Arbeitsgericht Trier

Urteil vom - Az: 2 Ca 1665/06, 2 Ca 1665/07

Zur Eingruppierung nach dem BAT

Eine Eingruppierungsfeststellungsklage ist bezüglich der Arbeitsvorgänge im Sinne von § 22 BAT dann schlüssig, wenn der Angestellte, ohne seine Tätigkeit selbst in Arbeitsvorgänge aufspalten zu müssen, die Einzelheiten seiner Tätigkeit sowie darüber hinaus diejenigen Tatsachen vorträgt, die das Gericht kennen muss, um daraus rechtlich folgern zu können, welche „Arbeitsvorgänge“ von dem betreffenden Angestellten zu erbringen sind.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Streitwert wird festgesetzt auf 21.805,06 €.

 

Tatbestand 

Die Parteien streiten um die zutreffende Eingruppierung des Klägers nach dem Bundes- Angestellten-Tarifvertrag (BAT).

Der Kläger ist seit dem 01.11.1995 beim beklagten Land als „Polizei- ozialbetreuer“ beschäftigt. Kraft einzelvertraglicher Bezugnahme findet auf das Arbeitsverhältnis der BAT Anwendung. Die Eingruppierung des Klägers richtet sich nach Teil II, Abschnitt G... - Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst - der Anlage 1 a zum BAT. Seit dem 01.02.1996 ist der Kläger in Vergütungsgruppe IVa eingruppiert. Mit seiner Klage begehrt er die Eingruppierung in Vergütungsgruppe III, die er erstmals mit Schreiben vom 08.02.2001 beantragt hatte. Die monatliche Differenz zwischen den Vergütungsgruppen IVa und III beträgt 275,75 € brutto. Der Kläger hilft Polizeibediensteten und deren Angehörigen, die sich in persönlichen oder beruflichen Krisensituationen befinden. Hierbei wird er von zehn nebenamtlichen sog.  „sozialen Ansprechpartnern“ unterstützt. Im Jahr 2006 nahmen 8% von ca. 1.400 Bediensteten die Hilfe des Klägers in Anspruch. Nach der „Beschreibung der durch den Stelleninhaber auszuübenden Tätigkeiten gemäß § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 BAT und der Protokollnotiz Nr. 1 hierzu (Arbeitsvorgänge)“ sind dem Kläger folgende Aufgabenbereiche zugewiesen: 

- Psychosoziale Betreuung von psychisch auffälligen - erkrankten Bediensteten mit Depressionen - Angststörungen - Neurosen/Persönlichkeitsstörungen, oder anderen Krankheitsbildern
- Psychosoziale Betreuung von Bediensteten bei psychosomatischen oder somatischen Erkrankungen
- Betriebliche Suchtarbeit und psychosoziale Betreuung von suchtgefährdeten und suchtkranken Bediensteten
- Psychosoziale Betreuung von Polizeibeamtinnen und Beamten nach einem belastenden Ereignis - zur Vermeidung einer „Posttraumatischen Belastungsstörung“
- Praxisbegleitung/Anleitung/Ausbildung der nebenamtlichen „Sozialen Ansprechpartner“
- Kontinuierliche Zusammenarbeit mit der Polizeiführung, den zuständigen Personalräten der Personalabteilung und den örtlichen Gesundheitsämtern
- Kooperation der hauptamtlichen Sozialbetreuer auf Landesebene/Gremienarbeit/interneund präsidialübergreifende Vernetzung
- Mitarbeit im Rahmen polizeispezifischer Arbeitsgruppen auf Präsidial- und Landesebene.

Der Kläger hat beispielhaft für die Zeit vom 23.10. bis zum 15.12.2006 die von ihm an jedem einzelnen Arbeitstag verrichteten Tätigkeiten detailliert geschildert und erläutert. Insoweit wird auf die Seiten 3 bis 43 des Schriftsatzes vom 11.01.2007 verwiesen. 

Der Kläger trägt vor: 
Die von ihm ausgeübte Tätigkeit falle nach Art und Umfang unter Fallgruppe 15 der Vergütungsgruppe IVa, so dass ihm nach vierjähriger Bewährung ein Aufstieg in Vergütungsgruppe III, Fallgruppe 7 zustehe. Seine Tätigkeit verlange von ihm profundes Fachwissen über psychiatrische Krankheitsbilder, deren Symptome und Verlauf, Betreuungs-, Behandlungs- und  Therapiemöglichkeiten. Über die im Einzelfall erforderlichen Interventionsmaßnahmen gebe es keine Dienstvorschriften, so dass er sich ganz auf sein Fachwissen und seine Erfahrung verlassen müsse. In seinem Tätigkeitsbereich trage er die alleinige fachliche Verantwortung, da ihm, was unstreitig ist, kein Fachvorgesetzter vorstehe, sondern er unmittelbar dem Polizeipräsidenten unterstellt sei. Die von ihm übernommene Verantwortung sei außerordentlich groß, da er oft als Erster ins Vertrauen gezogen werde und jedes falsche Wort erheblichen Schaden anrichten könne. Er betreue Waffenträger, die in Krisensituationen fremd- und selbstgefährlich seien, so dass regelmäßig Gefahr für die Rechtsgüter Leben und Gesundheit bestehe. Damit habe er eine Mitverantwortung für die personelle Funktionsfähigkeit und letztlich die innere Sicherheit des Polizeipräsidiums. Seine Arbeit gehe über die Normalverantwortung eines Sozialarbeiters weit hinaus. 

Der Kläger beantragt 
1. festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, ihm Vergütung nach der Vergütungsgruppe BAT III in der zurzeit gültigen Fassung zu zahlen, 

2. das beklagte Land zu verurteilen, an ihn den Differenzbetrag zwischen Vergütungsgruppe IVa BAT und III BAT für die Zeit vom 08.08.2000 bis zum 31.10.2006 zu zahlen. 

Das beklagte Land beantragt,
die Klage abzuweisen. 

Das beklagte Land trägt vor:
Die Tätigkeit des Klägers hebe sich nicht durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 heraus. Der Kläger habe hinsichtlich der von ihm betreuten Beamten keinen therapeutischen Auftrag, sondern solle die zutreffende Therapie lediglich vermitteln. Nur ein Bruchteil der Mitarbeiter benötige die Hilfe des Klägers. Der Kläger treffe nach außen keine Entscheidungen für das Polizeipräsidium, auch wenn seine Vorschläge meist tatsächlich umgesetzt würden. Ein etwaiger Anspruch des Klägers auf rückwirkende Vergütungszahlung wäre auch verjährt bzw. verfallen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien und die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.

 

Entscheidungsgründe 

Die Klage ist zulässig.

Die Eingruppierungsfeststellungsklage ist im öffentlichen Dienst allgemein üblich; gegen ihre Zulässigkeit bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken. Auch die unbezifferte Leistungsklage ist ausnahmsweise ausreichend, da zu erwarten ist, dass das beklagte Land auf ein entsprechendes Urteil hin leisten wird, das Urteil also zur endgültigen Streitbeilegung führt. 

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger ist zu Recht in Vergütungsgruppe IVa BAT eingruppiert. Er kann weder für die Zukunft noch für die Vergangenheit Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT fordern. 

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet unstreitig Teil II, Abschnitt G... - Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst - der Anlage 1 a zum BAT Anwendung. Der Kläger wird derzeit nach der Vergütungsgruppe IVa bezahlt. Deren Tätigkeitsmerkmale in der ausschließlich in Frage kommenden Fallgruppe lauten:

„15. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit ...,

deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 heraushebt.“ In Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 sind eingruppiert: 

„16. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit ..., mit schwierigen Tätigkeiten.“ Der Kläger begehrt die Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe III Fallgruppe 7. Diese lautet: 

„7. Sozialarbeiter/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit..., deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 heraushebt, nach vierjähriger Bewährung in Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 15.“

Ob der Kläger Bezahlung nach Vergütungsgruppe III beanspruchen kann, richtet sich grundsätzlich nach § 22 BAT. Danach ist der Angestellte in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm auszuübende Tätigkeit entspricht (§ 22 Abs. 2 Satz 1 BAT). Dies ist dann der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen (§ 22 Abs. 2 Satz 2 BAT). Unter Arbeitsvorgang ist eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer vernünftigen, sinnvollen praktischen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und tarifrechtlich selbstständig bewertbare Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen (Protokollnotiz zu § 22 Abs. 2 BAT).

Eine Eingruppierungsfeststellungsklage ist bezüglich der Arbeitsvorgänge im Sinne von § 22 BAT dann schlüssig, wenn der Angestellte, ohne seine Tätigkeit selbst in Arbeitsvorgänge aufspalten zu müssen, die Einzelheiten seiner Tätigkeit sowie darüber hinaus diejenigen Tatsachen vorträgt, die das Gericht kennen muss, um daraus rechtlich folgern zu können, welche „Arbeitsvorgänge“ von dem betreffenden Angestellten zu erbringen sind.

Wenn, wie im vorliegenden Fall, Tarifgruppen aufeinander aufbauen und der Aufbau sich daraus ergibt, dass die jeweils höhere Gruppe im Verhältnis zur niedrigeren Gruppe qualifizierende Merkmale enthält, ist es darüber hinaus Aufgabe der klagenden Partei, diejenigen Tatsachen vorzutragen und im Bestreitensfall zu beweisen, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, dass sie die für sich beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale und die Qualifizierungs- und Heraushebungsmerkmale erfüllt, wozu angesichts der Differenzierung der Tätigkeitsmerkmale zumeist eine lediglich genaue Darstellung der Aufgaben des Angestellten nicht ausreichend ist. Vielmehr bedarf es auch zu den einzelnen tariflichen Qualifizierungsmerkmalen im Hinblick auf die jeweils in Betracht kommenden unbestimmten Rechtsbegriffe entsprechenden substantiierten Tatsachenvortrages im Sinne einer vergleichenden Wertung (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts).

Der Kläger hat die Voraussetzungen für die Erfüllung der maßgeblichen Tätigkeitsmerkmale nicht hinreichend substantiiert dargetan. 

Unstreitig verfügt der Kläger über die geforderte Ausbildung und übt auch eine dem Berufsbild entsprechende Tätigkeit aus. 

Es konnte davon ausgegangen werden, dass die Tätigkeit des Klägers insgesamt einen einzigen Arbeitsvorgang darstellt. Jedenfalls gesteht das beklagte Land zu, dass der Kläger mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit mit der Betreuung Hilfe suchender Mitarbeiter in Krisensituationen, der Beratung von Dienststellen und Polizeiführung, bei der ebenfalls die persönlichen Schwierigkeiten von Bediensteten im Vordergrund stehen, und Zusammenhangstätigkeiten verbringt. Dies belegen auch die vom Kläger vorgelegten Tagesberichte. Auf die Einordnung konzeptioneller Tätigkeiten, Arbeitstreffen, Fortbildungen etc. kam es damit nicht mehr an.

Die vom Kläger auszuübende Tätigkeit erfüllt jedoch nicht die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe III. Der Kläger kann die Vergütungsgruppe III Fallgruppe 7 nur im Wege des Bewährungsaufstiegs aus Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 15 erreichen. Es konnte indes nicht festgestellt werden, dass sich seine Tätigkeit durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 heraushebt. Dass sich die Tätigkeit des Klägers durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 heraushebt, kann nicht daraus geschlossen werden, dass der Kläger bislang nach Vergütungsgruppe IVa bezahlt wird, die dies voraussetzt. Die bisherige Vergütung des Klägers darf nämlich nicht als zutreffend vorausgesetzt werden, sondern ist auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Auch die jahrelange Zahlung der Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe begründet nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich das erkennende Gericht anschließt, keinen Vertrauenstatbestand und hindert keine korrigierende Rückgruppierung. Die Angabe einer Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag ist regelmäßig nicht konstitutiv und begründet keinen von den tariflichen Bestimmungen unabhängigen Anspruch. Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes will grundsätzlich keine übertarifliche Vergütung gewähren, sondern nur das, was dem Arbeitnehmer tarifrechtlich zusteht. Er verstößt daher regelmäßig nicht gegen Treu und Glauben, wenn er geltend macht, die Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppe, nach der der Angestellte vergütet wird, seien nicht erfüllt (BAG, Urteil vom 22.07.2004, 8 AZR 352/03; BAG, Urteil vom 17.07.2003, 8 AZR 376/02; BAG, Urteil vom 25.09.2002, 4 AZR 339/01; BAG, Urteil vom 05.09.2002, 8 AZR 620/01; BAG, Urteil vom 26.04.2000, 4 AZR 157/99; BAG, Urteil vom 16.02.2000, 4 AZR 62/99; BAG, Urteil vom 08.10.1997, 4 AZR 167/96). Für eine Eingruppierung in Vergütungsgruppe IVa, Fallgruppe 15 muss zunächst festgestellt werden, ob die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 erfüllt sind. Anschließend ist zu prüfen, wodurch sich die Tätigkeiten des Angestellten aus den Merkmalen der niedrigeren Vergütungsgruppe herausheben und ob dadurch die tariflichen Anforderungen der höheren Vergütungsgruppe erfüllt sind. Bei der Prüfung ist zu berücksichtigen, dass schon in Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 „schwierige Tätigkeiten“ verlangt werden, die sich also aus der Normal- bzw. Grundtätigkeit herausheben, und für die höhere Eingruppierung „besondere Schwierigkeit und Bedeutung“ erforderlich sind. Deshalb müssen der Schwierigkeitsgrad und die Bedeutung über das schon in Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 verlangte Maß beträchtlich, deutlich wahrnehmbar hinausgehen. Die Schwierigkeit kann sich aus Besonderheiten bei den zu betreuenden Personen oder dem Erfordernis besonderer fachlicher Anforderungen ergeben, die Bedeutung aus der Wichtigkeit oder der Größe des Aufgabenkreises oder der Tragweite der Tätigkeit für den innerdienstlichen Bereich und die Allgemeinheit (BAG, Urteil vom 06.08.1997, 4 AZR 891/95; BAG, Urteil vom 10.07.1996, 4 AZR 139/95; BAG, Urteil vom 25.10.1995, 4 AZR 495/94; BAG, Urteil vom 22.03.1995, 4 AZR 71/94; BAG, Urteil vom 29.09.1993, 4 AZR 690/92). Schwierige Tätigkeiten im Sinne der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 sind nach Protokollnotiz Nr. 5 z. B. die Beratung von Suchtmittel-Abhängigen, die Beratung von HIVInfizierten oder an AIDS erkrankten Personen, die begleitende Fürsorge für Heimbewohner und nachgehende Fürsorge für ehemalige Heimbewohner, die begleitende Fürsorge für Strafgefangene und nachgehende Fürsorge für ehemalige Strafgefangene sowie die Koordinierung der Arbeiten mehrerer Angestellter mindestens der Vergütungsgruppe Vb. Mit diesen Beispielen haben die Tarifvertragsparteien Maß und Richtung für die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe vorgegeben (vgl. BAG, Urteil vom 06.08.1997, 4 AZR 891/95; BAG, Urteil vom 10.07.1996, 4 AZR 139/95; BAG, Urteil vom 25.10.1995, 4 AZR 495/94; BAG, Urteil vom 22.03.1995, 4 AZR 71/94; BAG, Urteil vom 29.09.1993, 4 AZR 690/92). Das beklagte Land hat nicht in Abrede gestellt, dass die vom Kläger zu verrichtende Tätigkeit mit diesen in der Protokollnotiz beschriebenen Tätigkeiten auf einer Stufe steht. Der Kläger ist Sozialarbeiter im sozialpsychiatrischen Dienst. Seine gesamte Betreuungs- und Beratungstätigkeit, die vorsorgende Hilfe, Vermittlung von Behandlungs- und Therapiemöglichkeiten sowie nachgehende Hilfe für Personen, die besondere, vielgestaltige Probleme zu bewältigen haben, umfasst, ist eine schwierige Tätigkeit im Sinne der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16. Sie übersteigt den in der Protokollnotiz Nr. 5 festgelegten Wertigkeitsrahmen jedoch nicht. Nach dem Berufsbild gehört es zu den Normalaufgaben von Sozialarbeitern, Personen aus bestimmten Problembereichen, etwa Suchtkranke, anderweitig psychisch kranke oder traumatisierte Personen, vorsorgend und nachgehend zu begleiten und Hilfeleistungen in sozialen Problemfällen oder Konfliktsituationen zu gewähren, sowohl im persönlichen als auch im beruflichen Bereich. Bereits für Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 16 ist es erforderlich, dass der Angestellte einzelverantwortlich unter Einsatz psychosozialer Mittel und Methoden bestimmte Personen umfassend und qualifiziert berät und betreut mit dem Ziel, ihre Lebenslage zu verbessern. Hierzu müssen die Personen aufgeklärt und informiert, über Hilfsmöglichkeiten, Dienste und Einrichtungen unterrichtet und bei der Vermittlung und Bereitstellung materieller und finanzieller Hilfen unterstützt werden. All dies tut der Kläger. Aus dem Umstand, dass die vom Kläger zu betreuende Zielgruppe aus Polizeibediensteten besteht, lässt sich eine beträchtliche, gewichtige Heraushebung weder nach Schwierigkeit noch nach Bedeutung herleiten. Der Kläger ist nicht allein für 1.400 Beschäftigte zuständig, die auch nur zu einem Bruchteil seiner Hilfe bedürfen, sondern wird von mehreren „sozialen Ansprechpartnern“ unterstützt. Dass er über ein breites Fachwissen verfügt, kann von einem ausgebildeten Sozialarbeiter ohne weiteres erwartet werden, ebenso, dass er nach seiner jahrelangen Tätigkeit einen weiten Erfahrungshorizont hat. Der Kläger hat aber nicht dargetan, welche besonderen Fachkenntnisse zur Bewältigung seiner Aufgaben er benötigt, die beträchtlich umfangreicher sind als die, die ein Sozialarbeiter haben muss, der die in der Protokollnotiz Nr. 5 genannten Personen betreut. Das Maß der von ihm zu tragenden Verantwortung ergibt sich aus der Natur der Sache und ist überdies vorliegend kein relevantes Eingruppierungsmerkmal. Der Kläger muss zwar in konkreten Situationen schnell die mögliche akute Gefährdung einschätzen und erforderlichenfalls faktische Entscheidungen treffen, dies tun jedoch die Betreuer der in der Protokollnotiz Nr. 5 genannten Personen ebenfalls. Auch sie entschärfen akute Problem- und Konfliktsituationen und helfen damit sowohl den unmittelbar Betroffenen als auch deren Umfeld und damit der Allgemeinheit, für die sie ein latentes Gefährdungspotential darstellen. Der Kläger ist auch nicht befugt, rechtlich bindende Entscheidungen im Namen des Polizeipräsidiums zu treffen. Ferner führt der Kläger selbst keine Therapien durch, sondern empfiehlt diese nur und hilft  rforderlichenfalls bei der Schaffung der Voraussetzungen für ihre Durchführung. Geht man zugunsten des Klägers davon aus, dass bei Polizeibediensteten typischerweise mit besonders vielgestaltigen oder umfangreichen Problemen zu rechnen ist, so rechtfertigt dies allenfalls eine Gleichstellung mit den in der Protokollnotiz Nr. 5 genannten Personengruppen, zumal die vom Kläger betreuten Personen nach seiner Darstellung eher als etwa Heimbewohner oder Strafgefangene zu einer Zusammenarbeit mit dem Sozialbetreuer bereit sein dürften, was die Tätigkeit erleichtert. Dass die Polizeibediensteten sich in einem psychisch stabilen Zustand befinden, liegt zwar im Interesse der Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit des Landes. Diese ist allerdings auch gefährdet, wenn beispielsweise Drogenabhängige oder Straftäter nicht ausreichend betreut werden. Einen wesentlichen Einfluss auf die Rechtsgüter Gesundheit und Leben haben z. B. auch die Sozialarbeiter, die Suchtmittelabhängige betreuen. Soweit es sich bei den Klienten des Klägers um Waffenträger handelt, sind diese im Gegenzug im verantwortungsbewussten Umgang mit der Waffe und deren sicherer Verwahrung besonders ausgebildet. Es mag zwar Fälle geben, in denen eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung durch den Kläger erkannt werden muss und ein schnelles Handeln erfordert. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Polizeibedienstete eine solche Gefährdung für sich oder seine Umwelt darstellt. Nach dem Vortrag des Klägers entsteht der unzutreffende Eindruck, die Polizei sei eine Truppe psychisch labiler, latent eigen- und fremdgefährdender Personen. Der Kläger hat allerdings auch selbst nicht behauptet, dass er Polizeibeamte reihenweise davon abhalten müsse, ihre Schusswaffen zu missbrauchen. Die Abweisung der Klage bedeutet keine Herabwürdigung der Leistungen des Klägers, die das beklagte Land auch nicht beanstandet hat. Das Gericht verkennt auch nicht, dass der Kläger eine wichtige, auch im öffentlichen Interesse liegende Tätigkeit ausübt. Dies allein rechtfertigt jedoch nicht die begehrte Einstufung. 

Die Kosten des Rechtsstreits hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO der Kläger zu tragen, da er den Prozess verloren hat. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 42 Abs. 4 Satz 2 GKG, 3, 5 ZPO. 



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