich der Kläger dafür beweisbelastet, dass die Abmahnung unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält. Unstreitig ist die Auseinandersetzung zwischen ihm und seinem Vorgesetzten Roth am 2. 8. 2005 sowie deren Fortsetzung am 5. 8. 2005. Unstreitig ist ferner, dass es an diesem Tag zu dem seitens des Zeugen Roth gewünschten Gespräch mit dem Vertriebsdirektor nicht kam, weil der Kläger dies ablehnte.

Der Kläger behauptet insoweit lediglich, er habe das Gespräch unter Hinweis auf einen dringenden Kundentermin abgesagt und keinesfalls geäußert, er „habe keine Lust auf Gespräche“, wie in der Abmahnung ausgeführt ist. Der Zeuge Roth hat jedoch in seiner Vernehmung ausgesagt, der Kläger hätte auf die Aufforderung zu einem Gespräch mit dem Vertriebsleiter gesagt „Er habe keine Lust“. Auch hat der Zeuge ausgeführt, dass der Kläger ihn nicht auf einen Kundentermin hingewiesen habe. 

Damit ist dem Kläger der Beweis für eine Unrichtigkeit der streitgegenständlichen Tatsachenbehauptung nicht gelungen. Zu einer Vernehmung des Klägers als Partei zur Herstellung einer prozessualen „Waffengleichheit“ bestand, wie bereits im Kammertermin ausgeführt, kein Anlass. Denn Sinn der Parteivernehmung ist es nicht, die beweisbelastete Partei von den Folgen der Beweisfälligkeit zu befreien (Zöller-Greger, ZPO, 24. Aufl., § 448, Rn 1). Ist der Kläger beweisbelastet und hat er einen Zeugen benannt, ist nicht etwa die „Waffengleichheit“ zwischen den Parteien dadurch verletzt, dass der vom Kläger benannte Zeuge nicht in dessen Sinne aussagt. Schließlich lagen ebenso wenig ein Einverständnis i.S. von § 447 ZPO wie die Voraussetzung des § 448 ZPO, nämlich eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der klägerischen Behauptung (vgl. aaO., § 448, Rn 4), vor.

Letztlich erschließt sich der Kammer auch nicht, weshalb die Erteilung der streitgegenständlichen Abmahnung unverhältnismäßig sein sollte.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 I ArbGG.



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