Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Urteil vom - Az: 6 Sa 68/13

Zur persönlichen Haftung eines GmbH-Geschäftsführers für Vergütungsansprüche

(1.) Der Geschäftsführer einer GmbH haftet grundsätzlich nicht persönlich. Die Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft ist auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt (§ 13 Abs. 2 GmbHG ).

(2.) Tritt ein Geschäftsführer oder ein Gesellschafter für eine Gesellschaft auf, nimmt er in der Regel nur normales Verhandlungsvertrauen in Anspruch.
Dagegen kommt eine Eigenhaftung in Betracht, wenn er Erklärungen abgegeben hat, die als selbstständiges Garantieversprechen aufgefasst werden können.

Gibt ein Gesellschafter Erklärungen über die weitere (positive) wirtschaftliche Entwicklung der GmbH ab, so gibt er hiermit nicht zu erkennen, selbst haften zu wollen.

(3.) Ein Schuldverhältnis kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen (§311 III BGB). Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

Ein besonderes Vertrauen entsteht nicht dadurch, dass auf dem Geschäftspapier einer noch nicht im Handelsregister eingetragenen GmbH seitlich die Handelsregisterdaten einer anderen GmbH aufgedruckt sind, auch wenn die Geschäftsführer beider GmbHs identisch sind.

(4.) Schadensersatz aus unerlaubter Handlung kann insbesondere dann verlangt werden, wenn der Geschäftsführer einen Eingehungsbetrug begangen hat, wofür jedoch die strafrechtlichen Voraussetzungen des Betrugs (§263 StGB) erfüllt sein müssen.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 05. Dezember 2012 - 6 Ca 265/12 P - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die persönliche Haftung des Beklagten für Vergütungsansprüche der Klägerin.

Die Klägerin war seit dem 01. Januar 2010 kraft schriftlichen Arbeitsvertrages vom 21. Dezember 2009 bei der  d. GmbH zu einem monatlichen Festgehalt von 1.200,- Euro brutto als kaufmännische Angestellte beschäftigt.

Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses wurde die Klägerin nicht vereinbarungsgemäß vergütet. Nachdem sie die Vergütung für Januar 2010 bis dahin nur in Teilbeträgen erhalten hatte, machte die Klägerin mit Schreiben vom 28. April 2010 unter Bezugnahme auf eine arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfrist ihre Lohnansprüche für Februar, März und April 2010 gegenüber der  d. GmbH geltend. Der Beklagte, damaliger Geschäftsführer der  d. GmbH, übergab der Klägerin, die von ihm Ende April 2010 den Restlohn Januar 2010 erhalten hatte, am 27. Mai 2010 einen Betrag von 1.200,00 Euro als Vergütung für Februar 2010 und Teilvergütung März 2010, deren Erhalt die Klägerin gegenüber der dt-wohnen GmbH quittierte. Mit Schreiben vom 31. Mai 2010 erklärte der Beklagte für die  d. GmbH, die bezifferten Vergütungsansprüche bis einschließlich Mai 2010 würden ebenso wie die folgenden Löhne anerkannt, ohne dass es weiterer schriftlichen Mahnungen bedürfe.

Am 30. Juni 2010 kündigte die  d. GmbH das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis fristlos. Mit rechtskräftigem Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 05. August 2010 wurde feststellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet worden ist. Am 23. Juli 2010 wurde über das Vermögen der  d. GmbH das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet. Am 24. Mai 2011 wurde das Insolvenzverfahren mangels Masse eingestellt und die Gesellschaft am 31. Oktober 2011 wegen Vermögenslosigkeit gelöscht.

Die Klägerin hat am 10. Mai 2012 vorliegende Klage beim Arbeitsgericht erhoben, mit der sie den Beklagten als damaligen Geschäftsführer der  d. GmbH unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen ihrer Vergütungsansprüche ab Juni 2010 in persönlicher Haftung in Anspruch nimmt und zugleich die Begleichung außergerichtlicher Anwaltskosten und die Feststellung begehrt, dass die Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung bestehen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, sie habe von Anfang an keine korrekten Lohnabrechnungen erhalten. Der Beklagte hafte als Geschäftsführer der  d. GmbH persönlich im Wege der Durchgriffshaftung für ihre Lohnansprüche sowohl aus in Anspruch genommenem Vertrauen, als auch aus unerlaubter Handlung. Er habe die  d. GmbH, deren Gesellschaftsvertrag am 29. Januar 2010 notariell beurkundet worden und die am 26. Februar 2010 im Handelsregister eingetragen worden sei, gegründet, obwohl er - sich seit 2007 im Verbraucherinsolvenzverfahren befindend - zuvor wohl faktischer Geschäftsführer der von seiner Mutter, einer berufsunfähigen bzw. erwerbsunfähigen Friseurmeisterin, gegründeten C. Immobilien GmbH gewesen sei, über deren Vermögen am 28. Februar 2011 das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet worden sei, weil die Gesellschaft, die keine Mitarbeiter gehabt habe, von Anfang an in wirtschaftlich schlechtem Zustand gewesen sei, wobei die Mutter des Beklagten bereits am 30. November 2009 eine Eidesstattliche Versicherung gegenüber 11 Gläubigern abgegeben habe und Mitte November bzw. Ende Dezember 2009 die Geschäftskonten gekündigt worden seien. Ein Geschäftsbetrieb der  d. GmbH habe eigentlich nie stattgefunden, da sich nach Einschätzung der Mitarbeiter nur ein einziger Kunde gefunden habe. Die Stammeinlage habe der Beklagte nicht, zumindest nicht vollständig gezahlt. Ihr Arbeitsvertrag sei auf Geschäftspapier der  d. GmbH geschlossen worden, an dessen Seite jedoch die Handelsregisterdaten der C. Immobilien GmbH gedruckt gewesen seien, offenbar, weil die  d. GmbH zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingetragen gewesen sei. Die Klägerin trägt vor, ihr Januar-Lohn sei sozusagen abgestottert worden und der Beklagte habe die Mitarbeiter im Februar und März 2010 wegen der ausstehenden Bezahlung damit vertröstet, dass noch Geldeingänge von Kunden zu erwarten seien, was spätestens ab April keiner mehr geglaubt habe. Der Beklagte habe dann im April 2010 erklärt, er werde persönlich dafür sorgen, dass sie ihr Geld erhalte, aus diesem Grunde habe er sich um einen Kredit bei einer auswärtigen Bank bemüht und er rechne in Kürze mit einem positiven Ergebnis, außerdem verlagere er die Geschäftstätigkeit auf Hausrenovierungen (obwohl die Firma hierzu überhaupt nicht ausgestattet gewesen sei). Nach ihrem Schreiben vom 28. April 2010 wegen der Verfallfristen habe der Beklagte gesagt, sie könne sich auf ihn persönlich verlassen, die Sache sei ihm wegen der bestehenden guten Bekanntschaft zwischen ihren Eltern schon peinlich genug, und er habe aus seinem eigenen Geldbeutel noch den Restlohn für Januar 2010 gegeben. Letztlich habe keine Bank dem Beklagten für die beiden Firmen einen Kredit gegeben und die  d. GmbH habe keinerlei Einnahmen erzielt. Nachdem sie dem Beklagten im Mai 2010 gesagt habe, ohne Geld könne sie nicht leben, habe er ihr versprochen, er werde sich darum kümmern und irgendwo Geld organisieren, dazu sehe er sich persönlich in der Pflicht. Der ihr am 27. Mai 2010 überreichte Betrag von 1.200,00 Euro habe nicht aus Mitteln der  d. GmbH gestammt. Der Beklagte habe damit persönliches Vertrauen in Anspruch genommen, aber nicht erfüllt. Er schulde ihr daher Schadensersatz, welcher der im Einzelnen aufgeschlüsselten Vergütung von Juni 2010 bis einschließlich Juli 2011 (gemeint wohl Juni 2010 bis April 2012) abzüglich erhaltener Leistungen von Behörden (Insolvenzausfallgeld und Leistungen nach SGB II) entspreche und zudem die angefallenen außergerichtlichen Anwaltskosten.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

den Beklagten zu verurteilen an die Klägerin 14.844,29 Euro nebst Zinsen aus 6.688,04 Euro in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.04.2012 und aus 8.156,25 Euro seit dem 07.06.2012 zu zahlen,

den Beklagten zu verurteilen, nicht erstattbare außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 603,93 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.04.2012 sowie weitere 718,40 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.09.2012 zu zahlen,

es wird festgestellt, dass die Ansprüche aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung bestehen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, seine persönliche Haftung sei nicht gegeben, da er zu keinem Zeitpunkt zugesagt habe, persönlich für das Geld der Klägerin einstehen zu wollen. Der Vortrag bezüglich der C. Immobilien GmbH sei unerheblich, die Klägerin habe ein Arbeitsverhältnis mit der  d. GmbH gehabt, die ordnungsgemäß gegründet worden, deren Stammeinlage gezahlt worden sei und die auch Geschäftstätigkeit entfaltet habe. Dass letztendlich Insolvenz habe angemeldet werden müssen, habe aus der schlechten Wirtschaftslage resultiert. Weder aus dem Schreiben vom 28. April 2010, noch aus der Quittung vom 27. Mai 2010 ergebe sich seine persönliche Haftung. Er habe zu keinem Zeitpunkt persönliches Vertrauen in Anspruch genommen, sämtliche vertraglichen Beziehungen seien zwischen der Klägerin und der  d. GmbH gelaufen, deren schlechte wirtschaftliche Lage der Klägerin im April 2010, spätestens jedoch bei Einleitung des Insolvenzantragsverfahrens bekannt gewesen sei.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - hat die Klage mit Urteil vom 05. Dezember 2012 (Bl. 88 - 98 d. A.), auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, abgewiesen und zur Begründung angeführt, die Klage sei zwar insgesamt zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin habe weder einen vertraglichen Anspruch auf Schadensersatz ausreichend dargelegt, noch habe sie einen Anspruch aus Verletzung vertraglicher Nebenpflicht nach § 280 Abs. 1, 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB, da keinerlei Anhaltspunkte bestünden, dass der Beklagte besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen habe. Auch die Voraussetzungen eines Anspruchs wegen unerlaubter Handlung oder wegen sittenwidriger Schädigung habe die Klägerin nicht substantiiert dargelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 93 ff. d. A. Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 22. Januar 2013 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 08. Februar 2013, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 14. Februar 2013, Berufung eingelegt und diese mit am 06. März 2013 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 05. März 2013 begründet.

Die Klägerin macht mit der Berufungsbegründung, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 125 ff. d. A.), im Wesentlichen geltend,

der Beklagte hafte ausnahmsweise persönlich, weil er erklärt habe, er werde persönlich dafür sorgen, dass sie ihr Geld bekomme. Auch wenn sie sich im Juni 2010 geweigert habe, auf eigene Kosten für die  d. GmbH nach L zu fahren, habe sie doch dem Wochen vorher abgegeben Garantieversprechen des Beklagten vertraut, das dann in den Monaten April bis Juni 2010 enttäuscht worden sei. Dieser zeitliche Ablauf widerspreche der Wertung des Arbeitsgerichts, es habe kein Garantieversprechen gegeben. Auch liege eine betrugsrelevante Täuschungshandlung vor, weil der Beklagte zu einer Zeit, als der Lohn bereits sehr schleppend gezahlt, ein Rückstand aufgebaut gewesen sei und die Geschäfte der Firma nicht so gelaufen seien, dass aus den Firmeneinnahmen der Lohn hätte bedient werden können, sie dennoch dazu bewogen habe, weiterzuarbeiten mit der Aussage, sie könne sich auf ihn verlassen, er werde persönlich dafür sorgen, dass sie ihr Geld erhalte. Hiergegen spreche auch nicht, dass der Beklagte für den übergebenen Geldbetrag im Mai 2010 eine Quittung für die  d. GmbH habe ausstellen lassen, da in erster Linie entscheidend sei, dass das übergebene Geld vom Beklagten selbst gekommen sei. Auch eine Haftung wegen unerlaubter Handlung infolge Betrugs könne eigentlich nicht verneint werden, weil er sich ihre Arbeitsleistung erschlichen habe. Obwohl weder der Beklagte, noch seine Firmen etwas gehabt hätten, habe er mit ihr einen Arbeitsvertrag geschlossen, sei absehbar mit der Zahlung des Arbeitslohns in Verzug geraten und habe dann versprochen, persönlich dafür gerade zu stehen, dass sie nicht nur für die in der Vergangenheit geleistete Arbeit Geld bekomme, sondern auch für zukünftig zu erbringende Arbeit, weshalb sie weitergearbeitet habe.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens -, Aktenzeichen 6 Ca 265/12 vom 05. Dezember 2012, wird

der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 14.844,29 Euro nebst Zinsen aus 6.688,04 Euro in Höhe von Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.04.2012 und aus 8.156,25 Euro seit dem 07.06.2012 zu zahlen,

der Beklagte verurteilt, nicht erstattbare außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 603,93 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.04.2012 sowie weitere 718,40 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit 24.09.2012 zu zahlen,

es wird festgestellt, dass die Ansprüche aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung bestehen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe der Berufungserwiderung vom 10. April 2013 (Bl. 142 ff. d. A), auf die ergänzend Bezug genommen wird, und trägt im Wesentlichen vor,

ein Garantieversprechen oder eine Zusage, er wolle persönlich für das Geld der Klägerin einstehen, sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Ihm könne nicht der Vorwurf gemacht werden, dass er sich als Geschäftsführer bemüht habe, dass die Firma der Klägerin ihren Lohn ausbezahle, der nach ihrem eigenen Vortrag die schlechte wirtschaftliche Lage der Firma bekannt gewesen sei. Insbesondere nach Eröffnung der Insolvenz sei nicht ersichtlich, welches die Vertrauen die Klägerin noch gehabt haben solle, für die Firma zu arbeiten. Die Klage sei auch der Höhe nach unschlüssig bzw. mangels Aktivlegitimation abzuweisen, da ihre Zusammensetzung nicht nachvollziehbar sei und die Klägerin nicht angegeben habe, inwieweit welche Leistungen sie ab Insolvenzeröffnung von dritter Seite erhalten habe.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes des zweitinstanzlichen Verfahrens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 07. Mai 2013 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.  Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit zutreffenden Erwägungen abgewiesen.

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe b ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 22. Januar 2013 mit am 14. Februar 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 08. Februar 2013 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) und mit Schriftsatz vom 05. März 2013, bei Gericht eingegangen am 06. März 2013, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO).

II. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da sie unbegründet ist.

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe ihrer Vergütungsansprüche gegen die  d. GmbH für die Monate Juni 2010 bis April 2012. Sie hat weder die Voraussetzungen eines vertraglichen Anspruchs gegen den Beklagten schlüssig vorgetragen, noch die Voraussetzungen einer Haftung des Beklagten aus unerlaubter Handlung schlüssig dargelegt. Da bereits kein Anspruch dem Grunde nach besteht, kann dahinstehen, ob die Klägerin ihre Ansprüche der Höhe nach zutreffend bemessen hat.

1.1. Der Geschäftsführer einer GmbH haftet grundsätzlich nicht persönlich. Die Haftung für Verbindlichkeiten der Gesellschaft ist nach § 13 Abs. 2 GmbHG auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt. Den Geschäftsführer trifft nur in den Fällen eine Eigenhaftung, in denen ein besonderer Haftungsgrund vorliegt (vgl. BAG 12. April 2011 - 9 AZR 36/10 - Rn. 42, 21. November 2006 - 9 AZR 206/06 - Rn. 21, jeweils zitiert nach juris). Dass ein solcher Haftungsgrund gegeben ist, hat die Klägerin nicht schlüssig vorgetragen.

1.2. Der Beklagte haftet nicht aus Vertrag.

1.2.1. Eine Eigenhaftung des Beklagten als Geschäftsführer kraft vertraglicher Vereinbarung kommt nach dem Vorbringen der Klägerin nicht in Betracht.

a) Tritt ein Geschäftsführer oder ein Gesellschafter für eine Gesellschaft auf, nimmt er in der Regel nur normales Verhandlungsvertrauen in Anspruch (BGH 6. Juni 1994 - II ZR 292/91 - Rn. 19, zitiert nach juris). Sein allgemeines Interesse als Geschäftsführer oder Gesellschafter am Erfolg seines Unternehmens begründet keine Eigenhaftung. Auch wenn er den Verhandlungspartner durch positiv täuschendes Verhalten schädigt, haftet er in der Regel nicht persönlich. Dagegen kommt eine Eigenhaftung in Betracht, wenn er Erklärungen abgegeben hat, die als selbstständiges Garantieversprechen aufgefasst werden können (vgl. BAG 18. August 2011 - 8 AZR 220/10 - Rn. 27 mwN; zitiert nach juris).

b) Die Klägerin hat nicht schlüssig vorgetragen, dass der Beklagte vorliegend hinsichtlich ihrer Vergütungsansprüche für die Monate Juni 2010 bis April 2012 ausdrücklich oder konkludent Erklärungen abgegeben hat, die seine Eigenhaftung in Abweichung zu § 13 Abs. 2 GmbHG rechtfertigen würden.

Die streitgegenständlichen Ansprüche der Klägerin scheitern für die Monate, in denen sie nicht mehr gearbeitet hat, bereits daran, dass nicht ersichtlich ist, dass der Beklagte irgendwelche Zusagen bezüglich dieser Lohnansprüche gemacht hätte. Soweit die Klägerin zuletzt erstmals mit der Berufungsbegründungsschrift vorgetragen hat, der Beklagte habe versprochen persönlich dafür gerade zu stehen, dass sie nicht nur für die in der Vergangenheit geleistete Arbeit, Geld bekomme, sondern auch für zukünftig zu erbringende Arbeit, fehlt es dieser pauschalen Behauptung an nachvollziehbarem Tatsachengehalt. Es nicht erkennbar, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Situation der Beklagte eine solche Erklärung abgegeben haben soll.

Auch für die vorangegangenen Monate fehlt es an einem Garantieversprechen des Beklagten, aus dem Rechtsfolgen für die Zukunft hergeleitet werden könnten. Wenn die Klägerin vorträgt, der Beklagte habe im April 2010 erklärt, er werde persönlich dafür sorgen, dass sie ihr Geld erhalte, liegt ein Garantieversprechen hierin nicht. Die Klägerin hat angegeben, der Beklagte habe in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, er werde sich um einen Kredit bemühen und zudem das Geschäftsfeld der Firma verändern. Damit hat der Beklagte zu erkennen gegeben, dass er Erklärungen über die weitere wirtschaftliche Entwicklung der  d. GmbH abgibt, nicht jedoch, dass er persönlich und in jedem Fall für die Forderungen der Klägerin einstehen wolle. Eine Zusage dergestalt, die bis zu diesem Zeitpunkt aufgelaufenen und in Zukunft auflaufenden Lohnforderungen würden in jedem Fall, im Zweifel von ihm selbst, erfüllt, liegt damit nicht vor und zwar auch dann nicht, wenn die vom Beklagten bestrittene klägerische Behauptung zutreffend sein sollte, der Beklagte habe gesagt, sie könne sich auf ihn persönlich verlassen, die Sache sei ihm wegen der Bekanntschaft ihrer Eltern schon peinlich genug. Der Beklagte war zur uneingeschränkten Erfüllung der Lohnansprüche auch nur bis Mai und Juni 2010, geschweige denn eventueller Annahmeverzugslohnansprüche für die Zukunft aus eigenen Mitteln erkennbar nicht willens und/oder in der Lage. Dies zeigte sich im Übrigen auch daran, dass er der Klägerin Geldbeträge immer nur anteilig und dann auch nur für längstens fällige Vergütungsansprüche überlassen hat. Die Klägerin führt insoweit selbst an, der Beklagte habe im Mai 2010 erklärt, er wolle irgendwo Geld organisieren, was ersichtlich gegen seine Solvenz und einen etwaigen persönlichen Bindungswillen sprach. Dass es sich bei den Zahlungen des Beklagten um Erfüllungshandlungen der  d. GmbH und nicht um die Begleichung eigener Schulden handeln sollte, ergibt sich - worauf das Arbeitsgericht zutreffend abstellt - bereits daraus, dass der Beklagte sich die Zahlungen von der Klägerin gegenüber der  d. GmbH hat quittieren lassen.

1.2.2. Der Beklagte haftet auch nicht wegen Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht gemäß § 280 Abs. 1, 311 Abs. 3, 241 Abs. 2 BGB. Er hat gegenüber der Klägerin kein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen.

a) Ein Schuldverhältnis kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen (§ 311 Abs. 3 Satz 1 BGB). Ein solches Schuldverhältnis entsteht nach § 311 Abs. 3 Satz 2 BGB insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst. Bei der im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung in § 311 Abs. 3 BGB geregelten Sachwalterhaftung handelt es sich um eine Ausprägung der Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss (vgl. BGH 12. Januar 2011 - VIII ZR 346/09 - Rn. 13; zitiert nach juris). Ein Vertreter haftet danach lediglich ausnahmsweise persönlich, wenn er dem Vertragsgegenstand besonders nahesteht und bei wirtschaftlicher Betrachtung gewissermaßen in eigener Sache handelt oder er gegenüber dem Verhandlungspartner in besonderem Maß persönliches Vertrauen in Anspruch genommen und damit die Vertragsverhandlungen beeinflusst hat (BAG 12. April 2011 - 9 AZR 36/10 -, 21. November 2006 - 9 AZR 206/06 - Rn. 22; jeweils zitiert nach juris).

b) Dem Vortrag der Klägerin lässt sich nicht entnehmen, dass der Beklagte zu irgendeinem Zeitpunkt bei den Vertragsverhandlungen anlässlich des Abschlusses des Arbeitsvertrages im Dezember 2009 ihr gegenüber besonderes Vertrauen in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsabschluss beeinflusst hätte. Darauf, dass das Geschäftspapier der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht im Handelsregister eingetragenen  d. GmbH seitlich die Handelsregisterdaten der C. Immobilien GmbH aufwies, lässt sich ein derartiges besonderes Vertrauen in den Beklagten persönlich nicht stützen. Die Klägerin hat auch keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, die darauf schließen lassen, dass der Beklagte - obwohl er von Anfang an davon ausgegangen ist oder ausgehen musste, dass der Geschäftsbetrieb der  d. GmbH nicht würde erfolgreich anlaufen können - der Klägerin unter Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens Gegenteiliges vorgespiegelt hat. Dagegen spricht bereits, dass auch die Klägerin von zumindest einem Kunden der  d. GmbH ausgeht und ein Insolvenzverfahren erst mehr als ein halbes Jahr nach Aufnahme des Geschäftsbetriebes eingeleitet worden ist. Die weiter von der Klägerin angeführten Tatsachen begründen die Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens nicht, weil es sich sämtlich um Verhaltensweisen des Beklagten nach Vertragsschluss handelt. Unabhängig davon hat der Beklagte auch später besonderes Vertrauen der Klägerin aus den unter 1.1.2. a) (2) dargestellten Gründen. auf die verwiesen wird, nicht in Anspruch genommen.

1.3. Der Beklagte haftet auch nicht aus unerlaubter Handlung.

1.3.1 Das Arbeitsgericht geht zu Recht davon aus, dass Ansprüche nach § 823 Abs. 1 BGB wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger widerrechtlicher Verletzung der in der Vorschrift genannten Rechtsgüter und aus § 826 BGB aufgrund vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung ausscheiden. Die Berufungskammer folgt insoweit den Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die Berufung wendet sich gegen die diesbezüglichen Ausführungen des angefochtenen Urteils nicht.

1.3.2. Die Klägerin kann Vergütung für die Monate Juni 2010 bis April 2012 auch nicht als Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 263 StGB verlangen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin einen Betrug, § 263 StGB, begangen hat, der in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB einen Schadensersatzanspruch begründen würde (vgl. BAG in st. Rspr. zB 24. September 1974 - 3 AZR 589/73 - Rn. 13, zitiert nach juris).

a) Der objektive Betrugstatbestandes nach § 263 StGB erfordert die Tatbestandsmerkmale Täuschung, Irrtum, Vermögensverfügung und Vermögensschaden. Die Täuschung des Täters muss den Irrtum des Getäuschten hervorrufen, der Irrtum zu einer Vermögensverfügung und diese dann zu einem Vermögensschaden führen. Alle Merkmale des objektiven Tatbestandes müssen in einem kausalen und funktionalen Zusammenhang zueinander stehen. Subjektiv muss die Absicht bestehen, sich oder einem anderen hierdurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 02. Oktober 2009 - 22 Sa 579/09 - Rn. 34; vgl. auch BAG 21. November 2006 - 9 AZR 206/06 - Rn. 32; jeweils zitiert nach juris).

b) Vorliegend sind diese Voraussetzungen nicht gegeben.

(1) Dem Beklagten ist kein Eingehungsbetrug bei Abschluss des Arbeitsvertrages vorzuwerfen, da es insoweit bereits an einer Täuschungshandlung fehlt. Die Klägerin behauptet selbst kein Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen, das sie zum Abschluss des Arbeitsvertrages bewogen hätte. Dass die  d. GmbH zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht im Handelsregister eingetragen war, genügt hierfür nicht; unstreitig ist eine Eintragung der Gesellschaft zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, dass für den Beklagten bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages ersichtlich war, dass ein wirtschaftlicher Erfolg der d. GmbH keinesfalls zu erwarten war, der Beklagte der Klägerin daher falsche Tatsachen vorgespiegelt hat und ein Eingehungsbetrug anzunehmen wäre. Dass die Klägerin nicht darüber informiert wurde, dass die von der Mutter des Beklagten gegründete GmbH sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, konnte eine Täuschungshandlung des Beklagten gegenüber der Klägerin hinsichtlich des mit der  d. GmbH abgeschlossenen Arbeitsvertrages nicht begründen.

(2) Auch zu einem späteren Zeitpunkt ist ein Betrugstatbestand nicht verwirklicht. Selbst wenn man annehmen wollte, dass der Beklagte die Klägerin im April oder Mai 2010 über die wirtschaftliche Situation der  d. GmbH getäuscht und eine Vermögensverfügung der Klägerin darin sehen wollte, dass diese deshalb ihre Arbeitskraft weiter zur Verfügung gestellt hat, ist der von der Klägerin vorliegend geltend gemachte Schaden hierdurch nicht entstanden. Hätte die Klägerin - wie von ihr angedeutet - ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich ihrer Arbeitskraft ausgeübt, wäre sie mit ihren Lohnansprüchen gegenüber der zahlungsunfähigen  d. GmbH dennoch ausgefallen, weshalb es an der erforderlichen Kausalität fehlt. Unabhängig davon macht die Klägerin vorliegend überwiegend Vergütungsansprüche für Monate geltend, in denen sie ohnehin keine Arbeitsleistung mehr erbracht hat, so dass es insoweit auch an einer Vermögensverfügung fehlt.

2. Ein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 603,93 Euro bzw. 718,40 Euro besteht nicht. Hiervon geht das Arbeitsgericht zutreffend aus. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich die Berufungskammer anschließt, folgt aus § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG nicht nur ein Ausschluss des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs aus § 91 ZPO. Die Vorschrift erfasst auch materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche wie Schadensersatzansprüche oder Ansprüche auf Verzugsschaden (BAG 11. März 2008 - 3 AZN 1311/07 - Rn. 6, 27. Oktober 2005 - 8 AZR 546/03 - Rn. 32, 30. April 1992 - 8 AZR 288/91 - Rn. 15; jeweils zitiert nach juris).

3. Der Feststellungsantrag zu 3) der Klägerin ist als titelergänzende Feststellungsklage (vgl. BGH 26. September 2002 - IX ZB 180/02 - Rn. 6, zitiert nach juris; MünchKomm Smid - 4. Auflage 2012 § 850 f Rn. 18) zulässig, in der Sache jedoch nicht erfolgreich. Der Klägerin stehen Ansprüche aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung aus den dargestellten Gründen gegen den Beklagten nicht zu.

B.  Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.



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