Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Urteil vom - Az: 6 Sa 357/13

Zur personenbedingten Kündigung wegen Minderleistung

(1.) Eine personenbedingte Kündigung kann sozial gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Sphäre liegen, jedoch nicht von ihm verschuldet sein müssen, zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht mehr in der Lage ist. In diesen Fällen liegt in der Regel eine schwere und dauerhafte Störung des Austauschverhältnisses vor, ohne dass dem Arbeitnehmer eine Vertragsverletzung vorzuhalten wäre. Der Arbeitnehmer unterschreitet die nicht zur Vertragsbedingung erhobene berechtigte Erwartung des Arbeitgebers von einem ausgewogenen Verhältnis von Leistung und Gegenleistung.

(2.) Für eine personenbedingte Kündigung kommt es darauf an, ob die Arbeitsleistung die berechtigte Gleichwertigkeitserwartung des Arbeitgebers in einem Maße unterschreitet, dass ihm ein Festhalten an dem (unveränderten) Arbeitsvertrag unzumutbar wird. Darüber hinaus setzt die Kündigung stets voraus, dass auch für die Zukunft nicht mit einer Wiederherstellung des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung zu rechnen ist und kein milderes Mittel zur Wiederherstellung eines Vertragsgleichsgewichts zur Verfügung steht.

(3.) Im Prozess hat der Arbeitgeber im Rahmen der abgestuften Darlegungslast zunächst nur die Minderleistung vorzutragen. Ist dies geschehen, so muss der Arbeitnehmer erläutern, warum er trotz unterschiedlicher Leistungen seine Leistungsfähigkeit ausgeschöpft bzw. woran die Störung des Leistungsgleichgewichts liegen könnte und ob in Zukunft eine Besserung zu erwarten ist.

(4.) Auch wenn es grundsätzlich bei personenbedingten Kündigungen einer vorherigen Abmahnung nicht bedarf, ist der Arbeitgeber bereits aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes jedenfalls gehalten, den Arbeitnehmer auf ein Leistungsdefizit hinreichend aufmerksam zu machen.
Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn ein derartiger Hinweis nicht erfolgversprechend gewesen wäre.

Im vorliegenden Fall möchte ein Arzt festgestellt wissen, dass die ihm gegenüber ausgesprochene Änderungskündigung, durch die er vom Oberarzt zum Facharzt degradiert wurde, ungerechtfertigt war. Begründet hatte der Arbeitgeber die Änderungskündigung mit der mangelnden fachlichen Qualifikation des Klägers für die Tätigkeiten eines Oberarztes.
Das Gericht hat der Klage stattgegeben. Mangels Abmahnung komme vorliegend nur eine personenbedingte, nicht aber eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht. Die Kündigung sei jedenfalls unverhältnismäßig, da der Kläger nicht hinreichend über sein Leistungsdefizit informiert wurde. Außerdem habe der Arbeitgeber kein erhebliches Leistungsdefizit dargelegt, welches das weitere Festhalten am unveränderten Arbeitsvertrag unzumutbar mache.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 23. Mai 2013 - 3 Ca 2324/12 - wird, soweit sie sich gegen ihre Verurteilung zur Erteilung eines Zwischenzeugnisses richtet, auf ihre Kosten als unzulässig verworfen, im Übrigen wird sie kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer vom Kläger unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung angenommenen Änderungskündigung der Beklagten und um die Erteilung eines Zwischenzeugnisses.

Der am 06. März 1972 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war in der HNO-Klinik der Beklagten vom 01. November 1998 bis 14. September 2005 als Assistenzarzt, ab 15. September 2005 nach abgeschlossener Ausbildung als Facharzt tätig. Von April 2007 bis August 2011 war der Kläger - griechischer Staatsangehöriger - an der Universitätsklinik L und an der Universitätsklinik A beschäftigt. Die Parteien schlossen unter dem 21. Juli/02. August 2011 einen bis 31. März 2012 befristeten Arbeitsvertrag (Bl. 14 f. d. A.; im Folgenden: AV) über eine Tätigkeit des Klägers als wissenschaftlicher Mitarbeiter/Facharzt. Die Parteien vereinbarten neben einer sechsmonatigen Probezeit einzelvertraglich unter anderem die Anwendbarkeit des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Universitätskliniken (TV-Ärzte). Der Kläger wurde in Entgeltgruppe Ä 2, Stufe 2 TV-Ärzte eingruppiert und vergütet. Mit Schreiben vom 15. November 2011 (Bl. 17 d. A.) bestellte die Beklagte den Kläger mit Wirkung vom 01. November 2011 als Oberarzt für den Bereich "computer-assistierte Chirurgie". Der Kläger, der ab diesem Zeitpunkt unstreitig infolge einvernehmlicher Änderung seines Arbeitsvertrages die Tätigkeit eines Oberarztes schuldete, wurde seither nach Entgeltgruppe Ä 3, Stufe 1 TV-Ärzte eingruppiert und vergütet.

Unter dem 28. Dezember 2011 erteilte der Direktor der H-Klinik Prof. Dr. Dr. M dem Kläger eine Beurteilung vor Ablauf der Probezeit (Bl. 18 ff. d. A.). Im dem Kläger eröffneten Beurteilungsbogen ist als Aufgabengebiet und Dienstbezeichnung "wissenschaftlicher Mitarbeiter (Facharzt)" angegeben und die geprüften Punkte (theoretische Fachkenntnisse, Arbeitsbefähigung, Arbeitsquantität, Arbeitsqualität, Zuverlässigkeit und Sozialverhalten) werden ausnahmslos mit "eins" (= erheblich über dem Durchschnitt) bewertet. Weiter ist im Beurteilungsbogen festgehalten, dass nach Auswertung des Beurteilungsbogens eine Übernahme des Mitarbeiters nach Ablauf der Probezeit erwünscht ist. Wegen der weiteren Einzelheiten des Beurteilungsbogens wird auf den Akteninhalt verwiesen. In der Folge wurde der Arbeitsvertrag des Klägers durch Vereinbarung vom 08. März 2012 unbefristet fortgesetzt.

Im Monat August 2012 vergütete die Beklagte den Kläger statt nach Ä 3 Stufe 1 TV-Ärzte lediglich noch nach Ä 2 Stufe 2 TV-Ärzte. Ab August 2012 wurde der Kläger nicht mehr wie zuvor zu Hintergrunddiensten als Oberarzt herangezogen. Nach außergerichtlicher Anmahnung mit Schreiben vom 13. September 2012 durch den Kläger zahlte die Beklagte die Gehaltsdifferenz nach.

Die Beklagte teilte dem bei ihr gewählten Personalrat mit Schreiben vom 14. September 2012 mit, sie beabsichtige, dem Kläger zum Zwecke der Herabgruppierung eine Änderungskündigung auszusprechen, da dieser eingeschränkte operative Fähigkeiten zeige, die es nicht erlaubten, ihn Eingriffe unbeaufsichtigt durchführen zu lassen. Wegen der Einzelheiten der Begründung, die im Wesentlichen einer Mitteilung des Prof. Dr. Dr. M an die Personalabteilung der Beklagten vom 07. September 2012 (Bl. 54 f. d. A.) entspricht, wird auf Bl. 48 ff. d. A. verwiesen. Der Personalrat widersprach der beabsichtigten Maßnahme mit Schreiben vom 21. September 2012.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger mit Schreiben vom 19. November 2012 (Bl. 12 d. A.) ordentlich zum 30. Juni 2013 und bot dem Kläger zugleich an, ab 01. Juli 2013 als Facharzt mit der Eingruppierung Ä 2 Stufe 2 TV-Ärzte beschäftigt zu werden. Zur Begründung der Änderungskündigung gab die Beklagte elementare fachliche Defizite des Klägers an, wegen derer er nicht geeignet sei, als Oberarzt tätig zu sein.

Der Kläger hat die Änderungen nach dem ihm am 24. November 2012 zugegangenen Kündigungsschreiben mit Schreiben vom 30. November 2012 unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung angenommen und am 04. Dezember 2012 beim Arbeitsgericht Mainz Klage auf Feststellung der Sozialwidrigkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen und Erteilung eines Zwischenzeugnisses erhoben. Einen auf Verpflichtung der Beklagten gerichteten weitergehenden Antrag, dem Kläger bis mindestens 30. Juni 2013 das Tragen des Titels HNO-Oberarzt im Intranet und im Übrigen zu ermöglichen, hat der Kläger im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 23. Mai 2013 zurückgenommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, er, der seit 18. September 2008 nach vollzogener Habilitation bei seinem Doktor und Habilvater Prof. Dr. Dr. M berechtigt sei, den akademischen Grad eines Dr. med. habil. zu führen, weise den Vorwurf elementarer fachlicher Defizite als Oberarzt entschieden zurück und sei zudem kein einziges Mal von Prof. Dr. Dr. M oder von seinem Kollegen wegen seiner operativen Fähigkeiten, seines Verhaltens oder angeblicher Minderleistungen gerügt oder gar abgemahnt worden. Dem Einrichtungsleiter sei seine beruflich bedingte längere Unterbrechung der operativen Praxis bekannt gewesen, weshalb er insbesondere in den ersten Monaten nach September 2011 in wenigen schweren Operationen die kollegiale Hilfe seiner fachärztlichen und ärztlichen Kollegen habe erbitten dürfen. Dies entspreche gängiger Praxis. Auch die hervorragende Beurteilung vom 28. Dezember 2011 weise seine Fähigkeiten aus. Die Beklagte spreche ihm völlig unsubstantiiert und generalisierend die Fähigkeit ab, wesentliche Tätigkeiten als Oberarzt erfüllen zu können. Entgegen der Behauptung der Beklagten habe der Oberarzt Dr. B nicht an den von der Beklagten genannten sechs Terminen von ihm als abgeschlossen betrachtete Nasen-Nebenhöhlen-Operationen komplett nachoperieren müssen; Dr. B, ein nun aus Altersgründen ausgeschiedener langjähriger Operateur, sei eine Koryphäe auf dem Gebiet der HNO-Operationen und sei lediglich konsiliarisch und operativ um Hilfe gebeten worden. Selbstverständlich habe er auch Fachärzte und Assistenzärzte beaufsichtigt, vgl. 40 OP-Berichte aus November 2011 bis Juli 2012 (Bl. 137 ff. d. A.). Die weitergehenden Behauptungen der Beklagten, bei mittelschweren und schweren OPs sei ihm regelmäßig ein anderer HNO-Oberarzt zur Seite gestellt worden, der ihn beaufsichtigt, angeleitet und bei Defiziten eingegriffen und die Operationen durchgeführt habe, werde bestritten; dies ergebe sich insbesondere nicht aus der Zusammensetzung der OP-Teams nach der von der Beklagten vorgelegten Operationsliste, zumal er vom 01. November 2011 bis 26. Juli 2012 weitaus mehr als die dort angegebenen 111 OPs absolviert habe. 35 der dort gelisteten angeblich fehlerhaften Operationen hätten im Übrigen vor der Beurteilung vom 28. Dezember 2011 stattgefunden. Acht der 111 Operationen seien von Prof. Dr. Dr. M absolviert worden und von den restlichen 103 Operationen habe er ausweislich der von ihm allein unterzeichneten Operationsberichte (Bl. 243 ff. d. A.) 63 in vorwiegend eigener Verantwortung durchgeführt. Der Kläger trägt vor, er sei weder unsicher bei der Indikationsstellung, noch zu langsam bei Mandeloperationen, auch in der computerassistierten Chirurgie sei ihm kein Fehlverhalten vorzuwerfen. Bis zum Entzug dieser Aufgabe habe er beanstandungsfrei Hintergrunddienst verrichtet und nur ein einziges Mal Dr. B telefonisch zur Rücksprache kontaktiert. Im Übrigen werde bestritten, dass ihm manuelle Fähigkeiten und Geschicklichkeit fehlten und Besserung nicht zu erwarten sei; wie im universitären Bereich üblich, dürfe auch ein Oberarzt noch lernen, weil es keine Oberärzte gebe, die gleichsam mit allen OP-Raffinessen bestückt vom Himmel fielen. Der Kläger hat vorgetragen, auch die Zeugin P aus der Personalabteilung habe ihm im wegen der Vergütungskürzung am 05. September 2012 geführten Gespräch nicht sagen können, was Hintergrund der geplanten Herabstufung sei. Seiner Ansicht nach sei diese schlichtweg dem Umstand geschuldet, dass er Ende Juli 2012 ein Angebot des Einrichtungsleiters Prof. Dr. Dr. M ausgeschlagen habe, vollzeitig in dessen "Privatklinik" (R, M) zu wechseln. Der Kläger hat die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats gerügt.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 19. November 2012, der klägerischen Partei am 24. November 2012 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist,

die beklagte Partei wird verurteilt, der klägerischen Partei ein     Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Verhalten und Leistung erstreckt.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Änderungskündigung sei sozial gerechtfertigt, da der Kläger als HNO-Oberarzt die ungeteilte medizinische Verantwortung und die Aufsichtsfunktion für seinen Bereich wahrnehmen müsse und ihm hierzu auch nach monatelanger Nachschulung dauerhaft die persönliche und fachliche Befähigung fehle. Als einziges rheinland-pfälzisches Universitätsklinikum der Supra-Maximalversorgung müsse ein HNO-Oberarzt bei ihr vor allem mittelschwere und schwere HNO-Operationen eigenständig und selbständig durchführen können. Hierzu sei der Kläger nicht in der Lage. So habe er beispielsweise Nasennebenhöhlen-Operationen am 29. November 2011, 10. April 2012, 17. April 2012, 25. April 2012, 16. Mai 2012 und 24. Mai 2012 irrtümlich als abgeschlossen betrachtet und der ihm beigeordnete Oberarzt Dr. B habe die Patienten komplett nachoperieren müssen. Der Kläger könne Fachärzte und vor allem Assistenzärzte weder beaufsichtigen, noch anleiten, ihm habe vielmehr ausweislich des vorgelegten OP-Katalogs von November 2011 bis Juli 2012 (Bl. 61 ff. d. A.) bei 111 mittelschweren und schweren Operationen regelmäßig - außer bei begrenzter Personaldecke in Einzelfällen - ein anderer HNO-Oberarzt zur Seite gestellt werden müssen, der den Kläger beaufsichtigt, angeleitet und eingegriffen und die Operation durchgeführt habe, wenn der Kläger nicht mehr weiter gewusst oder Fehler gemacht habe. Diese Vorgehensweise könne sich auf Dauer kein Betrieb leisten, zumal die große Unsicherheit und Zögerlichkeit des Klägers beim Operieren so markant sei, dass sie sogar Gesprächsthema bei den OP-Schwestern sei. Selbst bei einfachen Operationen (beispielsweise Mandeloperationen) brauche der Kläger regelmäßig die zwei- bis dreifache Zeit, die ein junger Facharzt aufwende, was für Arbeitgeber und Patienten unzumutbar sei. Der Kläger sei auch bei Indikationsstellungen unsicher und entscheidungsschwach und brauche immer wieder kollegiale Rücksprache und Versicherung; daher sei er auch zum Rufbereitschaftsdienst nicht in der Lage und nur eingeteilt worden, wenn sichergestellt gewesen sei, dass ein anderer Oberarzt außerplanmäßig telefonisch erreichbar gewesen sei. Die Beklagte hat vorgetragen, auch nach monatelanger Nachschulung habe sich die Leistungskurve des Klägers nicht erkennbar oder signifikant verbessert, sondern seine operativen Fähigkeiten seien auf Assistenzarztniveau geblieben. Die Unfähigkeit des Klägers liege in seiner Persönlichkeitsstruktur begründet. Es sei ein alter Erfahrungssatz unter Chirurgen, dass Operateure, die bis zum 40. Lebensjahr eine manuelle Geschicklichkeit nicht in dem notwendigen Maß erworben hätten, diese nicht mehr in suffizientem Maß erlangen könnten. Seine - vom Kläger verniedlichte - mangelnde Befähigung (auch im Bereich der computerassistierten Chirurgie) könne daher nicht ausgeräumt werden. Mit dem Kläger sei über seine Defizite in vielen Gesprächen mit den Oberärzten gesprochen worden und ab Dezember 2011 regelmäßig monatlich, ab Anfang 2012 in mindestens zweiwöchigem Rhythmus von Prof. Dr. Dr. M. Eine Abmahnung sei vor diesem Hintergrund entbehrlich gewesen, da es nicht darum gehe, dass der Kläger sich nicht anstrenge, er könne schlicht nicht. Bei Prof. Dr. Dr. M habe im Übrigen die Erwartung und Hoffnung bestanden, dass die zunächst nicht so klar erkennbaren Defizite des zunächst (auch in der Beurteilung vom 28. Dezember 2011) überschwänglich eingeschätzten Klägers zu überwinden seien; diese Einschätzung habe sich gänzlich zerschlagen. Nach Interessenabwägung sei daher die Änderungskündigung auf den anerkannten Status eines Facharztes gerechtfertigt. Die Behauptungen des Klägers zu einem Wechsel in die Römerwallklinik würden bestritten, hätten jedenfalls keine Rolle bei der Personalmaßnahme gespielt. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Personalrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Dem Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses fehle es derzeit am Rechtsschutzbedürfnis.

Das Arbeitsgericht Mainz hat die Klage mit Urteil vom 23. Mai 2013, wegen dessen Tatbestand auf Bl. 457 bis 467 d. A. verwiesen wird, stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen angeführt, die Änderungskündigung sei nicht aus personenbedingten Gründen gerechtfertigt, da es bereits an der schlüssigen Darlegung einer konkreten Unterschreitung der berechtigten arbeitgeberseitigen Erwartung fehle. Soweit der Kläger unter Anleitung durch Oberärzte oder des Chefarztes operiert habe, sei weder das Verhältnis zu den tatsächlich doch alleine durchgeführten schwierigen Operationen ersichtlich, noch sei erkennbar in    welchem Maß der Kläger während der von der Beklagten genannten 111 Opera-tionen eigenständig operiert habe oder die Hinzuziehung eines weiteren Oberarztes dringend nötig auf Veranlassung der Beklagten erfolgt sei. Chirurgische Fehler seien zu keinem Zeitpunkt ersichtlich und angebliche Minderleistungen beim Zeitaufwand durch den Kläger nicht qualifizierbar. Die Widersprüche im Vortrag der Beklagten setzten sich bei der Perspektive fort. Trotz langjähriger als gut bewerteter Tätigkeit als Facharzt bei der Beklagten werde der Kläger nun auf Assistenzarztniveau eingeschätzt, was nicht zur Bewertung vom 28. Dezember 2011 passe. Insgesamt ließen sich erhebliche Leistungsdefizite des Klägers zwar nicht ausschließen, angesichts der unplausiblen eigenen Änderung der Einschätzung innerhalb kurzer Zeit ohne erkennbaren Übergang von bester Prognose zu diametral entgegengesetzter negativer Prognose lasse sich jedoch eine negative Prognose zur erforderlichen Überzeugung der Kammer nicht feststellen. Auf das mögliche Mittel zur Objektivierung der Prognose, die Erteilung einer Abmahnung, habe die Beklagte verzichtet, ohne dass es ihr gelungen sei, auf andere Weise die Überzeugung der Kammer von einer negativen Prognose entgegen der eigenen früheren Einschätzung zu begründen. Die Beklagte sei zur Erteilung eines Zwischenzeugnisses gemäß § 35 Abs. 2 TV-Ärzte verpflichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 467 ff. d. A. verwiesen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 14. August 2013 zugestellte Urteil mit am   gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 21. August 2013 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 14. November 2013 mit Schriftsatz vom 12. November 2013 (Bl. 497 ff. d. A.), bei Gericht eingegangen am 13. November 2013, begründet.

Die Beklagte begründet ihre Berufung nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründung vom 12. November 2013 und des Schriftsatzes vom 10. Januar 2014 (Bl. 635 ff. d. A.), wegen deren weiterer Einzelheiten auf den Akteninhalt verwiesen wird, im Wesentlichen wie folgt:

das Arbeitsverhältnis sei allein entfristet worden, weil eine weitere Befristung tarifvertraglich nicht mehr möglich gewesen sei. Der Kläger habe als Oberarzt arbeitsvertraglich gemäß § 12 TV-L Ärzte/§ 12 TV-Ärzte Universitätsmedizin Mainz die ungeteilte volle medizinische Verantwortung für schwere und mittelschwere Operationen, müsse Assistenzärzte im Rahmen ihrer Ausbildung (§ 4 Abs. 6 TV-Ärzte Universitätsmedizin Mainz) beaufsichtigen, überwachen und anleiten und Rufbereitschaftsdienst leisten (§ 7 Abs. 6 TV-Ärzte Universitätsmedizin M). Hierzu sei er fachlich und persönlich nicht in der Lage. Die Beklagte wiederholt und vertieft zur Beiordnung von Oberärzten während der Operationen und nicht fachgerecht ausgeführten Operationen (am Beispiel der Nasennebenhöhlen-Operationen), zur OP-Dauer, zur Unsicherheit des Klägers bei der Indikationsstellung und zu den Rufbereitschaftsdiensten ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ergänzend trägt sie vor, aufgrund fehlender Fähigkeiten des Klägers, der nur einfache Operationen entsprechend geringem Facharztstandard durchführen könne (zum Beispiel Mandeloperationen, Endoskopien, Tympanoplastiken Typ I, Septumoperationen und Eingriffe in der Nasenmuschel), sei von vorneherein für Eingriffe höheren Schwierigkeitsgrades (Pansinusoperationen, Neck dissection, Ohroperationen) ein zusätzlicher überplanmäßiger Oberarzt eingeteilt worden, in dessen Beisein der Kläger operiert habe und der die Operationen ggf. übernommen und fertig gestellt habe, um das Operationsziel zu erreichen und Schaden vom Patienten abzuwenden. Es habe sich nicht um konsiliarische oder operative Hilfe gehandelt, was auch die vorgelegte OP-Liste zeige, weiterer Vortrag über die Fehlerhaftigkeit der Arbeitsleistung des Klägers sei ihr und insbesondere den Patienten nicht zumutbar. Sie könne den Kläger nicht alleinverantwortlich einsetzen, um dann dem Gericht den Fehlerquotienten mitzuteilen in Form von Gesundheitsverletzungen oder gar Todesfällen. Lediglich bei einem der 111 Eingriffe (Hörsturz ohne operativen Eingriff im engeren Sinne) habe der Kläger eigenständig gearbeitet, bei allen anderen Eingriffen mit dem Kläger als erstem Operateur habe dieser unter im Einzelnen per Datum namentlich geordneter oberärztlicher Supervision gestanden. An den verbleibenden 34 Operationen sei der Kläger als erster oder zweiter Assistent beteiligt gewesen, was wiederum lediglich seiner Fortbildung gedient habe. Nur ausnahmsweise und in sehr seltenen Fällen habe der Kläger bei hohen OP-Volumen ohne weiteren Oberarzt operiert. Dass der Kläger, der selbst nicht bestreite, dass er die Hilfe von Kollegen gesucht habe, die OP-Berichte geschrieben habe, bedeute nicht, dass er allein verantwortlich gewesen sei; die Erstellung der OP-Berichte sei den überplanmäßigen Operateuren nicht auch noch zuzumuten gewesen. Der Kläger rufe wegen seiner mangelnden Qualifikation während der Rufbereitschaft andere Oberärzte in ihrer Freizeit an und  frage diese um Rat. Auch sei er fachlich nicht fähig, im Bereich computerassistierter Chirurgie zu arbeiten; er habe nicht einmal die technische Funktionsweise der Geräte sicherstellen können. Weiter habe der Kläger Fehler bei der Akkreditierung des Schlaflabors der Beklagten gemacht. Die Beklagte ist der Ansicht, nicht an ihre zunächst falsche Einschätzung der Fähigkeiten des Klägers gebunden zu sein. Sie beruft sich auf die fehlende Aussagekraft der nur undifferenziert bezüglich einer Facharzttätigkeit intern erteilten Beurteilung von 28. Dezember 2011, die gravierenden fachlichen Defizite des Klägers seien zu diesem Zeitpunkt noch nicht ersichtlich gewesen; auch habe der Kläger vor seiner Wiedereinstellung nicht genau angegeben, welche Operationen er in der Vergangenheit durchgeführt habe, sondern habe nur eine Gesamtliste für Operationen in M und in G vorgelegt. Auch die vom Kläger im Rechtsstreit bemühten Zeugnisse vom 26. Januar 2006 (Bl. 236 f. d. A.) und 28. Februar 2008 (Bl. 238 f. d. A.) seien in der Praxis üblich, dem Wohlwollensgrundsatz geschuldet und nicht relevant. Mit dem Kläger hätten im Abstand von 14 Tagen oder drei Wochen Gespräche wegen seiner fehlenden Arbeitsbefähigung stattgefunden (Prof. Dr. Dr. M), immer dann, wenn der Einrichtungsleiter erneut von den assistierenden Oberärzten über notwendige Hilfestellungen informiert worden sei. Auch diese hätten des Öfteren mit dem Kläger gesprochen. Die Beklagte trägt zur Unzumutbarkeit der weiteren Beschäftigung des Klägers als Oberarzt aus wirtschaftlichen und sonstigen Gründen ebenso weiter vor, wie zur Interessenabwägung. Sie ist der Auffassung, eine Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen, da vorliegend eine personenbedingte Kündigung ausgesprochen worden sei. Die Änderungskündigung stelle das mildeste Mittel dar, die Beklagte vertritt darüber hinaus auch zweitinstanzlich die Auffassung, der Personalrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 23. Mai 2013, Az: 3 Ca 2324/12, wird abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderung vom 20. Januar 2013, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 566 ff. d. A. Bezug genommen wird, und trägt zweitinstanzlich im Wesentlichen vor,

der Personalrat sei fehlerhaft beteiligt worden, da er bewusst falsch informiert worden sei. Die Kündigung sei wegen fehlender Abmahnung unwirksam, er habe 2200 Operationen bei der Beklagten vorgenommen, ohne dass Anlass zur Beanstandung bestanden habe, vielmehr sei er noch am 28. Dezember 2011 "in höchsten Tönen" gelobt worden. Die Behauptung, er habe gesagt "ich kann es nicht" sei eine böse Falschdarstellung und werde zurückgewiesen. Alle angeblichen Vorwürfe den operativen Wissensstand oder Indikationsstellung betreffend seien erlernbar und verbesserbar; dass dies bei ihm nicht möglich sei, habe die Beklagte nicht dargelegt. Sie verstricke sich in Widersprüche bezüglich seiner Beurteilung. Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Bestreiten zur fehlenden Selbstständigkeit bei Operationen und bestreitet die Einrichtung eines "überplanmäßigen" Oberarztes. Weiter hält er an seinen Behauptungen zur Rufbereitschaft und Indikationsstellung fest und trägt zudem vor, es habe bis zum Ausspruch der Kündigung keine Weisung des Klinikchefs gegeben, im Bereich der computerassistieren Chirurgie tätig zu werden. Mit der Akkreditierung des Schlaflabors sei er erst am 05. Juni 2013 und damit nach Kündigungsausspruch betraut worden. Hinsichtlich der OP-Liste G/M habe er zu keinem Zeitpunkt unlautere Angaben gemacht, zumal Prof. Dr. Dr. M die von ihm während seiner Ausbildung in M verrichteten Operationen bekannt gewesen seien.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.  Die Berufung der Beklagten ist nur teilweise zulässig. Soweit sie zulässig ist, ist sie nicht begründet.

I.          Die Berufung der Beklagten ist, soweit sie sich gegen die Feststellung des Arbeitsgerichts richtet, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die   Änderungskündigung vom 19. November 2012 sozial ungerechtfertigt sind, zulässig, in der Sache jedoch nicht erfolgreich. Die Berufung war insoweit zurückzu-weisen.

1.         Die Berufung ist hinsichtlich der Änderungskündigung zulässig. Sie ist statthaft, wurde von der Beklagten nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 14. August 2013 mit am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 21. August 2013 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 519 ZPO) und mit am 13. November 2013 eingegangenem Schriftsatz vom 12. November 2013 rechtzeitig und insoweit ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5, § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO).

2.         Die Berufung zur Änderungsschutzklage ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht ist mit zutreffenden Erwägungen davon ausgegangen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 19. November 2012 gemäß § 2 Satz 1, 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt ist. Darauf, ob die Kündigung aus anderen Gründen unwirksam ist, kam es nicht entscheidungserheblich an.

2.1      Der persönliche und betriebliche Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ist gemäß §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG eröffnet. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass bei der Beklagten, dem einzigen Universitätsklinikum in Rheinland-Pfalz regelmäßig - und auch bei Kündigungszugang - mehr als 10 Arbeitnehmer im Sinne des § 23 Abs. 1 KSchG beschäftigt sind.

2.2      Das mit der Kündigung dem Kläger angetragene Änderungsangebot ist nicht "überflüssig" (vgl. dazu BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 -, Rn. 18 ff., 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 -, Rn. 13, im Ergebnis auch 20. Juni 2013 - 2 AZR 396/12 -, Rn. 12; jeweils zitiert nach juris).

2.2.1   Da sich vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen halten, sind sie keine "Änderung der Arbeitsbedingungen" im Sinne von § 2 Satz 1, 4 Satz 2 KSchG. Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor, die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Eine Änderungskündigung ist "überflüssig". Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 -, Rn. 21, 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 -, Rn. 14, zitiert nach juris).

2.2.2   Vorliegend schuldete der Kläger, der mit Arbeitsvertrag vom 02. August 2011 ursprünglich als Facharzt von der Beklagten (wieder) eingestellt worden war, nach unbeschränkter Übertragung der Oberarztfunktionen gemäß der Bestellung vom 15. November 2011 ab diesem Zeitpunkt die Tätigkeit eines Oberarztes. Die Parteien haben insoweit in der Berufungsverhandlung vom 14. Januar 2014 übereinstimmend vorgetragen, dass der Arbeitsvertrag des Klägers einvernehmlich abgeändert wurde. Die Beklagte war daher nicht mehr im Rahmen der Ausübung ihres Direktionsrechts berechtigt, dem Kläger - etwa im Wege korrigierender Rückgruppierung - Tätigkeiten eines hierarchisch untergeordneten Facharztes zuzuweisen. Vor dem Hintergrund der einvernehmlichen Vertragsänderung kann dahinstehen, dass eine bloße Organisationsänderung oder isolierte Verleihung des Oberarztstatus für eine Eingruppierung nach § 12 TV-Ärzte nicht ausreichen würde, sondern allein maßgeblich die auszuübende Tätigkeit ist (vgl. BAG 09. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 -, Rn. 57 f.; zitiert nach juris).

2.3      Nach fristgerechter Klageerhebung binnen drei Wochen nach Kündigungszugang gemäß §§ 4 Satz 2, 1 KSchG durch den Kläger war die Änderungskündigung auf ihre soziale Rechtfertigung zu prüfen. Da der Kläger das Änderungsangebot der Beklagten fristgerecht unter Vorbehalt angenommen hat, streiten die Parteien im Rahmen der Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur noch über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 -, Rn. 20, 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 -, Rn. 13, 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 -, Rn. 17, jeweils zitiert nach juris). Dieser Prüfung hält die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht stand.

2.4      Die Voraussetzungen für eine Änderung der Arbeitsbedingungen nach §§ 2, 1 KSchG liegen nicht vor.

2.4.1.  Bei einer Änderungskündigung müssen Kündigungsgründe iSv § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 bis 3 KSchG das Änderungsangebot des Arbeitsgebers bedingen. Außerdem muss sich der Arbeitgeber darauf beschränken, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (BAG 28. August 2008 - 2 AZR 967/06 -, Rn. 29 mwN, zitiert nach juris). Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise hinnehmen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu prüfen. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle angebotenen Änderungen vorliegen. Ausgangspunkt ist die bisherige vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich von deren Inhalt nicht weiter entfernen, als zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist (BAG 08. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 -, Rn. 18, 15. Januar 2009 - 2 AZR 641/07 -, Rn. 15; jeweils zitiert nach juris).

2.4.2   Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die Beklagte kann sich zur sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen weder auf  einen personenbedingten Kündigungsgrund, noch auf einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund stützen.

a)        Die Änderungen der Arbeitsbedingungen ist nicht aus personenbedingten Gründen gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1, 1. Variante KSchG sozial gerechtfertigt.

aa)      Als personenbedingte Gründe, die eine ordentliche Kündigung nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial rechtfertigen können, sind nur solche Umstände anzuerkennen, die auf einer in den persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers liegenden "Störquelle" beruhen. Eine personenbedingte Kündigung kann sozial gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen, die seiner Sphäre liegen, jedoch nicht von ihm verschuldet sein müssen, zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht mehr in der Lage ist (BAG 11. Dezember 2003 - 2 AZR 667/02 -, Rn. 105, mwN, zitiert nach juris).

In diesen Fällen liegt in der Regel eine schwere und dauerhafte Störung des Austauschverhältnisses vor, ohne dass dem Arbeitnehmer eine Vertragsverletzung vorzuhalten wäre: Die konkrete Vertragspflicht zur Arbeit ist individuell zu bestimmen. Der Arbeitnehmer, der trotz angemessener Bemühung die Normalleistung unterschreitet oder nicht erbringt, verstößt nicht gegen den Vertrag, sondern unterschreitet die nicht zur Vertragsbedingung erhobene berechtigte Erwartung des Arbeitgebers von einem ausgewogenen Verhältnis von Leistung und Gegen-leistung (BAG 11. Dezember 2003 - 2 AZR 667/02 -, Rn. 106 mwN, aaO).

Im Arbeitsverhältnis stehen dem Arbeitgeber zur Reaktion auf derartige Störungen des Austauschverhältnisses, soweit sie aus der Sphäre des Arbeitsnehmers stammen, im Wesentlichen die Vorschriften über die personenbedingte Beendigungskündigung oder Änderungskündigung zu Gebote. Eine personenbedingte Kündigung wegen Minderleistungen setzt deshalb nicht voraus, dass der Arbeitnehmer gegen die subjektiv zu bestimmende Leistungspflicht verstößt. Es kommt darauf an, ob die Arbeitsleistung die berechtigte Gleichwertigkeitserwartung des Arbeitgebers in einem Maße unterschreitet, dass ihm ein Festhalten an dem (unveränderten) Arbeitsvertrag unzumutbar wird. Darüber hinaus setzt die Kündigung aus personenbedingten Gründen stets voraus, dass auch für die Zukunft nicht mit einer Wiederherstellung des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung zu rechnen ist und kein milderes Mittel zur Wiederherstellung eines Vertragsgleichsgewichts zur Verfügung (BAG 11. Dezember 2003 - 2 AZR 667/02 -, Rn. 108 mwN).

Im Prozess hat der Arbeitgeber im Rahmen der abgestuften Darlegungslast zunächst nur die Minderleistung vorzutragen. Ist dies geschehen, so muss der Arbeitnehmer erläutern, warum er trotz unterschiedlicher Leistungen seine Leistungsfähigkeit ausgeschöpft bzw. woran die Störung des Leistungsgleichgewichts liegen könnte und ob in Zukunft eine Besserung zu erwarten ist (BAG 03. Juni 2004 - 2 AZR 386/03 -, Rn. 41, zitiert nach juris).

bb)      Gemessen hieran liegen die Voraussetzungen für eine soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers aus personenbedingten Gründen nicht vor.

(1.)      Die Beklagte hat vorliegend bereits nicht schlüssig dargelegt, dass dem Kläger eine erhebliche Minderleistung vorzuwerfen wäre, die die berechtigte Gleichwertigkeitserwartung der Beklagten in einem Maß unterschreitet, dass ihr ein Festhalten am Arbeitsvertrag im Hinblick auf eine Oberarzttätigkeit des Klägers unzumutbar ist.

(1.1.)   Nach den Darlegungen der Beklagten schuldet der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Oberarzt zum einen die eigenständige Durchführung insbe-sondere schwerer und mittelschwerer Operationen in Wahrnehmung ungeteilter medizinischer Verantwortung. Darüber hinaus ist der Kläger nach dem Vortrag der Beklagten zur Ausbildung von Assistenzärzten in Form der Beaufsichtigung, Überwachung und Anleitung verpflichtet und hat zudem eigenständig Rufbereitschaftsdienste (Hintergrunddienste) abzuleisten. Ausweislich der Bestellung zum Oberarzt vom 15. November 2011 wurde dem Kläger schließlich die computerassistierte Chirurgie übertragen.

(1.2.)   Ausgehend von diesem Anforderungsprofil hat die Beklagte erhebliche Minderleistungen des Klägers, aufgrund derer objektiv davon auszugehen wäre, dass dem Kläger die persönliche und fachliche Befähigung zum Oberarzt fehlt, nicht substantiiert darlegen können. Hiervon ist das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen.

(1.2.1.)           Es ist nicht ersichtlich, dass die Gleichwertigkeitserwartung der Beklagten im Hinblick auf die vom Kläger geschuldeten Operationen in ausreichendem Maß unterschritten worden wäre.

Im Vortrag der Beklagten, aufgrund fehlender Fähigkeiten des Klägers müsse ihm bei mittelschweren und schweren Operationen grundsätzlich ein überplanmäßiger Oberarzt beigeordnet werden, der den Kläger beaufsichtige, anleite und Fehler korrigiere, vermochte die Berufungskammer keine ausreichenden Tatsachen zu erkennen, die die pauschale Behauptung der Beklagten stützen würden, dem Kläger fehle die persönliche und fachliche Befähigung zum Oberarzt. Insbesondere ergeben sich Anhaltspunkte für die von der Beklagten behauptete Unfähigkeit des Klägers zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung von Operationen nicht aus der von ihr vorgelegten Operationsliste (Bl. 61 ff. d. A.). Die bloße Zusammensetzung der Operationsteams allein lässt keine Rückschlüsse auf fehlende Fähigkeiten des Klägers zu. Der Kläger wurde teilweise als Operateur 1 oder 2 (OP 1/OP 2) tätig, teilweise wurde er als Assistent 1 (Ass. 1) geführt. Die von der Beklagten als überplanmäßig bezeichneten Oberärzte werden ihrerseits ebenfalls als Operateur 1 oder Operateur 2 (OP 1/OP 2), teilweise als Assistent 1 oder 2 (Ass. 1/Ass. 2) geführt. Welche Rückschlüsse die unterschiedlichen Einteilungen auf die Leistungen des Klägers während der Operationen im Einzelnen zulassen, erschließt sich der Berufungskammer nicht. Dies gilt umso mehr, als der Kläger bei enger Personaldecke nach den Angaben der Beklagten durchaus - wenn auch in wenigen Ausnahmefällen - ohne weiteren Oberarzt eingeteilt worden ist. Ohne weiteren Vortrag zum Verlauf der Operationen, insbesondere dazu, in welcher Häufigkeit und aus welchen Gründen ein Eingreifen des weiteren Oberarztes zwingend notwendig war, lässt sich eine erhebliche Minderleistung des Klägers nicht verifizieren. Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, dass ihr nicht zumutbar ist, den Kläger alleinverantwortlich einzusetzen, um dessen chirurgische Fehler, welche zwangsläufig mit einer Gesundheitsverletzung der Patienten der Beklagten verbunden wären, abzuwarten. Nichtsdestotrotz wäre der Beklagten die nähere Darlegung der Verläufe einzelner Operationen unter Supervision der überplanmäßigen Oberärzte möglich gewesen, anhand derer - unterstellt der Vortrag der Beklagten erweist sich im Ergebnis als zutreffend - der Berufungskammer die Einschätzung möglich geworden wäre, ob von einer erheblichen Minderleistung des Klägers auszugehen ist. Allein die von der Beklagten ansatzweise geschilderten Nasennebenhöhlenoperationen in vier Fällen genügen nicht, um auf eine Insuffizienz des Klägers im erforderlichen Maß schließen zu können. Gerade der Vortrag der Beklagten, die Operationen des Klägers seien ausschließlich im Beisein eines anderen Oberarztes durchgeführt worden, der gegebenenfalls die Operation übernommen und fertig gestellt habe, zeigt, dass der Kläger jedenfalls offensichtlich nicht durchgehend der Hilfe Dritter bedurfte. Eine Quantifizierung und Qualifizierung der Arbeitsleistungen des Klägers wird durch den Vortrag der Beklagten im Einzelnen nicht ermöglicht.

(1.2.2.)           Die Behauptungen der Beklagten zu fehlenden selbständigen Ableistung von sogenannten Rufbereitschaftsdiensten durch den Kläger vermögen eine erhebliche Minderleistung des Klägers nicht in ausreichendem Maße zu begründen. Soweit die Beklagte vorträgt, der Kläger sei fachlich nicht in der Lage, Rufbereitschaftsdienste zu leisten, weshalb er im Rahmen eines Rufbereitschaftsdienstes selbst andere Oberärzte anrufe und diese um Rat bitte, hat der Kläger, der unstreitig bis Juli 2012 Rufbereitschaftsdienste verrichtet hat, dargelegt, lediglich in einem einzigen Fall den Oberarzt Dr. B konsultiert zu haben. Nähere Darlegungen, wann der Kläger in welchen Fällen welche Oberärzte telefonisch zur Hilfestellung aufgefordert hat, ist die Beklagte schuldig geblieben. Die bloße Behauptung der Beklagten, der Kläger sei nur dann zum Rufbereitschaftsdienst eingeteilt worden, wenn die anderen Oberärzte in ihrer Freizeit freiwillig und überobligatorisch für evtl. Ratschläge zur Verfügung gestanden hätten, kann damit keine Rückschlüsse auf eine erheblich hinter den berechtigten Erwartungen der Beklagten zurückbleibende Leistung des Klägers rechtfertigen.

(1.2.3.)           Auch die Vorwürfe der Beklagten betreffend Fehlleistungen des Klägers im Bereich computerassistierte Chirurgie können die personenbedingte Änderung der Arbeitsbedingungen nicht rechtfertigen. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass dem Kläger die Betreuung der computerassistierten Chirurgie im Rahmen von Operationen übertragen worden wäre. Soweit die Beklagte sich darauf stützt, eine derartige Übertragung sei aufgrund der fehlenden operativen Fähigkeiten des Klägers nicht möglich gewesen, stehen die dortigen Einwendungen (vgl. 1.2.1.) auch vorliegend der Annahme einer erheblichen Minderleistung entgegen. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte den Kläger - unterstellt der Betrieb der Computerassistenzsysteme erfordert eine besondere Qualifikation im OP-Bereich - mit Schreiben vom 15. November 2011 zum Oberarzt in einem Bereich bestellt hat, für den er die erforderliche Qualifikation (zumindest zum damaligen Zeitpunkt) nach Ansicht der Beklagten ersichtlich nicht besaß. Soweit die Beklagte beanstandet, der Kläger sei auch zur Übernahme der rein technischen Aufgabe der Überprüfung der Funktionsfähigkeit bzw. der Vornahme eines Up-Dates der Software nicht in der Lage gewesen, ist sie dem Vortrag des Klägers, die behaupteten Vorwürfe seien zumindest zeitlich nach Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung einzuordnen, nicht entgegengetreten. Auch dieser Vortrag ist bereits deshalb nicht geeignet, die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial zu rechtfertigen.

(1.2.4.)           Die weiteren Beanstandungen der Beklagten hinsichtlich der Arbeitsleistung des Klägers sind nicht zum Nachweis einer Minderleistung in erheblichem Maß geeignet. Soweit die Beklagte dem Kläger Unsicherheit bei der Indikationsstellung vorwirft, fehlt es an substantiiertem Sachvortrag im Einzelnen, der diese pauschale Behauptung einer Überprüfung zugänglich machen würde. Die beklagtenseits bemängelten Fehler bei der Akkreditierung des Schlaflabors sind zur Kündigungsbegründung bereits deshalb nicht geeignet, weil - unterstellt, der Vorwurf wäre zutreffend - die Fehlleistungen des Klägers sich nach dessen unbestrittenem Vortrag erst im Juni 2013 und damit weit nach Kündigungsausspruch ereignet haben.

(2.)      Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass die Beklagte erhebliche Minderleistungen des Klägers dargetan hätte, die ihre berechtigte Gleichwertigkeitserwartung in einem Maße unterschreiten, dass ihr ein Festhalten am Arbeitsvertrag mit dem Kläger als Oberarzt unzumutbar wäre, scheitert die soziale Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen vorliegend auch daran, dass nicht ersichtlich ist, dass auch für die Zukunft nicht mit einer Wiederherstellung des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung zu rechnen wäre.

Der Kläger hat sich vorliegend darauf berufen, dass eventuelle Fehler oder Unsicherheiten im Rahmen seiner Tätigkeit als Oberarzt auf seine Jugend bzw. seine Unerfahrenheit als junger Oberarzt zurückzuführen seien und darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten herangezogenen angeblichen Leistungsmängel infolge zunehmender Erlernbarkeit der Tätigkeit eines Oberarztes zu beseitigen seien. Insoweit hat der Kläger angegeben, seine Kollegen kollegialiter hinzugezogen zu haben.

Diesen Ausführungen des Klägers zur fehlenden negativen Zukunftsprognose ist die Beklagte vorliegend nach Auffassung der Berufungskammer nicht ausreichend entgegengetreten. Sämtliche Vorwürfe der Beklagten stammen aus dem Lei-stungsbereich, ohne dass erkennbar wäre, dass der Kläger aufgrund seiner persönlichen Veranlagung den zu erwartenden Leistungsstandard dauerhaft nicht erreichen könnte. Soweit sie dem Kläger unzureichende Geschwindigkeit bei der Vornahme von Operationen vorwirft, ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen zunehmende Routine des Klägers nicht zu einer Verbesserung führen können soll. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte dem Kläger bereits im Zeugnis vom 26. Januar 2006, an dem sie sich festhalten lassen muss, attestiert hat, ein vorsichtiger, aber geschickter Operateur zu sein. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, warum der Kläger, der während seiner Tätigkeit in Griechenland - der Beklagten bei seiner Wiedereinstellung ausweislich des Schreibens von Prof. Dr. Dr. M vom 07. September 2012 (Bl. 599 d. A.) bekannt - kaum operative Eingriffe durchgeführt hatte, dauerhaft nicht wieder zu dieser Geschicklichkeit zurückfinden können soll. Soweit die Beklagte sich allein darauf beruft, auch nach "mehrmonatiger Nachschulung" sei eine kaum erkennbare Verbesserung zu beobachten (vgl. Anhörung des Personalrats vom 14. September 2012, Bl. 48 d. A.) räumt sie eine Entwicklungsmöglichkeit des Klägers ein. Angesichts der Tatsache, dass zumindest der Kläger nicht davon ausgegangen ist, "nachgeschult zu werden", kann nicht angenommen werden, dass auch für die Zukunft nicht mit einer Wiederherstellung des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung zu rechnen ist. Die pauschale Behauptung der Beklagten, es gebe den Grundsatz unter Chirurgen, dass chirurgisches Geschick lediglich bis zum 40. Lebensjahr erworben werden könne, vermag die fehlende negative Zukunftsprognose nicht in Frage zu stellen. Offenbar ist auch die Beklagte nicht davon ausgegangen, dass der von ihr herangezogene Grundsatz ohne Ausnahmen zutreffend ist. Anderenfalls wäre nicht erklärlich, aus welchen Gründen die Beklagte den Kläger, der nach ihrem Vortrag offensichtlich Mängel in seinen operativen Fähigkeiten aufwies, im November 2011 und damit kurz vor seinem 40. Geburtstag (Anfang März 2012) zum Oberarzt bestellt hat.

(3.)      Die Änderungen der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung vom 19. November 2012 erweist sich darüber hinaus als unverhältnismäßig. Die Beklagte hat sich - da sie nicht schlüssig darlegen konnte, den Kläger auf seine Leistungsde-fizite zumindest hingewiesen zu haben - mit dem Ausspruch der Kündigung in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten gesetzt, weil sie dem Kläger Grund zur Annahme gegeben hat, mit seinen Leistungen zufrieden zu sein.

(3.1.)   Es bedurfte vorliegend keiner Entscheidung, ob in Fällen der personenbedingten Kündigung aus Gründen fehlender Eignung, die sich nicht aus Umständen ableiten lässt, die vom Willen des Arbeitnehmers unabhängig sind, stets eine vorausgehende Abmahnung erforderlich ist (so LAG Mecklenburg-Vorpommern 17. April 2012 - 5 Sa 191/11 -, Rn. 38, zitiert nach juris). Auch wenn es grundsätzlich bei personenbedingten Kündigungen einer vorherigen Abmahnung nicht bedarf, ist der Arbeitgeber bereits aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes jedenfalls gehalten, den Arbeitnehmer auf ein Leistungsdefizit hinreichend aufmerksam zu machen (vgl. BAG 29. Juli 1979 - 3 AZR 50/75 -, Rn. 21, 03. Juni 2004 - 2 AZR 386/03 -, Rn. 45, LAG Hamm 25. September 2012 - 9 Sa 702/12 -, Rn. 84, jeweils zitiert nach juris). Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn ein derartiger Hinweis nicht erfolgversprechend gewesen wäre (vgl. zur Abmahnung: BAG 29. Juli 1976 - 3 AZR 50/75 -, Rn. 22, 18. Januar 1980 - 7 AZR 75/78 -, Rn. 23, LAG Hamm 25. September 2012 - 9 Sa 702/12 -, Rn. 84; jeweils zitiert nach juris).

(3.2.)   Nach diesen Grundsätzen war die Beklagte vorliegend gehalten, den Kläger vor Ausspruch der Änderungskündigung auf seine nach ihrer Auffassung erhebliche Minderleistung hinzuweisen.

(3.2.1)            Die Beklagte hat gegenüber dem Kläger den Anschein erweckt, mit seinen Leistungen nicht unzufrieden zu sein. Sie hat ihn mit Wirkung zum 15. November 2011 zum Oberarzt bestellt, obwohl sie nach eigenem Bekunden zu diesem Zeitpunkt davon ausging, dass der Kläger Leistungsdefizite aufweist, die seiner Befähigung zur Wahrnehmung der Funktion des Oberarztes entgegenstehen. Ca. sechs Wochen nach Antritt seiner Tätigkeit als Oberarzt hat der Einrichtungsleiter der Beklagten Prof. Dr. Dr. M dem Kläger eine Beurteilung erteilt, die ihm - obgleich er noch am selben Tag ausweislich der von der Beklagten vorgelegten OP-Liste zwei Operationen nur "unter Aufsicht" durchgeführt hatte - eine erheblich über dem Durchschnitt liegende Leistung bescheinigte. Dass es sich hierbei nur um eine interne Beurteilung gehandelt hat, kann angesichts der Eröffnung gegenüber dem Kläger, der die Beurteilung unterzeichnet hat, nicht angenommen werden. Auch kann die Beklagte sich nicht darauf zurückziehen, der Kläger sei "als Facharzt" beurteilt worden, da er zu diesem Zeitpunkt unstreitig Leistungen als Facharzt nicht mehr zu erbringen hatte. Der Einwand, die Beurteilung sei nur schematisch (durch einen durchgehenden verbindenden Strich statt durch Ankreuzen der Unterpunkte zur Leistungsbeurteilung) erfolgt und damit nach Auffassung der Beklagten unbeachtlich, verfängt nicht. Schließlich hat die Beklagte das bestehende Probearbeitsverhältnis des Klägers nach fast viermonatiger Tätigkeit als Oberarzt am 08. März 2012 zum 01. April 2012 entfristet, was nur dann sinnvoll erscheint, wenn sie zu diesem Zeitpunkt zumindest noch von einer Entwicklungsfähigkeit des Klägers ausgegangen ist. Nach alledem musste der Kläger jedenfalls nicht annehmen, dass die Beklagte mit seiner Leistung unzufrieden war.

(3.2.2.)           Die Beklagte hat nicht substantiiert dargetan, dass sie die nach ihrer Ansicht unzureichenden Leistungen des Klägers beanstandet hat. Soweit sie behauptet hat, der Einrichtungsleiter Prof. Dr. Dr. M habe den Kläger ab Dezember 2012 monatlich auf seine Insuffizienz hingewiesen, steht dieser behauptete Zeitpunkt der Gespräche bereits im Widerspruch zum weiteren Vortrag der Beklagten, der Kläger sei von Prof. Dr. Dr. M ab Januar 2012 mindestens alle zwei bzw. drei Wochen angesprochen worden. Hinsichtlich der weiter ins Feld geführten Gespräche der übrigen Oberärzte mit dem Kläger mangelt es insgesamt an einer zeitlichen Einordnung. Ungeachtet dessen hat die Beklagte den Inhalt der vom Kläger ausdrücklich in Abrede gestellten Gespräche nicht dargelegt. Die Erhebung der von der Beklagten angebotenen Beweise wäre einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gleichgekommen und kam daher nicht in Betracht.

(3.2.3) Dass ein Hinweis der Beklagten an den Kläger bezüglich seiner mangelnden Arbeitsleistung entbehrlich gewesen wäre, vermochte die Kammer nicht anzunehmen. Aus den dargestellten Gründen (vgl. (2)) ist nicht davon auszugehen, dass eine Entwicklungsmöglichkeit des Klägers nicht vorgelegen hat.

b)        Die Änderung der Arbeitsbedingungen erweist sich auch nicht aus verhaltensbedingten Gründen als sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 Satz 1, 2. Variante KSchG). Jedenfalls vor einer verhaltensbedingten Kündigung wäre die Beklagte gehalten gewesen, dem Kläger gegenüber eine Abmahnung auszusprechen.

B.  Soweit sich die Beklagte infolge ihres unbeschränkten Berufungsantrages auch gegen ihre Verurteilung zur Erteilung eines Zwischenzeugnisses zur Wehr setzt, erweist sich die Berufung bereits mangels ausreichender Berufungsbegründung als unzulässig. Die Berufung war insoweit zu verwerfen.

1.         Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO in Verbindung mit § 64 Abs. 6 ArbGG muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die Regelung des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Ausgehend von diesem Zweck genügt die Berufungsbegründung den Anforde-rungen dieser Vorschrift nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Eine schlüssig rechtlich haltbare Begründung kann zwar nicht verlangt werden, doch muss die Berufungsbegründung auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und nicht mit dem rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 19. Oktober 2010 - 6 AZR 118/10 -, Rn. 7, BAG 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 -, Rn. 11, BAG 18. Mai 2011 - 4 AZR 552/09 -, Rn. 14; LAG Rheinland-Pfalz 10. Oktober 2013 - 2 Sa 217/13 -, Rn. 58; jeweils zitiert nach juris).

2.         Gemessen hieran liegt eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung der Beklagten hinsichtlich ihrer Verurteilung zur Erteilung eines Zwischenzeugnisses nicht vor. Die Beklagte hat sich im Rahmen ihrer Berufungsbegründung vom 12. November 2013 mit diesem dem Kläger vom Arbeitsgericht zuerkannten Anspruch nicht auseinandergesetzt.

C.  Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe, die eine Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG veranlasst hätten, bestehen nicht.



Sie kennen die Kanzlei Labisch aus folgenden Medien:

Logo SWR1
Logo SWR4
Logo RPR1
Logo Wiesbadener Kurier
Logo Geißener Anzeiger
Logo Wormser Zeitung
Logo Wiesbadener Tagblatt
Logo Main Spitze
Logo Frankfurter Rundschau
Logo Handelsblatt
Logo Allgemeine Zeitung
Logo Darmstädter Echo
Logo Focus
Logo NTV
Logo ZDF WISO
Lexikon schließen
Schließen