Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Urteil vom - Az: 2 Sa 583/14

Abfindungsangebot per Aushang - Abänderung durch Betriebsvereinbarung

(1.) Vertraglich begründete Ansprüche von Arbeitnehmern, die auf eine Gesamtzusage zurückgehen, können durch eine - im Ergebnis auch ungünstigere - nachfolgende Betriebsvereinbarung wirksam abgelöst werden, wenn der Arbeitgeber sich bei der Zusage eine Änderung durch Betriebsvereinbarung vorbehalten hat. Dieser Änderungsvorbehalt kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen. Eine solche konkludente Vereinbarung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts u.a. dann regelmäßig anzunehmen, wenn der Vertragsgegenstand in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und einen kollektiven Bezug hat.

(2.) Bei einer Gesamtzusage handelt es sich um ein an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtetes Vertragsangebot i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB und damit um Allgemeine Geschäftsbedingungen.

(3.) Bietet der Arbeitgeber in erkennbarem Zusammenhang mit einer Restrukturierungsmaßnahme, die einen Personalabbau zur Folge hat, jedem Arbeitnehmer per Aushang eine Abfindung für den Fall an, dass dieser kündigt, so handelt es sich um eine betriebsvereinbarungsoffene Gesamtzusage. In diesem Fall kann aus der Sicht eines verständigen und redlichen Arbeitnehmers nicht zweifelhaft sein, dass der Arbeitgeber mit den angebotenen Abfindungszahlungen den von ihm im Zuge der Restrukturierung angestrebten Personalabbau erreichen und nicht etwa zeitlich unbegrenzt Abfindungen garantieren wollte, die losgelöst von der betrieblichen Situation und einer für den Betrieb geltenden normativen Regelung gezahlt werden.
Die Gesamtzusage kann durch eine Betriebsvereinbarung abgelöst werden.

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 09.09.2014 - 12 Ca 4459/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Abfindung und eine monatliche Entgelterhöhung seines Grundgehalts ab 1. Januar 2012.

Der Kläger war bei der Beklagten zu 1. aufgrund Arbeitsvertrags vom 19. Februar 2001 (Bl. 66-71 d. A.) seit dem 1. April 2001 als außertariflicher Angestellter im Vertrieb beschäftigt. In § 8 des Arbeitsvertrags der Parteien heißt es:

"Nach den Bestimmungen des für die Betriebsstätte jeweils gültigen Mantel- und Gehaltstarifvertrages der chemischen Industrie richten sich:

·         vermögenswirksame Leistungen, z. Zt. DM 78,00 monatlich (bei Vorliegen eines Vertrages und nach einer Wartezeit von ½ Jahr)

·         Ausschlussfristen."

Der Manteltarifvertrag für die chemische Industrie enthält in § 17 folgende Ausschlussfristen:

"§ 17 Ausschlussfristen

1.    (…)

2.    Die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung ausgeschlossen. Das gilt nicht, wenn die Berufung auf die Ausschlussfrist wegen des Vorliegens besonderer Umstände eine unzulässige Rechtsausübung ist.

3.    Im Falle des Ausscheidens müssen die Ansprüche beider Seiten spätestens einen Monat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden.“

Die Beklagte zu 1. schloss mit dem Betriebsrat im November 2005 eine Betriebsvereinbarung zur Standortsicherung (Bl. 6-8 d. A.), die in § 8 folgende Regelung enthält:

 „§ 8 Tarifabsenkung gemäß § 10 des BundesentgeIttarifvertrages in der Fassung vom 18.04.2002

Zur Kostenreduzierung wird eine Tarifabsenkung nach folgendem Schema vereinbart:

Die tarifliche Absenkung beträgt für das Jahr 2006 4 % und für die Jahre 2007, 2008 und 2009 jeweils 2,0 %. Die gesamte Absenkung beträgt dann 10 %. Mit den außertariflichen Mitarbeitern und den leitenden Angestellten muss eine vergleichbare Regelung vereinbart werden, wobei die Entgeltreduzierung von 4 % in 2006 durch eine gleichwertige Verlängerung der vereinbarten bezahlten Arbeitszeit ausgeglichen werden soll. Damit sind die tariflichen Möglichkeiten der Entgeltreduzierung ausgeschöpft.“

Im Zuge dessen wurde die Arbeitszeit der außertariflichen Mitarbeiter ohne entsprechende Vergütungserhöhung in 2006 um 4 % erhöht. Im Übrigen wurden Entgeltreduzierungen entsprechend der Betriebsvereinbarung zur Standortsicherung bei etwaigen Vergütungserhöhungen vorgenommen. Die Betriebsvereinbarung vom November 2005 wurde durch die Betriebsvereinbarung zur Standortsicherung vom 1. Oktober 2009 ersetzt, wodurch die Maßnahmen der Vergütungsreduzierung zeitlich verlängert werden sollten. Die Betriebsvereinbarung lief zum 31 Dezember 2011 aus. Mit Schreiben vom 12. Juni 2007 (Bl. 37 d. A.) teilte die Beklagte zu 1. dem Kläger mit, dass sich sein Gehalt um 1,9% „under consideration of the C-Stadt Arrangement“ erhöhe. Mit Schreiben vom 28. März 2008 (Bl. 38 d. A.) gab die Beklagte zu 1. die vorgesehene prozentuale Gehaltserhöhung von 8,9 % mit Blick auf die Betriebsvereinbarung zur Standortsicherung um 6,9 % an den Kläger weiter. Mit Ende der Betriebsvereinbarung machte die Beklagte zu 1. zum 1. Januar 2012 die Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich von 4 % rückgängig. Eine Entgelterhöhung im Fall des Klägers fand für 2012 nicht statt.

Die Beklagte zu 1. veröffentlichte im Zuge der Reorganisation und Fokussierung auf ihr Kerngeschäft im Jahr 2012 mehrere Aushänge, in denen sie ihren Arbeitnehmern Angebote zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung unterbreitete (Bl. 75-82 d.A.). Weiterhin informierte sie die Mitarbeiter über den aktuellen Stand zum Personalabbau/Abfindungsangebot per E-Mail vom 29. Februar 2012 (Bl. 83, 84 d.A.), auf die Bezug genommen wird. Der zeitlich letzte Aushang vom 12. März 2012 (Bl. 5 d. A.) hat folgenden Inhalt:

 „Freiwillige Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Verlängerung bis 30.4.2012

Nachdem unser erstes Angebot zum freiwilligen Ausscheiden Ende Februar 2012 ausgelaufen ist, haben wir uns entschlossen, dieses Angebot bis zum 30.4.2012 zu verlängern.

Da in vielen Abteilungen der Personalabbau allerdings bereits abgeschlossen ist, gilt dieses Angebot im Einzelfall nur bei Zustimmung der Geschäftsführung.

Bei einem freiwilligen Ausscheiden zahlen wir mit der letzten Monatszahlung eine Abfindung in Höhe von

(Lebensalter x Betriebszugehörigkeit x Monatsentgelt (90%)) / 70

+ Sockelbetrag von 1.500,00

Beispiel: (48 x 20 x 2.700,00 €) / 70 = 37.029,00 € (gerundet) + 1.500,00 €

= 38.529,00 €

 (Lebensalter 48 Jahre, 20 Jahre Betriebszugehörigkeit, Bruttolohn 2.700 €)

Ab dem 1.5.2012 werden wir diese Regelung nicht weiter verlängern. Danach werden wir bei freiwilligem Ausscheiden den gleichen Betrag als Abfindung zahlen wie er bei betriebsbedingten Kündigungen „normalerweise“ festgelegt wird, nämlich

 (Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatslohn) / 2

Beispiel: (20 x 3.000,00 €) / 2

= 30.000,00 €

 (Betriebszugehörigkeit, Bruttolohn 3.000 EUR)

In beiden Fällen berücksichtigen wir Kinder und Schwerbehinderungen zusätzlich wie bisher."

Unter dem 30. Juli 2012 schlossen die Beklagte zu 1. und der Betriebsrat einen Interessenausgleich (Bl. 85-91 d. A.) sowie einen Sozialplan (Bl. 92-97 d. A.), der die Zahlung von Abfindungen nach einer bestimmten Formel im Einzelnen regelte. Dieser Sozialplan findet nach dessen § 1 keine Anwendung auf Mitarbeiter, die "eine Eigenkündigung aussprechen, es sei denn, die Kündigung erfolgte wirksam mit wichtigem Grund i.S.d. § 626 BGB".

Am 1. August 2012 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers infolge eines Betriebsübergangs gemäß § 613a Abs. 1 BGB auf die Beklagte zu 2. über.

Am 20. August 2012 kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2012.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Januar 2013 (Bl. 177, 178 d. A.) machte der Kläger erstmals gegenüber den Beklagten seine Zahlungsansprüche wie folgt geltend:

"Sehr geehrte Frau T.,

hiermit zeigen wir Ihnen an, dass wir die rechtlichen Interessen des Herrn A., A-Straße, A-Stadt, vertreten.

Unser Mandant war in Ihrem Unternehmen im Zeitraum vom 01.04.2001 bis zum 31.12.2012 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung unseres Mandanten zum 31.12.2012. Zu diesem Zeitpunkt galt Ihre einseitige Zusage vom 12.03.2012 über die Zahlung einer Abfindung für den Fall, dass ein Arbeitnehmer im Zeitraum nach dem 01.05.2012 durch Eigenkündigung ausscheidet. Nach der in der Zusage benannten Formel berechnet sich der Abfindungsanspruch unseres Mandanten wie folgt:

Bruttomonatsentgelt 9.112,06 € x 11,75 Jahre Betriebszugehörigkeit x 0,5 =

53.533,35 € brutto.

Hinzu kommt ein Zuschlag für ein unterhaltsberechtigtes Kind unseres Mandanten in Höhe von

1.500,00 €.

Die Abfindung war mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.12.2012 zur Zahlung fällig.

Ebenso fällig war zu diesem Zeitpunkt die Bonuszahlung für unseren Mandanten für das Jahr 2012 in Höhe von

16.810,00 € brutto.

Wir fordern Sie hiermit auf, die vorbezeichneten Beträge nunmehr bis spätestens zum

28.01.2013

an unseren Mandanten zu zahlen.

Schließlich und endlich haben Sie gegenüber unserem Mandanten die Entgeltkürzungen in Höhe von 10% für den Zeitraum ab dem 01.01.2012 nicht rückgängig gemacht. Wir fordern Sie insoweit auf, die entsprechenden Entgeltrückstände für das Jahr 2012 gleichfalls innerhalb der oben genannten Frist an unseren Mandanten auszuzahlen."

Mit seiner am 18. Februar 2013 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Klage hat der Kläger diese Zahlungsansprüche weiterverfolgt und die Beklagten gesamtschuldnerisch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 55.341,79 EUR brutto, einer Bonuszahlung für das Jahr 2012 in Höhe von 16.810,00 EUR brutto sowie weiterer 2.941,75 EUR brutto aus monatlichen Entgelterhöhungen in Höhe von jeweils 420,25 EUR für die Monate Januar bis Juli 2012 in Anspruch genommen sowie von der Beklagten zu 2. für die Zeit nach dem Betriebsübergang vom 1. August 2012 bis zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 2012 weitere 2.101,52 EUR brutto aus den monatlichen Entgelterhöhungen in Höhe von jeweils 420,25 EUR verlangt.

Wegen des wechselseitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 9. September 2014 - 12 Ca 4459/13 - Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1.    die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 55.341,79 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 2.01.2013 zu zahlen,

2.    die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn weitere 16.810,00 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 02.01.2013 zu zahlen,

3.    die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn weitere 2.941,75 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 420,25 EUR ab dem 01.02.2012, aus weiteren 420,25 EUR ab dem 01.03.2012, aus weiteren 420,25 EUR ab dem 01.04.2012, aus weiteren 420,25 EUR ab dem 01.05.2012, aus weiteren 420,25 EUR ab dem 01.06.2012, aus weiteren 420,25 EUR ab dem 01.07.2012 sowie aus weiteren 420,25 EUR ab dem 01.08.2012 zu zahlen,

4.    die Beklagte zu 2. zu verurteilen, an ihn weitere 2.101,52 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 420,25 EUR ab dem 01.09.2012, aus weiteren 420,25 EUR ab dem 01.10.2012, weiteren 420,25 EUR ab dem 01.11.2012, aus weiteren 420,25 EUR ab dem 01.12.2012 sowie aus weiteren 420,25 EUR ab dem 02.01.2013 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 9. September 2014 - 12 Ca 4459/13 - hat das Arbeitsgericht die Beklagten gesamtschuldnerisch zu einer Bonuszahlung für das Jahr 2012 in Höhe von 10.389,73 EUR brutto sowie die Beklagte zu 2. zur Zahlung der geltend gemachten Entgelterhöhungen für die Zeit von Oktober bis Dezember 2012 in Höhe von 1.260,75 EUR brutto (jeweils 420,25 EUR für die Monate Oktober, November und Dezember 2012) verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

Gegen das ihm am 26. September 2014 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2014, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 26. November 2014, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger gegenüber den Beklagten zu 1. und 2. die abgewiesenen Klageansprüche auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 55.341,79 EUR brutto und auf Zahlung von monatlichen Entgelterhöhungen für die Monate Januar bis Juli 2012 in Höhe von 2.941,75 EUR brutto sowie gegenüber der Beklagten zu 2. in Höhe von 840,50 EUR für die Monate August und September 2012 weiter, während er sich gegen die teilweise Abweisung seines Klageantrags zu 2. (Bonuszahlung für das Jahr 2012) nicht mehr wendet.

Der Kläger trägt vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die in dem Aushang der Beklagten zu 1. vom 12. März 2013 gemachte Gesamtzusage nicht durch den Sozialplan vom 30. Juli 2012 abgelöst worden. Die Gesamtzusage der Beklagten zu 1., die Bestandteil des Arbeitsvertrags der Parteien geworden sei, enthalte nach ihrem klaren Wortlaut keinerlei Änderungsvorbehalt und sei auch in keiner Weise zeitlich begrenzt. Vielmehr habe sich die Beklagte zu 1. ersichtlich für die Zeit ab dem 1. Mai 2012 für eine zeitlich unbegrenzte Regelung entschieden. Der Sozialplan vom 30. Juli 2012 stelle eine Betriebsvereinbarung dar, die als solche bereits nicht für ihn als leitenden Angestellten gelte. Unabhängig davon sei die Gesamtzusage nach ihrem Wortlaut in keiner Weise betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet. Im Hinblick darauf, dass die Regelungen im Sozialplan vom 30. Juli 2012 auch bei kollektiver Betrachtung für die Arbeitnehmer ungünstiger seien, sei die Gesamtzusage der Beklagten zu 1. vom 12. März 2012 nachfolgend in keiner Weise rechtswirksam beendet oder abgeändert worden. Bezüglich der geltend gemachten Entgelterhöhung habe das Arbeitsgericht zu Unrecht angenommen, dass die Bezugnahmeklausel in § 8 des Arbeitsvertrages den Manteltarifvertrag für die chemische Industrie in das Arbeitsverhältnis einbeziehe. Da in der Klausel in § 8 des Arbeitsvertrages keiner der einschlägigen Tarifverträge (Manteltarifvertrag für die chemische Industrie West, Bundesentgelttarifvertrag für die chemische Industrie West und Manteltarifvertrag für akademisch gebildete Angestellte in der chemischen Industrie) mit entsprechend konkreter Bezeichnung in Bezug genommen werde, sei durch Auslegung zu ermitteln, welcher Tarifvertrag mit der arbeitsvertraglichen Inbezugnahmeklausel gemeint gewesen sei. Für ihn habe auf der Hand gelegen, dass der Manteltarifvertrag für akademisch gebildete Angestellte in der chemischen Industrie zur Anwendung kommen solle, der keine Ausschlussfristen enthalte. Unabhängig davon würden Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders, also der Beklagten gehen. Dementsprechend hätte das Arbeitsgericht der Klage auch in Bezug auf die Rückgängigmachung der Entgeltreduzierung für die Monate Januar bis September 2012 stattgeben müssen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 9. September 2014 - 12 Ca 4459/13 - abzuändern, soweit es die Klage in Bezug auf die erstinstanzlichen Klageanträge zu 1., 3. und 4. abgewiesen hat,

und

1.    die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 55.341,79 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 2. Januar 2013 zu zahlen,

2.    die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn weitere 2.941,75 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 420,25 EUR ab dem 1. Februar 2012, aus weiteren 420,25 EUR ab dem 1. März 2012, aus weiteren 420,25 EUR ab dem 1. April 2012, aus weiteren 420,25 EUR ab dem 1. Mai 2012, aus weiteren 420,25 EUR ab dem 1. Juni 2012, aus weiteren 420,25 EUR ab dem 1. Juli 2012 sowie aus weiteren 420,25 EUR ab dem 1. August 2012 zu zahlen,

3.    die Beklagte zu 2. zu verurteilen, an ihn - über den bereits zuerkannten Betrag in Höhe von 1.260,25 EUR brutto nebst Zinsen hinaus - weitere 840,50 EUR (2.101,25 brutto abzüglich zuerkannter 1.260,75 EUR brutto) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus 420,25 EUR ab dem 1. September 2012 und aus weiteren 420,25 EUR ab dem 1. Oktober 2012 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidern, der Interessenausgleich und Sozialplan habe die Gesamtzusage wirksam abgelöst, so dass der Kläger hieraus keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung herleiten könne. Entgegen der Ansicht des Klägers sei die Gesamtzusage betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet. Eine angebotene Abfindungszahlung bei freiwilliger Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei erkennbar mit dem Zweck verknüpft, einen Stellenabbau in bestimmter Höhe zu erreichen. Dem Kläger sei die wirtschaftliche Lage seines Arbeitgebers insbesondere aufgrund der vorhergehenden Aushänge auch bekannt gewesen, so dass er gewusst habe, dass die Gesamtzusage spätestens mit Zweckerreichung ihre Gültigkeit verliere. Der Kläger könne nicht ernsthaft annehmen, dass eine solche Regelung unbefristet auf alle Zeit gelten solle, weil der Arbeitgeber im besten Fall ab einem bestimmten Zeitpunkt gar kein Interesse mehr daran habe, Stellen zu reduzieren und entsprechende Abfindungszahlungen zu leisten. Der Kläger sei kein leitender Angestellter im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes oder des Betriebsverfassungsgesetz gewesen. Bekanntlich genüge eine Leitungsfunktion nicht, um leitender Angestellter zu sein. Weiterhin könne der Kläger nicht die Zahlung von Entgelterhöhungen verlangen. Die Bezugnahmeklausel in § 8 des Arbeitsvertrages beziehe sich entgegen der Ansicht des Klägers auf den Manteltarifvertrag für die chemische Industrie West. Mit dem für die Betriebsstätte jeweils gültigen Mantel- und Gehaltstarifvertrag sei erkennbar der für die Betriebsstätte übliche Manteltarifvertrag für die chemische Industrie West gemeint. Der explizite Hinweis auf Ausschlussfristen mache dem Empfänger deutlich, dass solche existieren sollten, womit allein ein Hinweis auf den Manteltarifvertrag für die chemische Industrie West Sinn ergebe. Der Manteltarifvertrag für Akademiker in der chemischen Industrie gelte zudem für Beschäftigte mit abgeschlossener naturwissenschaftlicher oder technischer Hochschulausbildung, sofern sie überwiegend eine Tätigkeit ausübten, für die diese Ausbildung Voraussetzung sei. Wie es in Anbetracht dieser vom Kläger nicht erfüllten Voraussetzungen zu einer Anwendbarkeit des MTV für Akademiker kommen solle, erschließe sich ihr nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

Die Berufung des Klägers hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Soweit das Arbeitsgericht die Beklagten gesamtschuldnerisch zu einer Bonuszahlung in Höhe von 10.389,73 EUR brutto und die Beklagte zu 2. zu einer Entgelterhöhung für die Monate Oktober bis Dezember 2012 in Höhe von 1.260,75 EUR brutto (420,25 EUR brutto x 3 Monate) verurteilt hat, ist das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig, weil die Beklagten hiergegen keine Berufung eingelegt haben. Weiterhin ist das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig, soweit das Arbeitsgericht die Klage in Bezug auf den Klageantrag zu 2. aus der Klageschrift insoweit abgewiesen hat, als der Kläger hiermit erstinstanzlich über den zuerkannten Betrag in Höhe von 10.389,73 EUR brutto hinaus einen weitergehenden Bonusanspruch in Höhe von 16.810,00 EUR brutto geltend gemacht hat. Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung nach seinem Berufungsantrag und der Berufungsbegründung nur insoweit gegen das erstinstanzliche Urteil, als es die Klage in Bezug auf die erstinstanzlichen Klageanträge zu 1., 3. und 4. abgewiesen hat.

Die mit der Berufung weiterverfolgten Klageansprüche auf Zahlung einer Abfindung und einer monatlichen Entgelterhöhung für die Zeit von Januar bis September 2012 sind unbegründet.

I. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung einer Abfindung.

1. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die in dem Aushang der Beklagten zu 1. vom 12. März 2012 liegende Gesamtzusage jedenfalls durch die Betriebsvereinbarung zum Interessenausgleich/Sozialplan vom 30. Juli 2012 mit der Folge abgelöst worden ist, dass dem Kläger aufgrund der von ihm ausgesprochenen Eigenkündigung kein Abfindungsanspruch zusteht.

a) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer in allgemeiner Form - wie hier durch den Aushang vom 12. März 2012 - gerichtete Erklärung des Arbeitgebers, zusätzliche Leistungen zu erbringen. Der einzelne Arbeitnehmer kann das in der Gesamtzusage liegende Angebot annehmen, ohne dass dem Arbeitgeber die Annahmeerklärung zugeht (§ 151 Satz 1 BGB). Die Arbeitnehmer erwerben dann einen einzelvertraglichen Anspruch auf diese Leistungen, wenn sie die vom Arbeitgeber genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Bei einer Gesamtzusage handelt es sich um ein an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtetes Vertragsangebot i.S.d. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB und damit um Allgemeine Geschäftsbedingungen (BAG 20. August 2014 - 10 AZR 453/13 - Rn. 20, NZA 2014, 1333; vgl. zum vorliegenden Aushang vom 12. März 2012: LAG Rheinland-Pfalz 4. Dezember 2013 - 8 Sa 207/13 - Rn. 34 und 35, juris). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, NZA 2010, 1183).

Vertraglich begründete Ansprüche von Arbeitnehmern, die auf eine Gesamtzusage zurückgehen, können durch eine - im Ergebnis auch ungünstigere - nachfolgende Betriebsvereinbarung wirksam abgelöst werden, wenn der Arbeitgeber sich bei der Zusage eine Änderung durch Betriebsvereinbarung vorbehalten hat. Dieser Änderungsvorbehalt kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen. Eine solche konkludente Vereinbarung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts u.a. dann regelmäßig anzunehmen, wenn der Vertragsgegenstand in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und einen kollektiven Bezug hat (BAG 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 60, NZA 2013, 916).

b) Nach diesen Grundsätzen ist die im Aushang vom 12. März 2012 liegende Gesamtzusage, bei deren Regelungen es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen mit kollektivem Bezug handelt, betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet.

Der Beklagte zu 1. hat im Zuge der Reorganisation und Fokussierung auf ihr Kerngeschäft im Jahr 2012 mehrere Aushänge gemacht, in denen sie ihren Arbeitnehmern Angebote zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung unterbreitete. Auch wenn in dem zuletzt erfolgten Aushang vom 12. März 2012 die ab dem 1. Mai 2012 geltende Abfindungsregelung zeitlich nicht befristet wurde, ist sie erkennbar im Zusammenhang mit dem infolge der Restrukturierung vorzunehmenden Personalabbau erfolgt. Aus Sicht eines verständigen und redlichen Arbeitnehmers kann nicht zweifelhaft sein, dass die Beklagte mit den angebotenen Abfindungszahlungen den von ihr im Zuge der Restrukturierung angestrebten Personalabbau erreichen und nicht etwa zeitlich unbegrenzt Abfindungen garantieren wollte, die losgelöst von der betrieblichen Situation und einer für den Betrieb geltenden normativen Regelung gezahlt werden. Bei einer Gesamtzusage ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die sich hieraus ergebenden Ansprüche Teil einer generellen Regelung sind und damit in einem kollektiven Bezug stehen, der den Arbeitnehmern bekannt ist. Die Gesamtzusage kann unter Berücksichtigung ihres kollektiven Bezugs und dem erkennbar hiermit verfolgten Zweck, im Rahmen der Restrukturierung den avisierten Personalabbau durch kollektive Abfindungsregelungen zu ermöglichen, nur dahingehend ausgelegt werden, dass auch die zuletzt zugesagten Abfindungszahlungen betriebsvereinbarungsoffen sind und durch eine für den Betrieb geltende normative Regelung abgelöst werden können. Die Beklagte zu 1. hat unter dem Betreff "Personalabbau/Abfindungsangebot" ihren Mitarbeitern per E-Mail vom 29. Februar 2012 mitgeteilt, dass eine Reduzierung der Personalstärke im Jahr 2012 um 72 Mitarbeiter geplant gewesen sei und davon 50 über freiwillige Aufhebungsverträge erreicht worden seien. In Bezug auf die Abteilung Vertrieb, in der der Kläger beschäftigt war, wird in der E-Mail ausgeführt, dass die geplante Personalanpassung bereits heute fertig umgesetzt sei und weitere Maßnahmen in dieser genannten Abteilung aktuell nicht mehr angedacht seien. Nach den sodann angeführten Abteilungen, in denen es noch Handlungsbedarf gebe, wird in der E-Mail darauf verwiesen, dass das aktuelle Abfindungsangebot heute auslaufe und nun zuerst das Monatsergebnis Februar 2012 ausgewertet werde. Danach werde für den weiteren Personalabbau ein überarbeitetes Abfindungsangebot angeboten, dass sich dann allerdings eher an der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte orientiere und geringer als das bisher gültige sein werde. Aus dieser dem Kläger mitgeteilten Interessenlage der Beklagten zu 1. ergibt sich eindeutig, dass das zuletzt gemachte geringere Abfindungsangebot den noch erforderlichen weiteren Personalabbau ermöglichen soll. Nichts spricht dafür, dass die Beklagte allen Arbeitnehmern eine zeitlich unbefristete Abfindungszusage unterbreiten wollte, die unabhängig von einer für den Betrieb geltenden normativen Regelung Anwendung finden soll. Vielmehr ergibt sich aus den Gesamtumständen, insbesondere aus der den Arbeitnehmern erkennbaren Interessenlage der Beklagten zu 1. und dem kollektiven Bezug der Gesamtzusage, dass die ab dem 1. Mai 2012 geltende Abfindungsregelung betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet ist und insbesondere durch Abfindungsregelungen in einem späteren Interessenausgleich/Sozialplan abgelöst werden kann.

c) Das Arbeitsgericht hat weiterhin zutreffend angenommen, dass die abgeschlossene Betriebsvereinbarung zum Interessenausgleich/Sozialplan mit den darin enthaltenen Regelungen über die Zahlung von Abfindungen die Gesamtzusage mit Wirkung zum 30. Juli 2012 wirksam und vollständig abgelöst hat.

Entspricht der Leistungszweck einer nachfolgenden Betriebsvereinbarung dem durch Gesamtzusage, betrieblicher Einheitsregelung oder betrieblicher Übung begründeten Anspruch, so kommt in diesem Leistungszweck der Wille zur Ablösung der bisherigen Leistung regelmäßig zum Ausdruck (BAG 16. November 2011 - 10 AZR 60/11 - Rn. 18, NZA 2012, 349). Danach hat die in der Betriebsvereinbarung zum Interessenausgleich/Sozialplan getroffene Abfindungsregelung, deren Leistungszweck dem im Aushang vom 12. März 2012 enthaltenen Abfindungsanspruch entspricht, die Gesamtzusage abgelöst.

In der Betriebsvereinbarung zum Interessenausgleich heißt es, dass die Geschäftsführung aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Standorts C-Stadt im Dezember 2011 entschieden habe, die Kostenstruktur des Standorts C-Stadt auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zu bringen. Um dieses zu erreichen, habe die Geschäftsführung die Entscheidung gefällt, im Jahr 2012 die dargestellten Maßnahmen (Betriebsänderungen) durchzuführen. Die Anlagen zu 1 und 2 würden den Planungsstand aus Dezember 2011 widerspiegeln. Der Betriebsrat sei dazu laufend informiert worden und habe seine Mitbestimmungsrechte insoweit ausgeübt, als der Planungsstand tatsächlich bereits umgesetzt worden sei und sich dies aus den Anlagen 3, 4 und 5 ergebe. Aus der Betriebsänderung ergebe sich ein Personalabbau von 102 Mitarbeitern. Bis Ende Mai 2012 hätten mit 90 Mitarbeitern freiwillige Vereinbarungen getroffen werden können. Zu den personellen Auswirkungen heißt es in § 3 des Interessenausgleichs, dass es durch die Organisationsveränderung zu einem Personalabbau komme und die Personalanpassungen mit den aufgeführten Maßnahmen, u.a. freiwillige Aufhebungsverträge und betriebsbedingte Kündigungen umgesetzt würden, für die die Regelungen des Sozialplans Anwendung fänden. Die Betriebsvereinbarung zum Sozialplan gilt nach § 1 für sämtliche mittelbar oder unmittelbar von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer und regelt in § 2 die Zahlung und Berechnung der darin festgelegten Abfindung. Danach betrifft die im Sozialplan vom 30. Juli 2012 enthaltene Abfindungsregelung ebenso wie diejenige in der zuvor erfolgten Gesamtzusage vom 12. März 2012 den angestrebten Personalabbau im Zuge der beschlossenen Organisationsveränderung, so dass in ihrem Leistungszweck der Wille zur Ablösung der bisherigen Leistung zum Ausdruck kommt.

Soweit der Kläger sich darauf berufen hat, dass der Sozialplan vom 30. Juli 2012 für ihn als leitenden Angestellten nicht gelte, hat der Kläger gemäß der zutreffenden Begründung des Arbeitsgericht bereits nicht schlüssig dargelegt, weshalb er als außertariflicher Mitarbeiter in leitender Position im Vertrieb entgegen der Darstellung der Beklagten als leitender Angestellter i.S.v. § 5 Abs. 3 BetrVG anzusehen sein soll. Im Übrigen macht sich die Berufungskammer gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG die weiteren Ausführungen des Arbeitsgerichts zu eigen, wonach die neuen kollektiven Regelungen vom 30. Juli 2012 die vorhergehende Gesamtzusage vollständig für alle Mitarbeiter abgelöst haben (I. 2. b der Entscheidungsgründe).

d) Im Hinblick darauf, dass mithin die Gesamtzusage vom 12. März 2012 durch die nachfolgende Betriebsvereinbarung zum Interessenausgleich/Sozialplan mit Wirkung zum 30. Juli 2012 abgelöst worden ist, kann der Kläger aufgrund der von ihm ausgesprochenen Eigenkündigung keine Abfindung beanspruchen. Nach § 1 des Sozialplans findet dieser keine Anwendung auf Mitarbeiter, die eine Eigenkündigung aussprechen, es sei denn, die Kündigung erfolgte wirksam mit wichtigem Grund i.S.d. § 626 BGB.

Ein Anspruch des Klägers auf eine Abfindungszahlung aufgrund der von ihm ausgesprochenen Eigenkündigung ergibt sich auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Zwar sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Arbeitnehmer, die aufgrund eines vom Arbeitgeber veranlassten Aufhebungsvertrags oder einer von ihm veranlassten Eigenkündigung ausscheiden, mit denjenigen gleich zu behandeln, deren Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber gekündigt wird (BAG 26. Oktober 2004 - 1 AZR 503/03 - Rn. 22, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 171). Im Streitfall ist der Kläger mit seiner Eigenkündigung aber nicht aufgrund der im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen bzw. auf Veranlassung der Beklagten ausgeschieden. Vielmehr hat die Beklagte zu 1. bereits mit ihrer E-Mail vom 29. Februar 2012 den Mitarbeitern mitgeteilt, dass in den genannten Abteilungen, darunter die Abteilung Vertrieb, die geplante Personalanpassung bereits fertig umgesetzt sei und weitere Maßnahmen in diesen Abteilungen nicht mehr angedacht seien. Dass sich der Kläger dennoch zum Ausspruch einer Eigenkündigung entschloss, war hiernach nicht von den Beklagten veranlasst.

II. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die geltende gemachte Entgelterhöhung für die Monate Januar bis September 2012. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Kläger die tarifvertragliche Ausschlussfrist hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagten als Gesamtschuldner für die Monate Januar bis Juli 2012 bzw. gegen die Beklagte zu 2. für die Monate August und September 2012 nicht eingehalten hat, so dass diese Ansprüche verfallen sind.

Nach § 8 des Arbeitsvertrags der Parteien richten sich die Ausschlussfristen nach den Bestimmungen des für die Betriebsstätte jeweils gültigen Mantel- und Gehaltstarifvertrages der chemischen Industrie. Der Manteltarifvertrag für die chemische Industrie legt in § 17 Nr. 2 fest, dass die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden und nach Ablauf dieser Frist die Geltendmachung ausgeschlossen ist. Im Hinblick darauf, dass der Kläger seine Ansprüche erstmals mit anwaltlichem Schreiben vom 15. Januar 2013 schriftlich geltend gemacht hat, sind die streitgegenständlichen Ansprüche bis einschließlich September 2012 verfallen. Entgegen der Ansicht des Klägers kommt eine Anwendung des von ihm angeführten Manteltarifvertrags für akademisch gebildete Angestellte in der chemischen Industrie nicht in Betracht. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat im Termin vom 20. April 2015 erklärt, dass der Kläger über keine Universitäts- oder Hochschulausbildung verfüge, so dass der Manteltarifvertrag für akademisch gebildete Angestellte nicht einschlägig sei. Dementsprechend kann auch kein Zweifel daran bestehen, dass die Parteien mit der in § 8 des Arbeitsvertrages getroffenen Regelungen auf die Ausschlussfristen des Manteltarifvertrages für die chemische Industrie verwiesen haben, zumal auch dieser nur die ausdrücklich genannten Ausschlussfristen enthält. Ergänzend wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (III. 1. der Entscheidungsgründe) verwiesen, denen sich die Berufungskammer anschließt (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.



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