Arbeitsgericht Trier

Urteil vom - Az: 3 Ca 1092/08

Zur Vertragsstrafe: Schuldhafte Nichtaufnahme der Arbeit

Eine Vertragsstrafe im Praktikanten-Arbeitsvertrag für den Fall der "Nichtaufnahme der Tätigkeit" wird verwirkt, wenn die Arbeit wegen der Aufnahme einer Ausbildungsstelle nicht angetreten wird.

Tenor

I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 225,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Pozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2008 zu zahlen. 

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. 

III. Der Streitwert wird auf 225,00 € festgesetzt. 

IV. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen. 

 

Tatbestand 

Die Klägerin, welche ein Alten- und Pflegeheim betreibt, schloss mit dem Beklagten am 14.05.2008 einen als „Befristeter Arbeitsvertrag“ überschriebenen Vertrag, der eine Beschäftigung des Beklagten als Praktikant für ein Jahr (vom 01.08.2008 bis 31.07.2009) orsah bei einer monatlichen Bruttovergütung von 450,00 €. Dieser Vertrag lautet auszugsweise wie folgt:

„Befristeter Arbeitsvertrag .. 

§ 1 Aufgaben und Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses Der Arbeitnehmer wird ab dem 01.08.2008 als Praktikant in der Altenpflege befristet eingestellt. ... 

§ 3 Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses (Befristung) ... Die ersten 6 Monate gelten als Probezeit. Während dieser Zeit können die Vertragsparteien das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 2 Wochen kündigen. ... 

§ 15 Vertragsstrafe

Im Falle der schuldhaften Nichtaufnahme oder vertragswidrigen Beendigung der Tätigkeit verpflichtet sich der Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber eine Vertragsstrafe zu zahlen. Die Höhe er Vertragsstrafe bemisst sich nach der vertragsgemäßen Kündigungsfrist und beträgt in en ersten 6 Monaten ein halbes Monatsbrutto-Grundgehalt und danach ein Monatsbrutto- rundgehalt. Der Arbeitgeber ist berechtigt, einen weitergehenden Schaden geltend zu machen.“ 

Am 28.07.2008 erfuhr der Beklagte, dass er zum 01.08.2008 eine Ausbildung im Alten- und flegeheim V in U beginnen könne. Daraufhin teilte er der Klägerin noch am selben Tage mit, r werde seine Stelle als Praktikant bei ihr nicht antreten, sondern die ihm nunmehr ngebotene Ausbildungsstelle annehmen. Die Klägerin forderte den Beklagten sodann mgehend zur Zahlung der unter § 15 des Arbeitsvertrages vereinbarten Vertragsstrafe in Höhe eines halben Bruttomonatsgehaltes (= 225,00 €) bis zum 15.08.2008 auf. Nachdem er Beklagte eine Zahlung abgelehnt hatte, erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 1.08.2008 Klage, in welcher sie beantragte, den Beklagten zu verurteilen, an sie 225,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2008 zu zahlen. 

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. 

Er vertritt die Auffassung, die Vertragsstrafe sei schon nicht wirksam vereinbart worden. Zum einen sei die dort vorgesehene Vertragsstrafe überhöht, zumal die von der Klägerin behaupteten Kosten für die bereits erfolgte Erstellung eines Dienstplans, einer Personalakte, einer Zeiterfassungskarte sowie eines Namensschildes auch bei kurzfristiger Erkrankung des Beklagten angefallen wären und die für ihn bereitgestellte Dienstkleidung weiter  erwendbar sei. Zum anderen handele es sich um eine überraschende Klausel im Sinne von § 305 c Abs.

1 BGB. Hierzu trägt der Beklagte vor, der mit der Klägerin geschlossene Arbeitsvertrag stelle für ihn das erste umfassende Vertragswerk nach seiner Schulausbildung dar, sodass er noch dementsprechend unerfahren gewesen sei; ferner habe ihn die Klägerin auf die Vertragsstrafenklausel nicht gesondert hingewiesen. Im Übrigen sei die Vertragsstrafe aber auch nicht verwirkt, da sie auf ein schuldhaftes Verhalten abstelle und dem Beklagten nicht vorgeworfen werden könne, dass er eine „echte“ Ausbildungsstelle seiner Praktikantenstelle vorgezogen habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.

 

Entscheidungsgründe 

Die Klage ist zulässig und begründet. Der geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin zu, da die in § 15 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages vorgesehene Vertragsstrafe wirksam vereinbart und vom Beklagten verwirkt wurde.

Die zwischen den Parteien vereinbarte Vertragsstrafenregelung hält insbesondere einer Inhaltskontrolle gemäß den §§ 307 ff. BGB stand. Bei der Vereinbarung handelt es sich - jedenfalls über § 310 Abs. 3 BGB - um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB, welche auch kontrollfähig im Sinne von § 307 Abs. 3 BGB ist. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, welcher sich die erkennende Kammer anschließt, begründet das besondere Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit des § 309 Nr. 6 BGB infolge der gemäß § 310 Abs. 4 S. 2 BGB zu berücksichtigenden Besonderheiten des Arbeitsrechts keine generelle Unwirksamkeit formularmäßig vereinbarter Vertragsstrafen in Arbeitsverträgen (vgl. dazu grundlegend BAG 04.03.2004, NZA 2004, 727 ff.). Allerdings hat nach wie vor eine Inhaltskontrolle im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB zu erfolgen. Danach sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Dabei meint unangemessen im arbeitsvertraglichen Kontext jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung der rechtlich anzuerkennenden Interessen der Vertragspartner voraus, wobei es einer umfassenden Würdigung beider Positionen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben bedarf. Dabei ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen und zu prüfen, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt (BAG 04.03.2004, NZA 2004, 727, 732 f.). Auch im Rahmen von § 307 Abs. 1 S. 1 BGB benachteiligen  ertragsstrafenabreden den Arbeitnehmer nicht generell unangemessen. Die Vertragsstrafe sichert das berechtigte Bedürfnis des Arbeitgebers, eine arbeitsvertragswidrige und schuldhafte Nichtaufnahme der Arbeitstätigkeit seitens des Arbeitnehmers zu verhindern. Dem gegenüber hat der Arbeitnehmer in der Regel weder ein Recht noch ein schützenwertes Interesse daran, den Arbeitsvertrag zu brechen, sodass er durch eine Vertragsstrafenregelung für den schuldhaften Nichtantritt der Arbeit nicht unangemessen benachteiligt wird, da es an ihm liegt, seine Hauptpflichten zu erbringen (vgl. BAG 04.03.2004, NZA 2004, 727, 733 m. w. N.; 21.04.05, NZA 2005, 1053, 1056; LAG Schleswig-Holstein 02.02.2005, NZA-RR 2005, 351, 352).

Eine unangemessene Benachteiligung des Beklagten folgt auch nicht aus der Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe. Für die Frage nach der angemessenen Höhe einer Vertragsstrafe kommt es wiederum auf eine typisierende Betrachtungsweise an, in deren Mittelpunkt ein beliebiger Arbeitnehmer oder ggf. eine Arbeitnehmergruppe steht, die Adressat der jeweiligen Vertragsstrafe sein könnten (BAG 04.03.2004, NZA 2004, 727, 733; Thüsing, BB 2004, 42, 45). Aus diesem Grunde können in der Regel auch nur die einer generalisierenden Betrachtungsweise zugänglichen Maßstäbe herangezogen werden wie insbesondere die Bruttomonatsvergütung des Arbeitnehmers, da diese im Normalfall dessen finanzielle Leistungsfähigkeit hinreichend berücksichtigt und damit als geeigneter Maßstab angesehen werden kann (BAG 04.03.2004, NZA 2004, 727, 733; Leder/Morgenroth, NZA 2002, 952, 957). Maßgebliche Bedeutung erlangt in diesem Zusammenhang die für den Arbeitnehmer einschlägige Kündigungsfrist, da hierin zum Ausdruck kommt, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer Arbeitsleistungen verlangen kann und welches Interesse der Arbeitgeber an seiner Arbeitsleistung hat. Aus diesem Grunde sind die Kündigungsfristen, die durch den Vertragsbruch vom Arbeitnehmer nicht beachtet wurden, ein relevanter Abwägungsgesichtspunkt zur Feststellung der angemessenen Vertragsstrafenhöhe (BAG 04.03.2004, NZA 2004, 727, 734; Heinze, NZA 1994, 244, 251), weswegen insgesamt die Höhe der Arbeitnehmerbezüge bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist für den Fall des Nichtantritts der Arbeit grundsätzlich einen angemessenen Rahmen für die Vertragsstrafenhöhe zugunsten des Arbeitgebers liefert (BAG 04.03.2004, NZA 2004, 727, 733 f.).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die in § 15 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages vereinbarte Vertragsstrafenregelung nicht überhöht. Sie sieht für die Dauer der ersten sechs Monate (Probezeit) ein halbes Bruttomonatsgehalt vor. In diesem Zeitraum kann das Arbeitsverhältnis gemäß § 3 des Vertrages mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Damit entspricht das in der Vertragsstrafenregelung (auch) zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Interesse der Klägerin ihrer durch die Kündigungsfrist konkretisierten Bindungsmöglichkeit in Bezug auf den Beklagten. Zwar hat dieser eingewendet, das wirtschaftliche Interesse der Klägerin sei deutlich geringer, da insbesondere die von ihr geltend gemachten Aufwendungen für das Anlegen einer Personalakte, die Erstellung einer Zeiterfassungskarte und eines Namensschildes sowie die Bereitstellung entsprechender Dienstkleidung den Betrag von 225,00 € deutlich unterschritten und ihr entsprechende Aufwendungen auch beispielsweise bei kurzfristiger Erkrankung des Beklagten entstanden wären. Hiermit vermag der Beklagte jedoch nicht durchzudringen. Selbst wenn dies in tatsächlicher Hinsicht zutreffen mag, so führt das Fehlen eines „Schadens“ für sich genommen noch nicht zur Unwirksamkeit der Vertragsstrafenregelung, da diese nicht in erster Linie einen tatsächlich entstandenen Schaden kompensieren soll, sondern primär vielmehr darauf gerichtet ist, einen wirkungsvollen Druck auf den Schuldner, also hier den Arbeitnehmer, auszuüben, damit dieser seine vertragliche Verpflichtung einhält und seine Arbeit antritt; die Vertragsstrafe dient damit gerade auch der Sicherung der Arbeitsaufnahme (BAG 04.03.2004, NZA 2004, 727, 733; LAG Schleswig-Holstein 02.02.2005, NZA-RR 2005, 351, 352; DLW/Dörner, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 7. Auflage 2008, C 455; Singer, RdA 2003, 194, 202). Daher ist die vereinbarte Vertragsstrafe auch nicht wegen unangemessener Benachteiligung unter dem Gesichtspunkt der Überhöhung unwirksam. Ebenso wenig ergibt sich eine unangemessene Benachteiligung aus einer Verletzung des in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verankerten Transparenzgebots. Nach der genannten Norm kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

 Die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen müssen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender (hier den Arbeitgeber) keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen, sondern die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des Klauselverwenders (hier des Arbeitnehmers) im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Zumutbaren so klar und präzise wie möglich benannt werden. Dies setzt zum einen voraus, dass die sanktionierte Pflichtverletzung so klar bestimmt ist, dass sich der Versprechende in seinem Verhalten darauf einstellen kann, zum anderen, dass die zu leistende Strafe ihrer Höhe nach klar und bestimmt ist (vgl. dazu BAG 21.04.2005, NZA 2005, 1053, 1055; 14.08.2007, NZA 2008, 170, 171 f.). Diesen Anforderungen genügt die zwischen den Parteien getroffene Vertragsstrafenabrede. Die als Tatbestandsvoraussetzung genannte schuldhafte Nichtaufnahme der Tätigkeit verdeutlicht dem Beklagten, dass er die Vertragsstrafe zu zahlen hat, wenn er aus selbst verschuldeten Gründen seine Arbeitsstelle nicht antritt. Dabei ist es nicht erforderlich, den Begriff des Verschuldens näher zu beschreiben, da dem Arbeitgeber insoweit angesichts der Unzahl denkbarer Fallgestaltungen eine weitere Aufschlüsselung nicht abverlangt werden kann. Auch die drohende Rechtsfolge ist klar und verständlich formuliert: In den ersten sechs Monaten soll die Vertragsstrafe ein halbes Bruttomonatsgehalt betragen. Bei der Vertragsstrafenabrede handelt es sich auch nicht um eine überraschende Klausel im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB. Nach dieser Norm werden Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht, nicht  Vertragsbestandteil. Dabei sind überraschende Klauseln durch einen ihnen innewohnenden „Überrumpelungsoder Übertölpelungseffekt“ gekennzeichnet. Es muss ein deutlicher Widerspruch zwischen der durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartung und dem tatsächlichen Vertragsinhalt bestehen, wobei sämtliche Umstände zu berücksichtigen sind wie insbesondere auch das äußere Erscheinungsbild des Vertrages. Daher kann ein ungewöhnlicher äußerer Zuschnitt einer Klausel oder ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle die Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen (BAG 15.02.2007, NZA 2007, 614, 616 f.; 08.08.2007 - 7 AZR 605/06; 14.08.2007, NZA 2008, 170, 171; LAG Schleswig-Holstein 02.02.2005, NZA-RR 2005, 351, 353).

Dies ist hier nicht der Fall, da die zwischen den Parteien vereinbarte Vertragsstrafenabrede weder inhaltlich noch ihrem äußeren Erscheinungsbild nach überraschend im Sinne des § 305 c Abs. 1 BGB ist. Vertragsstrafenabreden sind im Arbeitsleben üblich und werden häufig in Arbeitsverträgen vereinbart; dies geschieht insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem Arbeitgeber angesichts der Regelung des § 888 Abs. 3 ZPO im Gegensatz zu anderen Gläubigern die Möglichkeit fehlt, den vertraglichen Primäranspruch auf die Arbeitsleistung zwangsweise durchzusetzen, sodass er ein besonderes Bedürfnis nach entsprechenden Sanktionierungsinstrumenten besitzt, um den Arbeitnehmer zur Erfüllung seiner vertraglichen Hauptpflicht anzuhalten (vgl. hierzu nur BAG 04.03.2004, NZA 2004, 727, 731 f. m. w. N.). Ob der Beklagte mit einer solchen Klausel gerechnet hat oder nicht, spielt in diesem Zusammenhang keine entscheidende Rolle. Zum einen bedarf es der objektiven Ungewöhnlichkeit der Klausel (ErfK/Preis, 9. Auflage 2009, §§ 305-310 BGB Rn. 29), welche hier nicht vorliegt, zum anderen wäre dem Beklagten, gerade wenn es sich um sein erstes umfassenderes Vertragswerk handelt - noch dazu von einer solchen Bedeutung wie der eines Arbeitsvertrages -, zuzumuten, dass er sich den Vertrag einmal genau durchliest. Er wäre dann unweigerlich auf dessen § 15 und die dort in wenigen, klar und verständlich formulierten Sätzen vorgesehene Vertragsstrafenvereinbarung gestoßen (das subjektive Überraschungsmoment daher sogar regelmäßig verneinend ErfK/Preis, §§ 305-310 BGB Rn. 29). Auch steht die Vertragsstrafenregelung weder an unübersichtlicher noch an versteckter oder sachlich ungerechtfertigter Stelle (etwa unter einer fehlleitenden Überschrift). Der gesamte Arbeitsvertrag weist ein geordnetes Schriftbild auf, in dem die einzelnen Paragraphen einschließlich der Überschrift jeweils durch Fettdruck hervorgehoben sind und auch der in Normaldruck geschriebene Text übersichtlich in einzelne Abschnitte mit entsprechenden Leerräumen dazwischen gestaltet ist. Insbesondere die Überschrift des § 15 „Vertragsstrafe“ weist genau auf das hin, was sodann im Text folgt. Daher kann keine Rede davon sein, dass das äußere Erscheinungsbild des Vertrages bezogen auf die Vertragsstrafenregelung irgendwelche Überraschungsmomente in sich birgt.

Einer generellen Wirksamkeit der Vertragsstrafenregelung steht weiterhin nicht entgegen, dass der Beklagte bei der Klägerin als Jahrespraktikant tätig werden und damit gewissermaßen erste Einblicke in die Anforderungen der dortigen Tätigkeit erlangen sollte. Das für den Bereich der Berufsausbildung geltende Verbot von Vertragsstrafen (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 BBiG) gilt gemäß § 26 BBiG nicht, soweit ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien vereinbart ist. Dies ist hier der Fall. Zum einen spricht der als „Befristeter Arbeitsvertrag“ bezeichnete Vertrag regelmäßig von „Arbeitsvertrag“, „Arbeitnehmer“, „Arbeitsort“, „Arbeitsverhältnis“ und „monatlichem Bruttogehalt“. Zum anderen wird gemäß § 1 des Vertrages „der Arbeitnehmer ... ab dem 01.08.2008 als Praktikant ... eingestellt.“ Von einem Ausbildungsverhältnis, einem Ausbildungszweck oder einer Ausbildungsvergütung ist dagegen an keiner Stelle des Vertrages die Rede. Der Beklagte hat die Vertragsstrafe auch verwirkt. Der Nichtantritt zur Arbeit durch den Beklagten am 01.08.2008 erfolgte schuldhaft im Sinne der Vertragsstrafenregelung. Auch wenn man es bezogen auf den Beklagten nachvollziehen mag, dass dieser die kurzfristig angebotene Ausbildungsstelle im Hinblick auf seinen weiteren beruflichen Werdegang dem Praktikantenplatz bei der Klägerin vorgezogen hat, so vermag dies nicht dazu zu führen, seinen Nichtantritt der Arbeit bei der Klägerin als unverschuldet erscheinen zu lassen. Der Beklagte hat sich in einem Vertrag der Klägerin gegenüber zur Arbeitsleistung und für den Fall des schuldhaften Nichtantritts zu einer entsprechenden Vertragsstrafe verpflichtet. Daher ist der Verschuldensbegriff nicht isoliert auf die Interessen des Beklagten bezogen zu verstehen, sondern vielmehr im Kontext des vertraglichen Gefüges, was dazu führt, dass gerade auch die berechtigten Interessen der Klägerin als des anderen Teils und Gläubigers der Arbeitsleistung angemessen zu berücksichtigen sind. Für diese spielt es aber grundsätzlich keine Rolle, aus welchen Gründen der Arbeitnehmer sich dazu entschließt, seine Arbeitsstelle nicht anzutreten, solange er dies „aus freien Stücken“ tut und nicht etwa wegen plötzlicher, unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit nicht anders kann. Ein rechtlich geschütztes Interesse, eine Arbeitsstelle deswegen nicht anzutreten, weil man zwischenzeitlich ein besseres Angebot erhalten hat, besteht grundsätzlich nicht. Eine - ohne Weiteres vereinbare - anderweitige Regelung für diesen Fall haben die Parteien nicht getroffen. Demgegenüber besteht ein anerkennenswertes, schützenswertes und durch den Beklagten letztlich auch bestätigtes (nämlich unterschriebenes) Interesse der Klägerin daran, die vom Beklagten zugesagte Arbeitsleistung zu erhalten. Im Verhältnis zur Klägerin als dem anderen Teil - und darauf kommt es in einem Vertrag entscheidend an - war das Verhalten des Beklagten somit schuldhaft. Sonstige Einwendungen gegen den geltend gemachten Anspruch sind nicht ersichtlich, so dass der Klage statt zu geben war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen, da es hierfür an den Voraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG fehlt. 



Sie kennen die Kanzlei Labisch aus folgenden Medien:

Logo SWR1
Logo SWR4
Logo RPR1
Logo Wiesbadener Kurier
Logo Geißener Anzeiger
Logo Wormser Zeitung
Logo Wiesbadener Tagblatt
Logo Main Spitze
Logo Frankfurter Rundschau
Logo Handelsblatt
Logo Allgemeine Zeitung
Logo Darmstädter Echo
Logo Focus
Logo NTV
Logo ZDF WISO
Lexikon schließen
Schließen