Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Urteil vom - Az: 5 Sa 218/13

Gehalt eines Betriebsratsmitglieds - Betriebsübliche Einkommensentwicklung

(1.) Das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrates darf einschließlich eines Zeitraumes von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden, als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Erfahrung (§37 Abs.4 BetrVG).
Vergleichbar sind Arbeitnehmer des Betriebes, die im Zeitpunkt der Übernahme des Amtes, bei Ersatzmitgliedern im Zeitpunkt des Nachrückens, eine im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeit wie das Betriebsratsmitglied ausgeübt haben und auch hinsichtlich Persönlichkeit, Qualifikation und Leistung vergleichbar sind.
Betriebsüblich ist die Entwicklung, die bei objektiv vergleichbarer Tätigkeit Arbeitnehmer mit vergleichbarer fachlicher und persönlicher Qualifikation bei Berücksichtigung der normalen betrieblichen und personellen Entwicklung in beruflicher Hinsicht genommen haben. Die Betriebsüblichkeit in diesem Sinne entsteht auf Grund eines gleichförmigen Verhaltens des Arbeitgebers und einer von ihm aufgestellten Regel.

(2.) Sind vergleichbare Arbeitnehmer seit Amtsantritt nicht höhergruppiert worden, so folgt daraus, dass es keine Regelmäßigkeiten im Betrieb gibt, wonach Mitarbeiter nach einem gewissen Zeitraum höhergruppiert und in höhere Entgeltgruppen oder sogar außertariflich vergütet werden. In diesem Fall kann ein Betriebsratsmitglied keine außertarifliche Vergütung verlangen.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserlautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 21.03.2013, Az.: 5 Ca 726/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Kläger von der Beklagten die Zahlung einer außertariflichen Vergütung rückwirkend ab dem 01.11.2010 verlangen kann.

Der 1962 geborene Kläger hat bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten seit dem 01.08.1993 eine Ausbildung als Industriekaufmann absolviert und wurde seitdem zunächst bei der Rechtsvorgängerin, später bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem Jahr 2003 arbeitete er in der Vertriebsabteilung im Innendienst. Seit 1998 ist er Betriebsratsmitglied. Seit 1991 ist er in die Gehaltsgruppe E 10 K des Bundesentgelttarifvertrages für die Chemische Industrie eingruppiert und wird ent-sprechend vergütet.

Der Kläger hat erstmals im November 2010 eine Änderung seiner Eingruppierung geltend gemacht und diese angemahnt. Mit Schreiben vom 17.01.2011 hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten daraufhin geantwortet, dass sie davon ausgehe, dass die aktuelle Eingruppierung angemessen sei.

Der derzeitige Leiter des Vertriebsinnendienstes (Herr Z) hat zusammen mit dem Kläger die Lehre absolviert. Er ist in die Entgeltgruppe 12 eingruppiert. 1998 waren weiterhin im Vertriebsinnendienst beschäftigt Frau Y, Frau X, Herr W, Herr V, Frau U und Frau T. Herr V wurde nach 1998 höhergruppiert (von der Gehaltsgruppe E 9 in die Gehaltsgruppe E 11). Der Vertriebsleiter der Abteilung Industrieklebstoffe war seit 2001 Herr S, der außertariflich vergütet wurde. Die Position des Vertriebsleiters wurde 2004 von Herrn R übernommen, der gleichfalls von einem anderen Unternehmen zu der Beklagten wechselte. Auch er wurde außertariflich vergütet. Herr R schied 2007 aus dem Unternehmen aus. Seit dem Jahr 2007 war Vertriebsleiter Herr Q, der sich ebenfalls extern beworben hatte. Auch er, der 2012 ausgeschieden ist, wurde außertariflich vergütet.

Der Kläger hat vorgetragen,

er sei aufgrund seiner Betriebsratstätigkeit an einer seinen Kenntnissen und Fähigkeiten entsprechenden Personalentwicklung gehindert gewesen. Er erfülle sämt-liche Voraussetzungen, die an einen Verkaufs- bzw. Vertriebsleiter im Bereich Industrieklebstoffe gestellt würden, so dass er mit den Herren S, R und Q vergleichbar sei. Daraus ergebe sich, dass auch er außertariflich zu vergüten sei, wobei sich die außertarifliche Vergütung daraus ergebe, dass die Differenz zwischen der Gehaltsgruppe E 12 und der Gehaltsgruppe E 13 aufzuschlagen sei. Rückwirkend ab dem 01.11.2010 folgten daraus die im Klageantrag zu 2 geltend gemachten Beträge.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, ihn ab dem 01.11.2012 nach § 37 Abs.4, § 78 BetrVG außertariflich mit 5.603,00 € brutto monatlich zu vergüten,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm 35.494,00 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB, ab Rechtshängigkeit, zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

eine Vergleichbarkeit mit den vom Kläger benannten Mitarbeitern S, R und Q bestehe schon deshalb nicht, weil diese zum Zeitpunkt seines Eintritts in den Betriebsrat noch gar nicht bei der Beklagten beschäftigt gewesen seien. Im Übrigen hätten sie von ihrer Ausbildung und ihren Fähigkeiten her völlig andere Voraussetzungen mitgebracht als sie der Kläger selbst aufweise. Die 1998 mit dem Kläger vergleichbaren Mitarbeiter würden allesamt nicht außertariflich vergütet. Insofern sei Frau Y in die Gehaltsgruppe E 7, Frau X in die Gehaltsgruppe E 10, Herr W in die Gehaltsgruppe in die Gehaltsgruppe E 11, Herr V in die Gehaltsgruppe E 9 und Frau U in die Gehaltsgruppe E 11 sowie Frau T in die Gehaltsgruppe E 9 1998 eingruppiert gewesen. Lediglich Herr V sei zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund einer 2009 erfolgten Beförderung zum Logistikleiter in die Gehaltsgruppe E 11 höhergruppiert worden. Nur zwei der angesprochenen Arbeitnehmer, nämlich Herr Z und Herr V, die seit 1998 in etwa mit dem Kläger vergleichbar gewesen seien, seien heute höhergruppiert und hätten eine Führungsposition inne. Auch diese beiden Mitarbeiter würden allerdings nicht außertariflich vergütet.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - hat daraufhin durch Urteil vom 21.03.2013 - 5 Ca 726/12 - die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 76 bis 82 d. A. Bezug genommen.

Gegen das ihm am 29.04.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 21.05.2013 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 15.08.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf seinen begründeten Antrag hin durch Beschluss vom 02.07.2013 die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 15.08.2013 verlängert worden war.

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, der überwiegende Teil der mit dem Kläger 1998 vergleichbaren Arbeitnehmer werde heute außertariflich vergütet. Führungspositionen würden regelrecht an ihm vorbei besetzt. Nicht zuletzt habe die Tätigkeit im Betriebsrat der Beklagten sogar zu seiner Versetzung aus der Abteilung Vertriebsinnendienst in das Produkt - Datenmanagement geführt; in dieser Abteilung sei eine Personalentwicklung schlechterdings nicht denkbar. In der Vertriebsabteilung sei dies dem gegenüber sehr wohl der Fall, was beispielsweise der Werdegang der Arbeitnehmer V und Z belege.

Hilfsweise mache er die Vergleichbarkeit mit dem Arbeitnehmer Z geltend. Dies müsse zur Eingruppierung in die Vergütungsgruppe E 12 führen. Äußerst hilfsweise begehre er die Vergütung nach Entgeltgruppe E 11 und be-ziehe sich auf den Werdegang und die Vergütung der Arbeitnehmer W und V.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 15.08.2013 (Bl. 108 bis 115 d. A.) Bezug genommen, insbesondere auch zur Berechnung der jeweiligen Klageforderung im Einzelnen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgericht Kaiserslautern, Auswärtige Kammern Pirmasens, vom 21.03.2013, wird die Beklagte verurteilt,

an den Kläger ab 01.11.2012 nach §§ 37 Abs. 4, 78 BetrVG außertariflich mit 5.6093,00 EUR brutto monatlich zu vergüten,

an den Kläger rückständige Vergütung für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.10.2012 in Höhe von 35.494,00 EUR brutto zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins gemäß § 247 BGB zu zahlen.

hilfsweise, die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern, Auswärtige Kammern Pirmasens, vom 21.03.2013 zu verurteilen,

an den Kläger ab 01.11.2012 nach Entgeltgruppe E 12 K (nach 6 Tätigkeitsjahren) des Bundesentgelttarifvertrags für die Chemische Industrie zu vergüten,

an den Kläger rückständige Vergütung für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.10.2012 in Höhe von 17.124,00 EUR brutto zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins gemäß § 247 BGB zu zahlen.

Äußerst hilfsweise, die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern, Auswärtige Kammern Pirmasens, vom 21.03.2013 zu verurteilen,

an den Kläger ab 01.11.2012 nach Entgeltgruppe E 11 K (nach 6 Tätigkeitsjahren) des Bundesentgelttarifvertrags für die Chemische Industrie zu vergüten,

an den Kläger rückständige Vergütung für die Zeit vom 01.11.2010 bis 31.10.2012 in Höhe von 7.915,00 EUR brutto zzgl. Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins gem. § 247 BGB zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, das Vorbringen des Klägers sei völlig unsubstantiiert. Er scheine der Auffassung zu sein, er müsse lediglich Behauptungen aufstellen und verkenne dabei, dass er - wozu ihm nach § 37 Abs. 4 BetrVG auch ein eigener Auskunftsanspruch zustehe - konkret vortragen und beweisen müsse, dass ihm eine Gehaltsanpassung zustehe. Der Kläger erfülle im Übrigen mitnichten sämtliche Voraussetzungen, die an einen Verkaufs- Vertriebsleiter im Bereich Industrieklebstoffe gestellt würden. Seine willkürlichen Behauptungen seien auch vollkommen irrelevant. Denn auf eine mutmaßliche berufliche Entwicklung, also die Frage, ob der Kläger ohne seine Wahl in den Betriebsrat eines Tages zum Vertriebsleiter befördert worden wäre, komme es gerade nicht an. Weder sei die Mehrzahl mehrerer vergleichbarer Arbeitnehmer im Vertriebsinnendienst nach einer gewissen Zeit Vertriebsleiter geworden, noch existiere eine Regel, wonach bei der Beklagten jeder Mitarbeiter im Vertriebsinnendienst nach dem Senioritätsprinzip irgendwann Vertriebsleiter werde. Die Behauptung des Klägers, auch die übrigen Mitarbeiter des Vertriebsinnendienstes seien zumindest in Einzelfällen höhergruppiert worden, treffe nicht zu. Zudem sei eine Höhergruppierung vergleichbarer Arbeitnehmer im Einzelfall gerade nicht anspruchsbegründend im Sinne des § 37 Abs. 4 BetrVG, weil dieser eine betriebsübliche Entwicklung, also eine Regelmäßigkeit voraussetze.

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 29.08.2013 (Bl. 126 bis 136 d. A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 28.10.2013.

Entscheidungsgründe

I. Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Kammer hält auch die erstmals im Berufungsverfahren gestellten Hilfsanträge für zulässig, weil sie geeignet sind, zu einer abschließenden - wenn auch für den Kläger negativen - Bescheidung seines gesamten Begehrens zu führen.

II. In der Sache hat das Rechtsmittel der Berufung jedoch keinen Erfolg.

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger die Zahlung der geltend gemachten außertariflichen Vergütung von der Beklagten nicht verlangen kann; nichts anderes gilt letztlich für die im Berufungsverfahren erstmals hilfsweise geltend gemachten Höhergruppierungsbegehren.

Gemäß § 37 Abs. 4 BetrVG darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrates einschließlich eines Zeitraumes von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden, als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Erfahrung.

In Ergänzung zu § 37 Abs. 2 BetrVG, der zunächst nur die Weiterzahlung des bisherigen Arbeitsentgelts nach dem Lohnausfallprinzip sicherstellt, verbietet § 37 Abs. 4 BetrVG, das Arbeitsentgelt des Betriebsratsmitglieds geringer zu bemessen als das vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Es soll so gestellt werden, als ob es im Betrieb weitergearbeitet und keine Amtstätigkeit wahrgenommen hätte (BAG 11.05.1988 EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 1). Maßgebend ist das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebüblicher, regelmäßiger Entwicklung. Das Gesetz stellt damit auf eine hypothe-tische Betrachtung ab. Welche individuelle berufliche Entwicklung das Betriebsratsmitglied ohne das Amt mutmaßlich genommen hätte, ist unerheblich. Arbeitsentgelt i.S.d. § 37 Abs. 4 BetrVG ist grds. nur das vom Arbeitgeber aufgrund des Arbeitsvertrages geleistete Arbeitsentgelt, nicht aber Zuwendungen Dritter. Die von einem Dritten im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis erbrachten Leistungen können aber Arbeitsentgelt darstellen, wenn der Dritte sie nach der Abrede der Arbeitsvertragsparteien anstelle oder neben dem zwischen ihnen vereinbarten Arbeitsentgelt erbringen soll. Erfüllt der Dritte gegenüber dem Arbeitnehmer die von ihm im Hinblick auf das Bestehen des Arbeitsverhältnisses übernommene Verpflichtung nicht, so dann an seiner Stelle der Arbeitgeber zur Leistung verpflichtet sein (so für den Fall von durch die Muttergesellschaft gewährten Aktienoptionen BAG 16.01.2008 EzA § 37 BetrVG 2001 Nr. 6).

Vergleichbar sind Arbeitnehmer des Betriebes, die im Zeitpunkt der Übernahme des Amtes, bei Ersatzmitgliedern im Zeitpunkt des Nachrückens, eine im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeit wie das Betriebsratsmitglied ausgeübt haben und auch hinsichtlich Persönlichkeit, Qualifikation und Leistung vergleichbar sind (BAG 15.01.1992 EzA § 37 BetrVG 1972 Nr. 110; 21.04.1983 EzA § 37 BetrVG 1972 Nr. 79; 19.01.2005 - 7 AZR 208/04 -, vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 11. Auflage 2013, Kap. 13, Rn. 765 ff.).

Strittig ist, inwieweit persönliche Umstände in der Entwicklung des Betriebsratsmitglieds selbst bei der hypothetisch ausgerichteten Betrachtung Berücksichtigung finden können, z. B. dann, wenn das Betriebsratsmitglied durch längere Erkrankung an einer entsprechenden beruflichen Weiterentwicklung gehindert worden ist oder an einer betriebsüblichen Weiterbildungsmaßnahme ohne Erfolg teilgenommen hat. Zum Teil wird eine solche Berücksichtigung befürwortet, da anderenfalls eine Begünstigung wegen des Amtes vorläge (GK-BetrVG/Weber § 37 Rn. 114). Nach anderer Auffassung haben derartige persönliche Umstände außer Betracht zu bleiben, da das Gesetz gerade auf eine hypothetische Betrachtung nur unter Berücksichtigung der Verhältnisse vergleichbarer Arbeitnehmer und deren betriebsüblicher Entwicklung abstelle (DKK/Wedde § 37 Rn. 76). Ist der Arbeitsplatz eines freigestellten Betriebsratsmitgliedes ersatzlos weggefallen, so bemisst sich das Arbeitsentgelt nach der Tätigkeit, die ihm nach dem Arbeitsvertrag übertragen werden müsste, wenn es nicht freigestellt worden wäre (BAG 17.05.1977 EzA § 37 BetrVG 1972 Nr. 54).

Betriebsüblich ist die Entwicklung, die bei objektiv vergleichbarer Tätigkeit Arbeitnehmer mit vergleichbarer fachlicher und persönlicher Qualifikation bei Berücksichtigung der normalen betrieblichen und personellen Entwicklung in beruflicher Hinsicht genommen haben (BAG 17.08.2005 EzA § 37 BetrVG 2001 Nr. 5; 15.01.1992 EzA § 37 BetrVG 1972 Nr. 110; 13.11.1987 EzA § 37 BetrVG 1972 Nr. 88).

Die Betriebsüblichkeit in diesem Sinne entsteht auf Grund eines gleichförmigen Verhaltens des Arbeitgebers und einer von ihm aufgestellten Regel. Der Geschehensablauf muss so typisch sein, dass auf Grund der betrieblichen Gegebenheiten und Gesetzmäßigkeiten grundsätzlich, d. h. wenigstens in der überwiegenden Mehrzahl der vergleichbaren Fälle, damit gerechnet werden kann. Beförderungen sind deshalb nur dann betriebsüblich, wenn nach den betrieblichen Gepflogen-heiten das Betriebsratsmitglied befördert worden wäre oder wenigstens die überwiegende Mehrheit der vergleichbaren Arbeitnehmer des Betriebs einen derartigen Aufstieg erreicht haben (BAG 17.08.2005 EzA § 37 BetrVG 2001 Nr. 5; 15.01.1992 EzA § 37 BetrVG 1972 Nr. 110). Bewirbt sich ein Betriebsratsmitglied um einen höher dotierten Arbeitsplatz, besteht ein Anspruch des nicht berücksichtigten Betriebsratsmitgliedes auf das höhere Arbeitsentgelt deshalb nur dann, wenn eine personelle Auswahl im Rahmen der betriebsüblichen beruflichen Entwicklung zu einer Beförderung geführt hätte (BAG 13.11.1987 EzA § 37 BetrVG 1972 Nr. 88). Zur Beurteilung der betriebsüblichen Entwicklung sind auch Maßnahmen der beruflicher Fortbildung, an denen generell vergleichbare Arbeitnehmer teilgenommen haben und deshalb höher vergütet werden, zu berücksichtigen, wenn das betreffende Betriebsratsmitglied wegen der Betriebsratstätigkeit an solche Maßnahmen nicht teilnehmen konnte (GK-BetrVG/Weber § 37 Rn. 117; DKK/Wedde § 37 Rn. 78).

In Anwendung dieser Grundsätze kann mit dem Arbeitsgericht nicht festgestellt werden, dass der übrige Teil der mit dem Kläger 1998 vergleichbaren Arbeitnehmer heute außertariflich und noch dazu genau in der vom Kläger geltend gemachten Höhe vergütet wird.

Die vom Kläger insofern nach seiner Auffassung als vergleichbar herangezogenen ehemaligen Verkaufs- und Vertriebsleiter Herr S, Herr R und Herr Q sind nicht in eine Vergleichsbetrachtung einzubeziehen, denn diese waren allesamt im Jahr 1998, als der Kläger sein Betriebsratsamt angetreten hat, bei der Beklagten noch gar nicht beschäftigt.

Die vom Kläger ebenfalls von den Tätigkeiten her zumindest als vergleichbar angesehenen Mitarbeiter V und Z erhalten nach dem eigenen Vortrag des Klägers selbst keine außertarifliche Vergütung, sondern sind in Gehaltsgruppen des Bundesentgelttarifvertrages der Chemischen Industrie eingruppiert. Sein Klageanspruch, ihm eine außertarifliche Vergütung in der begehrten Höhe zu gewähren, kann mit Hinweis auf diese Arbeitnehmer und deren Entgeltentwicklung schon deshalb nicht begründet werden.

Die Beklagte hat des Weiteren vorgetragen, dass andere 1998 mit dem Kläger vergleichbare Arbeitnehmer (Frau Y, Frau Y, Herr W, Frau U sowie Frau T) seit 1998 nicht höhergruppiert wurden und noch allesamt in ihrer ursprünglichen Entgeltgruppe, die zwischen den Entgeltgruppen E 7 und E 11 liegt, eingruppiert sind. Daraus folgt, dass es bei der Beklagten keine Regelmäßigkeiten gibt, wonach Mitarbeiter nach einem gewissen Zeitraum höhergruppiert und in höhere Entgeltgruppen oder sogar außertariflich vergütet werden. Von allen im laufenden Prozess seitens beider Parteien genannten Arbeitnehmer wurden lediglich zwei, nämlich die Mitarbeiter Z und V mit Führungspositionen und entsprechender Höhergruppierung in den Jahren seit 1998 seitens der Beklagten bedacht.

Vor diesem Hintergrund hat das Arbeitsgericht die Klage völlig zu Recht abge-wiesen.

Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts.

Es macht hinsichtlich des in der ersten Instanz lediglich geltend gemachten nunmehrigen Hauptantrages nur deutlich, dass der Kläger - aus seiner Sicht verständlich - mit der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts durch das Arbeitsgericht, der die Kammer voll inhaltlich folgt, nicht einverstanden ist. Neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten, werden nicht vorgetragen; nichts anderes gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Weitere Ausführungen sind deshalb insoweit nicht veranlasst.

Nichts anderes gilt letztlich für die erstmals im Berufungsverfahren in zulässiger Weise geltend gemachten Hilfsanträge. Denn auch die Bezugnahme auf einzelne Arbeitnehmer ersetzt nicht den - vollständig fehlenden - Tatsachenvortrag des darlegungs- und beweisbelasteten Klägers, warum sich aus den insoweit gegebenen personellen Einzelmaßnahmen im Einzelnen eine gewisse Regelmäßigkeit im hier - wie dargelegt - erforderlichen Sinne ergeben soll.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.



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