Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Urteil vom - Az: 10 Sa 528/12

Beendigung wegen auflösender Bedingung - Entzug der Einsatzgenehmigung im Bewachungsgewerbe

Der Arbeitsvertrag eines Arbeitnehmers, der in der Bewachung militärischer Einrichtungen eingesetzt wird, darf unter der auflösenden Bedingung geschlossen werden, dass der Arbeitnehmer den vom Auftraggeber (hier: US-Militär) geforderten jährlichen Leistungstest besteht. Wird dem Arbeitnehmer die Einsatzgenehmigung von Seiten des Auftraggebers wegen Nicht-Bestehens des Leistungstests entzogen bzw. widerrufen, so stellt dies für sich noch keinen Beendigungsgrund dar. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer zunächst -falls vorhanden- einen freien Arbeitsplatz anbieten.
(Folgeentscheidung zu: BAG 19.03.2008 - 7 AZR 1033/06)

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 16. Oktober 2012, Az.: 8 Ca 936/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis am 31.08.2012 durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung geendet hat.

Die Beklagte ist ein Unternehmen des Wach- und Sicherheitsgewerbes, das in Deutschland gelegene militärische Einrichtungen der US-Streitkräfte bewacht. Sie beschäftigt bundesweit ca. 1.800 Arbeitnehmer. Der Kläger (geb. im Jahre 1973, geschieden, zwei Kinder) ist seit dem 06.11.2004 bei der Beklagten als Wachmann zu einem durchschnittlichen Bruttomonatslohn von zuletzt € 2.383,00 beschäftigt. Er ist mit einem GdB von 30 behindert und seit Mai 2008 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Der Kläger ist Mitglied des Betriebsrats, der für die ca. 450 Arbeitnehmer der Bewachungsobjekte K., L., P. zuständig ist.

Im schriftlichen Formulararbeitsvertrag (Bl. 17-20 d.A.) ist ua. folgendes geregelt:

㤠2

Grundlage dieses Beschäftigungsverhältnisses ist der zwischen den US-Streitkräften und dieser Firma abgeschlossene Bewachungsvertrag Nr. ...

...

§ 18

Die Vertragsparteien sind dazu verpflichtet, die Bedingungen, Anforderungen und Standards der jeweiligen Kundenspezifikationen/ PWS (Performance Work Statements) einzuhalten bzw. zu erfüllen. Die Einsatzgenehmigung der US-Streitkräfte ist Geschäftsgrundlage des Vertrages. Wird die Einsatzgenehmigung wegen Nichteinhaltung der PWS, die für die Vertragsparteien verbindlich sind und von der amerikanischen Regierung vorgegeben sind, widerrufen, endet der Vertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist.

...

§ 21

Die schriftlichen Nebenabreden Ziff. 1-7 (ANLAGE) werden Bestandteil des Arbeitsvertrags. ...“

Ziffer 5 der Nebenabreden zum Arbeitsvertrag (Bl. 85/86 d.A.) hat folgenden Wortlaut:

„Körperlicher Leistungstest: Jeder Beschäftigte unter diesem Bewachungsvertrag muss sich jährlich einem körperlichen Leistungstest unterziehen, um so zu gewährleisten, dass das Wachpersonal physisch in der Lage ist, die übertragenen Aufgaben zu verrichten. Die entsprechenden Tests werden von den US-Streitkräften als Vertragsbedingung vorgeschrieben und müssen demgemäß von jedem Beschäftigten erbracht werden. Sollte dies nicht der Fall sein, so ist eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr möglich, und es endet unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist durch auflösende Bedingung.“

Das in § 18 des Arbeitsvertrags erwähnte Performance Work Statement (PWS) zu dem Bewachungsvertrag zwischen den amerikanischen Streitkräften und der Beklagten sieht ua. vor, dass sich das Bewachungspersonal einem jährlichen physischen Eignungstest unterziehen muss, der folgende Disziplinen beinhaltet:

-       1000-Meter-Lauf in weniger als 7 Minuten

-       20 Rumpfbeugen (Sit-Ups) mit angewinkelten Knien in 2 Minuten

-       Tragen oder Ziehen einer Person mit dem gleichen Gewicht (+/- 5 kg) über eine Distanz von 16 Metern in 1 Minute

Bei Nichtbestehen des Tests besteht die Möglichkeit, diesen innerhalb von 30 Tagen zweimal zu wiederholen. Das Nichtbestehen führt zum Entzug der Einsatzgenehmigung.

Am 07.05.2012 nahm der Kläger am jährlichen Leistungstest teil. Er scheiterte wegen Atemnot am 1000-Meter-Lauf. Noch am selben Tag wurde als zweiter Termin der 23.05.2012 und als dritter Termin der 31.05.2012 festgesetzt. Am 23.05.2012 bestand der Kläger den 1000-Meter-Lauf wegen Atemnot erneut nicht. Danach begab er sich zum Arzt, der ihm am 24.05.2012 folgendes Attest (Bl. 44 d.A.) ausstellte:

„O.g. Patient steht in meiner regelmäßigen ärztlichen Behandlung. Aufgrund einer therapeutischen Umstellung ist aus medizinischen Gründen ein körperlicher Belastungstest aktuell nicht indiziert, voraussichtlich ist ein solcher Test Mitte bis Ende Juni möglich.“

Der Kläger übergab das ärztliche Attest seinen Vorgesetzten. Außerdem legte er ihnen den Beipackzettel des Betablockers „Metoprololsuccinat AAA 47,5“ vor.

Der dritte Test fand am 06.06.2012 statt. Der Kläger brach in der ersten Runde des 1000-Meter-Laufs zusammen, so dass der Notarzt alarmiert werden musste.

Mit Memorandum vom 15.06.2012 entzog das Department of the Army dem Kläger die Einsatzgenehmigung wegen Nichtbestehens des körperlichen Leistungstests mit sofortiger Wirkung. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 22.06.2012 unter Bezugnahme auf § 18 des Arbeitsvertrags mit, dass sein Arbeitsverhältnis nach dem Entzug der Einsatzgenehmigung durch Eintritt der auflösenden Bedingung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zum 31.08.2012 ende. Hiergegen hat der Kläger am 07.07.2012 Klage erhoben. Er verlangt außerdem seine Weiterbeschäftigung und die Erteilung eines Zwischenzeugnisses.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 16.10.2012 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das Arbeitsverhältnis habe am 31.08.2012 durch den Eintritt der auflösenden Bedingung geendet. Die Vereinbarung der auflösenden Bedingung im Formulararbeitsvertrag sei wirksam. § 18 des Arbeitsvertrags stelle keine Überraschungsklausel dar, die gegen § 305 c BGB verstoße. Die Klausel benachteilige den Kläger auch nicht unangemessen iSd. § 307 BGB. Ein Zwischenzeugnis könne der Kläger nicht verlangen, weil das Arbeitsverhältnis beendet sei, er könne ein Endzeugnis beanspruchen.

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 30.10.2012 zugestellt worden. Er hat mit am 26.11.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 30.01.2013 verlängerten Begründungsfrist mit am 30.01.2013 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger macht geltend, das Arbeitsverhältnis sei nicht aufgelöst worden, weil die Beklagte weder die Zustimmung des Integrationsamts noch die des Betriebsrats eingeholt habe. Das Arbeitsverhältnis habe nicht durch Eintritt einer auflösenden Bedingung geendet. Die Vertragsklausel in § 18 des Arbeitsvertrags sei unwirksam. Das PWS sei nicht Vertragsbestandteil geworden, weil es seinem Arbeitsvertrag nicht beigefügt worden sei. Auch die Einsatzgenehmigung der US-Streitkräfte sei nicht zur Geschäftsgrundlage seines Arbeitsvertrags geworden, weil sie dem Vertrag ebenfalls nicht beigefügt worden sei. Die auflösende Bedingung sei im Hinblick auf § 307 ff. BGB unwirksam. Sie sei weder drucktechnisch hervorgehoben worden noch stehe sie im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Vertragskontext. Sie sei vielmehr auf der letzten Seite des Vertragswerks so versteckt worden, dass der Arbeitnehmer ihr keine Beachtung schenke. Die auflösende Bedingung stelle eine unangemessene Benachteiligung dar, weil dadurch das geltende Recht - nämlich der Kündigungsschutz für Schwerbehinderte und für Betriebsratsmitglieder - ausgehebelt werde. Die auflösende Bedingung verstoße auch gegen Art. 6 der Europäischen Sozialcharta, Art. 28 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer und Art. 7 der Richtlinie 2002/14/EG. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 30.01.2013 (Bl. 151-156 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 16.10.2012, Az.: 8 Ca 936/12, abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund einer auflösenden Bedingung zum 31.08.2012 geendet hat,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Bedingungen als vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus weiter zu beschäftigen,

3. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Dauer und Art des Arbeitsverhältnisses sowie auf Führung und Leistung erstreckt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 27.02.2013, auf die Bezug genommen wird (Bl. 157-159 d.A.), als zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.  Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt worden. Gemessen an den Anforderungen an den notwendigen Inhalt der Berufungsbegründung (§ 520 Abs. 3 ZPO) erweist sich das Vorbringen des Klägers vorliegend als gerade noch ausreichend. Die Berufung ist somit zulässig.

II.  In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der in § 18 Satz 3 des Arbeitsvertrags vom 05.11.2004 vereinbarten auflösenden Bedingung am 31.08.2012 geendet. Der Kläger hat deshalb keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung und Erteilung eines Zwischenzeugnisses. Dies hat das Arbeitsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt.

Das Berufungsvorbringen des Klägers zeigt keine Gesichtspunkte auf, die eine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen.

1. Der Klageantrag zu 1) ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete am 31.08.2012 durch Bedingungseintritt.

1.1. Der Kläger hat rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG nach Zugang der Beendigungsmitteilung der Beklagten vom 22.06.2012 am 06.07.2012 Klage erhoben.

Sein Klageantrag bedarf allerdings der Auslegung, denn nach dem Wortlaut des ursprünglich gestellten Antrags wendet sich der Kläger ausdrücklich gegen eine Kündigung der Beklagten vom 22.06.2012. Die Beklagte hat jedoch nicht gekündigt, sondern dem Kläger mit Schreiben vom 22.06.2012 mitgeteilt, dass sein Arbeitsverhältnis am 31.08.2012 durch auflösende Bedingung endet, weil die US-Streitkräfte am 15.06.2012 seine Einsatzgenehmigung widerrufen haben.

Für die Auslegung von Prozesserklärungen wie Klageanträgen sind die für Willenserklärungen des Bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze heranzuziehen. Daher ist analog § 133 BGB nicht am buchstäblichen Sinn des in der Prozesserklärung gewählten Ausdrucks zu haften, sondern der in der Erklärung verkörperte Wille anhand der erkennbaren Umstände zu ermitteln. Die Prozesspartei darf nicht am buchstäblichen Sinn ihrer Wortwahl festgehalten werden. Prozesserklärungen sind im Zweifel so auszulegen, dass dasjenige gewollt ist, was aus der Sicht der Prozesspartei nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der rechtverstandenen Interessenlage entspricht. Zudem sind auch die schutzwürdigen Belange des Erklärungsadressaten zu berücksichtigen. Das verbietet es, eindeutigen Erklärungen nachträglich einen Sinn zu geben, der dem Interesse des Erklärenden am besten dient (BAG 22.12.2009 - 3 AZN 753/09 - NJW 2010, 956, mwN).

Nach diesen Grundsätzen hat sich die Auslegung des Klageantrags an dem Ziel zu orientieren, dass eine Sachentscheidung möglich ist. Ist das Rechtsschutzziel auch für den Prozessgegner erkennbar, ist selbst bei klarem anderen Wortlaut das aus der Sicht des Prozessgegners erkennbar Vernünftige gewollt. Danach ist der zu 1) gestellte Antrag als Bedingungskontrollantrag iSv. §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG zu verstehen, obwohl ihn der Kläger ausdrücklich erst im Schriftsatz vom 04.09.2012 - hilfsweise - so formuliert hat.

1.2. Die in § 18 Satz 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Entzug einer Einsatzgenehmigung durch die US-Streitkräfte ist wirksam. Für den Bedingungseintritt ist nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vereinbarung ausreichend, dass der Widerruf der Einsatzgenehmigung von den US-Streitkräften auf eine Zuwiderhandlung gegen das Performance Work Statement (PWS) gestützt wird und nicht, dass ein solcher Verstoß tatsächlich vorliegt (so ausdrücklich: BAG 19.03.2008 - 7 AZR 1033/06 - Rn. 10, AP § 21 TzBfG Nr. 5).

Bei der in § 18 Satz 3 des Arbeitsvertrags enthaltenen Bestimmung handelt es sich um eine auflösende Bedingung, die nach § 21 TzBfG nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes iSd. § 14 Abs. 1 TzBfG zulässig ist. Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle ist dabei nicht die Rechtswirksamkeit einer Gestaltungserklärung des Arbeitgebers. Die Gerichte für Arbeitssachen prüfen vielmehr, ob die Parteien eine rechtlich statthafte Vertragsgestaltung zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung objektiv funktionswidrig zu Lasten des Arbeitnehmers verwendet haben (so ausdrücklich: BAG 19.03.2008 - 7 AZR 1033/06 - Rn. 11 mwN, aaO).

Zwar stellt der Widerruf der Einsatzgenehmigung allein keinen ausreichenden Sachgrund für die auflösende Bedingung dar. Erst die sich aus dem Entzug der Einsatzgenehmigung des Arbeitnehmers ergebende fehlende Beschäftigungsmöglichkeit des Arbeitgebers rechtfertigt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung. Der Arbeitgeber muss daher dem Arbeitnehmer einen anderen freien Arbeitsplatz anbieten, bevor er sich auf die auflösende Bedingung berufen darf (so ausdrücklich: BAG 19.03.2008 - 7 AZR 1033/06 - Rn. 12 mwN, aaO; ebenso: LAG Rheinland-Pfalz 06.07.2011 - 7 Sa 581/10 - Juris; 15.03.2012 - 11 Sa 662/11 - Juris). Besteht nach dem Entzug der Einsatzgenehmigung kein freier und geeigneter Arbeitsplatz, wäre die Aufrechterhaltung des bisherigen Vertragsverhältnisses sinnentleert, da der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht mehr beschäftigen kann. Die sich nach einem Entzug einer Einsatzgenehmigung ergebende fehlende Beschäftigungsmöglichkeit zählt auch nicht zum allgemeinen Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers, das er durch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung auf den Arbeitnehmer nicht überwälzen kann. Der Arbeitgeber kann bei der Bewachung von militärischen Einrichtungen der US-Streitkräfte über das eingesetzte Personal nicht frei entscheiden, sondern darf nur solche Arbeitnehmer einsetzen, die über eine Einsatzgenehmigung seines Auftraggebers verfügen, auf deren Erteilung und Entzug der Arbeitgeber keinen Einfluss hat. In den zugrunde liegenden Vereinbarungen ist regelmäßig ein Vorbehalt des Auftraggebers des Arbeitgebers enthalten, wonach dieser bei Zweifeln an der Zuverlässigkeit des in den zu bewachenden Objekten eingesetzten Personals verlangen kann, dass diese nicht oder nicht mehr vom Arbeitgeber eingesetzt werden. Auf die den amerikanischen Streitkräften eingeräumte Rechtsposition müssen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer einlassen. Sie folgt aus den Besonderheiten bei der Bewachung von militärischen Einrichtungen (so ausdrücklich: BAG 19.03.2008 - 7 AZR 1033/06 - Rn. 12 mwN, aaO).

1.3. Danach hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der im Arbeitsvertrag vom 05.11.2004 vereinbarten Frist am 31.08.2012 geendet. Die US-Streitkräfte haben dem Kläger durch Memorandum vom 15.06.2012 die Einsatzgenehmigung für die Bewachung ihrer militärischen Objekte (US Army Garrison K., US Army Europe oder US Army) dauerhaft, auch für Bewachungsfolgeverträge, entzogen. Die Beklagte hatte nach dem Performance Work Statement keine Möglichkeit, auf den Entzug der Einsatzgenehmigung Einfluss zu nehmen. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, dem Kläger die Vertragsfortsetzung zu geänderten Bedingungen anzubieten. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger bestand nicht. Die nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG sowie § 18 Satz 3 des Arbeitsvertrags einzuhaltende Frist für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat die Beklagte gewahrt.

Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer die Vorstellung entwickelt hat, die Beklagte könne ihn als Wachmann auf der Air Base R. einsetzen, handelt es sich um eine militärische Einrichtung der US-Streitkräfte, für die der Kläger seit dem 15.06.2012 keine Einsatzgenehmigung mehr hat.

1.4. Es ist für den Bedingungseintritt unerheblich, aus welchen Gründen der Kläger den körperlichen Leistungstest am 07.05.2012 sowie die zwei Wiederholungsprüfungen am 23.05. und 06.06.2012 nicht bestanden hat. Für den Bedingungseintritt ist ausreichend, dass der Widerruf der Einsatzgenehmigung von den US-Streitkräften auf eine Zuwiderhandlung gegen das Performance Work Statement gestützt wird und nicht, dass ein solcher Verstoß tatsächlich vorliegt (so ausdrücklich: BAG Urteil vom 19.03.2008 - 7 AZR 1033/06 - Rn. 10, aaO.).

1.5. Entgegen der Ansicht des Klägers stellt die in § 18 Satz 3 des Formulararbeitsvertrags geregelte auflösende Bedingung keine überraschende Klausel iSd. § 305 c Abs. 1 BGB dar. Sie genügt auch dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Kläger musste damit rechnen, dass er seinen Arbeitsplatz verliert, wenn die Einsatzgenehmigung der US-Streitkräfte widerrufen wird, weil er den jährlich zu absolvierenden körperlichen Leistungstest nicht besteht. Weder das Erscheinungsbild der Klausel noch ihr Inhalt sind als überraschend anzusehen.

Nach § 305 c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen dann nicht Vertragsbestandteil, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen brauchte. Überraschenden Klauseln muss ein „Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt“ innewohnen. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, insbesondere das äußere Erscheinungsbild des Vertrages. Der ungewöhnliche äußere Zuschnitt einer Klausel oder ihre Unterbringung an unerwarteter Stelle können eine Bestimmung zu einer ungewöhnlichen und damit überraschenden Klausel machen. Das Überraschungsmoment ist desto eher zu bejahen, je belastender die Bestimmung ist. Im Einzelfall muss der Verwender auf eine solche Klausel besonders hinweisen oder diese drucktechnisch hervorheben (BAG 19.08.2010 - 8 AZR 645/09 - Rn. 54, mwN, AP § 307 BGB Nr. 49).

Daran gemessen ist die streitgegenständliche Klausel nach dem äußeren Erscheinungsbild des Arbeitsvertrags nicht überraschend. Der Arbeitsvertrag enthält auf 3,5 Seiten insgesamt 21 Paragrafen, wobei die Paragrafennummerierung drucktechnisch hervorgehoben ist. Bereits in § 2 des Arbeitsvertrags wird darauf hingewiesen, dass Grundlage des Beschäftigungsverhältnisses der zwischen den US-Streitkräften und der Beklagten abgeschlossene Bewachungsvertrag ist. In § 18 wird sodann auf die Kundenspezifikationen/PWS hingewiesen, insbesondere die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Entziehung der Einsatzgenehmigung durch die US-Streitkräfte. In der Nebenabrede, auf die im Arbeitsvertrag ausdrücklich hingewiesen wird, ist in Ziff. 5 sogar die Überschrift "Körperlicher Leistungstest" hervorgehoben mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch auflösende Bedingung bei Nichterbringung des körperlichen Leistungstests.

Auch in inhaltlicher Hinsicht sind derartige Regelungen nicht überraschend und insbesondere bei der Bewachung von militärischen Einrichtungen üblich. Da der Einsatz im militärischen Bereich erfolgt, werden bekanntermaßen hohe Sicherheitsanforderungen an das zivile Wachpersonal gestellt. Dass zur Erfüllung dieser Anforderungen die Beschäftigung der zivilen Mitarbeiter von einer Einsatzgenehmigung der US-Streitkräfte abhängig gemacht wird, stellt keinen ungewöhnlichen Umstand dar. Auch im Bereich der Bundeswehr dürfen zivile Personen nur mit einer besonderen Einsatzgenehmigung im Wachdienst eingesetzt werden, deren Erteilung von einer Einschätzung der persönlichen und fachlichen Eignung der zivilen Wachperson abhängig ist (§ 1 Abs. 3 UZwGBw).

1.6. Die vertragliche Regelung verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot. Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB (BAG 16.01.2013 - 10 AZR 26/12 - Rn. 20 mwN, NJW 2013, 1020).

Eine derartige Gefahr ist hier nicht erkennbar. In Ziff. 5 der Nebenabreden zum Arbeitsvertrag, die der Kläger am 05.11.2004 gesondert unterzeichnet hat, wird der körperliche Leistungstest eigens aufgeführt. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich jeder Arbeitnehmer jährlich einem körperlichen Leistungstest unterziehen muss, diese Tests durch die US-Streitkräfte als Vertragsbedingung vorgeschrieben sind und daher von jedem Beschäftigten erbracht werden müssen. Sollte der Test nicht bestanden werden, ist eine Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses nicht möglich, so dass es unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist durch auflösende Bedingung endet. Diese Klausel ist weder inhaltlich unklar noch undurchschaubar. Der Kläger konnte ohne Schwierigkeiten von der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung insbesondere im Zusammenhang mit dem Entzug der Einsatzgenehmigung durch die US-Streitkräfte Kenntnis nehmen.

1.7. Entgegen der Ansicht des Klägers gebieten Art. 7 der Richtlinie 2002/14/EG auch unter Berücksichtigung von Art. 27 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 12.12.2007 (GRC) keine Einschränkung der Bestimmung des § 21 TzBfG, weil er Betriebsratsmitglied ist.

Mit der Richtlinie 2002/14/EG ist ein allgemeiner Rahmen für die Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer festgelegt; ihre Art. 7 und 8 geben einen näher beschriebenen Schutz für Arbeitnehmervertreter vor. Gemäß Art. 7 der Richtlinie 2002/14/EG tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass die Arbeitnehmervertreter bei der Ausübung ihrer Funktion einen ausreichenden Schutz und ausreichende Sicherheiten genießen, die es ihnen ermöglichen, die ihnen übertragenen Aufgaben in angemessener Weise wahrzunehmen. Art. 8 der Richtlinie 2002/14/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten, für den Fall der Nichteinhaltung der Richtlinie geeignete Maßnahmen - insbesondere Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zur Durchsetzung der sich aus der Richtlinie ergebenden Verpflichtungen - sowie wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen vorzusehen, die im Falle eines Verstoßes gegen diese Richtlinie durch den Arbeitgeber oder durch die Arbeitnehmervertreter Anwendung finden. Mit Art. 27 GRC ist die Gewährleistung eines Rechts auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Unternehmen beschrieben, mit Art. 28 GRC das Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen. Nach Art. 30 GRC hat jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten Anspruch auf Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung.

Ausgehend von diesen unionsrechtlichen Vorgaben ist nach der Rechtsprechung des BAG (vgl. zuletzt: 05.12.2012 - 7 AZR 698/11 - Juris) eine Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 14 Abs. 2 TzBfG (Befristung ohne Sachgrund) auf befristete Arbeitsverträge von Mitgliedern des Betriebsrats nicht geboten (Rn. 43). Dem unionsrechtlich gebotenen Schutz eines Betriebsratsmitglieds vor einer im Zusammenhang mit einer Befristung stehenden Benachteiligung kann aber durch § 78 Satz 2 BetrVG - ggf. iVm. § 280 Abs. 1 und/oder § 823 Abs. 2 BGB - Rechnung getragen werden. Danach dürfen Mitglieder des Betriebsrats nicht wegen ihrer Tätigkeit benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung. Die Bestimmung dient ua. der inneren und äußeren Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder, die ohne Furcht vor Maßregelungen und Sanktionen des Arbeitgebers ihr Amt ausüben können sollen. Sie gilt unabhängig davon, ob das Gremiumsmitglied in einem unbefristeten oder in einem befristeten Arbeitsverhältnis steht. Eine Benachteiligung iSv. § 78 Satz 2 BetrVG ist jede Schlechterstellung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern, die nicht auf sachlichen Gründen, sondern auf der Tätigkeit als Betriebsratsmitglied beruht. Eine Benachteiligungsabsicht ist nicht erforderlich. Es genügt die objektive Schlechterstellung gegenüber Nichtbetriebsratsmitgliedern. Daher kann die Nichtübernahme eines befristet beschäftigten Betriebsratsmitglieds in ein unbefristetes oder in ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis eine unzulässige Benachteiligung darstellen, wenn sie gerade wegen der Betriebsratstätigkeit erfolgt. Sich hierüber erforderlichenfalls unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine Überzeugung zu bilden, ist Sache des Tatsachengerichts. Ist ein Arbeitnehmer bereits bei Abschluss der Befristungsabrede Betriebsratsmitglied - das wird regelmäßig nur bei Vertragsverlängerungen in Betracht kommen - kann auch die Befristungsabrede als solche unwirksam sein. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nur wegen seiner Betriebsratsmitgliedschaft lediglich ein befristetes statt eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses anbietet (BAG 05.12.2012 - 7 AZR 698/11 - Rn. 47, aaO).

Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar. Auch die Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 21 TzBfG ist nicht geboten, weil der Kläger im Verlauf des auflösend bedingten Arbeitsverhältnisses Mitglied des Betriebsrats geworden ist. Die Vereinbarung über das Ende des Arbeitsverhältnisses bei Eintritt der auflösenden Bedingung steht ersichtlich in keinem Zusammenhang mit der späteren Stellung oder Tätigkeit des Klägers als Mitglied im Betriebsrat. Auch das Nichtbestehen des körperlichen Leistungstests, den jeder Wachmann jährlich zu absolvieren hat, hat mit dem Betriebsratsamt des Klägers ersichtlich nichts zu tun.

1.8. Entgegen der Ansicht der Berufung gebietet die Gleichstellung des Klägers mit einem schwerbehinderten Menschen nicht, vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Zustimmung des Integrationsamts einzuholen.

Der Kläger ist zwar nicht schwerbehindert, aber unstreitig mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt (§ 2 Abs. 3 SGB IX), sodass auf ihn die Vorschriften des SGB IX anwendbar sind.

Grundsätzlich ist eine Zustimmung des Integrationsamts nur bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Kündigung erforderlich (§ 85 SGB IX). Ausnahmsweise bedarf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen nach § 92 Satz 1 SGB IX dann der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts, wenn sie im Fall des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung, der Erwerbsminderung auf Zeit, der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ohne Kündigung erfolgt. Der Schutz ist auf diese vier Beendigungstatbestände beschränkt, die hier - unzweifelhaft - nicht vorliegen.

2. Auch der Klageantrag zu 2) ist nicht begründet. Da das Arbeitsverhältnis am 31.08.2012 sein Ende gefunden hat, besteht kein Anspruch auf Weiterbeschäftigung.

3. Der Klageantrag zu 3) ist ebenfalls unbegründet, weil der Kläger von der Beklagten kein Zwischenzeugnis verlangen kann. Nach § 109 GewO besteht bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf Erteilung eines Endzeugnisses.

III.  Nach alledem ist die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.



Sie kennen die Kanzlei Labisch aus folgenden Medien:

Logo SWR1
Logo SWR4
Logo RPR1
Logo Wiesbadener Kurier
Logo Geißener Anzeiger
Logo Wormser Zeitung
Logo Wiesbadener Tagblatt
Logo Main Spitze
Logo Frankfurter Rundschau
Logo Handelsblatt
Logo Allgemeine Zeitung
Logo Darmstädter Echo
Logo Focus
Logo NTV
Logo ZDF WISO
Lexikon schließen
Schließen