Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Urteil vom - Az: 8 Sa 424/17

Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung – Arbeitnehmer trägt Beweislast

1. Nach § 22 Halbs. 1 AGG genügt eine Person, die sich wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe für benachteiligt hält, ihrer Darlegungslast, wenn sie Indizien vorträgt, die diese Benachteiligung vermuten lassen. Für die Vermutungswirkung des § 22 AGG ist es ausreichend, dass ein in § 1 AGG genannter Grund "Bestandteil eines Motivbündels" ist, das die Entscheidung beeinflusst hat.

2. Eine unmittelbare Benachteiligung einer Frau wegen ihres Geschlechts ist nicht auf die Fälle einer ungünstigeren Behandlung wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft begrenzt. Auch eine arbeitgeberseitige Äußerung, die dem anderen Geschlecht gegenüber nicht gemacht worden wäre, kann einen Grund i. S. v. § 3 Abs. 1 S. 1 AGG darstellen, wenn ausschließlich Arbeitnehmer eines der beiden Geschlechter davon betroffen sind.
(Leitsätze des Gerichts)

(3.) Ein Vorgesetzter, der technischer Leiter und vorgesetzter Ansprechpartner des Arbeitnehmers ist, verfügt keinerlei Entscheidungsbefugnis über eine Verlängerung des Arbeitsvertrages.
(Redaktioneller Orientierungssatz)

Die Klägerin war in der Zeit vom 16.12.2014 bis zum 15.12.2016 auf Grund eines befristeten Arbeitsvertrags bei der Beklagten als Mediengestalterin tätig. Ende Oktober 2016 informierte die Klägerin ihren Vorgesetzten über ihre zweite Schwangerschaft und fragte diesen zugleich nach einer Vertragsverlängerung an. Der Klägerin wurde mitgeteilt, dass ihr Vertrag nicht verlängert werden könne und dies – auf Anfrage der Klägerin – nicht mit ihrer Schwangerschaft zusammenhänge, sondern der Grund hierfür interne Umstrukturierungsmaßnahmen seien. Demgegenüber stellte sich die Klägerin kritisch entgegen und sah ihre Schwangerschaft als den tatsächlichen Grund für die Ablehnung der Vertragsverlängerung an. Die Klägerin wiederlegte ihre Annahme mit der Begründung, dass der Vorgesetzte bereits in der Vergangenheit beanstandet habe, dass die Klägerin wegen ihres ersten Kindes eine mangelnde Flexibilität in ihrer Arbeitszeit aufweise. Weiterhin trägt die Klägerin vor, dass sie vor Bekanntgabe der Schwangerschaft für eine unbefristete Übernahme vorgesehen war, insbesondere hatte die Beklagte sie zuvor noch auf eine Schulung geschickt und die Klägerin angefragt, ob sie Interesse an einer Vollzeittätigkeit habe. Die Klägerin sah hierin eine Diskriminierung wegen ihres Geschlechts und verlangte von der Beklagten eine Entschädigung nach dem AGG.
Mangels hinreichender Indizien, die vermuten lassen, dass die Klägerin wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden sei, wurde die Klage sowohl vom ArbG als auch vom LAG abgewiesen. Der bloße Umstand der Schwangerschaft der Klägerin im Zeitpunkt der nicht erfolgten Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis genüge gerade für die Annahme einer Diskriminierung durch die Beklagte noch nicht. Auch können die von der Klägerin angeführten Hilfstatsachen über das Angebot der Vollzeittätigkeit oder die Schulung die Vermutung einer unmittelbaren Benachteiligung nicht begründen. Die Äußerungen weisen keinerlei Bezug zu der Schwangerschaft der Klägerin auf und seien weiterhin nicht dazu geeignet zu belegen, dass die Beklagte vor Kenntnis der Schwangerschaft die Verlängerung des Arbeitsvertrages beabsichtigte.
(Redaktionelle Zusammenfassung)

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 23.08.2017 - 5 Ca 186/17 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Schadensersatz und Entschädigung wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot.

Die Klägerin war bei der Beklagten vom 16. Dezember 2014 bis 15. Dezember 2016 als Mediengestalterin zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt von zuletzt 1.807,-- € befristet beschäftigt. Der sachgrundlos befristete Arbeitsvertrag vom 09. Dezember 2014 (vgl. Anlage zur Klageschrift, Bl. 6 - 11 d.A.) wurde mit dem Änderungsvertrag vom 11. November 2015, den der technische Leiter H. (Name zwischenzeitlich geändert in E.) für die Beklagte unterzeichnete, bis zum 15. Dezember 2016 verlängert.

Am 31. Oktober 2016 informierte die Klägerin ihren Vorgesetzten H. (E.) über ihre Schwangerschaft und fragte ihn zugleich nach der Vertragsverlängerung über den 15. Dezember 2016 hinaus. Am 09. November 2016 erklärte Herr H. gegenüber der Klägerin, dass ihr Vertrag nicht verlängert werde. Anschließend suchte die Klägerin den Geschäftsführer Herrn J. in seinem Büro auf und fragte, ob die Nichtverlängerung mit ihrer Schwangerschaft zusammenhänge. Herr J. verneinte dies und erklärte, dass ihr Vertrag aufgrund interner betrieblicher Umstrukturierungen nicht verlängert werde.

Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, die Nichtverlängerung ihres Vertrages stelle eine Diskriminierung wegen ihres Geschlechts dar. Herr H. habe am 09. November 2016 ihr gegenüber erklärt, ihr Vertrag werde nicht verlängert, da sie bereits aufgrund ihres ersten Kindes in ihren Arbeitszeiten nicht flexibel genug sei und ihre Tätigkeit durch eine Software übernommen werde. Sie sei - vor Bekanntgabe ihrer Schwangerschaft - von der Beklagten für eine unbefristete Übernahme vorgesehen gewesen, was sich unter anderem daran zeige, dass die Beklagte sie noch im Sommer 2016 auf eine Schulung geschickt habe, sie gefragt habe, ob sie Interesse an einer Vollzeittätigkeit habe, und ihr am 29. September 2016 durch Herrn H. Urlaub für den Zeitraum vom 23. bis 30. Dezember 2016 genehmigt habe.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie für den Monat Dezember 2016 weitere 877,50 € brutto, abzüglich eines durch die Bundesagentur für Arbeit bereits geleisteten Betrages in Höhe von 282,51 € netto, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2017 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie für den Monat Januar 2017 1.807,00 € brutto, abzüglich eines durch die Bundesagentur für Arbeit bereits geleisteten Betrages in Höhe von 941,70 € netto, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2017 zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie eine angemessene Entschädigung, mindestens jedoch 5.421,00 €, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2017 zu zahlen,

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche materiellen und immateriellen zukünftigen Schäden, die ihr aus der nicht erfolgten Beschäftigung als Mediengestalterin ab dem 16.12.2016 entstehen, zu ersetzen,

5. die Beklagte zu verurteilen, an sie für den Monat Februar 2017 1.807,00 € brutto, abzüglich eines durch die Bundesagentur für Arbeit bereits geleisteten Betrages in Höhe von 941,70 € netto, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2017 zu zahlen,

6. die Beklagte zu verurteilen, an sie für den Monat März 2017 1.807,00 € brutto, abzüglich eines durch die Bundesagentur für Arbeit bereits geleisteten Betrages in Höhe von 941,70 € netto, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2017 zu zahlen,

7. die Beklagte zu verurteilen, an sie für den Monat April 2017 1.807,00 € brutto, abzüglich eines durch die Bundesagentur für Arbeit bereits geleisteten Betrages in Höhe von 941,70 € netto, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2017 zu zahlen,

8. die Beklagte zu verurteilen, an sie für den Monat Mai 2017 1.807,00 € brutto, abzüglich eines durch die Bundesagentur für Arbeit bereits geleisteten Betrages in Höhe von 94,17 € netto und eines durch die AOK Rheinland-Pfalz bereits geleisteten Betrages in Höhe von 847,53 € netto, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2017 zu zahlen,

9. die Beklagte zu verurteilen, an sie für den Monat Juni 2017 1.807,00 € brutto, abzüglich eines durch die AOK Rheinland-Pfalz bereits geleisteten Betrages in Höhe von 941,70 € netto, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2017 zu zahlen,

10. die Beklagte zu verurteilen, an sie für den Monat Juli 2017 1.807,00 € brutto, abzüglich eines durch die AOK Rheinland-Pfalz bereits geleisteten Betrages in Höhe von 941,70 € netto, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2017 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, sie habe den Arbeitsvertrag mit der Klägerin ausschließlich aufgrund betrieblicher Gründe auslaufen lassen. Sie habe im Juni 2016 eine neue Software bestellt, die im Herbst 2016 im Betrieb installiert worden sei und seit Januar 2017 genutzt werde. Durch den Einsatz dieser Software habe sich der Arbeitsaufwand in der Abteilung Druckvorstufe, in welcher die Klägerin eingesetzt war, erheblich reduziert. So entfielen insbesondere infolge automatischer Voreinstellungen vier bis fünf Minuten Arbeitszeit pro Auftrag bei rund 80 Aufträgen pro Tag. Dies ergebe eine tägliche Arbeitszeitersparnis von 320 bis 400 Minuten, weshalb der Bedarf für die Teilzeitstelle der Klägerin (32,5 Wochenstunden) entfallen sei. Die Teilnahme der Klägerin an der Schulung im Sommer 2016 sei zunächst vorgeschlagen worden, damit diese im Falle einer Urlaubs- oder Krankheitsvertretung für andere Mitarbeiter das sogenannte "Ausschießen" durchführen könne. Die Schulung sei dann jedoch entbehrlich geworden, da zwei andere Mitarbeiter diese Vertretungstätigkeit hätten übernehmen können. Die Genehmigung eines Urlaubsantrages für einen Zeitraum, in dem das Arbeitsverhältnis nicht mehr bestehe, könne ein Abteilungsleiter bei 100 Mitarbeitern im Betrieb und aufgrund der fehlenden Information in dem Computerprogramm über die Dauer bzw. den Fortbestand des betreffenden Arbeitsverhältnisses auch einmal versehentlich vornehmen. Hierin liege keine Inaussichtstellung eines unbefristeten Anschlussarbeitsvertrages durch den genehmigenden Abteilungsleiter Herrn Frank K..

Darüber hinaus hat die Beklagte erklärt, dass sie Arbeitnehmern, die sie in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernehmen wolle, mindestens zwei Monate vor Befristungsablauf ein entsprechendes Übernahmeangebot unterbreite.

Die Entscheidung über die Nichtverlängerung des Arbeitsvertrags der Klägerin sei vor Kenntnis von deren Schwangerschaft getroffen worden.

Im Übrigen habe Herr H. für eine Vertragsverlängerung ohnehin keine Entscheidungsbefugnis gehabt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit am 23. August 2017 verkündetem Urteil abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es fehle bereits an einer Diskriminierung wegen eines in § 1 AGG genannten Merkmals. Der bloße Umstand der Schwangerschaft der Klägerin im Zeitpunkt der nicht erfolgten Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis genüge für die Annahme einer Diskriminierung durch die Beklagte noch nicht. Die Klägerin habe nicht hinreichend substantiiert Indizien oder Hilfstatsachen dargelegt, aufgrund derer mit überwiegender Wahrscheinlichkeit anzunehmen gewesen wäre, dass ihre Schwangerschaft ein für die Nichtverlängerung durch die Beklagte zumindest mitentscheidender Grund gewesen wäre. Die streitigen Äußerungen des Herrn H. seien der Beklagten, selbst wenn sie so gefallen sein sollten, nicht zurechenbar. Zwar sei er technischer Leiter und vorgesetzter Ansprechpartner der Klägerin gewesen, habe jedoch nach dem unwidersprochenen Beklagtenvortrag keinerlei Entscheidungsbefugnis über eine Verlängerung des Arbeitsvertrages gehabt. Zudem habe Herr H. selbst nach dem Vortrag der Klägerin eine unbefristete Übernahme nicht wegen ihrer Schwangerschaft abgelehnt, sondern wegen Schwierigkeiten bei der Flexibilität der Arbeitszeit, die er bei der Klägerin bereits bei ihrem ersten Kind gesehen habe. Diese Äußerung stelle nicht auf das Geschlecht oder die Schwangerschaft der Klägerin ab, sondern auf ihre zeitliche Verfügbarkeit und Flexibilität, die durch ein weiteres Kind weiter eingeschränkt würde, was bei ihr in gleicher Weise der Fall wäre, wenn sie keine erziehende Mutter, sondern ein erziehender Vater wäre. Die mit der Sorge für ein Kind einhergehende zeitliche Beanspruchung und Einschränkung interessiere den Arbeitgeber legitimerweise und hänge nicht mit dem Geschlecht des erziehenden Elternteils zusammen.

Die Genehmigung des Urlaubs für Ende Dezember 2016 indiziere ebenfalls keine Diskriminierung, da ein solcher Irrtum mangels Anzeige der Dauer des Arbeitsverhältnisses in dem Computerprogramm passieren könne und selbst bei Kenntnis des Genehmigenden von der Befristung hierin keine Zusage oder rechtlich verbindliche Inaussichtstellung einer Vertragsverlängerung gesehen werden könne, die zudem noch der Beklagten zurechenbar wäre.

Aus der Teilnahme an allgemeinen, auch für die anderen Arbeitnehmer notwendigen Schulungen, könne nicht auf die bevorstehende Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis geschlossen werden. Die Schulung für sogenannte Ausschießtätigkeiten im Sommer 2016 sei zur Einsetzbarkeit der Klägerin als Vertretung vorgesehen gewesen, weshalb die Behauptung der Klägerin, eine solche Fortbildung wäre "völlig zweckverfehlt" bei Nichtübernahme gewesen, nicht genüge.

Das von der Klägerin behauptete Angebot einer Vollzeitbeschäftigung im Sommer 2016 durch den Projektmanager Herrn W. sei der Beklagten jedenfalls nicht im Sinne eines unbefristeten Anschlussarbeitsvertrages ab Dezember 2016 zurechenbar. Zudem sei das Angebot einer Aufstockung der Arbeitszeit innerhalb eines befristeten Arbeitsverhältnisses ebenso gut denkbar zur Bewältigung eines vorübergehend erhöhten Arbeitsanfalls, wie er im Sommer 2016 bei der Beklagten bestanden habe, da sie genau zu dieser Zeit die neue Software zur Arbeitsentlastung bestellt habe.

Darüber hinaus seien die von der Beklagten dargestellten betrieblichen Gründe nicht offenkundig willkürlich oder konstruiert, weshalb die Kammer nicht zu der notwendigen Überzeugung gelangt sei, dass die Entscheidung, den Arbeitsvertrag der Klägerin nicht unbefristet zu verlängern, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit wegen der Schwangerschaft der Klägerin erfolgt sei.

Dementsprechend seien weder Schadensersatz- noch Entschädigungsansprüche gegeben und es sei auch keine Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz für zukünftige Schäden festzustellen.

Die Klägerin hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 04. September 2017 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 04. Oktober 2017, der am gleichen Tag bei dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz einging, Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Die Klägerin trägt zweitinstanzlich nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 04. Oktober 2017 im Wesentlichen vor, die festgestellten Tatsachen rechtfertigten eine andere Sachentscheidung.

Die Äußerungen des Zeugen H., die angelegte Vertretungsplanung samt geplanter Schulungen sowie der nach dem eigentlichen Vertragsende gewährte Urlaub ließen den Schluss zu, dass bis zum Bekanntwerden der Schwangerschaft mit der Übernahme der Klägerin seitens der Beklagten fest geplant worden sei. Die Aussage des Zeugen H., das Arbeitsverhältnis werde nicht unbefristet verlängert, da sie bereits aufgrund des ersten Kindes in ihren Arbeitszeiten nicht flexibel genug sei, impliziere unmittelbar eine Benachteiligung der Klägerin aufgrund ihrer Schwangerschaft. Denn der Zeuge H. suggeriere damit, dass die Klägerin nunmehr durch die Geburt des zweiten Kindes ihre bisherige Arbeitsleistung nicht mehr im gleichen Umfang erbringen könne und insofern für die Beklagte kein Interesse am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mehr bestehe. Unabhängig davon, ob die Flexibilität eingeschränkt worden wäre, sei der Grund der Nichtverlängerung des Arbeitsvertrages unmittelbar an die Schwangerschaft der Klägerin geknüpft gewesen, was eine unmittelbare Benachteiligung darstelle.

Die Aussage des Zeugen H. sei der Beklagten auch zurechenbar. Insbesondere werde ausdrücklich bestritten, dass er keine Entscheidungsbefugnis über die Vertragsverlängerung gehabt habe, da bereits mit Schriftsatz der Klägerseite vom 19. Juni 2017 vorgetragen worden sei, dass der Änderungsvertrag, welcher die Verlängerung der Befristung bis zum 15. Dezember 2016 vorgesehen habe, seinerseits bereits von dem Zeugen H. unterzeichnet worden sei.

Zudem habe die Beklagte noch im Sommer 2016 die Zeugin A. K. zur Schulung der Klägerin im Hinblick auf die Verwendung der Software "Apogee prepress", zum Zwecke der wechselseitigen Vertretung mit der Kollegin in der Abteilung Druckvorstufe, angewiesen. Dies wäre verfehlt gewesen, wenn bereits festgestanden hätte, dass die Klägerin innerhalb weniger Monate aus dem Betrieb ausscheide. Der Zeuge E. W. habe die Klägerin im Sommer 2016 gefragt, ob sie Interesse an einer Vollzeittätigkeit habe. Darüber hinaus habe ihr der Zeuge H. am 29. September 2016 Urlaub für den Zeitraum vom 23. bis 30. Dezember 2016 genehmigt. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, Herr H. hätte den Urlaub in Unkenntnis der Befristung gewährt, da er selbst den Änderungsvertrag mit der Befristung bis zum 15. Dezember 2016 unterzeichnet habe.

Es sei nicht erheblich, ob das Arbeitsverhältnis auch aufgrund betriebsinterner Umstrukturierung beendet worden sei, da es genüge, wenn die Schwangerschaft ein Motiv darstelle.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 23.08.2017 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Trier, zugestellt am 04.09.2017, Az. 5 Ca 186/17, wird

1. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat Dezember 2016 weitere 877,50 Euro brutto, abzüglich eines durch die Bundesagentur für Arbeit bereits geleisteten Betrages in Höhe von 282,51 Euro netto, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2017 zu zahlen;

2. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat Januar 2017 1.807,00 Euro brutto, abzüglich eines durch die Bundesagentur für Arbeit bereits geleisteten Betrages in Höhe von 941,70 Euro netto, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2017 zu zahlen;

3. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat Februar 2017 1.807,00 Euro brutto, abzüglich eines durch die Bundesagentur für Arbeit bereits geleisteten Betrage in Höhe von 941,70 Euro netto, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.03.2017 zu zahlen;

4. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat März 2017 1.807,00 Euro brutto, abzüglich eines durch die Bundesagentur für Arbeit bereits geleisteten Betrages in Höhe von 941,70 Euro netto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2017 zu zahlen;

5. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat April 2017 1.807,00 Euro brutto, abzüglich eines durch die Bundesagentur für Arbeit bereits geleisteten Betrages in Höhe von 941,70 Euro netto, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2017 zu zahlen;

6. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für den Monat Mai 2017 1.807,00 Euro brutto, abzüglich eines durch die Bundesagentur für Arbeit bereits geleisteten Betrages in Höhe von 94,27 Euro netto und eines durch die AOK Rheinland-Pfalz bereits geleisteten Betrages in Höhe von 847,53 Euro netto, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2017 zu zahlen;

7. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat Juni 2017 1.807,00 Euro brutto, abzüglich eines durch die AOK Rheinland-Pfalz bereits geleisteten Betrages in Höhe von 941,70 Euro netto, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2017 zu zahlen;

8. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin für den Monat Juli 2017 1.807,00 Euro brutto, abzüglich eines durch die AOK Rheinland-Pfalz bereits geleisteten Betrages in Höhe von 941,70 Euro netto, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2017 zu zahlen;

9. die Beklagte verurteilt, an die Klägerin eine angemessene Entschädigung, mindestens jedoch 5.421,00 Euro, nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.01.2017 zu zahlen;

10. festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen zukünftigen Schäden, die der Klägerin aus der nicht erfolgten Beschäftigung als Mediengestalterin am dem 16.12.2016 entstehen, zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin und Berufungsklägerin kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das von der Klägerin angefochtene Urteil zweitinstanzlich im Wesentlichen wie folgt:

Die Klägerin habe keine Indizien vorgetragen, die ihre Benachteiligung wegen der Schwangerschaft bei der Entscheidung über ihre Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis vermuten lassen. Gegen einen Ursachenzusammenhang zwischen der Schwangerschaft der Klägerin und der Nichtverlängerung ihres Arbeitsvertrages spreche bereits die Aussage des Geschäftsführers der Beklagten Herrn J. vom 09. November 2016, wonach die Entscheidung nichts mit ihrer Schwangerschaft zu tun habe, sondern betriebliche Gründe habe.

Selbst wenn Herr H. - was bestritten bleibe - am 09. November 2016 gesagt habe, dass die Klägerin bereits aufgrund des ersten Kindes in ihren Arbeitszeiten nicht flexibel genug sei, habe dies bei verständiger Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont keinen inhaltlichen Bezug zur Schwangerschaft der Klägerin. Die Wortwahl der Klägerin "suggeriere" verdeutliche bereits anhand der Formulierung, dass es sich um eine eigene Interpretation der Äußerung durch die Klägerin handele, mit der sie mutwillig versuche, einen Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft herzustellen. Da der Zeuge H. mitgeteilt haben solle, dass die Tätigkeit durch eine Software übernommen werde, ließe sich ebenso gut vertreten, dass er der Klägerin damit habe mitteilen wollen, man habe die Möglichkeiten ihrer Beschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen geprüft, aber keine andere Einsatzmöglichkeit zu ihren, aus nachvollziehbaren Gründen eingeschränkten, Arbeitszeiten gefunden. Nach diesem ebenso plausiblen Verständnis ergäbe sich überhaupt kein Zusammenhang mit der Schwangerschaft der Klägerin. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht Trier zu Recht argumentiert, dass durch Kinderbetreuungspflichten die zeitliche Verfügbarkeit und Flexibilität von Arbeitnehmern genauso wie von Arbeitnehmerinnen eingeschränkt werden könne. Die unterschiedliche Behandlung von Beschäftigten aufgrund ihrer jeweiligen zeitlichen Verfügbarkeit und Flexibilität knüpfe nicht an ein Diskriminierungsmerkmal an. Somit komme es rechtlich nicht entscheidend auf das Fehlen der Entscheidungsbefugnis von Herrn H. an, das im Übrigen von der Klägerin erstinstanzlich nicht bestritten worden sei. Die Klägerin hätte am 09. November 2016 sicherlich nicht gezielt den Geschäftsführer Herrn J. aufgesucht, wenn sie davon ausgegangen wäre, dass allein Herr H. die Entscheidung getroffen hätte.

Die weiteren von der Klägerin vorgetragenen Umstände wie die angebliche Softwareschulung, das Angebot einer Vollzeittätigkeit und die Urlaubsgenehmigung seien allenfalls Gesichtspunkte, aus denen die Klägerin Hoffnung auf eine unbefristete Übernahme geschöpft habe, jedoch keine Indizien für eine Benachteiligung wegen der Schwangerschaft.

Der Geschäftsführer der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2018 erklärt, dass die Entscheidung, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin nicht zu verlängern, zeitgleich mit der Bestellung der neuen Software im Juni 2016 gefallen sei. Ergänzend hat die Beklagte hierzu vorgetragen, der Geschäftsführer Herr J. habe Ende Juni, Anfang Juli 2016 - an einem Arbeitstag um den Zeitpunkt der Softwarebestellung herum - die Mitarbeiterin der Personalabteilung Frau S. in ihrem Büro aufgesucht und erklärt, dass jetzt klar sei, dass die neue Software kommen werde. Sobald diese in Betrieb sei, werde es weniger Arbeit in der Druckvorstufe geben. Der befristete Arbeitsvertrag der Klägerin solle daher auslaufen. Die Software "Apogee prepress - XML Automatisierung und Lizenzoptionen" von A. G. N. habe sie entsprechend einem vom 15. Juni 2016 datierenden Vertragsangebot bestellt.

Die Klägerin hat daraufhin vorgetragen, die neue Software sei tatsächlich erst im Zeitraum Sommer oder Herbst 2017 eingeführt worden, so dass sie nicht zu einem Wegfall des Arbeitskraftbedarfs für die Klägerin Ende 2016 oder gar bereits zum Zeitpunkt der Bestellung der Software geführt haben könne. Im Sommer 2016 sei ein Wegfall von Arbeitskraftbedarf somit noch gar nicht absehbar gewesen.

Die Beklagte hat hierzu erklärt, sie habe sich vor Bestellung der Software überlegt, ob hiermit Kosten eingespart werden könnten und daher sei der Wegfall von Arbeitskraftbedarf bereits bei der Bestellung voraussehbar gewesen.

Die Berufungskammer hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 20. August 2019 in der mündlichen Verhandlung vom gleichen Tag Beweis erhoben über die von der Klägerin behauptete, streitige Äußerung des Zeugen E. (ehemals H.) vom 09. November 2016 und die Klägerin zu diesem Vieraugengespräch angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. August 2019 verwiesen.

Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

I. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft, wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 04. September 2017 mit am 04. Oktober 2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt und zugleich ordnungsgemäß begründet (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO).

II. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten weder der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG noch ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG und dementsprechend auch nicht die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz zukünftiger Schäden aus der nicht erfolgten Beschäftigung als Mediengestalterin ab dem 16. Dezember 2016 zu.

1. Zwar ist der persönliche Anwendungsbereich des AGG eröffnet, da die Klägerin Beschäftigte im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 AGG und die Beklagte Arbeitgeberin im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist.

Zudem hat die Klägerin ihren auf eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts gestützten Schadensersatz- bzw. Entschädigungsanspruch innerhalb der Frist des § 15 Abs. 4 AGG mit Schriftsatz vom 05. Januar 2017 geltend gemacht und binnen der Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG am 16. Februar 2017 eingeklagt.

2. Es fehlt jedoch an einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde, wobei die sich nachteilig auswirkende Maßnahme direkt an das verbotene Merkmal anknüpfen muss. Unerheblich ist, ob die Anknüpfung verdeckt oder offen erfolgt. Eine Benachteiligung durch Unterlassen kommt in Betracht, wenn ein Arbeitgeber ein befristetes Arbeitsverhältnis wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes nicht verlängert. Dabei reicht es nach § 3 Abs. 1 Satz 1 letzte Alternative AGG aus, dass der Benachteiligte eine schlechtere Behandlung erfährt, als sie eine andere Person in einer vergleichbaren Lage erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung kann also auch in Betracht kommen, wenn es an konkreten Personen in einer vergleichbaren Lage mangelt (BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 482/12 - Rn. 34, 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 25, juris).

Die Klägerin hat keine Indizien nachgewiesen, die vermuten lassen, dass sie wegen ihres Geschlechts als Merkmal im Sinne des § 1 AGG durch die Nichtverlängerung ihres befristeten Arbeitsverhältnisses benachteiligt worden wäre.

Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem durch § 1 AGG verbotenen Anknüpfungsmerkmal muss ein Kausalzusammenhang bestehen. § 22 AGG trifft dabei hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und verbotenem Merkmal eine Beweislastregelung, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Nach § 22 Halbsatz 1 AGG genügt eine Person, die sich wegen eines der in § 1 AGG genannten Gründe für benachteiligt hält, ihrer Darlegungslast, wenn sie Indizien vorträgt, die diese Benachteiligung vermuten lassen. Bei der Prüfung eines solchen Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen. Die vorgetragenen Tatsachen müssen darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Begriffe "Indizien" und "vermuten" bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist.

Solche Vermutungstatsachen können beispielsweise in Äußerungen bzw. Fragen des Arbeitgebers begründet sein. Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an.

Werden vom Arbeitnehmer Hilfstatsachen vorgetragen, die für sich genommen nicht zur Begründung der Vermutungswirkung ausreichen, ist vom Tatrichter eine Gesamtbetrachtung dahingehend vorzunehmen, ob die Hilfstatsachen im Zusammenhang gesehen geeignet sind, die Vermutungswirkung zu begründen. Liegt eine Vermutung für die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat.

Für die Vermutungswirkung des § 22 AGG ist es ausreichend, dass ein in § 1 AGG genannter Grund "Bestandteil eines Motivbündels" ist, das die Entscheidung beeinflusst hat. Es ist nicht erforderlich, dass der als Anknüpfungspunkt für eine benachteiligende rechtliche Ungleichbehandlung herangezogene verbotene Grund ausschließliches oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Eine bloße Mitursächlichkeit genügt (BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 21 f., 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32 f., juris).

Jede im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft erfolgende Schlechterstellung von Frauen stellt eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar. Unter "Mutterschaft" ist jedoch nur der besondere Schutz der Frau im Zusammenhang mit einer kurz bevorstehenden oder gerade erfolgten Entbindung zu verstehen.

Eine unmittelbare Benachteiligung einer Frau wegen ihres Geschlechts ist allerdings nicht auf die Fälle einer ungünstigeren Behandlung wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft begrenzt. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut "auch" in § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG.

Zwar geht es bei der unmittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts um einen Grund, der ausschließlich Arbeitnehmer eines der beiden Geschlechter betrifft. Jedoch sind solche Gründe nicht auf biologische Tatsachen zu reduzieren, die Männer und Frauen nicht in gleicher Weise betreffen können.

Daher kann eine arbeitgeberseitige Äußerung, die dem anderen Geschlecht gegenüber nicht gemacht worden wäre, einen Grund im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG darstellen, wenn ausschließlich Arbeitnehmer eines der beiden Geschlechter davon betroffen sind. Darunter können auch Äußerungen fallen, die von tradierten Rollenmustern ausgehen und diese als Grundlage der Personalwahl verdeutlichen. Dies kann auch eine arbeitgeberseitige Bezugnahme auf die tradierte Rollenverteilung in Familien einschließlich der damit einhergehenden pauschalen Annahme sein, eines der beiden Geschlechter sei hauptsächlich für die Kinderbetreuung zuständig und als Arbeitskraft deshalb weniger flexibel oder nur mit Einschränkungen verfügbar (BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 26, 28 bis 29, juris).

Bei der Prüfung der Indizwirkung ist demnach zu berücksichtigen, ob eine Äußerung bei allen Eltern unabhängig vom Geschlecht und aus einer mit dem AGG offensichtlich in Einklang stehenden Motivation heraus (§ 5 AGG) vom Arbeitgeber gemacht wird oder ob die Äußerung sich auf die herkömmliche Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen bezieht und die Problematik der Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Berufstätigkeit nur betreffend Frauen und Mütter negativ berücksichtigt.

Denn es ist zwar nicht Aufgabe der Personalpolitik, die gesellschaftliche Rollenverteilung zu ändern, sie darf aber in der konkreten Personalentscheidung nicht zu Lasten einer Arbeitnehmerin an solche gesellschaftliche Rollenverteilungen anknüpfen und sie in die Motivation der ungünstigen Entscheidung einbeziehen (vgl. hierzu BAG 18. September 2014 Rn. 31, a.a.O.).

Nach diesen Grundsätzen kam als Indiz, welches die unmittelbare Benachteiligung der Klägerin wegen ihres Geschlechts hätte vermuten lassen können, die von der Klägerin behauptete Äußerung des Zeugen H. (E.) in Betracht, ihr Arbeitsvertrag werde nicht verlängert, da sie bereits aufgrund des ersten Kindes in ihren Arbeitszeiten nicht flexibel genug sei.

Die Indizwirkung dieser Äußerung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und der übrigen von der Klägerin angeführten Hilfstatsachen kam jedoch nicht zum Tragen, da die Berufungskammer nach der durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen E. (H.) und Anhörung der Klägerin nicht im Sinne von § 286 ZPO davon überzeugt war, dass der Zeuge E. diese Äußerung am 09. November 2016 tatsächlich gegenüber der Klägerin getätigt hat.

Der Zeuge E. hat glaubhaft bekundet, dass er sich an den Inhalt des Gesprächs mit der Klägerin nicht mehr erinnern kann. Er war sich noch nicht einmal mehr dessen bewusst, dass es um eine Nichtverlängerung eines befristeten Vertrages ging, sondern hatte allein aus der Tatsache, dass er in einem Arbeitsgerichtsprozess aussagen sollte, vermutet, dass eine Kündigung Gegenstand des Rechtsstreits sei. Auf die direkte Frage, ob er die behauptete Äußerung gegenüber der Klägerin getätigt habe, hat er glaubhaft überrascht nachgefragt, ob er so etwas gesagt haben solle und überzeugend dargelegt, dass eine solche Äußerung seiner Einstellung widerspräche, dass er immer den Betrieb wechsele, wenn es nicht mehr menschlich zuginge und dass er nicht glaube, dass er so etwas gesagt habe. Sodann hat er ohne direkte Nachfrage selbst laut darüber nachgedacht, ob der Geschäftsführer Herr J. so etwas zu ihm gesagt habe, dass er dann weitergeben sollte. Er konnte sich jedoch nicht daran erinnern, dass Herr J. eine derartige Äußerung ihm gegenüber abgegeben hätte. Darüber hinaus hatte er keine Erinnerung daran, dass die Schwangerschaft der Klägerin bezüglich ihrer Entlassung ein Thema gewesen wäre. Die Abteilung Druckvorstufe und die Klägerin hatte der Zeuge in positiver Erinnerung, da es in dieser Abteilung keine Probleme gegeben habe. Er hat zwar erklärt, dass er mit dem Abteilungsleiter Herrn K. darüber gesprochen habe, dass sie noch eine zweite Schicht für die Abteilung Druckvorstufe benötigten. Daher konnte er im Nachhinein nicht mehr nachvollziehen, weshalb der Geschäftsführer Herr J. über Entlassungen gesprochen hatte. Zudem hätten sie in den letzten drei Monaten, in denen er vor dem Verlassen der Firma im Februar 2017 noch dort war, händeringend Leute für die Druckvorstufe gesucht. Jedoch betreffen diese Unstimmigkeiten nicht das eigentliche Beweisthema, nämlich die auf den Aspekt der Kinderbetreuung bezogene Äußerung. Diese ist durch die Aussage des Zeugen E. nicht von der Klägerin nachgewiesen worden. Die Aussage des Zeugen, die Abteilung Druckvorstufe sei völlig unproblematisch gewesen, steht auch in Widerspruch zu der Behauptung, er habe zu der Klägerin gesagt, dass sie hinsichtlich ihrer Arbeitszeiten aufgrund der Kinderbetreuung zu unflexibel sei.

Auch die Anhörung der Klägerin als Partei nach § 141 ZPO hat nicht zur Überzeugung der Kammer geführt, dass der Zeuge E. am 09. November 2016 die streitgegenständliche Äußerung getätigt hätte.

Kann in einem Zivilprozess eine Seite auf einen ihr nahestehenden Zeugen zurückgreifen, während die andere Seite an einem "Vier-Augen-Gespräch" lediglich allein beteiligt war, ist es aus Gründen der Waffengleichheit geboten, die Partei entweder selber im Wege der Parteivernehmung nach § 448 ZPO, soweit dessen Voraussetzungen vorliegen, oder im Wege der Parteianhörung nach § 141 ZPO persönlich zu hören (vgl. BAG 22. Mai 2007 - 3 AZN 1155/06 - Rn. 16 f. m.w.N., 06. Dezember 2001 - 2 AZR 396/00 - Rn. 32, BVerfG 21. Februar 2001 - 2 BvR 140/00 - Rn. 11 ff., juris).

Eine Parteivernehmung war hier nicht durchzuführen, da zum einen die Klägerin dies nicht beantragt hatte (§ 447 ZPO) und zum anderen die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung von Amts wegen gemäß § 448 ZPO ("Anbeweis") nicht vorlagen. Darüber hinaus lag hier nicht der typische Fall des Erfordernisses der "Waffengleichheit" vor, da der Zeuge E. selbst bereits im Februar 2017 als Arbeitnehmer der Beklagten ausgeschieden war und die Klägerin ihn auch selbst als Zeugen für die Äußerung benannt hat. Da im Rahmen der materiellen Prozessleitung auch außerhalb der Situation eines "Vier-Augen-Gesprächs" die Berechtigung des Gerichts besteht, die Partei nach § 141 ZPO anzuhören, waren die Erklärungen der Klägerin als Partei nach § 141 ZPO als Inhalt der Verhandlung im Sinne von § 286 ZPO jedoch geeignet, Einfluss auf die Sachverhaltsfeststellung zu haben.

Insbesondere ist das Gericht nicht gehindert, im Rahmen der Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme einer Parteierklärung nach § 141 ZPO - auch wenn sie außerhalb einer förmlichen Parteivernehmung erfolgt ist -, den Vorzug vor den Bekundungen eines Zeugen zu geben (BGH 16. Juli 1998 - I ZR 32/96 - Rn. 21; 08. November 1989 - I ZR 14/88 - Rn. 69, juris).

Allerdings war die Berufungskammer auch unter Würdigung der Aussagen der Klägerin in ihrer Anhörung gemäß § 141 ZPO nicht davon überzeugt, dass der Zeuge E. die streitgegenständliche Äußerung ihr gegenüber getätigt hat.

Zwar hat die Klägerin nach anfänglicher Vermengung der Abgabe der Schwangerschaftsbescheinigung im Oktober 2016 mit dem Gespräch im November 2016 zu dem Gespräch vom 9. November mit großer Überzeugung erklärt, Herr H. (E.) habe ihr verkündet, dass ihr Arbeitsvertrag nicht verlängert werde, weil sie aufgrund ihrer Unflexibilität mit dem ersten Kind mit dem zweiten Kind noch unflexibler wäre hinsichtlich ihrer Arbeitszeiten. Danach habe er ihr auch noch betriebliche Gründe geschildert durch die Umstrukturierung, wobei sie jedoch durch die Erklärung, ihr Arbeitsvertrag werde nicht verlängert, so erschrocken und durcheinander gewesen sei, dass sie nicht mehr richtig zugehört habe. Die Klägerin hat glaubhaft ausgesagt, dass sie davon ausgegangen sei, dass sie eine Arbeitsvertragsverlängerung bekomme und sehr erschrocken gewesen sei. Sie konnte sich allerdings nicht mehr genau an den Wortlaut erinnern, sondern lediglich daran, dass sie keine Vertragsverlängerung bekam und dass ihre Kinder mit ein Grund dafür seien. Sie hat darüber hinaus erklärt, dass sie das Büro verlassen habe und zu Herrn J. gegangen sei, um die Aussage nochmal bestätigt zu bekommen, dass ihr Vertrag nicht verlängert werde. Sie habe ihn gefragt, ob es stimmt, dass es nichtwegen ihrer Schwangerschaft sei und er habe ihr bestätigt, dass es nicht wegen ihrer Schwangerschaft sei. Sie habe für sich nur wissen wollen, ob es tatsächlich nichts mit der Schwangerschaft zu tun habe.

Diese Erklärung der Klägerin, sie habe von Herrn J. bestätigt haben wollen, dass die Nichtverlängerung nichtsmit ihrer Schwangerschaft zu tun habe, steht im Widerspruch zu ihrer Behauptung, der Zeuge E. habe die Nichtverlängerung unter anderem damit begründet, dass sie aufgrund des ersten Kindes bereits unflexibel betreffend ihrer Arbeitszeiten sei. Darüber hinaus hat die Klägerin auch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie allein durch die Erklärung, dass ihr Vertrag nicht verlängert werde, bereits so erschrocken und durcheinander gewesen sei, dass sie nicht mehr richtig zugehört habe. Sie hat auch eingeräumt, dass sie sich an den Wortlaut des Gesprächs eigentlich nicht mehr erinnern könne, sondern nur noch daran, dass sie keine Vertragsverlängerung bekommen habe und ihre Kinder mit ein Grund hierfür seien. Damit hat die Klägerin bestätigt, dass sie selbst nicht mehr genau in Erinnerung hat, was Herr E. ihr gegenüber als Grund für die Nichtverlängerung angegeben hat.

Die Berufungskammer stellt nicht in Abrede, dass die Klägerin selbst subjektiv davon überzeugt ist, dass Herr E. ihr unter anderem einen Grund genannt hat, der etwas mit ihren Kindern zu tun hat. Aufgrund der Widersprüchlichkeit der Angaben der Klägerin und der fehlenden Erinnerung an den genauen Wortlaut ist die Kammer jedoch nicht davon überzeugt, dass der Zeuge E. die behauptete Äußerung getätigt hat, dass ihr Arbeitsvertrag nicht verlängert werde, da sie bereits aufgrund des ersten Kindes in ihren Arbeitszeiten nicht flexibel genug sei.

Da diese Äußerung des Zeugen E. als Vorgesetztem der Klägerin nicht nachgewiesen ist, fehlt es hier an einem Indiz, das eine Benachteiligung wegen des Geschlechts der Klägerin vermuten lassen würde.

Die übrigen von der Klägerin angeführten Hilfstatsachen, nämlich betreffend die Schulung, das Angebot der Vollzeittätigkeit und die Urlaubsgenehmigung, sind ohne Vorliegen der behaupteten Äußerung des Zeugen E., allein vor dem Hintergrund der zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Nichtverlängerung bestehenden Schwangerschaft, nicht geeignet, die Vermutung einer unmittelbaren Benachteiligung zu begründen. Sie weisen selbst keinerlei Bezug zu der Schwangerschaft der Klägerin auf und sind auch nicht geeignet zu belegen, dass die Beklagte vor Kenntnis der Schwangerschaft die Verlängerung des Arbeitsvertrages beabsichtigte.

Es kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die Zeugin A. K. angewiesen worden ist, die Klägerin im Hinblick auf die Verwendung der Software "Apogee prepress" zum Zwecke der wechselseitigen Vertretung mit der Kollegin der Abteilung Druckvorstufe zu schulen. Ebenso kann angenommen werden werden, dass der Zeuge E. W. die Klägerin im Sommer 2016 fragte, ob sie Interesse an einer Vollzeittätigkeit habe. Drittens sei zugunsten der Klägerin unterstellt, der Zeuge E. - und nicht, wie von der Beklagten vorgetragen, der Abteilungsleiter K. - habe ihr am 29. September 2016 Urlaub für den Zeitraum vom 23. bis 30. Dezember 2016 - und zwar trotz Kenntnis der Befristung bis zum 15. Dezember 2016 - genehmigt. Denn diese Hilfstatsachen begründen auch nach den Gesamtumständen nicht die erforderliche Vermutung, dass die Beklagte die Klägerin zunächst unbefristet habe weiterbeschäftigen wollen und sich aufgrund der Schwangerschaft der Klägerin entschieden habe, den Vertrag auslaufen zu lassen.

Bei dem Vortrag betreffend die Schulung und das Angebot einer Vollzeittätigkeit handelt es sich um Vorgänge aus dem Sommer 2016, als die Entscheidung über die unbefristete Verlängerung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin noch nicht konkret anstand. Der Vortrag der Beklagten, der Geschäftsführer habe Ende Juni / Anfang Juli Frau S. mitgeteilt, der befristete Vertrag der Klägerin solle auslaufen, steht dem nicht entgegen. Zum einen ist der genaue zeitliche Ablauf der behaupteten Vorgänge aus dem Vortrag der Klägerin "im Sommer 2016" nicht zu entnehmen. Zum anderen ist unklar, wer außer Frau S. wann über die behauptete Entscheidung des Geschäftsführers informiert worden ist. Darüber hinaus kann sowohl eine Aufstockung der Arbeitszeit als auch eine Schulung für die Tätigkeit in der verbleibenden Zeit bis zum 15. Dezember 2016 durchaus Sinn machen.

Die Urlaubsgewährung am 29. September 2016 für einen Zeitraum nach dem 15. Dezember 2016 kann irrtümlich erfolgt sein oder auch einfach für den Fall der Weiterbeschäftigung der Klägerin und kann ebenfalls nicht die Vermutung begründen, dass die Beklagte die Klägerin weiter beschäftigen wollte und dies aufgrund der Schwangerschaft nicht getan hat.

Die Klägerin hat den ihr als Anspruchstellerin obliegenden Nachweis, dass eine Tatsache vorliegt, die aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass die Benachteiligung wegen des Merkmals des Geschlechts der Klägerin erfolgt ist, nicht erbracht.

Daher fehlt es hier an der erforderlichen Benachteiligung wegen des Geschlechts, so dass das Arbeitsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.

B. Die Berufung der Klägerin ist mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung (§72 Abs. 2 ArbGG).



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