I. Was ist das? Wer hat Anspruch darauf?
II. Wie hochfällt die Abfindung aus? (Exkurs: Besteuerung)
III. Was hat es mit der Ruhezeit auf sich?
Bei der Abfindung handelt es sich um eine Entlassungsentschädigung. Im deutschen Arbeitsrecht ist die Abfindung eine einmalige Geldzahlung des Arbeitgebers1, die aus Anlass der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses geleistet wird.
Ein Rechtsanspruch auf eine Abfindung ergibt sich nicht zwingend aus dem Ausspruch einer Kündigung durch den Arbeitgeber. Erst Recht ergibt sich kein grundsätzlicher Abfindungsanspruch aus dem Arbeitsverhältnis.
Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung besteht tatsächlich nur dann, wenn die Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers Erfolg hat und das Gericht feststellt, dass aufgrund der Unzumutbarkeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses, dem Arbeitnehmer eine Abfindung seitens des Arbeitgebers zu zahlen ist.
In den weitaus häufigeren Fällen erhalten Arbeitnehmer eine Abfindung jedoch aufgrund eines Prozessvergleichs oder eines Aufhebungsvertrages. Im Gegensatz zur gesetzlichen Abfindung (s.o.) müssen die Parteien eine solche Abfindung jedoch vereinbaren; sie wird nicht durch das Gericht festgesetzt.
Für Arbeitgeber hat die Zahlung einer Abfindung im Rahmen eines Prozessvergleichs den Vorteil, dass das Risiko des Prozessverlusts verhindert wird. Der Prozessverlust würde nämlich bedeuten, dass der Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers und evtl. zur Zahlung von Annahmeverzugslohn verurteilt wird. Die Prozessführung erfordert zudem einen gewissen Zeit- und Kostenaufwand; die schnelle Abwicklung mithilfe einer Abfindungszahlung bietet hier eine attraktive Alternative.
Im Rahmen des Aufhebungsvertrages gilt im Prinzip dasselbe. Hier wird der Arbeitnehmer durch Zahlung der Abfindung zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewogen. Da es hier an einer Kündigung fehlt, entsteht für den Arbeitgeber erst gar nicht das Risiko einer Kündigungsschutzklage. Für den Fall, dass schon bereits im Vorhinein eine Kündigung ausgesprochen wurde, kann dem Arbeitnehmer im Aufhebungsvertrag der Verzicht auf Erhebung einer Kündigungsschutzklage oder deren Rücknahme angeboten werden.
Zur Berechnung einer angemessenen Abfindung gilt die Faustformel: Ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.
Wird die Abfindung durch einen Richter festgesetzt, so erfährt die Formel meist eine Modifizierung nach den Umständen des Einzelfalles. So können z.B. die Art der Kündigung, die Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage, die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers oder auch die soziale Lage des Arbeitnehmers mit in die Berechnung einfließen. Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss nimmt vor allem das Verhandlungsgeschick der Beteiligten bzw. deren Vertreter. Denn letztlich sind gute Argumente die gewichtigsten Faktoren. Bei der Verhandlung um die Abfindungshöhe kommt es wiederum auf Fachkenntnis und strategisches Vorgehen an, weswegen der Kündigungsschutzprozess oft auch als „Stellvertreterprozess“ bezeichnet wird.
Umso mehr Verhandlungsgeschick erfordert die individuelle Vereinbarung einer Abfindung im Rahmen eines Vergleichs oder Aufhebungsvertrages. Denn hier gibt es kein Korrektiv in Person des Richters. Ob und in welcher Höhe eine Abfindung gezahlt wird, liegt allein am Willen der Parteien. Arbeitnehmer sollten hier vor allem an Sperr- und Ruhezeiten denken, welche durch die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Entschädigung entstehen (dazu unten mehr).
Exkurs: Besteuerung der Abfindung
Abfindungen unterliegen vollumfänglich der Einkommensteuer. Unter Umständen greift jedoch die steuerbegünstigende „Fünftel-Regel“ nach §§24, 34 EStG. Danach werden Entschädigungen, die für entgangene oder entgehende Einnahmen oder wegen Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit ausgezahlt werden, geringer besteuert. Erforderlich ist daher auch, dass das tatsächliche Einkommen (inklusive der Abfindung) das Einkommen übersteigt, welches bei hypothetischer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses entstanden wäre.
Nach der Fünftel-Regel wird die Abfindung so besteuert, als wäre sie zu je einem Fünftel pro Jahr, verteilt auf fünf Jahre, zugeflossen. Dafür wird zunächst die Einkommensteuer ermittelt, die sich für das gesamte Einkommen mit Ausnahme der Abfindung ergibt. Danach wird die Einkommensteuer ermittelt, die sich für das gesamte Einkommen (ohne Abfindung) plus 1/5 der Abfindung ergibt. Die Differenz der beiden Einkommensteuerbeträge wird nun mit 5 multipliziert. Das Ergebnis ist die Einkommensteuer, die auf die Abfindung entfällt.
Berechnungsbeispiel: Arbeitnehmer A hat im Jahr 2012 ein zu versteuerndes Einkommen von 15.000 €. Er erhält eine Abfindung von 45.000 €.
Einkommensteuer von 15.000 €: 1.410 €
Einkommensteuer von 24.000 €: 3.815 €
(1/5 der Abfindung + Einkünfte)
Differenz: 2.405 €
Besteuerung der Abfindung (2.405 € x 5): 12.025 €
Nettoabfindung: 32.975 €
Würde man das Beispiel derart Abwandeln, dass der Arbeitnehmer im Veranlagungszeitraum kein weiteres Einkommen erzielt, so erhielte er sogar eine Nettoabfindung i.H.v. 44.260 €. Ergo: Der Arbeitnehmer, der im Veranlagungszeitraum gearbeitet hat, erhält eine niedrigere Nettoabfindung als der, der im Veranlagungszeitraum nicht gearbeitet hat.
Bezieht der Arbeitnehmer im Veranlagungszeitraum Arbeitslosengeld oder andere Nebeneinkünfte, so muss die obige Berechnungsmethode modifiziert werden. Einkünfte wie z.B. Arbeitslosengeld bewirken jedoch im Allgemeinen einen geringeren Steuerabzug als ein betragsgleiches Einkommen aus einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit.
Die Fünftel-Regel findet allerdings keine Anwendung, wenn die Abfindung auf Raten und über mehrere Kalenderjahre hinweg gezahlt wird (Ausnahme: Bei Aufsplittung in eine Haupt- sowie eine ganz geringe Teilleistung (bis 5%)). Aus Sicht des Arbeitnehmers ist eine Ratenzahlung daher auf jeden Fall zu vermeiden; auch weil der Arbeitnehmer dann das Insolvenzrisiko des Arbeitgebers trägt.
Die Zahlung einer Abfindung kann zur Verschiebung des Arbeitslosengeldanspruchs führen. Das Arbeitslosengeld wird dann erst nach Ablauf einer sog. „Ruhezeit“ gezahlt. Im Gegensatz zu sog. „Sperrzeiten“ bewirkt die Ruhezeit jedoch keine Kürzung des Arbeitslosengeldes, sondern nur eine Verschiebung des Auszahlungszeitraums.
Eine Ruhezeit wird verhängt, wenn das Arbeitsverhältnis unter Zahlung einer Entschädigung noch vor Ende einer der Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist endet. Die Dauer der Ruhezeit entspricht im Grundsatz dem Zeitraum bis zum Ende der (fiktiven) Kündigungsfrist des Arbeitgebers. Dahinter steht der Gedanke, dass der Arbeitnehmer bereits ein „Entgelt“ für die Zeit bis zum Ende der Kündigungsfrist erhalten hat. Die Ruhezeit verkürzt sich daher auch, wenn die Entschädigung geringer ausfällt als das Arbeitsentgelt, das bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der Kündigungsfrist gezahlt worden wäre. Die Ruhezeit dauert dann so lange, wie der Arbeitnehmer gebraucht hätte, um die Entschädigung zu „verdienen“. Dabei wird jedoch nicht die gesamte Entschädigung, sondern nur der anrechenbare Teil zugrundegelegt (je nach Alter und Betriebszugehörigkeit zw. 60 und 25 %).
Wird das Arbeitsverhältnis einvernehmlich oder mit einer verhaltensbedingten Kündigung beendet, so ist zusätzlich die Verhängung einer Sperrzeit (Kürzung des Arbeitslosengeldes) wahrscheinlich.
1 Aus Gründen der Lesbarkeit wird innerhalb dieses Textes das geschlechtsneutral zu verstehende generische Maskulinum als Formulierungsvariante verwendet.
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Beschluss vom - Az: 1 ABR 85/11
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