Arbeitsgericht Trier

Urteil vom - Az: 1 Ca 1597/05

Zum Inhalt des Direktionsrechts

Der Umstand, dass der Kläger einige Jahre in der Sportredaktion arbeitete, gibt dem Kläger keinen Anspruch darauf, ausschließlich in diesem Bereich tätig zu werden. Denn selbst nach einer langjährigen Ausübung einer bestimmten Tätigkeit müssen noch andere Umstände hinzutreten.

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Streitwert wird auf 5000,00 EUR festgesetzt.

III. Soweit die Berufung nicht bereits kraft Gesetzes (§ 64 II Buchst, b u. c ArbGG) statthaft ist, wird sie nicht zugelassen.

 

Tatbestand 

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger. einen Anspruch darauf hat, ausschließlich als „Redakteur in der Sportredaktion“ bzw. als Redakteur für die Sportseiten der Tageszeitung „XXX“ beschäftigt zu werden.

Die Beklagte ist Herausgeberin der Tageszeitung „XXX“. Sie ist Tendenzunternehmen i.S. des § 118 BetrVG. Auf Grund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 17./20. 7. 1995 ist der Kläger. seit dem 1. 10. 1995 bei der Beklagten beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Regelungen: 

§ 4 Arbeitsgebiet

Vereinbarungen über Art und Umfang der Dienstleistungen (Arbeitsgebiet): 

1. Herr A. wird als Redakteur für Wort und Bild und zwar z.b.V. (= zur besonderen Verwendung) im gesamten Redaktionsbereich einschließlich der Außenredaktion, vorerst mit Arbeitsschwerpunkt Nachrichtenredaktion, und zwar nach Weisung der Geschäftsführung oder des Chefredakteurs oder der von diesen damit beauftragten Personen beschäftigt. 

2. Der Redakteur verpflichtet sich, alle ihm übertragenen Arbeiten sorgfältig und gewissenhaft auszuführen. Der Verlag behält sich die Zuweisung eines anderen Arbeitsgebietes vor, ohne dass es einer Nachtragsvereinbarung bedarf. Der Redakteur verpflichtet sich, eine Veränderung seines Arbeitsgebietes innerhalb des redaktionellen Bereiches zu akzeptieren und sich auch in andere Orte im Verbreitungsgebiet des Verlages versetzen zu lassen, oh ne dass es einer Nachtragsvereinbarung bedarf.

Nach § 15 III des Arbeitsvertrages gelten für das Arbeitsverhältnis die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für Redakteure und Redakteurinnen an Tageszeitungen in der jeweils gültigen Fassung. Nach der Protokollnotiz zu § 1 des Manteltarifvertrages ist der Redakteurbegriff wie folgt beschrieben: „Redakteur/Redakteurin ist, wer - nicht nur zum Zwecke der Vorbereitung auf diesem Beruf - kreativ (überwiegend) an der Erstellung des redaktionellen Teils von Tageszeitungen regelmäßig in der Weise mitwirkt, dass er/sie Wort- und Bildmaterial sammelt, sichtet, ordnet, dieses auswählt und veröffentlichungsreif bearbeitet und/oder mit eigenen Wort oder Bildbeiträgen zur Berichterstattung und Kommentierung und/oder die redaktionell-technische Ausgestaltung (insbesondere Anordnung und Umbruch) des Textteils besorgt und/oder diese Tätigkeiten loordiniert. Die Arbeitsverträge sämtlicher Redakteure bei der Beklagten enthalten ein umfassendes Direktions- und Weisungsrecht. Zunächst arbeitete der Kläger. in der Nachrichtenredaktion.

Ab dem 15. 10. 1998 wurde ihm die Stellvertretertätigkeit innerhalb der Nachrichtenredaktion übertragen. Mit Wirkung vom 21. 10. 2002 wurde er in der Sportteam versetzt. Mit Schreiben vom 7. 3. 2003 hat die Beklagte gegenüber dem Kläger. eine Änderungskündigung ausgesprochen und dem Kläger. darin den Abschluss eines neuen Anstellungsvertrages angeboten, wonach der Kläger. von der vorübergehenden Stellvertretertätigkeit auf seine ursprüngliche Redakteurtätigkeit unter Eingruppierung in die Gehaltsgruppe III c des Gehaltstarifvertrages für Redakteure und Redakteurinnen an Tageszeitungen zurückgestuft werden sollte. Der Kläger. hat das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt angenommen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozialwidrig ist und hat gleichzeitig vor dem Arbeitsgericht Trier Kündigungsschutzklage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 1 Ca 321/03 geführt wurde. Im Gütetermin vom 14. 3. 2003 haben die Parteien den Rechtsstreit wegen außergerichtlicher Vergleichsverhandlungen vertagt. Während der Vergleichsverhandlungen hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers. in seinem Schreiben vom 9. 4. 2003 den Vorschlag unterbreitet, dass der Kläger. in der Sportredaktion B-Stadt beschäftigt wird und die Tätigkeit und der Arbeitsort insoweit festgeschrieben werden.

Nach weiteren telefonischen und schriftlichen Erörterungen haben die Parteien im Termin vom 5. 6. 2003 folgenden Vergleich protokolliert: 

1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Kläger. ab dem 1. 7. 2003 als Redakteur in der Sportredaktion des XXX in B-Stadt tätig ist und eine Vergütung nach der Gehaltsgruppe III c erhält. 

2. Der Kläger. erhält in der Zeit vom 1. 7. 2003 bis zum 30. 6. 2005 von der Beklagte zusätzlich zu seinen vertraglichen Bezügen gem. Ziffer 1 des Vergleichs eine auf zukünftige Tariferhöhung anrechenbare Zulage in Höhe der Differenz zwischen der Gehaltsgruppe III c und der Gehaltsgruppe V b.

Im Oktober 2005 hat die Beklagte eine Umstrukturierung der Redaktion vorgenommen. Die Sportredaktion wurde aufgelöst und es wurden die Arbeiten innerhalb der Redaktion neu verteilt. Der Kläger. erhielt die Anweisung, ab sofort die Aufgaben „Die Weltseite, Kultur- und Fernsehseiten, Bauen“ zu übernehmen. Der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat wurde bei dieser Maßnahme nicht beteiligt.

Der Kläger. ist der Anordnung unter Protest und unter dem Vorbehalt der Wirksamkeit gefolgt und begehrt im vorliegenden, am 10. 10. 2005 bei Gericht anhängig gemachten Verfahren deren Überprüfung auf ihre Rechtmäßigkeit. Der Kläger. ist der Auffassung, die Zuweisung der neuen Aufgabe sei rechtswidrig. Seine neue Tätigkeit und auch der Arbeitsort entsprächen nicht dem o. g. Vergleich. Die Aufgaben des Klägers. seien aber durch den Vergleich festgeschrieben worden. Daher komme eine Versetzung im Wege des Direktionsrechts nicht in Betracht. Aus den vorhergehenden Verhandlungen der Prozessbevollmächtigten der Parteien und dem Vergleich ergebe sich, dass das Direktionsrecht der Beklagte eingeschränkt und der Arbeitsplatz festgelegt sei. Der Kläger. solle nicht mehr dem weiten Direktionsrecht der Beklagte aus dem Arbeitsvertrag von Juli 1995 unterliegen. Der Kläger. ist weiter der Auffassung, die dem Kläger. zugewiesene neue Tätigkeit entspreche nicht mehr dem Begriff des Redakteurs im tarifrechtlichen Sinne. Die Entziehung der bisherigen Aufgabe (Sportredaktion) und die Zuweisung des neuen Aufgabengebietes stellten sich als Versetzung i.S. des § 95 III BetrVG dar und lösten deshalb Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach § 99 ff. BetrVG aus. Im Rahmen der neuen Tätigkeit sei der Kläger. damit beauftragt, im Wesentlichen fremde Texte zu bearbeiten (redigieren) und entsprechende Zeitungsseiten zusammenzustellen. Eine eigene verantwortliche Berichterstattung erfolge nur noch in eingeschränktem Umfang. Selbst wenn die Sportredaktion bei der Beklagte nicht mehr bestehe, existiere nach wie vor der in der ursprünglichen Sportredaktion bearbeitete Themenkreis, der seinen Niederschlag in den jeweiligen Sportseiten der Tageszeitung finde. Der „XXX“ enthalte umfangreiche Sportseiten, in welchen über Sportereignisse und Sport aus allen Sportbereichen ausführlich berichtet werde. Mit der Bearbeitung dieser Sportseiten seien derzeit mehrere Redakteure betraut, nämlich ein Macher sowie zwei Reporter. Der Kläger. werde, wenn Not am Mann sei, auch für die Bearbeitung der Sportseiten, eingesetzt. Hier bestehe also eine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger.. 

Der Kläger. beantragt zuletzt,
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger. als „Redakteur in der Sportredaktion“ der Tageszeitung „XXX“ zu beschäftigen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird der Beklagte ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR und/oder Ordnungshaft bis 6 Monaten, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer Herrn XXX angedroht. Hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger. ausschließlich als Redakteur für die Sportseiten der Tageszeitung „XXX“ zu beschäftigen. 

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. 

Sie trägt vor, der Kläger. habe keinen Anspruch auf Beschäftigung als Redakteur in der Sportredaktion und auch keinen Anspruch ausschließlich als Redakteur für die Sportseiten beschäftigt zu werden. Die Beklagte habe den Kläger. in Ausübung ihres Weisungs- und Direktionsrechts zulässigerweise mit der Wahrnehmung neuer Aufgaben betraut. Die Beklagte ist der Auffassung, die Tätigkeit des Klägers. entspreche dem Begriff Redakteur im tarifrechtlichen Sinne. Auch derjenige sei Redakteur, der die redaktionelle Ausgestaltung des Textteils besorge. Das Spektrum der Redakteurtätigkeit sei weit gefasst. Die redaktionell-technische Ausgestaltung, insbesondere Anordnung und Umbruch, sei u. a. dem Verfassen von Artikeln gleichgestellt. Auch in dem technischen Bereich sei eine eigenschöpferische, auf eigenen Einfällen und Entschlüssen beruhende Tätigkeit erforderlich. Im Übrigen sei der Kläger. nicht nur mit Redigieren und Editieren beschäftigt, sondern auch selbst mit der Erstellung von Berichterstattungen beauftragt. Weiter ist die Beklagte der Auffassung, der ursprüngliche Arbeitsvertrag gelte einschließlich des weit gefassten Direktionsrechts der Beklagte unverändert fort. Die nachfolgenden Änderungsvereinbarungen hätten lediglich den Arbeitsschwerpunkt des Klägers. neu geregelt; das Direktionsrecht bleibe hiervon unberührt. Der Vergleich sei nicht dahingehend auszulegen, dass der Kläger. einen Anspruch habe, ausschließlich in der Sportredaktion eingesetzt zu werden. Der Vergleich habe erkennbar nur eines zum Ziel: den Arbeitsschwerpunkt neu zu regeln und die Gehaltsgruppe sowie die anzurechnenden Zulagen festzulegen. Durch den Vergleich solle dem Kläger. kein Sonderstatus eingeräumt werden. Ein solcher Erklärungswille sei dem Vergleich nicht zu entnehmen. Weiter trägt die Beklagte vor, der Kläger. habe nach Vergleichsabschluss und vor der Veränderung des Tätigkeitsschwerpunktes auf die Bereiche „Weltseite, Kultur- und Fernsehseiten, Bauen“ zahlreiche Beiträge zu unterschiedlichen Themen außerhalb des Bereichs Sport verfasst. Der Kläger. sei zu keinem Zeitpunkt ausschließlich mit dem Verfassen von Beiträgen aus dem Bereich Sport beschäftigt gewesen. Nach der Zuweisung des neuen Aufgabengebietes sei der Kläger. Im Übrigen auch noch hin und wieder für die Sportseite tätig gewesen. Eine Weiterbeschäftigung des Klägers. in der Sportredaktion sei unmöglich geworden, da die Beklagte nicht mehr über eine eigenständige Sportredaktion verfüge. Der Hauptantrag des Klägers. sei deshalb auf eine unmögliche Leistung gerichtet und deshalb abzuweisen. Im Übrigen ist die Beklagte der Auffassung, dass es sich bei der Maßnahme nicht um eine Versetzung i.S. des § 95 III BetrVG handele. Wesentliches Ziel der Strukturveränderung sei gewesen, dass sämtliche Mitarbeiter der Redaktion auch in die technische Ausgestaltung eingebunden würden. Die Aufgaben der Redakteure seien nun breiter gefächert, insbesondere durch die stärkere Einbindung des Online-Bereiches. Die Kernaufgaben einzelner Redaktionsmitglieder - darunter die des Kläger. - seien verändert worden. Die Beklagte habe den Schwerpunkt der redaktionellen Arbeit des Kläger. neu definiert. Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen. 

 

Entscheidungsgründe 

Die Klage ist sowohl bezüglich der Hauptanträge als auch bezüglich des Hilfsantrages zulässig, aber nicht begründet.

Der Hauptantrag auf Beschäftigung als „Redakteur in der Sportredaktion“ ist schon deshalb unbegründet, weil dieser Antrag auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist. Auf Grund der im Oktober 2005 vorgenommenen Veränderung verfügt die Beklagte nicht mehr über eine eigenständige Sportredaktion. Der Beklagte ist die Weiterbeschäftigung des Klägers. als Redakteur in der Sportredaktion also unmöglich. Die Beklagte kann nicht zu einer ihr unmöglichen Leistung verurteilt werden. Da sie nicht mehr über eine Sportredaktion verfügt, kann sie den Kläger nicht als Redakteur in der Sportredaktion beschäftigen.

Diesem Umstand trägt der Kläger. mit seinem Hilfsantrag Rechnung. Jedoch ist auch die Klage in der Form des Hilfsantrages auf ausschließliche Beschäftigung als Redakteur für die Sportseiten der Tageszeitung „XXX“ unbegründet.

Die Beklagte hat in individual-rechtlich zulässiger Weise von ihrem Direktionsrecht Gebrauch gemacht und dem Kläger. als neuen Arbeitsschwerpunkt die Themen „Welt, Kultur, Fernsehen und Bauen“ zugewiesen. Der Beklagte steht ein umfassendes Weisungs- und Direktionsrecht gem. § 4 I, II, Satz 2 des Arbeitsvertrages zu. Dieses Recht erstreckt sich auf den gesamten Redaktionsbereich, wozu auch das neue Tätigkeitsfeld des Kläger. zählt. Der ursprüngliche Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1995 gilt einschließlich des weit gefassten Direktionsrecht unverändert fort. Dieses Recht der Beklagte blieb durch den Vergleich vom 5. 6. 2003 im Verfahren 1 Ca 321/03 unberührt. Das ergibt die Auslegung des Vergleichs. Der Inhalt eines Prozessvergleichs bestimmt sich nach dessen objektivem Erklärungsinhalt gem. §§ 133, 157 BGB. Bei der Auslegung ist zunächst vom Wortlaut auszugehen. Dieser lässt keinen Schluss auf eine Änderung der Weisungsbefugnis für die Beklagte zu.

Im Vergleich heißt es insoweit, die Parteien seien sich darüber einig, dass der Kläger. als Redakteur in der Sportredaktion des XXX in B-Stadt tätig ist. Von einer ausschließlichen Beschäftigung ist nicht die Rede. Das Direktionsrecht der Beklagte wird mit keinem Wort erwähnt. Durch den Gebrauch des Wortes „ist“ geben die Parteien eine derzeitige Zustandsbeschreibung wieder.

Es heißt nicht etwa, dass der Kläger. als Redakteur in der Sportredaktion tätig ist und bleibt. In die Auslegung sind neben dem Wortlaut außerhalb liegende Begleitumstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Insoweit verweist der Kläger. auf die dem Vergleich vorangegangenen Verhandlungen der Prozessbevollmächtigten der Parteien. Diese stützen jedoch nicht die Annahme der Aufhebung des Weisungsrechts der Beklagte. Zwar heißt es in dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers. vom 9. 4. 2003: „Unser Mandant wird in der Sportredaktion beschäftigt. Die Tätigkeit und der Arbeitsort werden insoweit festgeschrieben“. Diesem Schreiben folgte aber ein eigener Vergleichsvorschlag des Prozessbevollmächtigten der Beklagte, in dem eine Festsetzung nicht erwähnt wird. Auf das Weisungsrecht nehmen beide Schriftsätze keinen Bezug. Zu berücksichtigen ist auch die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck. Der Vergleich erfolgte anlässlich eines Kündigungsschutzprozesses. Der Kläger. sollte von der vorübergehenden Stellvertretertätigkeit auf seine ursprüngliche Redakteurtätigkeit zurückgestuft werden. Regelungsgegenstand waren demnach auch finanzielle Konsequenzen der Änderung durch die Rückstufung, vor allem die Höhe des Gehalts des Klägers. und die Art der neuen Tätigkeit. Auf keinen Fall entspricht es dem Interesse der Beklagte als Arbeitgeberin, auf ihr Weisungsrecht durch den Vergleich zu verzichten! Ansonsten hätte sie den bei Vergleichsabschluss 42 Jahre alten Kläger. noch auf Jahrzehnte ausschließlich als Redakteur in der Sportredaktion beschäftigen können. Die Arbeitsverträge sämtlicher Redakteure bei der Beklagte enthalten jedoch ein umfassendes Direktions- und Weisungsrecht. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte dem Kläger. durch den Vergleich einen Sonderstatus einräumen wollte. Aus der Auslegung des Vergleichs folgt also, dass der Beklagte weiterhin ein weit reichendes Direktionsrecht zusteht, welches die Zuweisung des neuen Arbeitsschwerpunktes deckt.

Der Umstand, dass der Kläger. einige Jahre in der Sportredaktion arbeitete, gibt dem Kläger. keinen Anspruch darauf, ausschließlich in diesem Bereich tätig zu werden. Denn selbst nach einer langjährigen Ausübung einer bestimmten Tätigkeit müssen noch andere Umstände hinzutreten. Die Einschränkung des Direktionsrechts stellt eine Vertragsänderung dar. Deshalb müssen entsprechende rechtsgeschäftliche Willenserklärungen, die auf eben diese Änderung gerichtet sein sollen, erkennbar sein (LAG Rheinland-Pfalz NZA 1997, 1113). Auch unter kollektiv-rechtlichen Gesichtspunkten ist die Zuweisung des neuen Arbeitsschwerpunktes an den Kläger. nicht unwirksam. Die Beklagte war nicht verpflichtet, unter kollektiv-rechtlichen Gesichtspunkten den Betriebsrat an der Maßnahme zu beteiligen. Die Zuweisung des neuen Arbeitsschwerpunktes stellt keine mitbestimmungspflichtige Versetzung dar, an der der Betriebsrat nach § 99 BetrVG zu beteiligen wäre. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, inwieweit das Mitbestimmungsrecht bei der Beklagte als Tendenzunternehmen gem. § 118 BetrVG eingeschränkt ist. Die Zuweisung des neuen Arbeitsschwerpunktes innerhalb desselben Arbeitsbereiches ist keine Versetzung i.S. des § 95 III BetrVG. Nach der Legaldefinition in § 95 III BetrVG ist Versetzung die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Werden Arbeitnehmer nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem bestimmten Arbeitsplatz beschäftigt, so gilt die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung. Unter Arbeitsbereich ist dabei grundsätzlich der konkrete Arbeitsplatz einschließlich seiner Beziehungen zur betrieblichen Umgebung in räumlicher, technischer und organisatorischer Hinsicht zu verstehen.

Die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs liegt dann vor, wenn dem Arbeitnehmer ein neuer Tätigkeitsbereich übertragen wird, so dass der Gegenstand der nunmehr geforderten Arbeitsleistung, also der Inhalt der Arbeitsaufgabe, ein anderer wird und sich das Gesamtbild der Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert (vgl. Fitting BetrVG 22. Auflage § 99 Rdnr. 103). Dabei kommt es darauf an, ob sich die Tätigkeit vor und nach der Zuweisung so voneinander unterscheidet, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters als eine andere angesehen werden kann (BAG vom 21. 4. 1997 AP Nr. 14 zu § 99 BetrVG 1972). Der Begriff des Arbeitsbereichs wird in § 81 I und 2 BetrVG durch die Aufgabe und Verantwortung sowie durch die Art der Tätigkeit und ihrer Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebs umschrieben. Welche Arbeitsbereiche in einem Betrieb vorhanden sind, ergibt sich aus der jeweiligen Organisation des Betriebes. Arbeitsbereich ist danach der konkrete Arbeitsplatz und seine Beziehung zur betrieblichen Umgebung in räumlicher, technischer und organisatorischer Hinsicht. Allerdings stellt nicht jede Änderung des Arbeitsbereichs eine mitbestimmungspflichtige Versetzung dar; die Veränderung muss vielmehr so erheblich sein, dass ein vom bisherigen zu unterscheidender Arbeitsbereich vorliegt und sich das Gesamtbild der Tätigkeit ändert (vgl. Fitting a. a. O. § 99 Rdnr. 104). Nach diesen Grundsätzen kann in der Maßnahme der Beklagte von Oktober 2005 gegenüber dem Kläger. keine Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs angenommen werden.

Zum einen hat der Wechsel keine räumliche Verlagerung des Arbeitsplatzes mit sich gebracht. Hierzu trägt der Kläger. jedenfalls nichts vor, so dass davon auszugehen ist, dass er seinen bisherigen Arbeitsplatz beibehalten hat, wobei eine geringfügige räumliche Verlegung des bisherigen Arbeitsplatzes noch keine Versetzung i.S. des §§ 95 III BetrVG darstellt. Die Art der Arbeitsaufgabe des Klägers. ist im Wesentlichen gleich geblieben. Er wird nach wie vor als Redakteur eingesetzt und erbringt die gleiche Tätigkeit. Zwar trägt der Kläger. vor, im Rahmen der neuen Tätigkeit sei er nur noch damit beauftragt, fremde Texte zu bearbeiten und entsprechende Zeitungsseiten zusammenzustellen. Eine eigene verantwortliche Berichterstattung erfolge nur noch in eingeschränktem Umfang. Selbst diese Tätigkeit entspricht jedoch dem Begriff des Redakteurs im tarifrechtlichen Sinne. Danach ist Redakteurtätigkeit auch, die redaktionell-technische Ausgestaltung (insbesondere Anordnung und Umbruch) des Textteils zu besorgen und/oder diese Tätigkeiten zu koordinieren. Der Kläger. muss weiterhin eigenschöpferisch tätig werden, denn die Ausgestaltung erfordert genauso eigene Einfälle wie die Berichterstattung. Das Spektrum der Redakteurtätigkeit ist weit gefasst. Die technische Ausgestaltung ist dem Verfassen von Artikeln gleichgestellt. Darüber hinaus ist der Kläger. nach der Anweisung der Beklagte zwar in diesem Bereich tätig, jedoch nicht ausschließlich. Die Berichterstattung gehört nach wie vor auch zu seinen Aufgaben, wenn auch in eingeschränktem Umfang. Auch arbeitet der Kläger. weiterhin für die Sportseiten des „XXX“. Dies hat die Beklagte durch die Vorlage einiger Auszüge der Zeitung belegt. Von einem völligen Entzug der sportlichen Themen kann deshalb nicht ausgegangen werden. Auch ist zumindest indiziell zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit des Kläger. weiterhin den Merkmalen der bisherigen Vergütungsgruppe entspricht. Der Kläger. erbringt nach wie vor eine Redakteurtätigkeit, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt keine Änderung des Arbeitsbereichs vorliegt. Schließlich haben sich durch den Wechsel die Umstände der Arbeitsleistung des Klägers. Nicht derart geändert, dass ihm ein anderer Arbeitsbereich i.S. des § 95 III BetrVG zugewiesen worden ist. Richtig ist zwar, dass er andere Themen Gebiete zu betreuen hat. Der Kläger ist aber keiner grundsätzlichen neuen Einheit zugeordnet worden. Sein Arbeitsplatz und Arbeitsort sind immer noch der gleiche. Nach alledem hat sich das Gesamtbild der Tätigkeit des Klägers. nicht wesentlich verändert. Die Beklagte hat lediglich den Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers. Neu definiert. Ein neuer Tätigkeitsbereich ist dem Kläger. nicht zugewiesen worden.

Da die Beklagte den Kläger demgemäß vertragsgemäß beschäftigt, ist auch der Antrag des Klägers auf Androhung eines Ordnungsgeldes abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 II ArbGG i. V. m. § 91 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung ergeht gem. § 61 I ArbGG, § 3 ZPO. Die Festsetzung entspricht ungefähr einem Bruttomonatsentgelt des Klägers.



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