Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Einstweilige Verfügung vom - Az: 2 SaGa 5/15

Konkurrentenklage: Zur Dokumentationspflicht öffentlicher Arbeitgeber im Auswahlverfahren

(1.) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt (Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz). Jede Bewerbung muss nach diesen genannten Kriterien beurteilt werden. Dies gilt nicht nur für Einstellungen, sondern auch für Beförderungen innerhalb des öffentlichen Dienstes. Öffentliche Ämter sind sowohl Beamtenstellen als auch solche Stellen, die von Arbeitnehmern besetzt werden können.

(2.) Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes hat vor der Besetzung jeder Stelle zwingend ein Anforderungsprofil festzulegen, an dem die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen werden.

(3.) Die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes sind verpflichtet, die Leistungsbewertungen und die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen.
Ein dem späteren Konkurrentenklageverfahren vorgelagertes Auswahlverfahren darf nicht so ausgestaltet sein, dass es den gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert. Das wäre dann der Fall, wenn der unterlegene Bewerber keine oder nur eine lückenhafte Kenntnis über die Auswahlgründe hätte.

(4.) Enthält der Auswahlvermerk des Arbeitgebers keine Auswahlerwägungen in Bezug auf die im Anforderungsprofil gestellten Anforderungen, fehlt es an der zur Ermöglichung einer Überprüfung erforderlichen Dokumentation der Auswahlentscheidung.

Hier: Der beklagte Arbeitgeber hat die Bewerber lediglich anhand ihrer Bewertungen für ihre aktuelle Tätigkeit ausgewählt, ohne einen Bezug zu der zu besetzenden Stelle herzustellen. Etwas anderes ist den internen Auswahlunterlagen jedenfalls nicht zu entnehmen. Der abgelehnte Kläger kann daher verlangen, dass der Beklagte die zu besetzende Stelle bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens freihält.

Tenor

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 16.04.2015 - 9 Ga 7/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren über die Besetzung der Stelle "Sachgebietsleiter/in für das Sachgebiet Ausbildungsbetrieb Bildungsstätte W.".

Die vorgenannte Stelle wurde von der Verfügungsbeklagten, einer Berufsgenossenschaft mit Sitz in M.-Stadt, über ihre "Abteilung Allgemeine Personalverwaltung in H.-Stadt" unter dem 09. Dezember 2014 intern ausgeschrieben (Bl. 3 d. A.). Auf diese Stelle bewarben sich neben dem Kläger noch Herr H. S. und Frau Dr. R. W.. Alle drei Bewerber sind bei der Verfügungsbeklagten als Dozenten tätig. Unter dem 06. Februar 2015 erstellte die Verfügungsbeklagte folgenden Auswahlvermerk (Bl. 80 - 82 d. A.):

Stellenbesetzung Leiter/in SG Ausbildungsbetrieb Bildungsstätte W.

Auswahlvermerk

Mit interner Stellenausschreibung vom 09.12.2014 - Anlage 1 - wurde für das Sachgebiet Ausbildungsbetrieb Bildungsstätte W. der Abteilung Konzepte und Betreuung Bildungsstätten, Teil des Bereichs Prävention, am Standort W. eine Leitungsperson gesucht.

Der Ausschreibung lag eine Stellenbeschreibung mit Stand 01.01.2015 - Anlage 2 - zugrunde.

Die Leitung des Sachgebiets Ausbildungsbetrieb Bildungsstätte W. beinhaltet die Übernahme von Leitungs- und Führungsfunktionen, einschließlich der Personalverantwortung für etwa 10 Mitarbeiter/innen. Ausweislich der Stellenbeschreibung umfasst die Stelle folgende Tätigkeiten:

-       Fachaufgaben wahrnehmen

-       als Dozent referieren

-       das Personal des Ausbildungsbetriebs Bildungsstätte W. führen

-       als Aufsichtsperson tätig sein (optional)

Das Anforderungsprofil ist wie folgt beschrieben:

-       Hochschul- oder Masterabschluss

-       Laufbahnbefähigung für den höheren technischen Dienst

-       Besondere Ausprägung der Leitungs- und Führungskompetenz, Sozialkompetenz, Organisationsgeschick, Einsatzbereitschaft und Teamfähigkeit

-       als besondere Kenntnisse überdurchschnittliche Kenntnisse auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes sowie überdurchschnittliche Kenntnisse und Erfahrungen im berufspädagogischen Bereich

-       Berufserfahrung innerhalb und außerhalb der Berufsgenossenschaft erforderlich

-       Weiterbildung: Führungsseminare; kontinuierliche Weiterbildung bei technischen und rechtlichen Entwicklungen

Es liegen drei interne Bewerbungen vor:

Name                                       F.-U. A.                       H.-J. S.                                    Dr. R. L.l

Alter                                        53                                57                                54

Eintritt in
den Dienst der BG                  01.04.2003                  01.01.1995                  01.04.2003

Entgeltgruppe seit                   E 14 Stufe 6                E 14 Stufe 6                 E 14 Stufe 6
01.09.2006                 01.09.2006                  01.09.2006

Qualifikation                           Dipl.-Ing.                    Dipl.-Ing. (FH)                       Dipl.-Ing.

                                               Brandschutz                Chemische Technologie Ökonom

erworben bei                           TU M.                         FH D.t                         TU N.

Schwerbehinderter                  nein                             nein                             nein
Mensch

Derzeitiges Aufgabengebiet    Dozent in Sch.             Dozent in W.               Dozent in W.

Letzte Beurteilung                   29.04.2014                 03.06.2014                 05.06.2014

Vollzeit/Teilzeit                        Vollzeit                        Vollzeit                        Vollzeit

 

Keiner der Bewerber/innen ist schwerbehindert. Keiner verfügt über die zusätzliche Qualifikation als Aufsichtsperson.

Für alle Bewerber/innen wäre die ausgeschriebene Position mit der Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit verbunden.

Auf Grundlage der internen Beurteilungsrichtlinien gemäß der Dienstvereinbarung zum Beurteilungswesen vom 30.10.2013 liegen aktuelle Beurteilungen vor. Die im Einzelnen erzielten Ergebnisse sind den als - Anlagen 3 - 5 - beigefügten Beurteilungsbogen zu entnehmen.

Hinsichtlich der 3 Hauptdimensionen (Arbeitsergebnisse, Arbeitsweise, Kooperation und Kommunikation) lassen sich die Beurteilungsergebnisse wie folgt zusammenfassen:

Name                                       F.-U. A.                       H.-J. S.                                   Dr. R. W.

Datum der Beurteilung                       29.04.2014                 03.06.2014                 05.06.2014

1 Arbeitsergebnisse                2,8                              3,25                            2,25

2 Arbeitsweise                         2,9                              3,38                            2,25

3 Kooperation
und Kommunikation               3,0                              3,5                              2,25

6 Gesamtbeurteilung:

Bewertungsstufe

(aus Ziffern 1 - 3)                    3                                 3                                 2

Angesichts der deutlich auseinander liegenden Beurteilungsergebnisse bedarf es keiner Gewichtung des Leistungsvergleichs nach Einzelgesichtspunkten.

Nach den Beurteilungsergebnissen ergibt sich folgende Reihung: 1. Frau Dr. W., 2. Herr A. und 3. Herr S.

Zusätzlich fanden im Rahmen des Auswahlverfahrens am 05.02.2015 in Hannover Vorstellungsgespräche statt. Teilgenommen haben Herr Dr. B. (Leiter der Abteilung Konzepte und Betreuung Bildungsstätten, Gesprächsleitung), Herr J. (Leiter der Abteilung Allgemeine Personalverwaltung), Herr R. vom Personalrat und Frau W.-W. als Gleichstellungsbeauftragte.

Die Vorstellungsgespräche wurden standardisiert geführt. Sie erhielten Fragestellungen zu folgenden Bereichen:

- Fragen zum Lebenslauf und zur Motivation

- Aufgabenbezogene Fragen (Themen: 1. Personalführung im Sachgebiet, 2. Koordinierung und Qualitätssicherung des Ausbildungsbetriebs in der Bildungsstätte W.)

- abschließende Fragen (Änderungsbedarf, erste Schritte als SGL)

Der Fragenkatalog ist als - Anlage 6 - beigefügt.

Die Auswertung der Antworten wurde von Herrn Dr. B. in einem Vermerk vom 06.02.2015 zusammengestellt - Anlage 7 -. Auch danach ergab sich dieselbe Reihung der Bewerber/innen:

1.    Frau Dr. W., 2. Herr A. und 3. Herr S..

Angesichts dessen, dass sich bereits auf Grundlage der Auswertung der aktuellen Beurteilungen eine eindeutige Eignungsreihenfolge der Bewerber/innen ergeben hat, kommt der Auswertung der Vorstellungsgespräche lediglich eine ergänzende und bestätigende Funktion zu.

Ergebnis:

Es wird vorgeschlagen, die Stelle mit Frau Dr. R. W. zu besetzen.

Am 23. Februar 2015 wurde dem Verfügungskläger mitgeteilt, dass die Auswahl auf die Mitbewerberin Frau Dr. W. entfallen sei.

Mit seinem daraufhin eingereichten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt der Verfügungskläger zuletzt von der Verfügungsbeklagten, es bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu unterlassen, die betreffende Stelle endgültig oder kommissarisch mit Frau Dr. W. zu besetzen.

Wegen des wechselseitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 16. April 2015 - 9 Ga 7/15 - und die erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Verfügungskläger hat erstinstanzlich beantragt,

der Verfügungsbeklagten aufzugeben, bis zur endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren die in Rede stehende Stelle weder endgültig noch kommissarisch zu besetzen.

Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Mit Urteil vom 16. April 2015 - 9 Ga 7/15 - hat das Arbeitsgericht Mainz dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass die Verfügungsbeklagte im Rahmen des Besetzungsverfahrens von ihr selbst aufgestellte Stellenvoraussetzungen nicht oder nicht ausreichend gewürdigt habe. Zwar sei das Auswahlverfahren von einem rechtzeitig erstellten Stellenprofil ausgegangen, zeitnah dokumentiert und auch zeitnah - auch aufgrund standardisierter Vorstellungsgespräche - abgeschlossen worden. Die Dokumentation erscheine jedoch nicht als ausreichend. Der Auswahlvermerk enthalte zunächst keine hinreichende Dokumentation, die erkläre, warum Frau Dr. W. die Anforderungen des zuvor zitierten Anforderungsprofils am besten erfülle. Im Auswahlvermerk seien lediglich das Anforderungsprofil niedergelegt und sodann die Daten der Bewerber, insbesondere die Noten der Beurteilungen aus dem Jahr 2014 aufgeführt. Aus diesen Noten werde ohne weitere Begründung Frau Dr. W. mit den zweifelsohne besten Bewertungen - als beste Bewerberin aufgeführt. Allein die Darstellung der Noten der Bewerber stelle keine "dokumentierte" Begründung einer Auswahlentscheidung dar, zumal es sich bei den Beurteilungen um Regel- und nicht um Anlassbeurteilungen wegen der Bewerbung um die in Rede stehende Stelle handele, die Aussagen zur Eignung und Befähigung für diese Stelle hätten beinhalten müssen. An einer ausreichenden Dokumentation fehle es aber auch hinsichtlich der Vorstellungsgespräche. Mithin liege eine Beurteilungslücke im Hinblick auf die von der Verfügungsbeklagten selbst aufgestellten Eignungs- und Leistungskriterien vor, wonach es im Rahmen einer erneuten Beurteilung der Bewerber nicht von vornherein ausgeschlossen sei, dass auch der Verfügungskläger gegenüber der Mitbewerberin obsiegen könnte. Im Hinblick auf die geplante endgültige Besetzung der Stelle liege auch ein Verfügungsgrund vor.

Gegen das ihr am 07. Mai 2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 05. Juni 2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 03. Juli 2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

Die Verfügungsbeklagte trägt vor, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass sie das Stellenbesetzungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt und dokumentiert habe. Im öffentlichen Dienst seien bei der Bewertung der Eignung vor allem zeitnahe Beurteilungen heranzuziehen, die wesentliche Grundlage der Auswahlentscheidung seien. Sie habe sich in erster Linie auf die Regelbeurteilungen der drei Bewerber gestützt. Im Hinblick darauf, dass die zu besetzende Stelle als Sachgebietsleiter/in insbesondere das Erarbeiten und Konzipieren von Seminaren und auch eine Dozententätigkeit beinhalte, sei die Regelbeurteilung für die Dozententätigkeit der Bewerber aussagekräftig im Hinblick auf die neu zu besetzende Stelle. Eine Lehrtätigkeit sei ein wesentliches Element bei der Position, so dass die Regelbeurteilung der Bewerber aus dem Jahr 2014 eine taugliche Vergleichsgrundlage darstelle. Lediglich ergänzend habe sie Bewerbungsgespräche durchgeführt, um sich ein Bild über das spontane Vorgehen der Bewerber in einer Führungsrolle machen zu können. Sie habe allen Bewerbern strukturiert dieselben Fragen gestellt und diese so im direkten Vergleich auf Basis eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs bewerten können. Frau Dr. W. habe auch im persönlichen Gespräch zu überzeugen vermocht, so dass das Ergebnis des Auswahlverfahrens eindeutig ausgefallen sei. Sie sei im Rahmen des Stellenbesetzungsverfahrens von sachgerechten Kriterien ausgegangen und habe dieses im Gegensatz zur Ansicht des Arbeitsgerichts ausreichend dokumentiert. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts wäre eine Anlassbeurteilung inhaltlich nicht aufschlussreicher gewesen. Sie habe durch Ermittlung des Notendurchschnitts ein Gesamturteil hinsichtlich des Leistungsvergleichs gebildet. Andere Bewertungskriterien seien grundsätzlich subsidiär. Einer näheren Dokumentation der Auswahlgespräche im Rahmen des Vermerks habe es nicht bedurft. Zum einen habe sie ihrer Wahl nach dem eindeutigen Ergebnis der Regelbeurteilungen treffen können und müssen, zum anderen habe sie die Antworten auf die jeweiligen Fragen und deren Bewertung schriftlich festgehalten und dieses Schriftstück dem Auswahlvermerk als Anlage 7 beigefügt. Unabhängig davon könne ein Verfügungsanspruch nicht gegeben sein, wenn die Besetzung der Stelle mit dem Verfügungskläger ausgeschlossen sei. Angesichts der eindeutig besseren Beurteilung der Mitbewerberin Frau Dr. W. scheide eine Besetzung der Position der Sachgebietsleitung mit dem Verfügungskläger von vornherein aus und wäre mit dem verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der Bestenauslese unvereinbar.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 16. April 2015 - 9 Ga 7/15 - den Antrag zurückzuweisen.

Der Verfügungskläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert, das Arbeitsgericht habe zu Recht angenommen, dass die Dokumentation der Verfügungsbeklagten hinsichtlich der Auswahl der Bewerberin Frau Dr. W. nicht als ausreichend erscheine, so dass letztlich nicht klar werde und auch nicht überprüfbar sei, welche Kriterien zur Auswahl herangezogen worden seien. Das Arbeitsgericht habe richtig erkannt, dass allein die Dokumentation der vorliegenden Beurteilungen der Bewerber nicht ausreiche, um eine hinreichende Dokumentation der Auswahlkriterien annehmen zu können. Da es sich hier um Regelbeurteilungen handele, würden diese Bewertungen letztlich keine Rückschlüsse zur Eignung und Befähigung der Bewerber für die konkrete Stelle mit ihren gesonderten Anforderungen erlauben. Weder aus den dienstlichen Regelbeurteilungen noch aus dem Auswahlvermerk ergebe sich, weshalb die Mitbewerberin die Anforderungen des Anforderungsprofils besser erfüllen solle. Zur Sicherung seiner Bewerberrechte sei ihm einstweiliger Rechtsschutz bereits dann zu gewähren, wenn wie hier zumindest eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass die getroffene Auswahlentscheidung ermessensfehlerfrei zu wiederholen sei und seine Auswahl zumindest möglich erscheine.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Verfügungsbeklagten ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht dem Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur vorläufigen Sicherung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG stattgegeben.

Die Berufungskammer folgt der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe sind unbegründet.

I. Der für die beantragte einstweilige Verfügung erforderliche Verfügungsanspruch ist gegeben.

1. Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Jede Bewerbung muss nach diesen genannten Kriterien beurteilt werden. Dies gilt nicht nur für Einstellungen, sondern auch für Beförderungen innerhalb des öffentlichen Dienstes. Öffentliche Ämter sind sowohl Beamtenstellen als auch solche Stellen, die von Arbeitnehmern besetzt werden können. Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Die Bestimmung begründet ein grundrechtgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Auswahlkriterien (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 492/06 - Rn. 39, NZA 2007, 1450; BAG, 12. Oktober 2010 - 9 AZR 554/09 - Rn. 33, NZA-RR 2011, 216).

Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes hat vor der Besetzung jeder Stelle zwingend ein Anforderungsprofil festzulegen, an dem die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen werden. Erst das Anforderungsprofil für die zu besetzende Stelle ermöglicht eine sachgerechte Prognose, wer von den Bewerbern die zukünftigen Aufgaben am besten erfüllen wird. Durch die Bestimmung des Anforderungsprofils werden zugleich die Leistungskriterien für die Auswahl der Bewerber näher konkretisiert. Der Leistungs- und Befähigungsvergleich kann nämlich nur im Hinblick auf die Anforderungen der zu besetzenden Stelle vorgenommen werden. Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ist daher nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, für die zu besetzende Stelle ein Anforderungsprofil festzulegen und nachvollziehbar zu dokumentieren. Nur so kann eine Auswahlentscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG gerichtlich überprüft werden (BAG 21. Januar 2003 - 9 AZR 72/02 - Rn. 33, BAGE 104, 295; BAG 07. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 43, NZA-RR 2011, 494). Die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes sind verpflichtet, die Leistungsbewertungen und die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Diese Pflicht folgt aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG. Sie gilt damit sowohl für Beamte als auch für Arbeiter und Angestellte. Ein dem späteren Konkurrentenklageverfahren vorgelagertes Auswahlverfahren darf nicht so ausgestaltet sein, dass es den gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert. Das wäre dann der Fall, wenn der unterlegene Bewerber keine oder nur eine lückenhafte Kenntnis über die Auswahlgründe hätte. Er könnte nicht sachgerecht darüber entscheiden, ob er die Auswahlentscheidung hinnehmen oder gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen soll. Das Dokumentationsgebot ist für die Transparenz der Auswahlentscheidung unverzichtbar. Es ist für eine Konkurrentenklage zwingende Voraussetzung zur verfassungsrechtlichen Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes, denn nur die schriftliche Dokumentation gewährleistet eine gleiche und zuverlässige Information. Sie stellt sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind. Sie ermöglicht zudem eine Selbstkontrolle des Auswählenden. Aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt deshalb die Verpflichtung, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen (BAG 21. Januar 2003 - 9 AZR 72/02 - Rn. 42 ff., BAGE 104, 295; BAG 17. August 2010 - 9 AZR 347/09 - Rn. 26, NZA 2011, 516).

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen folgt der Verfügungsanspruch des Verfügungsklägers daraus, dass die wesentlichen Auswahlerwägungen der Verfügungsbeklagten nicht nachvollziehbar niedergelegt worden sind.

a) Die Verfügungsbeklagte hat in ihrem Auswahlvermerk vom 06. Februar 2015 nach dem beschriebenen Anforderungsprofil die drei Bewerber mit ihren jeweiligen Daten und sodann deren Beurteilungsergebnisse mit der sich danach ergebenden Reihenfolge aufgeführt. Auch wenn die ausgewählte Bewerberin bei den gegenüber gestellten Regelbeurteilungen die besten Ergebnisse erzielt hat, stellt gemäß der zutreffenden Beurteilung des Arbeitsgerichts allein die Darstellung der Noten der Bewerber keine nachvollziehbar dokumentierte Begründung einer Auswahlentscheidung dar. Die Regelbeurteilungen der drei Bewerber beziehen sich jeweils auf ihre bisherige Dozententätigkeit. Bei der intern ausgeschriebenen Stelle "Sachgebietsleiter/in für das Sachgebiet Ausbildungsbetrieb Bildungsstätte W." handelt es sich um eine Beförderungsstelle mit der Übernahme von Leitungs- und Führungsfunktionen einschließlich der Personalverantwortung für etwa 10 Mitarbeiter/innen. Im Anforderungsprofil werden eine besondere Ausprägung der Leitungs- und Führungskompetenz, Sozialkompetenz, Organisationgeschick, Einsatzbereitschaft und Teamfähigkeit sowie als besondere Kenntnisse überdurchschnittliche Kenntnisse auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes und überdurchschnittliche Kenntnisse und Erfahrungen im berufspädagogischen Bereich verlangt. Auch wenn der Vergleich der Bewerber im Rahmen einer Auswahlentscheidung vor allem anhand dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen hat, lässt sich dem Auswahlvermerk der Verfügungsbeklagten vom 06. Februar 2015 nicht entnehmen, ob und ggf. aufgrund welcher Auswahlerwägungen sie bei den drei Bewerbern jeweils welche Eignungsprognose in Bezug auf das von ihr festgelegte Anforderungsprofil des zu besetzenden höherwertigen Dienstposten erstellt hat. Eine ausreichend dokumentierte Eignungsprognose lässt sich auch nicht den vorgelegten Regelbeurteilungen entnehmen. Die Regelbeurteilung des Klägers bezieht sich allein auf seinen derzeitigen Arbeitsplatz und beinhaltet keine Eignungsaussage in Bezug auf die ausgeschriebene Stelle. Die Verfügungsbeklagte hat hierzu auch keinen Beurteilungsbeitrag beim Vorgesetzten des Verfügungsklägers eingeholt. Vielmehr hat der Verfügungskläger selbst ein von seinem unmittelbaren Vorgesetzten ausgestelltes Zeugnis vorgelegt, in dem er von diesem als Führungskraft für gut geeignet erachtet wird. Die Regelbeurteilung der ausgewählten Bewerberin enthält im Rahmen der Eignungsaussage als Vorschlag den - abgeschwächten - Verweis darauf, dass Frau Dr. W. Führungspotenzial habe und "durchaus" eine Bildungsstätte führen könne. Im Hinblick darauf, dass der Auswahlvermerk der Verfügungsbeklagten keine Auswahlerwägungen in Bezug auf die im festgelegten Anforderungsprofil gestellten Anforderungen der ausgeschriebenen Beförderungsstelle enthält, fehlt es an der zur Ermöglichung einer Überprüfung erforderlichen Dokumentation der Auswahlentscheidung.

Die wesentlichen Auswahlerwägungen lassen sich auch nicht aus den zusammengefassten Ergebnissen der Vorstellungsgespräche am 05. Februar 2015 in H.-Stadt entnehmen, die dem Auswahlvermerk als Anlage 7 beigefügt sind. Insbesondere lassen die dokumentierten Ergebnisse der Vorstellungsgespräche keine nachvollziehbare Begründung in Bezug auf die Eignungsprognose für die zu besetzende höherwertige Stelle erkennen. So wird in Bezug auf den Verfügungskläger ausgeführt, dass in seiner Vita auch deutlich werde, dass die Übernahme von Verantwortung für Mitarbeiter für ihn eine stärkere Belastung dargestellt habe, der er sich schließlich mit dem Ausscheiden aus dem aktiven Feuerwehreinsatz entzogen habe. Der Verfügungskläger hat hierzu ausgeführt, dass sich sein Hinweis auf das Ausscheiden aus dem Dienst bei der R. Feuerwehr darauf bezogen habe, dass aus seiner Sicht eine hinreichende Sicherheit für die beschäftigten Feuerwehrleute nach sicherheitswidrigen Stellenstreichungen nicht mehr gegeben gewesen sei. Weshalb das Ausscheiden des Verfügungsklägers aus dem Dienst bei der R. Feuerwehr vor Aufnahme seiner Tätigkeit bei der Verfügungsbeklagten für die Eignungsprognose in Bezug auf die zu besetzende Stelle von Relevanz sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Jedenfalls lassen sich den dokumentierten Ergebnissen der Vorstellungsgespräche die wesentlichen Auswahlerwägungen der Verfügungsbeklagten nicht nachvollziehbar entnehmen, zumal der Auswertung der Vorstellungsgespräche nach dem Auswahlvermerk lediglich eine ergänzende und bestätigende Funktion und damit keine entscheidende Bedeutung für die getroffene Auswahlentscheidung zugekommen sein soll.

b) In der unzureichenden Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen liegt ein erheblicher Verfahrensmangel, der den geltend gemachten Verfügungsanspruch als begründet erscheinen lässt.

Entgegen der Ansicht des Verfügungsbeklagten ist eine Besetzung der Stelle mit dem Verfügungskläger auch nicht ausgeschlossen. Eine günstigere Eignungsprognose am Maßstab des Anforderungsprofils des zu besetzenden höherwertigen Dienstpostens kann im Einzelfall einen Leistungsvorsprung aufgrund einer besseren dienstlichen Beurteilung ausgleichen (Hessischer Verwaltungsgerichtshof 16. Juni 1998 - 1 TZ 45/98 - juris). Ein abgelehnter Bewerber, dessen Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt worden ist, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint. Dieser Prüfungsmaßstab ist wie im Hauptsacheverfahren auch bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung anzulegen (BVerwG 22. November 2012 - 2 VR 5/12 - Rn. 22, NVwZ-RR 2013, 267). Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass danach ein Verfügungsanspruch des Verfügungsklägers aus Art. 33 Abs. 2 GG gegeben ist.

II. Ein Verfügungsgrund liegt ebenfalls vor. Das grundrechtsgleiche Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Art. 33 Abs. 2 GG lässt sich nur vor einer Besetzung der Stelle mit dem ausgewählten Konkurrenten verwirklichen. Es bedarf deshalb der Sicherung durch eine einstweilige Verfügung nach §§ 935 ff. ZPO. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Verfügungsklägers würde durch die geplante Besetzung mit der von der Verfügungsbeklagten ausgewählten Mitbewerberin endgültig untergehen, so dass ein Verfügungsgrund zur Sicherung des geltend gemachten Verfügungsanspruchs besteht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 72 Abs. 4 ArbGG).



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