Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Beschluss vom - Az: 10 TaBV 18/12

Leitende Angestellte - Personaldirektorin mit Clusterverantwortung

Nach den Einleitungsworten in § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ist leitender Angestellter nur, wer die dort genannten Aufgaben und Befugnisse „nach Arbeitsvertrag“ und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb wahrnimmt.
Der Abschluss eines Arbeitsvertrages mit dem Arbeitgeber, in dessen Betrieb der Angestellte tätig wird, ist keine Tatbestandvoraussetzung für den Status eines leitenden Angestellten.
Auch im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung kann daher eine Funktion als leitender Angestellter ausgeübt werden.
(Redaktionelle Orientierungssätze)

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.03.2012, Az.: 9 BV 66/11, wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.  Die Beteiligten streiten über die Frage, ob die Beteiligte zu 3) leitende Angestellte iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG ist.

Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin ist eine Hotelbetriebsgesellschaft mit Sitz in Z.-Stadt. Sie betreibt in Deutschland drei Hotels: das X., das X. Y. und das W. Y.. Im X. sind zwischen 130 und 150 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Beteiligte zu 1) ist der für das X. gebildete siebenköpfige Betriebsrat.

Die Beteiligte zu 3) ist seit dem 05.09.2011 bei der Hotelbetriebsgesellschaft U.-Straße mbH mit Sitz in T-Stadt als Cluster Director Human Resources (Personaldirektorin mit Clusterverantwortung) angestellt. Die Hotelbetriebsgesellschaft U.-Straße mbH betreibt das Hotel S.. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 06.07.2011 (Bl. 77 ff. d.A.) ist - auszugsweise - geregelt:

„1. Einstellung und Aufgabengebiet:
Sie werden ab 5. September 2011 als Cluster Director Human Resources S., X. und X. Y. eingestellt. Ihre Aufgaben und Befugnisse ergeben sich aus der beigefügten Stellenbeschreibung. ...
Sie sind leitende Angestellte iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG."

Die Stellenbeschreibung vom 06.07.2011 (BI. 91 ff d. A.) führt u.a. folgende Aufgaben auf:
„Unabhängiges Recruiting, Auswählen und Entlassen von TM, Praktikanten und Auszubildenden in allen Cluster-Hotels (keine vorherige Zustimmung erforderlich, weder vom betreffenden GM noch von einem anderen Management TM). Arbeitsverträge, Kündigungen und andere Entlassungsdokumente bedürfen zu ihrer Einhaltung der formalen Erfordernisse (Vier-Augen-Prinzip)der Unterschrift des be-treffenden GM und des Finance Director. TM auf Managementebene werden in Absprache mit den entsprechenden GM eingestellt und entlassen."

In einer Zusatzvereinbarung zwischen der Hotelbetriebsgesellschaft U.-Straße mbH und der Beteiligten zu 3) vom 20.10.2011 (Bl. 84 ff. d.A.) ist folgendes geregelt:

„Präambel
Der Arbeitgeber betreibt in S-Stadt das Hotel S.. Daneben stellt er anderen A.-Gesellschaften zur Erledigung von Aufgaben Personal zur Verfügung. Er ist seit dem 21. Oktober 2011 im Besitz der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 AÜG ...
Der Arbeitgeber beabsichtigt, Frau C. als Cluster Director Human Resources im S. einzusetzen sowie sie in dieser Funktion an die A. International (Germany) GmbH zu verleihen, damit diese sie als Cluster Director Human Resources in ihren Hotels X. und X. Y. einsetzen kann. ...

1. Gegenstand der Zusatzvereinbarung
Gegenstand der Zusatzvereinbarung ist die Überlassung von Frau C. an die A. International (Germany) GmbH (im Folgenden: „Entleiher“). Die bedarfsweise Überlassung beginnt am 21 .Oktober 2011.
Frau C. wird beim Entleiher als Cluster Director Human Resources für die Hotels X. und X. Y. tätig. Sie ist damit auch beim Entleiher leitende Angestellte. Ihre Aufgaben beim Entleiher ergeben sich aus der als Anlage 1 beigefügten Stellenbeschreibung.
Frau C. wird je nach Bedarf im S., im X. und im X. Y. tätig. Die Dauer der Verteilung ihrer Arbeitszeit auf die jeweiligen Betriebe richtet sich nach den betrieblichen Erfordernissen des Arbeitgebers und des Entleihers. ...“

Am 25.10.2011 gab der General Manager (Hoteldirektor) der Beteiligten zu 2) in einer Rundmail allgemein bekannt, er freue sich, die Beteiligte zu 3) ab dem 26.10.2011 als Cluster Director Human Resources in A.-Stadt begrüßen zu dürfen. Die Zustimmung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG holte er nicht ein; er beschränkte sich gemäß § 105 BetrVG auf die Mitteilung der Einstellung. Mit am 15.11.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrt der Betriebsrat die Feststellung, dass die Beteiligte zu 3) keine leitende Angestellte ist.


Zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird zur Vermeidung von Wiederholungen in analoger Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den tatbestandlichen Teil des Beschlusses des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.03.2012 (dort S. 2-5 = Bl. 190-193 d.A.).

Der Betriebsrat hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, dass die Beteiligte zu 3) keine leitende Angestellte iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG ist.

Die Beteiligten zu 2) und zu 3) haben beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 15.03.2012 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beteiligte zu 3) sei leitende Angestellte iSd. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG, denn sie sei nach ihrem Arbeitsvertrag, der Zusatzvereinbarung und der Stellenbeschreibung durch die Hotelbetriebsgesellschaft U.-Straße mbH zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern unterhalb der Managementebene berechtigt. Diese Befugnis habe ihr auch die Beteiligte zu 2) eingeräumt, weil sie ausweislich der Rundmail des Hoteldirektors vom 25.10.2011 als Cluster Director Human Resources auch für die beiden Hotels in A.-Stadt eingestellt worden sei. Die Befugnis zur Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern unterhalb der Managementebene stehe der Beteiligten zu 3) ausweislich der Stellenbeschreibung zur "selbständigen" Ausübung zu. Sie nehme diese Befugnis auch tatsächlich wahr. Zur näheren Darstellung der Entscheidungsbegründung wird auf den begründeten Teil des Beschlusses vom 15.03.2012 (dort S. 5-7= Bl. 193-195 d. A.) Bezug genommen.

Gegen diesen ihm am 24.04.2012 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat mit am 15.05.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese innerhalb der bis zum 24.07.2012 verlängerten Begründungsfrist mit am 19.07.2012 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Betriebsrat ist der Ansicht, die Beteiligte zu 3) sei keine leitende Angestellte. Dies folge bereits daraus, dass sie in keinem Vertragsverhältnis zur Beteiligten zu 2) stehe, sondern im Hotel X. aufgrund eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags tätig werde. Das Arbeitsgericht habe der Bewertung des Status der Beteiligten zu 3) unzutreffend den Arbeitsvertrag mit der Hotelbetriebsgesellschaft U.-Straße mbH zu Grunde gelegt. Da die Beteiligte zu 3) keinen Arbeitsvertrag mit der Beteiligten zu 2) geschlossen habe, könnten die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG nicht erfüllt sein. Die Vorschrift setze voraus, dass der Angestellte einen Arbeitsvertrag mit dem Unternehmen abgeschlossen hat, in dessen Betrieb er tätig ist. Der Arbeitsvertrag mit einem anderen Arbeitgeber sei nicht heranzuziehen. Auch die Verpflichtungen, die die Beteiligte zu 3) in der Zusatzvereinbarung vom 20.10.2011 eingegangen sei, bezögen sich nur auf ihr Vertragsverhältnis mit der Hotelbetriebsgesellschaft U.-Straße mbH.

Unabhängig davon habe die Beteiligte zu 3) nach den tatsächlichen Verhältnissen auch keine unternehmerisch bedeutsame Stellung bei der Beteiligten zu 2). Das Arbeitsgericht habe dies damit begründet, dass der General Manager im Anhörungstermin vom 15.03.2012 konkret - teilweise mit Namensnennung - vorgetragen habe, dass die Beteiligte zu 3) eine Gesamtzahl von 19 Einstellungen vorgenommen habe. Der Betriebsratsvorsitzende habe zu diesem Vortrag im Termin nicht ad hoc Stellung nehmen können. Die Beteiligte zu 2) habe nicht konkret vorgetragen, wer arbeitgeberseitig die Auswahl getroffen, über die Einstellung entschieden und schließlich den Arbeitsvertrag unterschrieben habe. Das Arbeitsgericht habe die tatsächlichen Verhältnisse nicht ausreichend geprüft. Es sei realitätsfremd, dass dem General Manager die Kompetenz entzogen worden sei, in letzter Instanz Personalentscheidungen zu treffen und diese Verantwortung gänzlich auf eine unternehmensfremde Arbeitnehmerin übertragen worden sei. Dass der General Manager die Personalhoheit nicht abgegeben habe, zeige sich schon daran, dass die Beteiligte zu 3) nicht berechtigt sei, Personalentscheidungen für das Managementteam zu treffen, Ihre Personalbefugnisse seien damit allenfalls von untergeordneter Bedeutung. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Beteiligte zu 3) nur an wenigen Tagen im Hotel X. tätig sei. In das Alltagsgeschehen sei sie nicht so stark eingebunden, um ihm Gegensatz zum Hoteldirektor, aus eigener Anschauung ausreichende Informationen für Personalentscheidungen zu erhalten. Diese Umstände schlössen aus, dass sie über Einstellungen und Entlassungen selbständig entscheide. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass sie die Zustimmung des Hoteldirektors oder der Fachabteilungsleiter benötige.

Wegen weiterer Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Betriebsrates vom 19.07.2012 (Bl. 221- 227 d.A.) und vom 11.10.2012 (Bl. 385-388 d.A.) nebst Anlagen (Bl. 389-429 d.A.). Bezug genommen.

Der Betriebsrat beantragt zweitinstanzlich,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.03.2012, Az.: 9 BV 66/11, abzuändern und festzustellen, dass die Beteiligte zu 3) keine leitende Angestellte iSd. § 5 Abs. 3 BetrVG ist.

Die Beteiligten zu 2) und 3) beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen den Beschluss des Arbeitsgerichts nach Maßgabe ihrer Schriftsätze vom 24.08.2012 (Bl. 267-297 d.A.) nebst Anlagen (Bl. 297-380 d.A.) und vom 15.10.2012 (Bl. 434-437 d.A.) als zutreffend. Die Beteiligte zu 3) habe seit ihrer Tätigkeitsaufnahme am 26.10.2011 zahlreiche selbständige Einstellungen und Entlassungen in den Hotels X. und X. Y. durchgeführt. Allein im Hotel X. habe sie selbständig 60 Einstellungen von Mitarbeitern der verschiedenen Fachbereiche vorgenommen (Anlage AG 7, Bl. 297-298 d.A.). Im gleichen Zeitraum habe sie auch selbständig 10 Entlassungen durchgeführt (Anlage AG 7, Bl. 299). Zudem habe sie weitere herausgehobene Personalangelegeheiten (Beförderungen, Personalgespräche, Abmahnungen) wahrgenommen. Darüber hinaus habe die Beteiligte zu 3) eine herausgehobene Stellung innerhalb der Unternehmensorganisation inne. Sie nehme Führungs- und Leitungsfunktionen in wichtigen strategischen Fragen wahr, was auch Verhandlungen mit dem Betriebsrat einschließe. So habe die Beteilige zu 3) bei dem Outsourcing der Technikabteilung mit dem Betriebsrat die Interessenausgleichverhandlungen geführt und die Beteiligte zu 2) auch in der Einigungsstelle vertreten. Außerdem habe sie die Verhandlungen mit dem Betriebsrat über die Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit geführt und die Betriebsvereinbarung auch unterzeichnet, in der Einigungsstelle sei sie Beisitzerin der Arbeitgeberseite gewesen.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt, insbesondere auf die Feststellungen zur Sitzungsniederschrift vom 18.10.2012 (Bl. 438-441 d.A.) Bezug genommen

II.  Die Beschwerde des Betriebsrates ist zulässig. Sie ist gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG statthaft und wurde innerhalb der in §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 66 Abs. 1 ArbGG vorgeschriebenen Fristen eingelegt und ausreichend begründet.

In der Sache hat die Beschwerde des Betriebsrates aber keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Feststellungsantrag im Ergebnis zu Recht und mit in der Sache zutreffender und überzeugender Begründung zurückgewiesen. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Beteiligte zu 3) bereits auf Grund ihrer Ein- stellungs- und Entlassungsbefugnis im Hotel X. als leitende Angestellte iSd. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG anzusehen ist.

Die Beschwerdekammer schließt sich der Begründung des angefochtenen Beschlusses ausdrücklich an und stellt dies entsprechend § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Beschwerdevorbringen veranlasst lediglich folgende Ausführungen:

Nach § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist. Diese Zuordnungskriterien beruhen auf der Wertung des Gesetzgebers, nach der eine Einstellungs- und Entlassungsbefugnis die leitende Funktion eines Angestellten im Betrieb oder im Unternehmen in besonderer Weise zum Ausdruck bringt. Einstellungen und Entlassungen sind Instrumente der Personalwirtschaft und damit unternehmerische Tätigkeit. Wird diese Befugnis einem Angestellten übertragen, so ist der zur selbständigen Einstellung und Entlassung befugte Angestellte der Repräsentant des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat (BAG 10.10.2007 - 7 ABR 61/06 - AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 72, mwN)

Entgegen der Ansicht des Betriebsrates ist es für die Statusbeurteilung unerheblich, dass die Beteiligte zu 3) keinen Arbeitsvertrag mit der Beteiligten zu 2) abgeschlossen hat, sondern im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung als Cluster Director Human Resources (auch) im Hotel X. tätig wird.

Nach den Einleitungsworten in § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ist leitender Angestellter nur, wer die dort genannten Aufgaben und Befugnisse „nach Arbeitsvertrag“ und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb wahrnimmt. Der Abschluss eines Arbeitsvertrages mit dem Arbeitgeber, in dessen Betrieb der Angestellte tätig wird, ist keine Tatbestandvoraussetzung für den Status eines leitenden Angestellten. Der Einleitungswortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG bietet keinen Anhaltspunkt für das Erfordernis eines solchen Tatbestandsmerkmals. Eine Gesetzesauslegung über den Wortlaut hinaus, wie sie dem Betriebsrat vorschwebt, kommt nicht in Betracht.

Nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG kommt es darauf an, dass sich die in Nr. 1 bis Nr. 3 genannten Aufgaben und Befugnisse nach dem Arbeitsvertrag und der Stellung im Unternehmen oder im Betrieb ergeben. Dass der leitende Angestellte einen Arbeitsvertrag mit dem Einsatzbetrieb abgeschlossen haben muss, verlangt die Vorschrift nicht. Deshalb kann auch - wie hier - eine Leiharbeitnehmerin leitende Angestellte im Betrieb des Entleihers sein (ebenso GK-BetrVG/Raab 9. Aufl. § 5 BetrVG Rn. 66; ArbG Braunschweig 31.10.2005 - 3 BV 48/05 - Juris).

Nach überzeugender Ansicht von Richardi (BetrVG 12. Aufl. § 5 Rn. 198, 199) hat der Hinweis auf den „Arbeitsvertrag“ in § 5 Abs. 3 Satz 2 BetrVG streng genommen keine selbständige Bedeutung, weil es selbstverständlich ist, dass ein Arbeitnehmer seine Tätigkeit, die ihn zum leitenden Angestellten macht, auf Grund eines Arbeitsvertrages erbringt. Für die Arbeitnehmereigenschaft ist jedoch kein Arbeitsvertrag mit dem Betriebsinhaber notwendig. Selbst Beamte und Soldaten, die in keinem Arbeitsverhältnis stehen, können gemäß § 5 Abs. 3 Satz 3 BetrVG in Privatunternehmen oder -betrieben leitende Angestellte sein.

Die Beteiligte zu 3) ist durch Arbeitsvertrag mit der Hotelbetriebsgesellschaft U.-Straße mbH iVm der Stellenbeschreibung und der Zusatzvereinbarung Cluster Director Human Resources in den drei Hotels S., X. und X. Y.. Sie ist aufgrund ausdrücklicher vertraglicher Vereinbarung zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern - unterhalb der Managementebene - berechtigt.

3. Entgegen der Ansicht des Betriebsrates ist es unerheblich, dass die Beteiligte zu 3) Einstellungen und Entlassungen von Mitarbeitern auf der Managementebene nur in Absprache mit dem General Manager vornehmen darf.

Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG sind nicht nur dann erfüllt, wenn der Angestellte zur selbständigen Einstellung und Entlassung aller Arbeitnehmer des Betriebes oder der Betriebsabteilung befugt ist, sondern auch dann, wenn die Befugnisse sich nur auf einen Teil der Belegschaft beziehen (BAG 10.10.2007-7 ABR 61/06 -AP BetrVG 1972 §5 Nr. 72, m. w. N.).

Vorliegend erstreckt sich die selbständige Einstellungs- und Entlassungsbefugnis der Beteiligten zu 3) auf einen erheblichen Teil der Arbeitnehmerschaft der Hotels X. und X. Y.. Nur die vergleichsweise geringe Zahl der Mitarbeiter auf der Managementebene (Abteilungsleiter) ist ausgenommen. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beteiligten zu 2) sind im Hotel X. derzeit ca. 150 Mitarbeiter beschäftigt, darunter 8 auf der Managementebene; im Hotel X. Y. sind 30 Mitarbeiter beschäftigt, darunter 3 Abteilungsleiter. Allein schon dieses Zahlenverhältnis verdeutlicht, dass die Beteiligte zu 3) für eine bedeutende Anzahl von Arbeitnehmern einstellungs- und entlassungsbefugt ist. Das genügt.

4. Der Einwand des Betriebsrates, die Beteiligte zu 2) habe nicht konkret genug vorgetragen, dass die Beteiligte zu 3) auch tatsächlich selbständig über Einstellungen und Entlassungen entscheide, ist unzutreffend. Dabei kann dahinstehen, ob die Behauptung des Betriebsratsvorsitzende zutrifft, er sei im erstinstanzlichen Anhörungstermin vom 15.03.2012 nicht in der Lage gewesen, zu dem mündlichen Vortrag des General Managers ad hoc Stellung zu nehmen, die Beteiligte zu 3) habe bis dato 19 Einstellungen im Hotel X. selbständig vorgenommen.

Die Beteiligte zu 2) hat unter Vorlage einer vom General Manager unterzeichneten Namensliste (Anlage AG 7, Bl. 297 ff. d.A.) im Beschwerdeerwiderungsschriftsatz vom 24.08.2012 vorgetragen, dass die Beteiligte zu 3) seit der Aufnahme ihrer Tätigkeit am 26.10.2011 allein im Hotel X. insgesamt 60 Einstellungen und 10 Entlassungen von Arbeitnehmern der verschiedenen Fachabteilungen vorgenommen hat. Auf die Frage der Vorsitzenden im Termin vom 18.10.2012, ob der Vortrag der Beteiligten zu 2) unstreitig sei, weil der Betriebsrat zu dieser Liste bisher keine Stellung genommen habe, antwortete der persönlich erschienene Betriebsratsvorsitzende spontan, er kenne die Liste nicht. Da die Liste jedoch seiner Verfahrensbevollmächtigten als Anlage zum Schriftsatz vom 24.08.2012 unzweifelhaft vorlag, kann sich der Betriebsrat auf Unkenntnis ihres Inhalts nicht berufen.

Soweit der Betriebsratsvorsitzende im Anhörungstermin vor der Beschwerdekammer lediglich zur Einstellung von Frau R. Q. (lfd. Nr. 0194) Stellung genommen hat, die zum 01.07.2012 als „A. Meetings Coordinator“ nach Abschluss ihrer Berufsausbildung im A. Hotel A.-Stadt in ein Arbeitsverhältnis übernommen worden ist, hat er nur Vermutungen angestellt, die nicht als Tatsachen gewürdigt werden können. Für seine Mutmaßung, in diesem „sensiblen Bereich“ habe die Beklagten zu 3) mit „absoluter Gewissheit“ nicht allein über die Einstellung entschieden, fehlt jeder tatsächliche Anhaltspunkt. Das Gleiche gilt für die Mutmaßung des Betriebsratsvorsitzenden, die Beteiligte zu 3) habe „mit Sicherheit“ nicht allein die Entlassungen der (vier) in der Liste aufgeführten Haustechniker durchgeführt, weil hier ein Betriebsübergang erfolgt sei. Der Vortrag bewegt sich im Bereich bloßer Spekulation.

Auch der Einwand des Betriebsrates, es sei „realitätsfremd“, dass nicht der General Manager in „letzter Instanz“ Personalentscheidungen treffe, geht fehl. Das Gegenteil ist richtig: Es ist in der betrieblichen Praxis gang und gäbe, dass Personalleiter, die deswegen eingestellt worden sind, Arbeitnehmer selbständig einstellen und entlassen.

Der Betriebsrat ignoriert die Faktenlage, wenn er nicht wahrhaben will, dass der General Manager die „Personalhoheit“ an die Beteiligte zu 3) abgegeben hat. Der General Manager hat ihm im Anhörungstermin vor dem Arbeitsgericht erklärt, dass die Beteiligte zu 3) bis dahin (15.03.2012) insgesamt 19 Arbeitnehmer selbständig eingestellt hat. Er hat in den zweitinstanzlich vorgelegten Listen (Anlage AG 7) zum Schriftsatz vom 24.08.2012 mit seiner Unterschrift bestätigt, dass die Beteiligte zu 3) insgesamt 60 Einstellungen und 10 Entlassungen selbständig durchgeführt hat. Ein weiterer Begründungsaufwand ist nicht erforderlich.

Schließlich greift auch der Einwand des Betriebsrates, die Beteiligte zu 3) sei nur an wenigen Tagen im Hotel X. tätig und verfüge deshalb nicht über genügend Informationen, um ihre Einstellungs- und Entlassungsbefugnis selbständig ausüben zu können, nicht durch. Unabhängig davon, dass auch teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer leitende Angestellte sein können, sind leitende Angestellte in der betrieblichen Praxis typischerweise eher nicht in das „Tagesgeschäft“ eingebunden. Dass sie Informationen benötigen, um ihre Entscheidungen zu treffen, macht sie nicht weisungsabhängig.

5. Schließlich sprechen die ergänzenden Ausführungen des Betriebsrates im Schriftsatz vom 11.10.2012 nicht gegen den Status der Beteiligten zu 3) als leitende Angestellte. Der Betriebsrat legt in 11 Beispielsfällen den Schriftwechsel zwischen dem Betriebsratsvorsitzenden und der „Geschäftsleitung" vor, der die „Personalzuständigkeit“ des General Managers belegen soll. Dieser Schriftwechsel ist für die Statusbeurteilung der Beteiligten zu 3) ohne Belang. Unabhängig davon gehört es auch nicht zu den originären Aufgaben einer Personalleiterin, das Einnisten eines Taubenpaares im Bereich der Warenannahme zu verhindern (Beispiel 11) oder sich um ein Regal zu kümmern, das im Kühlhaus eingestürzt ist (Beispiel 9).

III.  Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien der §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigen könnte, besteht nicht.



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